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Spiegelwelten:Die Ermittlungen im Fall Pedone

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Der Fall Pedone

Dieser Artikel enthält Gewaltszenen und setzt grundliegende Kenntnisse der Kinokunst voraus.
Minderjährige und Kunstbanausen sollten besser hier weiterlesen.

Detektiv Humphrey Conan Marlowe - Archivbild

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Detektiv Humphrey Conan Marlowe - Archivbild

Nachdem der erste Anlauf der Weltenausstellung 2009/1801 in Italo-Amerika durch mehrere terroristische Anschläge getrübt worden war, was auch schließlich zu dessem Abbruch führte, beauftragte Staatschef Don Vito Mascarpone den Profiler Humphrey C. Marlowe damit, herauszufinden, wer hinter der mysteriösen Welle an Ereignissen steckte: Wer verübte das Mautstellen-Attentat auf den WA-Organisator Giovanni Pedone? Wer verursachte den Brand des italo-amerikanischen Regierungspalastes? Und besteht eine Verbindung zwischen den Ereignissen und dem Ausbruch des kurz zuvor inhaftierten Wissenschaftlers Dr. Bibo? Es folgen nun die Ermittlungsaufzeichnungen des bekannten Detektivs.

Little Chicago, 29. Mai 2009

Heute betrat ich mein Büro in der Morgendämmerung, so wie ich es jeden Tag zu tun pflege. Ich hatte die Nacht davor im Continental Club verbracht und dabei wohl den ein oder anderen Martini zu viel getrunken, eigentlich wollte ich das Büro einmal geschlossen lassen. Doch ich hatte schon viel zu lange keinen Auftrag mehr gehabt, als dass ich mir das hätte leisten können.

Und ich sollte Recht behalten. Doch jedes Mal, wenn ich aus dem Fenster meines Büros schaue, erblicke ich dieses Moloch Little Chicago, dieses verruchte Nest des Lasters. Eine Schande von Hauptstadt könnte man meinen, allerdings könnte ich mir auch kein anderes Fleckchen Erde vorstellen, dass Italo-Amerika hätte besser repräsentieren können. Heute morgen konnte ich im Hintergrund noch leichte Rauchschwaden erkennen, Gerüchten nach hatte der Regierungspalast gebrannt. Aber was sollte mich das schon angehen?

Gegen elf Uhr morgens ertönte tatsächlich das Telefon und riss mich aus dem Schlaf. Dieser Job macht mich fertig. Oder eben die ganzen Martinis. Lustlos griff ich nach dem Hörer, war wahrscheinlich ohnehin wieder nur so ein Juxanruf, von wegen, meine Pizza würde später geliefert werden. Als ob sich in diesem Land auch nur irgendwer eine Pizza bestellen würde. Oder vielleicht war es eine Bekanntschaft der zahlreichen Abende im Continental, die mich jetzt anschreien würde, was ich doch für ein Arschloch sei, der ich sie versetzt habe. Ich staunte nicht schlecht, als ich erfuhr, wer da am anderen Ende der Leitung sitzen sollte. Tom Hogan, die Handtaschentöle von Don Mascarpone. Ich solle auf der Stelle zum Regierungspalast. Der brannte zwar nicht mehr, aber offenbar war da immer noch die Kacke am Dampfen. Ich genehmigte mir noch schnell einen Scotch und machte mich auf zum Palast - Was mich da auch immer erwarten sollte, ich durfte es nicht vermasseln.

Der Regierungspalast hatte den Brand erstaunlich gut überstanden. War schon komisch, die ganze Angelegenheit, ich betrete als Wildfremder den Palast und werde kein bisschen gefilzt, nichts. Wäre ich so ein Idealist wie dieser Dr. Bibo - Ich hätte den Typen einfach abknallen können. Leider gibt es auf dieser Welt keine Idealisten, erst recht nicht in dieser Stadt. Außerdem brauchte ich diesen Auftrag dringend und hätte es dann noch mit gut 300 Wachen zu tun gehabt, die mich nur allzu gern durchsieben würden. Nein, meine geliebte Smith & Wesson mit der Kaliber .44 Magnum hob ich mir wohl besser für die eigentlichen Bösen auf. Ich wurde im Büro des Dons erwartet, Hogan bat mich herein und schloss die Tür, die Rolläden waren heruntergezogen.    »Setzen Sie sich.«, befahl er.

   »Ich glaube an Italo-Amerika. Italo-Amerika hat mich arm gemacht.«, schoss es mir durch den Kopf.

Das Gespräch ging eigentlich recht flott von dannen. Hogan knallte mir die neueste Ausgabe der Cosa Nostra auf den Tisch. Jemand hatte einen Anschlag auf den Organisator der Weltenausstellung 2009/1801 verübt. Ist an einer Mautstelle im Wagen angeschossen worden. Generell fand ich Mautstellen schon immer fies.

   »Wir machen Ihnen ein Angebot, dass Sie nicht ausschlagen können.«, sagte der Don. Die Ausstellung sollte noch am selben Tag abgebrochen werden - Aus Sicherheitsgründen.

Mein Job sei es, die Mistkerle zu finden, die auf Pedone geschossen haben, und sie hinter Schwedische Gardinen zu bringen. Dafür müsste ich wohl zunächst Pedone finden, denn er war kurz nach dem Attentat spurlos verschwunden. Little Chicago war ein heißes Pflaster geworden und ich drohte mir meine Finger zu verbrennen, wenn ich den Fall annahm. Aber so, wie meine Lage war, blieb mir nichts anderes übrig. Lieber tot als so weiterzuleben, wie ich es bisher getan hatte. Ich nickte ab. Hogan grinste freundlich und drückte mir die Hand. Ich wollte gerade zur Tür raus, da wurde ich noch ein letztes Mal von Don Mascarpone angesprochen.

   »Sagen Sie, Marlowe - Haben Sie Familie?«

   »Nein, ich verbringe meine Tage alleine, mein Pate.«

   »Dann gründen Sie eine. Ein Mann, der keine Zeit mit seiner Familie verbringt, ist kein richtiger Mann.«. Er lächelte.

Mein größter Fall hatte begonnen.

Fortuna ist doch eine gottverdammte Hure. Wochenlang hatte ich in meinem Büro Stunde um Stunde abgesessen und auf einen Auftrag gewartet, um letzten Endes von Don Mascarpone persönlich einen zu erhalten. Verrückt. Humphrey C. Marlowe, im Auftrag der Regierung. Von allen Schnüfflern dieser gottlosen Stadt haben sie mich ausgesucht. Und dennoch: Ich hätte nur allzu gern mit jedem anderen Kollegen getauscht. Denn ich wurde schlicht und einfach nicht die Sorge los, dass mein Hirn in mehrere Einzelteile zerfetzt werden würde, wenn ich den Fall nicht lösen sollte. Ich könnte einfach meine Koffer packen und verschwinden, nach Ozeanien. Aber würde sich das tatsächlich lohnen? Sie würden mich finden. Und außerdem habe ich da noch so etwas wie Berufsehre.

Giovanni Pedone. Jemand in Little Chicago aufzugabeln ist nicht wirklich schwer. Irgendwann landen sie alle im Continental Club, oder zumindest jemand, der in den jeweiligen Fall verwickelt ist. Was man braucht, ist lediglich ein bisschen Fingerspitzengefühl, sowie einen großen Haufen Geduld. Die Frage war nur, ob Pedone überhaupt noch in der Stadt war. Sollte er es nämlich nicht sein, könnte ich mir noch so lange im Continental einen absitzen. Doch Pedone brachte einen ungeheuren Vorteil mit sich: Als Organisator der Weltenausstellung stand er nämlich mitten in der Öffentlichkeit, das erleichtert jede Ermittlung. Ein Ansprechpartner war da schnell gefunden. Francis Ford Coppola war der Regisseur, dem Pedone die Gestaltung der Eröffnungsfeier zur Weltenausstellung anvertraut hatte. Und das mochte schon was heißen, zumal Pedone bekanntlich Perfektionist war. Er überließ die Eröffnungsfeier nicht einfach irgendwem, so viel stand fest. Ja, Coppola würde mir bestimmt weiterhelfen können. Ich versuchte ihn telefonisch in seinen Filmstudios zu erreichen, doch ich geriet nur an seine Sekretärin, die mir sagte, wie beschäftigt Mr. Coppola im Moment doch sei. Offenbar war er gerade irgendwo im Ausland und drehte einen Kriegsfilm, seine Rückkehr wurde in drei Tagen erwartet. So lange konnte ich ruhig warten - Bis dahin könnte ich es ja doch im Continental Club versuchen. Und ich ging auch noch am selben Abend hin, doch von Pedone hörte man im Schuppen nichts.

Little Chicago, 01. Juni 2009

Francis Ford Coppola - Archivbild

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Francis Ford Coppola - Archivbild

Am Morgen war ich früh aufgestanden und zum Flughafen von Little Chicago gefahren, wo ich Coppola empfangen wollte. Der Flughafen ist ein netter Ort, in der Cafeteria haben sie gute Sandwichs. Ich sollte häufiger herkommen. Über Pedone hatte ich bis dato eigentlich nichts herausgefunden, über Coppola hatte ich mir allerdings ein Bild machen können. Ein dicklicher, gebräunter Mann mit ergrauten Haaren und Vollbart. Trägt gern Sonnenbrillen. Vor Jahren hatte er sich geweigert den Neffen des Dons, diesen Schlagerbarden Johnny Lontano, in einem seiner Filme mitspielen zu lassen. Die Meinung hat er allerdings geändert, als er eines Morgens neben einem abgetrennten Pferdekopf aufgewacht war. Der arme Kerl.

Coppolas Flieger kam aus dem Herzogtum Afrika und landete gegen elf Uhr morgens. Anhand eines Fotos erkannte ich Coppola sofort und konnte ihm dem Weg abschneiden, kurz nachdem er das Flughafengebäude betreten hatte. Er schickte einen Burschen mit seinen Koffern fort und ging mit mir in die Cafeteria, wo ich mit ihm in Ruhe reden wollte.

   »Ich lege Ihnen ein Sandwich ans Herz. Die schmecken hier richtig gut.«, sagte ich. Ein wenig Smalltalk zum Gesprächsbeginn konnte nicht schaden, dachte ich mir.

   »Die sehen in der Tat recht appetitlich aus. Ich denke, ich sollte das dahinten mit den Eiern nehmen. Ja, genau, das nehme ich. Sie müssen wissen, ich hab schon überall in der Alten Welt gegessen. Fast Food. In Franzoséland zum Beispiel haben sie verschiedene Namen für alles.«, Coppola grinste freundlich.

   »Was ist denn da ein Big Mac?«

   »Ein Big Mac ist ein Big Mac, aber die nennen ihn Le Big Macke.«, Coppola fing lauthals an zu lachen und ich stimmte auch schnell mit ein. Ich war noch nie in Franzoséland gewesen. Coppola wurde darauf sein Eiersandwich gebracht und ich nutzte die Gelegenheit, um so langsam zur Sache zu kommen:

   »Mr. Coppola, ich habe Sie hier abgefangen, weil ich mit Ihnen gerne über Giovanni Pedone sprechen würde.«

   »Ja, ich habe bereits vom Attentat gehört. Schreckliche Geschichte. Ist ihm etwas passiert?«

   »Er hat die Sache mehr oder weniger gut überstanden.«

   »Wirklich tragisch. Giovanni war ein guter Freund von mir. Ich erinnere mich da an eine sehr unterhaltsame Nacht im Alahambra!«

   »Nun ja, das Problem ist: Pedone ist wie vom Erdboden verschwunden. Offenbar wollte er auf der Weltenausstellung die Regierung nach dem Attentat kritisieren. Nach einem weiteren Anschlag wurde sie jedoch kurzerhand abgeblasen und Pedone hat man seitdem nicht mehr gesehen.«

   »Ich kenne Giovanni gut. Gut möglich, dass er Angst hat, aber einen Anschlag traue ich ihm nicht zu.«

   »Das unterstellt ihm bisher auch niemand. Ich rede mit Ihnen, weil ich herausfinden muss, wo er steckt. Wenn Pedone plötzlich untertauchen müsste - Wissen Sie, wo er es versuchen könnte?«

   »Er hat Verwandtschaft unten in Port Genovese. Er ist dort aufgewachsen, gut möglich, dass er sich auf den Weg über die Genovese Road davongemacht hat. Aber was ist, wenn er entführt worden ist?«

   »Was meinen Sie damit?«

   »Nun, er war doch auch Opfer eines Attentats?«

   »Wir vermuten, dass die Leute hinter dem Anschlag einfach nur die Weltenausstellung abbrechen wollten. Ihr Ziel haben sie jetzt erreicht, hätten sie Pedone, würden sie ihn freilassen. Oder wissen sie, ob er persönliche Feinde hat?«

   »Nein...«

   »Da sehen Sie’s.«

   »Dennoch. Eine Sache kommt mir an der Geschichte spanisch vor.«

   »Was denn?«

   »Giovanni ist in seinem Auto an einer Mautstelle umstellt und beschossen worden. Ich kann mir einfach nicht erklären, wie man es aus dieser Situation lebend rausschafft.«

Das war in der Tat eine interessante Fragestellung, die mich während meiner Ermittlungen noch lange verfolgen sollte. Wie hat Giovanni Pedone sich aus der Situation noch befreien können? Ich verabschiedete mich von Coppola herzlich, er bot mir sogar noch eine Rolle in einem Krimi an. Ich bin kein Schauspieler. Das Erste, was ich tat, nachdem ich den Flughafen verlassen hatte, war auf jeden Fall mir die nächstbesten Zugtickets nach Port Genovese zu verschaffen.

Mein Zug sollte am folgenden Nachmittag losstarten. Bis dahin hatte ich noch genug Zeit, um ein letztes Mal in den Continental zu gehen. Zugegeben: An Informationen kam ich wieder nicht. Dafür geriet ich allerdings an einen Klatschreporter der Cosa Nostra, der sich nur zu sehr für meine Ermittlungen interessierte. Na toll. Ich hatte keine Informationen eingeholt, ich hatte welche weitergegeben. Am nächsten Morgen sollte mein Name in der Zeitung stehen und wo mich meine Ermittlungen auch immer hinführen sollten - Man würde mich erwarten. Verdammt. Ich tat, was ich tun musste: Ich zerbrach eine Whiskeyflasche an seinem Kopf und er versank in einem tiefen Schlaf. Ich fuhr mit ihm zum Hafen und sperrte ihn in ein Lagerhaus. Das würde ihn bestimmt nicht ewig aufhalten, aber eine Weile bestimmt. Und ich brauchte diese Zeit, verdammt noch mal.

Im Zug nach Port Genovese, 02. Juni 2009

Eine Zugfahrt, die ist lustig...

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Eine Zugfahrt, die ist lustig...

Den ganzen Morgen über hatte ich meinen Koffer gepackt und mich auf meine Reise nach Port Genovese vorbereitet. Ich konnte mir nicht erlauben, etwas Wichtiges zurückzulassen: Ausweis, Knarre, Tageszeitung. Zeitungen gehören zur Standardausrüstung eines Detektivs, mit zwei Löchern drin, mit denen man Leute heimlich beobachten kann. Im Zug kann man dann übrigens den Rätselteil lösen, wenn einem langweilig ist, da sind die Löcher aber wiederum eher störend als hilfreich. Ich konnte natürlich nicht umhin zu überprüfen, ob diese Ratte von Redakteur wieder seine Finger an die Schreibmaschine gesetzt hatte, doch offenbar war er noch im Lagerhaus gefangen und das sollte auch möglichst lange so bleiben. Auch wenn ich nie aufhören konnte an diesen Bastard zu denken. Bevor ich aufbrach rief ich noch Tom Hogan an, um ihm von meiner Spur nach Port Genovese zu berichten. Sonst dachte der Don womöglich noch, ich würde mich heimlich aus dem Staub machen wollen und schickte mir ein paar Auftragskiller auf den Hals. Da hätte meine Tageszeitung aber nicht wirklich viel gebracht.

Der Bahnhof von Little Chicago. Hier herrscht eine komplett andere Atmosphäre als am recht modernen Flughafen. Wie oft sind hier doch schon die Mafiosi aus den Zügen gesprungen und haben angefangen mit ihren Maschinengewehren loszuballern. Hier und da sieht man Jugendliche, die ihre gerade erworbenen chinesischen Opiumpfeifen zu verbergen versuchen, aber in diesem Land kontrolliert ja niemand so etwas. Die Leute sind hier mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, etwa den Zügen, die wie gewohnt erst mit sechs Stunden Verspätung ankommen. Neulich hörte ich sogar von Bahnstreiks, einfach verrückt. Den Gewerkschaften ist mittlerweile auch nichts mehr zu schade. Es grenzt eigentlich schon ein Wunder, dass die Regierung diesen Gewerkschaftsboss, diesen Hoffa, noch nicht abknallen lassen hat.

Irgendwann kam ich dann zur berühmten großen Treppe des Bahnhofs. Die Männer von Al Capone haben hier mal eine riesige Schießerei veranstaltet. Eine junge Mutter war so töricht, sich ablenken zu lassen und ließ ihren Kinderwagen die Treppen runterpurzeln, doch ich konnte das Baby retten. Ich kenne da so ein chinesisches Restaurant, denen hätte ich das Kind verkaufen können. Aber ich gab es dann doch wieder der fordernden Mutter zurück, allerdings mit dem flauen Gefühlen im Magen, dass das Baby im China-Restaurant vielleicht in besseren Händen gewesen wäre.

Mein Zug fuhr sogar recht pünktlich auf meinem Bahngleis ein. Recht interessant zu beobachten, wer mit mir da in einem Zug sitzen sollte. Da waren so ein paar beunruhigende Kerle in langen Mänteln. Aber man will ja keine Vorurteile haben. Da war auch so ein jüngerer, hagerer Streber mit Brille und Aktentasche, der kam bestimmt gerade frisch von der Uni. Keine Ahnung, was der wohl in Port Genovese wollte, vielleicht Vögel beobachten oder so ähnlich. Gibt es in Port Genovese überhaupt andere Vögel als die in Little Chicago? Kann doch egal sein, komische Käuze gibt es auf jeden Fall überall.

Und plötzlich sah ich sie. Halblanges dunkelbraunes Haar, schwarzer Mantel, Traumfigur. Es sah ganz danach aus, als würde ich meine Hotelnächte in Port Genovese doch nicht so ganz alleine verbringen müssen. Frauen sind für mich wie Kriminelle: Wenn ich sie haben will, schnappe ich mir sie auch. Man könnte fast meinen, Frauen seien ein Fall für sich.

Ich hatte Pech mit meinem Zugabteil, könnte man meinen. Mir gegenüber saßen ein älterer Herr mit Halbglatze, der gerne Geschichten über den Bürgerkrieg und den großartigen Don Aldo Mascarpone erzählte, und ein Priester, der stillschweigend seine Bibel las oder sich dem Schlaf hingab. Im Abteil neben uns saßen die grimmigen Typen mit langen Mänteln...

Die ersten Fahrtstunden hatten sich als extrem langweilig erwiesen. Denn auch die Lebensgeschichte des alten Knackers vor mir war irgendwann zu Ende und bei den Zeitungsrätseln hatte ich mich als Niete erwiesen (Der größte Wald Italo-Amerikas war offensichtlich nicht der Gewald). Ich verbrachte die Zeit damit, die Typen im Abteil nebenan zu beobachten. Sie tuschelten miteinander und hatten etwas zu verbergen, das war offensichtlich. Die würden bestimmt jeden Augenblick den Zug überfallen!

Doch sie taten es einfach nicht. Ich hätte ihnen fast abgekauft, drei stinknormale Männer in einem stinknormalen Zug zu sein, wenn sie in ihrem Abteil nachts nicht noch Besuch bekommen hätten: Den bebrillten Streber mit seiner Aktentasche, der verdächtig rasch die Abteiltür hinter sich zuzog. Zu dieser Uhrzeit waren die meisten Passagiere im Speisewaggon, unter ihnen der Veteran von mir gegenüber. Der einzige Zurückgebliebene war der Pfarrer, der tief und fest vor sich hin ratzte. Von daher konnte ich es mir erlauben, durch das Türfenster zu lugen und heimlich zu lauschen.

Die Mantelmänner waren offensichtlich Schmuggler, die ihren Alkohol nach Port Genovese bringen wollten, um ihn vom Hafen aus in die Welt zu liefern. Oder zumindest bis in die puritanischen USA. Wahrscheinlich arbeiteten sie für einen der großen Dons. Der Streber hielt einen genuschelten Monolog, doch die Männer hörten ihm gebannt zu. Ich verstand kein Wort von dem, was er da schwafelte.

Plötzlich öffnete er seinen Koffer und gewährte den Männern kurzen Einblick in den Inhalt. Der Koffer glänzte innerlich golden, mehr vermochte ich nicht zu erkennen. Die Männer hingegen nickten begeistert, zauberten ein hübsches Geldbündel hervor, sowie eine Flasche Rotwein, die sie sonst am Hafen vertickt hätten. Der Streber grinste.

Die Leute haben Angst...

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Die Leute haben Angst...

Von hier aus ging alles sekundenschnell. Der Streber hielt nämlich urplötzlich eine Knarre in der Luft und schoss dem mittleren Typen mal gerade so eben zwischen die Augen, überhaupt nicht streberhaft. Ein abstoßender Anblick, seine Hirnsplitter verteilten sich an den Wänden des Abteils. Da würde das Reinigungspersonal demnächst aber etwas Ordentliches zum Abkratzen haben. Ich hingegen nutzte den Moment, trat die Tür auf und ballerte mit meiner 44er wild in das Abteil: Eins, zwei, drei Schuss. Einer zersplitterte das Fenster, der andere ging komplett daneben und der dritte raffte den Manteltypen hinten weg. Verdammte Scheiße. Ich wollte ihm natürlich helfen und in einem Moment der Unachtsamkeit hob der Streber die heruntergefallene Geldbörse des Mantelmannes vom Boden und machte sich aus dem Staub. Der letzte Manteltyp folgte ihm in den Gang und schließlich spurtete auch ich hinterher. Drei Schuss müsste ich ja noch haben, vor dem Nachladen. Die Brillenschlange war geradewegs in den Speisewaggon gelaufen, feuerte einen Warnschuss in die Luft, damit sich alles panisch auf den Boden warf. Der Mantelmann lief in den Waggon und kam kurz danach wieder rausgeflogen, verblutete nun irgendwo hinter mir auf dem Gang und ich stand dem Typen nun alleine gegenüber, der jetzt meinte, unbedingt eine Geisel nehmen und ihr seine Pistole an die Schläfe setzen zu müssen. Und blöderweise war es die Schönheit, die ich am Morgen so begafft hatte.

   »Legen Sie die Waffe weg, Mann!«, rief ich selbstbewusst.

   »Ich warne Sie: Ein Schritt näher und ich puste die Süße hier weg!«

Mist. Das war es mir dann doch nicht wert. Sollte ich einfach den Kronleuchter, der zufälligerweise genau über dem Streber an der Decke baumelte, auf ihn herunterschießen? Oder ihm die Knie kappen? Letztere Idee hat aber noch ein Anderer: Don Camillo aus meinem Zugabteil stand plötzlich mit zwei abgesägten Schrotflinten hinter mir und schoss ihm überraschend und zielsicher in die Knie, die Geisel ließ er fallen. Doch der Pater schien kein Erbarmen zu kennen. Nächstenliebe ade, denn dann schoss er dem Streber noch beide Arme weg, sowie mitten in den Bauch.

   »Mein Gott, Padre, das war aber nicht sehr christlich!«, sagte ich ihm leicht entsetzt.

   »Wie sprach der Prophet? Auge um Auge, Zahn um Zahn.«, antwortete der Geistliche lächelnd.

   »Aber hat der Messias nicht stets von Barmherzigkeit und Vergebung gepredigt?«

   »Jesus vergibt, denn der Herr vergibt ebenfalls. Ich hingegen vergebe nicht. Und vergesse nicht. Und ich weiß, der Herr wird ihn in der Hölle schmoren lassen. Er müsste noch Viertelstunde zu leben haben.«

Tatsächlich war der Streber kurz vorm Sterben. Ich wollte ihn noch einmal aushorchen. Offenbar arbeitete er für niemand und hatte noch nicht einmal einen Namen, nichts, nur seinen angeblich wertvollen Aktenkoffer. Und eine Bombe, die er zuvor im Zug versteckt hatte, falls er die Schießerei verloren hätte. Er schaffte es nicht lange und nun hatte der Zug irgendwo eine Bombe, die in zirka vier Stunden hochgehen sollte. Ich schaute mich um. Wo könnte sie sein? In irgendeiner Handtasche? In der Standuhr? Ich schaute mich weiter um und erblickte eine riesige lebensgroße Torte. Treffer. Ich nickte dem Pfarrer zu und wir schossen auf die Torte - Bis die Bauchtänzerin da drin kurz darauf leblos zusammensackte. Der Koch kam sogar aus seiner Küche raus und rief:

   »Non, non, iehr 'Chweiné! Schießen Sie niescht au die Torté! Merde!«.

Doch der Hinweis kam zu spät. Von der Bombe keine Spur. Es wusste nicht einmal Jemand, in welchem Abteil der Mann gesessen hatte. Vier Stunden. Der dritte Manteltyp im Gang stand wieder auf, hatte offenbar nur eine Armverletzung davongetragen. Er nahm sich den Aktenkoffer des toten Strebers und kam auf mich zu.

   »Der Inhalt dieses Koffers ist von enormer Bedeutung für Don Matteo. Unser Clan steht in deiner Schuld. Das Mindeste, was ich tun kann, ist dir den Anteil zu geben, der für diese tote Ratte bestimmt war.«

Geiselnahmen haben auch ihre schönen Seiten...

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Geiselnahmen haben auch ihre schönen Seiten...

Don Matteo. Die Matteos schienen unten in Genovese nicht gerade schwach zu sein und das Hafenmonopol innezuhalten. Doch an was dachte ich da, es war immer noch eine Bombe im Zug. Ich musste meine Gedanken frei kriegen, genehmigte mir einen Martini an der Bar und ging auf die Schönheit zu, der ich soeben das Leben gerettet hatte.

   »Schau mir in die Augen, Kleines.«

   »Wer sind Sie?«

   »Mein Name ist Humphrey Marlowe, ich bin einer von den Guten. Wie ist dein Name, Cherie?«

   »Norma. Norma Deever. Das war eben eine starke Leistung von Ihnen. Danke dafür.«

   »Wissen Sie, Norma, man könnte sagen, Mord ist mein Hobby.«

   »Oh, ich liebe gefährliche Männer!«. Sie zwinkerte.

   »Ich glaube, das wird der Beginn einer wunderbaren Freundschaft...«. Ich grinste, schüttete meinen Martini runter und dachte wieder an die Bombe. Wo zur Hölle könnte sie sein? Überall bei den ganzen Koffern im Zug. Das Durchzählen könnte Jahre dauern.

   »Norma, Darling, da Sie ja auch nach Genovese fahren: Ich schlage vor, wie steigen an der nächsten Station aus und nehmen den Bus.«

Port Genovese, 04. Juni 2009

Letzten Endes war der Zug natürlich nicht explodiert: Ein Kind hatte die Bombe bei seinen Spielsachen gefunden und mal eben so aus den Fenster geschmissen, sie explodierte in den Wellen des Dummen Meeres. Das konnte man wenig später in den Zeitungen lesen. Der Klatschreporter der Cosa Nostra saß offensichtlich immer noch im Lagerhaus.

Norma und ich hatten eine gemütliche Busfahrt nach Port Genovese gehabt. Mehr oder weniger, hinter uns saßen irgendwelche stockbesoffenen Trunkenbolde, die nach Wein rochen, aber sie erwiesen sich doch als ganz nette Menschen und an den Schlagern, mit denen sie uns um drei Uhr morgens angrölten, hatten nach einiger Zeit auch Norma und ich unsere helle Freude. Als der Bus in Port Genovese eintraf, offenbarte sich uns eine atemberaubend schöne Morgenröte am Himmel, die ein glänzendes Licht auf die Hafenstadt warf. Herrlich. Würde ich um die Uhrzeit nicht immer sturzbetrunken von einer Nacht im Continental nach Hause kommen, könnte ich in Little Chicago wahrscheinlich einen ähnlichen Anblick haben, vielleicht würde ich die Stadt dann sogar ein bisschen mögen, aber was nützten mir jetzt schon diese Gedanken. Es stellte sich heraus, dass Norma und ich in das selbe Hotel wollten, ein glücklicher Zufall, denn sie war eine wunderbare Frau. Ich liebte ihr Lächeln, die Art, wie sie sich bewegte und ganz besonders ihre Augen. Wir verabredeten uns für den Abend. Sie wollte in ihre Suite, aber vorher sah sie mich noch ganz genau an. Und ich schaute sie an. Die Sekunden verstrichen und wir spürten förmlich die Magie, die den Gang erfüllte, wir kamen uns näher, sie streckte ihre Arme nach mir aus und ich - Ich ließ voll einen fahren. Die Magie war weg, sie senkte die Arme, war schnurstracks hinter ihrer Tür und sagte:

   »Ähm, wir sehen uns dann am Abend.«.

Nun stand ich alleine da. Was sollte ich jetzt machen? Ich hatte eine Idee, wie ich nach Pedone suchen könnte, doch das ging erst am Nachmittag. Also beschloss ich, mich kurz hinzulegen und ein wenig bis dahin zu schlafen, ich war noch hundemüde von der Fahrt. Wenige Stunden später stand ich wieder auf, es war immer noch morgens. Ich nahm mir eine Zeitung, las sie, schnitt zwei Löcher hinein, mir war langweilig. Was tun Detektive, wenn ihnen langweilig ist? Mutlos stapfte ich in die Hotellobby, erblickte eine Gruppe ebenso beschäftigungsloser Rentner und fragte sie:

   »Kann einer von den Herrschaften zufällig Cluedo?«.


Der Hafen von Port Genovese

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Der Hafen von Port Genovese

In einer fremden Stadt ermitteln zu müssen ist generell alles andere als einfach. Doch Port Genovese hatte in der Hinsicht einen ungeheuren Vorteil: Den Hafen. Es gibt keine Information, die man an einer Hafenkneipe nicht kriegen könnte, das ist so sicher wie dass ein Toast immer auf die belegte oder bestrichene Seite herunterfällt. Am frühen Nachmittag suchte ich also eine solche Hafenkneipe auf und fand relativ schnell einen Schuppen namens Zum herrlichen Verstand. Welcher Scherzkeks sich den Namen wohl ausgedacht hat? Denn eins steht fest: Die Leute, die dieses Lokal aufsuchen, sind alles andere als bei klarem Verstand. Die Fenster waren zerbrochen und das Kneipenschild drohte augenblicklich herunterzufallen, direkt auf den Säufer, der gerade vor der Tür pennte. Ich merkte schon, dieser Nachmittag würde ein Spaß für die ganze Familie werden.

Drinnen ging es laut und ruppig zu, ein Treffpunkt der Matrosen und Kleinganoven, hier kam das Stadtgesindel zusammen, um Bier zu trinken, Karten zu spielen oder lauthals über mathematische Phänomene zu diskutieren. Doch kaum war ich eingetreten, war der Lärm schlagartig verblasst. Sie alle drehten sich um und sahen mich mit ernsten Augen an. Selbstbewusst trat ich an die Bar und setze mich auf einen Hocker.

   »Ich nehme einen White Russian.«, sagte ich zum Wirt.

   »Einen White Russian? Sag mal, Fremder, was glaubst du, wonach der Schuppen hier aussieht? Nach einem verdammten Jazzclub? Hier gibt es Bier, nichts weiter.« Im Hintergrund konnte ich Leute vereinzelt lachen hören.

   »Dann nehme ich ein Bier.«

   »Weise Entscheidung. Sag, Fremder - Wer bist du?«

   »Ich bin ein Reisender, der Durst hat.«

   »Hört ihrs Leute? Der Kerl ist ein echter Held der Meere!«. Großes Gelächter.

   »So manches Abenteuer habe ich schon hinter mir!«. Das Gelächter hielt an, ich bin ein miserabeler Lügner. Die Handtaschen alter Damen zu suchen oder das Observieren von Männern, wie sie ihre Frauen betrogen - Das konnte man nicht ernsthaft Abenteuer nennen.

   »Ganz bestimmt, so siehst du auch aus, du Landratte! Wenn du doch so ein Haudegen bist - Heute legt Bertrand Hodgkin in Genovese an. Zeig ihm doch mal, was eine Harke ist.« Das Gelächter erstarb - Offensichtlich lag Spannung in der Luft, doch davon ließ ich mich nicht verunsichern.

   »Kein Problem. Mit diesem Hodgkin nehme ich's auf.« Stille. Die Leute in der Kneipe schauten sich unsicher gegenseitig an, minutenlang. Plötzlich ging das Gelächter von vorne los.

   »Du Leichtmatrose hast wohl keine Ahnung, wer Hodgkin ist, was?«, lachte der Wirt, »Ich sag's dir. Kapitän Bertrand Hodgkin ist ein Seebär der ganz alten Schule, sein Schiff ist die berühmte Maximus. Er ist Australier. Und er hat es faustdick hinter den Ohren. Jedes Mal, wenn er irgendwo Anker legt, zettelt er in der erstbesten Kneipe eine Prügelei an, die es in sich hat. Der Mann hat schon viel hinter sich, er hat Kutschen überfallen und sogar Gladiatorenkämpfe in Lupercania ausgetragen. An den Häfen dieser Welten wird er gefürchtet, sein Ruf reicht bis nach Ozeanien. Und heute kommt er nach Genovese und wer hier nach einer Hafenkneipe sucht, der wird als allererstes hier landen, aber das weißt du ja schon, du Schnüffler.«

   »Wie haben Sie mich genannt?«, unterbrach ich ihn überrascht.

   »Mach uns nichts vor, Fremder. Ich erkenne einen Schnüffler, wenn ich ihn sehe. Niemand sonst kommt in eine Hafenkneipe und bestellt einen Drink. Jedenfalls hast du uns dein Wort gegeben Fremder - Und ein Seemann bricht niemals sein Wort. Wenn Hodgkin eine Prügelei sucht, wird er sich an dich wenden. Wenn du das überlebst, bekommst du von mir jede Information, die du haben möchtest. Dein Bier geht aufs Haus - Damit es dir die Kraft gibt, die du noch brauchen wirst.«

Die Kneipenbesucher fuhren in ihren Tätigkeiten fort, sie tranken und lachten und lallten vor sich hin. Seelenruhig trank ich mein Bier und noch nie war ich so froh darüber gewesen, meine Magnum sicher in meiner Jackentasche zu wissen.

Kapitän Bertrand Hodgkin - Archivbild

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Kapitän Bertrand Hodgkin - Archivbild

Hodgkin ließ ein gutes Stück auf sich warten und er kam auch so plötzlich wie eine Durchfallattacke. Auf einmal stand er in der Tür und sagte:

   »Ahoi! Wen muss hier vermöbeln, um ein Bier zu bekommen?«

Hodgkin war alleine da, denn selbst seine eigene Crew hielt ihn für einen Kotzbrocken. Er schritt nach vorne in Richtung Bar, kam am Mathematiker-Tisch vorbei und blieb stehen. Er schaute sich den Schmierzettel auf dem Tisch an und sagte:

   »Das da ist komplett falsch. Da muss die zweite Binomische Formel verwendet werden.«

Damit schien einer der Mathematiker aber nicht wirklich einverstanden zu sein:

   »Aber schauen Sie doch hin, das geht nicht, weil...«

   »Ich sagte, da muss die zweite Binomische Formel hin. Muss ich dir das erst einprügeln, ehe du's verstehst?«

Angsterfüllt versank der Mathematiker in seinem Stuhl und Hodgkin, der kurz zuvor noch leicht verärgert gewirkt hatte, strahlte nun die pure Zufriedenheit aus und trat an die Bar, wo er sich sein Bier bestellte.

   »Ah, Italo-Amerika, dieses Rattenloch, dieses Paradies der Verbrecher und des gesellschaftlichen Abschaums. Ich war schon lange nicht mehr hier, wird wieder Zeit, ein bisschen Gesindel von den Straßen zu räumen!«, lachte er hämisch, bevor er sein Bier hinunterkippte. Ich schaute ihn an und irgendwann schaute er zurück.

   »Bist du ein gottverdammter Schnüffler oder so? Was schaust du mich so an? Stehst du auf meinen Hintern oder was?«

   »Sie erinnern mich an ein Rätsel. Ich würde es Ihnen gerne stellen.«

   »Ein Rätsel? Willst du mich veralbern? Aber nur zu, es gibt kein Rätsel, das ich nicht lösen könnte.«

   »Was ist der Unterschied zwischen Ihnen und einer erkälteten Ente? Nun, das eine ist ein kranker Vogel, dann hab ich vergessen, wie es weiterging, aber Ihre Mutter ist eine Nutte.« Hodgkins Gesicht wurde knallrot vor Wut. Garstig warf er sein Bier auf den Boden und blaffte mich an.

   »Du mieser Schnüffler! Du weißt wohl nicht, wen du vor dir hast! Ich bin Kapitän Bert Hodgkin, Master und Commander der weltberühmten Maximus!«

   »Ach ja, der Gladiator.«

   »Was? Immer ist nur von Gladiator die Rede. Ich hatte noch viel mehr Abenteuer! Eine ganze Tabakfirma habe ich beseitigt! Schnüffler, mir passt deine Visage nicht. Daher werde ich sie dir verschönern. Komm her, du Ratte!« Wild ballte er die Fäuste. Ich zögerte nicht lange, griff in meinen Mantel und richtete meine Knarre auf ihn.

   »Ich warne Sie, Hodgkin - Eine falsche Bewegung und Sie sind Seemannsgarn!«

   »Nimm die Waffe weg, du feiges Schwein! Niemand droht Bert Hodgkin mit einer Waffe!«

   »Es gibt immer ein erstes Mal. Ich möchte, dass Sie dieses Lokal verlassen, ihr Schiff besteigen und nie mehr Anker in Italo-Amerika legen!« Hodgkin sah mich an, schlug mir den Revolver aus der Hand und griff nach meiner Geldbörse. Er holte meinen Ausweis hervor.

   »Humphrey Conan Marlowe. Ich wusste es doch, ein mieser Schnüffler. Du hast gewonnen, Schnüffler, ich werde gehen. Doch ich werde wiederkommen. Wo immer du auch stecken magst , ich werde dich finden. Und dann wirst du die Abreibung deines Lebens erhalten, Marlowe.«

Er gab mir den Ausweis wieder, spuckte mir ins Gesicht und machte sich auf den Weg zur Tür, vorher blieb er allerdings noch stehen, um dem Mathematiker eine runterzuhauen.

   »Du weißt, wem du das zu verdanken hast. Kapitän Bert Hodgkin betritt keine Kneipe, ohne sich mit jemandem zu prügeln!« Und dann war er weg. Der Wirt sah mich an.

   »Reife Leistung. Die Jungs hier haben Schnüffler nicht so gern, komm doch zu mir ins Hinterzimmer, dann bekommst du von mir jede Information, die du brauchst.«

Giovanni Pedone war tatsächlich in Port Genovese gewesen. Er war bei seinen Eltern untergetaucht, einfache Arbeiter mit einem einfachen Haus. Vor zwei Tagen ist er jedoch von Gangstern an einem Obststand angeschossen und ins Krankenhaus gebracht worden, wo er sich allerdings nicht sicher fühlte. Da er noch in einigermaßen guter gesundheitlicher Verfassung war, war er gestern Abend aus dem Krankenhaus geflohen, höchstwahrscheinlich zurück nach Little Chicago. Die Presse habe davon allerdings nichts mitbekommen, seine Informationen bezog der Wirt von seiner Nichte, die im Krankenhaus arbeitete. Daher wisse er auch, dass Pedone kurz vor seinem Ausbruch mit einem Unbekannten am Telefon ein Treffen am 11. Juni geplant hatte. Und zwar im Alahambra. Nun, das war endlich mal etwas, was ich dem Don ausrichten konnte. In einer Woche würde ich Pedone im Alahambra abfangen und ihm ein paar unangenehme Fragen stellen!

Ich habe Norma vergessen!

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Ich habe Norma vergessen!

Als ich den Herrlichen Verstand verließ, war es draußen bereits schon dunkel. Gemächlich machte ich mich auf zu meinem Hotel, bis mir einfiel, dass ich mich ja mit Norma verabredet hatte. Ich nahm ein Taxi und raste zum Restaurant gegenüber dem Hotel, und als ich gerade ankam, marschierte Norma gerade wutentbrannt aus dem Restaurant.

   »HUMPHREY CONAN MARLOWE! WAS FÜR NERVEN MUSST DU HABEN, DASS DU MICH TATSÄCHLICH SITZEN LÄSST!«

   »Die Arbeit hat etwas länger gedauert! Ich war in der Kneipe und plötzlich kommt so ein Typ rein und will sich mit mir prügeln!«

   »Humphrey, ich habe eine Stunde auf dich gewartet!«

   »Oh, er, das, das wusste ich nicht!«

   »Humphrey, wie kannst du so etwas nicht wissen? Wir haben es erst heute Morgen vereinbart!«

   »Tut mir Leid, mein Fehler, ich bin dumm.«

   »Ja, das bist du, Humphrey. Los, lass uns in meine Suite gehen, wir bestellen uns Essen vom Service hoch.«

Norma und ich hatten diesen Abend noch viel Spaß gemeinsam, doch an dieser Stelle muss ich meinen Bericht unterbrechen - Dem Jugendschutz zu Liebe.

Little Chicago, 11. Juni 2009

Die Woche war recht glücklich verlaufen. Norma und ich sind zurück nach Little Chicago gefahren und haben die ein oder andere Nacht zusammen verbracht. Was sie den Tag über so machte, wusste ich nicht, aber sie schien immer noch sehr viel Energie für den Abend erübrigen zu können. Ich liebe sie. Die Nächte, wo ich nicht mit ihr zusammen war, verbrachte ich wie gewohnt im Continental. Vom Klatschreporter immer noch keine Spur - Ob er wohl noch im Lagerhaus festsaß? Sehr unwahrscheinlich. Ich sollte mal beim Lagerhaus vorbeischauen, sobald die Sache mit Pedone geklärt war. Aber wahrscheinlich war der Kerl nur irgendwo untergetaucht oder Tom Hogan hatte ihm einfach untersagt, Geschichten über meine Detektivarbeit abzudrucken. Der zeigte sich übrigens äußerst zufrieden, als ich ihm versicherte, bald mit Pedone Kontakt aufnehmen zu können. Doch dafür musste ich an einen bestimmten Ort und der hieß Alahambra.

Na dann mal rein ins Vergnügen!

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Na dann mal rein ins Vergnügen!

ALAHAMBRA - OPEN FROM DUSK TILL DAWN. Geöffnet von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen. Ein Sünderparadies wie es auf der Welt kaum ein zweites gibt. Vor dem Lokal stand ein Mann und brüllte die einströmende Menge an, was sie drinnen alles erwarte.

   »Pussys, Pussys, Pussys! Hereinspaziert, Pussy-Freunde! Im Alahambra gibt's Pussys, dass euch die Augen übergehen! Die beste Auswahl an Pussys jenseits von Ozeanien! Pussys im Sonderangebot. Wir haben weiße Pussys, schwarze Pussys, brasilianische Pussys, gelbe Pussys, wir haben heiße Pussys, kalte Pussys, nasse Pussys. Wir haben stinkende Pussys, haarige Pussys, blutige Pussys, bissige Pussys. Wir haben Seide-Pussys, Samt-Pussys, Nylon-Pussys, sogar Pferde-Pussys, Hunde-Pussys, Hühner-Pussys. Kommt schon, ihr wollt Pussys? Kommt, ihr Pussy-Freunde. Was ihr wollt, wir haben es für euch. Hereinspaziert, Pussy-Freunde!«

Er versprach einem alle möglichen Pussys dieser Welt und wer schon einmal im Alahambra gewesen ist, der weiß, dass der Mann gottverdammt Recht hatte. Fall Sie sich fragen, wie es denn möglich sei, sich in einem Bordell zu treffen um dort wichtige Angelegenheiten zu bereden - Sie kennen das Alahambra nicht. Jeden Abend gibt es hier eine der heißesten Shows von hier bis nach Ozeanien, man kann sich an Tische setzen, sich betrinken und die Vorführung genießen und wenn sie irgendwann dann endlich vorbei ist, kann man den Damen in den Hinterräumen einen Besuch abstatten. Und es lohnt sich. Aber nicht heute. Ich hatte einen Auftrag und ein Mädchen namens Norma, das es gar nicht gut finden würde zu wissen, wo ich mich überall so herumtreibe. Rein beruflich natürlich.

Ich setzte mich an den mittigsten Tisch im ganzen Raum. Wo sich Pedone auch immer hinsetzen würde, wenn ich mich anstrengte, könnte ich seinem Gespräch lauschen. Denn während der Show wird eine lautere Konversation ohnehin notwendig sein, wenn man sich bei der Geräuschkulisse hier verstehen will. Ich beobachtete unauffällig den Eingang, die hereinströmenden Gäste. Unglaublich, wen man hier so alles sieht. So spazierte unter anderem der gealterte Actionstar Buck Morris herein, einen Cowboyhut auf dem Kopf, und konnte es nicht unterlassen, gleich in den Saal zu schreien:

   »Mein Name ist Buck und ich bin hier für einen Fuck!«

Ich hatte offenbar richtig getan, ihn über all die Jahre für einen unausstehlichen Kotzbrocken zu halten. Zumal seine Filme immer der letzte Trash waren. Arschloch. Ich hoffe, Opi hat mal nicht vergessen, seine Viagrapillen mit hierher zu bringen. Wenig später kam eine größere Gruppe herein: Zwei Typen im Gangsteranzug, ein älterer Herr mit Bart, ein Chinese und eine Göre. Herrje, was wollte die denn hier? Auf jeden Fall wandte sich einer der Gangster der Gruppe zu und sprach:

   »Hört zu! Hört mir alle gut zu! Ich weiß, ich hab euch durch die Hölle geschickt! Und ich war ein verdammt fieses Schwein! Aber von jetzt an steht ihr alle in meinem Buch der coolen Leute!«

Das war wohl tatsächlich ein Gangster und offenbar hatte er ein mieses Ding gedreht. Doch das war nicht meine Angelegenheit. Und dann sah ich ihn. Giovanni Pedone. Der Mann, den ich die ganze Zeit gesucht hatte. Der sah absolut fertig aus, die Haare zerzaust, das Hemd mit Kaffeeflecken übersäht. So stellt man sich einen Organisator vor. Zielstrebig eilte er auf meinen rechten Nachbartisch, wo so ein schwarzer Glatzkopf mit dunklem Mantel und Sonnenbrille bereits auf ihn wartete. Er stand auf, um Pedone die Hand zu reichen, setzte sich wieder hin und sagte in einer verdammt coolen Art und Weise:

   »JETZT HAB ICH LANGSAM DIE SCHNAUZE VOLL VON DIESEN BESCHISSENEN SCHLANGEN AUF DIESEM BESCHISSENEN PISS-FLUGZEUG!«

Obwohl - Nein, das habe ich mir jetzt nur eingebildet. Aber der Typ war so verdammt cool, dass er das durchaus hätte gesagt haben können. Stattdessen fragte er Pedone einfach:

   »Wie geht's dir?«

   »Prächtig, die Sonne scheint mir aus dem Arsch!«

   »Wenn du in Ordnung bist, dann sag etwas!«

   »Etwas.«

Das Gespräch schien tatsächlich interessant zu werden. Mit Sarkasmus hatte ich, als ich Pedone erblickte hatte, heute am allerwenigsten gerechnet. Daraufhin sagten sie aber nichts mehr, der Schwarze stand auf, um Drinks zu holen. Ich hatte mir natürlich längst meinen geliebten White Russian besorgt. Ob sie warteten, bis die Show anfing? Wahrscheinlich. Lang konnte es ja nicht mehr dauern. Am Tisch vor mir, direkt vor der Bühne saß die Gruppe mit den beiden Gangstern, sie machten gerade irgendein komisches Trinkritual. Draußen konnte man immer noch den brüllenden Mann hören, der damit versuchte, Leute in dieses Etablissement zu locken.

   »Aufgepasst, Pussy-Kunden! Nutzt unser Eine-Pussy-für'n-Penny-Sonderangebot! Ihr kauft eine Pussy zum regulären Preis und ihr erhaltet dafür eine weitere Pussy von gleicher oder schlechterer Qualität für nur einen einzigen Penny! Versucht mal, eine Pussy für'n Penny zu unterbieten! Wenn ihr irgendwo eine billigere Pussy findet: Fickt sie!«

Scheiße, fast hatte er mich. Doch ich bin vergeben und ich würde Norma heute nicht betrügen. Vielleicht ein andermal, wenn sie anfing langweilig zu werden. Norma... Daran durfte ich jetzt nicht denken. Der Schwarze kam mit zwei Margaritas zurück und setzte sich wieder hin. Und ich weigere mich, politisch korrekte Ausdrücke wie "Farbiger" zu verwenden. Niemand spricht im Alltag von Farbigen. Und ich scheiß drauf, wenn ich jetzt hier als Rassist abgestempelt werde. Nebenbei musste ich bemerken, dass innerhalb der verruchten Hallen des Alahambra man sehr schnell dazu neigt zu fluchen.

   »Ich mach dich fertig, weil du mich durch die Gegend hetzt!«, sprach der Schwarze.

   »Der schwarze Mann hat Rhythmus im Blut!«, entgegnete Pedone.

   »Du bist ein verdammter Rassist.«

   »Ja, ein Rassist, der mächtig in der Scheiße steckt, Shift. Ich muss raus aus diesem Land, so weit weg wie möglich. Shift, Mascarpone will mich loswerden. Der hat mich in Port Genovese aufgespürt und mich anschießen lassen, wahrscheinlich steckt auch er hinter dem Maut-Attentat während der Weltenausstellung. Was heißt ihr wahrscheinlich: Hundertprozentig. Ich hätte nie drohen sollen, auszupacken. Hilf mir, verdammte Scheiße!«

Das waren doch endlich mal nützliche Informationen. Der Bruder der Nacht, der sich mit ihm unterhielt, hieß also Shift und schien gute Beziehungen zu haben. Und Pedone dachte tatsächlich, der Don würde hinter dem Attentat stecken, darum war er wohl untergetaucht. Der Schwarze ergriff das Wort.

   »Was willst du von mir hören?«

   »Vor dir will ich eigentlich nur eins hören: Du hast kein Problem, Giovanni, ich kümmere mich um den Scheiß. Geh wieder heim, beruhige die Nigger und warte auf die Kavallerie, die jeden Augenblick kommen wird.«

   »Du hast kein Problem, Giovanni. Ich kümmere mich um den Scheiß. Geh wieder heim, beruhige die Nigger und warte auf meinen Informanten, der jeden Augenblick kommen wird.«

   »Du hast einen Informanten?«

   »Ein Jules L. Shift hat viele Informanten. Warte es einfach ab.«

   »Und du kannst mich hier wegschaffen?«

   »Ich glaube schon.«

   »Oh, vielen Dank, Shift! Du bist der Größte!«

   »Hey, du bist trotzdem ein verdammter Rassist.«

   »Hey, du Schwarzbrot, du kannst mich mal.«

Jules L. Shift - Der Name sagte mir etwas. Shift war ein ehemaliger Cop aus den USA, der wegen seiner recht eigenen Methoden allerdings seine Marke verlor. Daraufhin erledigte er allerhand Jobs und wurde als Auftragskiller berüchtigt. Alles in allem also ein Mann, den ich in diesem Fall irgendwie so gar nicht gebrauchen konnte.

Im Alahambra kann es ganz schön heiß zugehen...

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Im Alahambra kann es ganz schön heiß zugehen...

Ich fragte mich, wer wohl sein Informant sei. Kannte ich ihn? Meine Gedanken wurden schlagartig unterbrochen, als der Mann auf der Bühne endlich die Show ankündigte. Plötzlich erschienen oben an den Wänden Käfige mit wunderschönen Tänzerinnen, doch die Schönste betrat tanzend die Bühne, eine Schlange um den Hals. Dem Schwarzen schien das überhaupt nicht zu gefallen. Ich wusste doch, dass er etwas gegen Schlangen hatte! Doch den Anderen schien der wilde Tanz zu gefallen. Buck Morris warf erregt seinen Hut und die Luft und machte auf Cowboy, vom Tisch vor mir vernahm ich, wie einer der Gangster sprach:

   »Das nenne ich mal eine geile Show!«

Leider konnte ich mich nicht von der eindrucksvollen Darbietung ablenken lassen, da Shift sich schon wieder zu Pedone beugte, um das Gespräch wieder aufzunehmen.

   »Offenbar lässt dich Mascarpone verfolgen, Giovanni.«

Was sagte er da? War ich etwa in letzter Minute aufgeflogen?

   »Du meinst - Jemand ist mir auf dem Fersen?«, fragte Pedone nervös.

   »Das ist sein Job... Er findet Leute, die nicht gefunden werden wollen.«

   »So eine verfickte Scheiße!«

   »Er ist im Auftrag von Mascarpone unterwegs und hat sich in Port Genovese nach dir erkundigt. Das ist kein kleiner Fisch, der soll den berühmten Seebär Bert Hodgkin in die Schranken gewiesen haben. Ich weiß nicht, was er weiß, aber vielleicht sitzt er gerade diesen Augenblick bei uns im Raum und hört uns zu.«

   »Ich bin erledigt!«

   »Weißt du, Mann - Ich hasse diese Nigger, die einem anderen Nigger einen Gefallen tun und - Bamm! - gleich einen Gefallen dafür zurück haben wollen, aber... leider bin ich einer von diesen Niggern.«

   »Was verlangst du?«

   »Du bist nicht der Einzige, der aussteigen möchte. Ich habe dieses Töten satt, Giovanni. Und wenn wir erst in den USA sind, dann werde ich dein Organisationstalent gebrauchen.«

Pedone nickte erleichtert, ihm schien ein Stein von Herzen zu fallen.

   »Ich bin vielleicht ein Bastard, aber ich bin kein verdammter Bastard!«, lachte Shift.

Shift lehnte sich zurück und schaute auf die Bühne. Der heiße Tanz ging immer noch weiter, die Schlange hatte die Tänzerin abgelegt. Und während alle auf ihre Traumfigur stierten, schien ich als Einziger zu bemerken, wie plötzlich ein neues Individuum das Alahmabra betrat. Jetzt wusste ich, wer Shifts gottverdammter Informant war. Es war ausgerechnet der blöde Klatschreporter der Cosa Nostra! Ich schaute ihm in die Augen, er erwiderte den Blick und ging vorsichtig auf den Tisch von Shift und Pedone zu. Ich konnte es förmlich riechen, dass dieser Abend im Alahambra noch sehr, sehr hässlich werden würde. Shift begrüßte ihn.

   »Ah, da ist er endlich. Giovanni, das ist mein Informant, von dem ich sprach, er ist Redakteur bei der Cosa Nostra. Simmons, erzähl unserem Freund Giovanni doch mal, was du so alles weißt.«

   »Ich traf im Continental Club auf einen Mann namens Marlowe. Betrunken gab er an, Detektiv zu sein und den Auftrag erhalten zu haben, dich zu verfolgen.«

Shift nickte zufrieden, Pedone wirkte beunruhigt, Simmons erst recht. Ich bemühte mich wegzusehen, der Tanz auf der Bühne ging gerade in die heiße Phase: Die Tänzerin schüttete sich Alkohol über das Bein und steckte ihren Fuß in den Mund eines der Gangster am Tisch vor mir. Rechts von mir hörte ich Simmons gerade noch sagen:

   »Und wisst ihr noch etwas? Dieser Marlowe sitzt gerade nur einen Tisch weiter von uns!«

Die berühmten Nebenräume des Alahambra - Da lässt man sich gerne malen!

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Die berühmten Nebenräume des Alahambra - Da lässt man sich gerne malen!

Kurz darauf stand Shift auf, kam an meinen Tisch und zerrte mich weg von der johlenden Menge in einen der zahlreichen Räume, die eigentlich für das Vergnügen nach der Show vorhergesehen waren.


Shift blickte mich tief an, bohrte mir fast seine schwarze Nase ins Gesicht.

   »Wie ist dein beschissener Name, Motherfucker?«

   »Humphrey Conan Marlowe, ich bin Privatdetektiv.«, antwortete ich ruhig.

   »Normalerweise wärst du jetzt so tot wie ein frittierter Hühnerarsch, aber du zieht diesen Mist ab, während ich eine Entwicklung durchmache!«

   »Ich ziehe hier keinen Mist ab, Shift, ich mache meinen Job.«

   »Liest du die Bibel, Marlowe?«

   »Ja, ich steh auf Märchen.«

   »Also, da gibt's eine Passage, die ich halb auswendig kann, die passt irgendwie zu diesem Anlass. Ich glaube, Ezekiel 25, 17. „Der Pfad der Gerechten ist zu beiden Seiten gesäumt mit Freveleien der Selbstsüchtigen und der Tyrannei böser Männer. Gesegnet sei der, der im Namen der Barmherzigkeit und des guten Willens die Schwachen durch das Tal der Dunkelheit geleitet. Denn er ist der wahre Hüter seines Bruders und der Retter der verlorenen Kinder.“ Und da steht weiter: „Ich will große Rachetaten an denen vollführen, die da versuchen meine Brüder zu vergiften und zu vernichten, und mit Grimm werde ich sie strafen, dass sie erfahren sollen: Ich sei der Herr, wenn ich meine Rache an ihnen vollstreckt habe.“. Und Mr. 9 Millimeter hier ist der Hirte, der meinen schwarzen Hintern im Tal der Dunkelheit beschützt.«

Er richtete sich auf, packte seine Waffe aus und richtete sie auf mein Gesicht. Ich hätte mich nicht so sicher wiegen sollen, weil man mich nicht gefesselt hatte. Hier saß ich nun auf einer Liebescouch, einen Schwarzen mit Knarre vor mir, hinter ihm stillschweigend Simmons und Pedone. Also, Liebe lag hier definitiv keine Luft. Ich beschloss, den Coolen zu mimen.

   »Auch wenn es dein Ego erschüttert, aber das ist nicht das erste mal, dass ich eine Knarre vor dem Kopf habe.« Das muss gesessen haben! Doch Shift lächelte nur und blieb ruhig. Er sah Pedone an und sagte:

   »Ich sag dir, was jetzt ansteht. Ich werde ein paar eisenharte, durchgeknallte Cracknigger herschicken, die unseren Freund hier mit einer Kneifzange und einem Lötkolben bearbeiten werden.«

   »Was? Ihr wollt mich doch nicht etwa foltern?«, die Situation war schon nicht mehr lustig.

   »Es ist doch wieder mal erstaunlich zu beobachten wie berechenbar Beschränktheit ist!«, lachte Shift,

   »Du bist also Privatdetektiv und machst hier deinen Job. Nun - Was ist denn dein Job und wer hat ihn dir gegeben?«

   »Ich habe von Don Mascarpone persönlich den Auftrag erhalten, Mr. Pedone zu finden und sicher nach Hause zu bringen. Mein Job ist es, herauszufinden, wer das Attentat auf Mr. Pedone hier verübt hat.«. Pedone stand auf, schubste Shift bei Seite und sah mich an.

   »Heißt das, es war nicht Don Mascarpone, der das Attentat auf mich verübt hat? Am Obststand?«

   »Es liegt nicht im Interesse des Dons, Sie tot zu sehen, im Gegenteil. Die Weltenausstellung ist wichtig für Italo-Amerika und er braucht Sie, damit er sie neu aufnehmen kann!«

   »Das glaube ich nicht.«

   »Jemand wollte die Ausstellung sabotieren. Der Regierungspalast wurde schließlich auch angezündet.«

   »Das war doch vermutlich der Don selbst! Leichte Schäden, keine Opfer. Der wollte wohl nur einen Vorwand, um die Ausstellung abzublasen!«

Pedone ist gefunden!

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Pedone ist gefunden!

   »Ich weiß es nicht. Aber nach dem Maut-Attentat hatte er nun einmal die Pflicht, die Besucher der Ausstellung zu schützen, nicht? Mr. Pedone, Italo-Amerika braucht Sie. Sie wollten auspacken? Sie haben es nicht getan! Sie sind nun einmal der Beste und der Don möchte, dass Sie zurückkehren und wieder die Ausstellung in die Hand nehmen - Er wird Sie beschützen. Sie müssen hier nicht raus. Am einfachsten können Sie diesen Farce hier beenden, wenn Sie sich morgen bei ihm melden.«

   »Was wird aus Shift? Ich hab ihm versprochen, mitzukommen.«

   »Schon gut, Giovanni. Ich bin mit meinen Problemen immer selbst fertig geworden. Wenn Marlowe hier die Wahrheit sagt, bist du bei Mascarpone besser aufgehoben.«, antwortete Shift ruhig. Doch ich musste Pedone noch dringend etwas fragen:

   »Wie haben Sie es eigentlich geschafft, das Attentat zu überleben, Mr. Pedone?«

   »Das war Glück. Jemand hatte mir Stronzo und Canaglia aufgesetzt, das Attentat war auch gut durchdacht. Plötzlich standen die Mistkerle da und haben auf meinen Wagen geschossen. Und ich bin nicht der Vollidiot, der dann aussteigt, weil er sich draußen sicherer fühlt. Ich versuchte mich tot zu stellen, sank herunter, doch ich rechnete damit, dass sie nun herkamen und noch einmal sicherheitshalber auf meine "Leiche" schossen. Dem war nicht so, diese Sadisten beschlossen einfach den Wagen anzuzünden und zu verduften. Als sie weg waren, stieg ich aus und kümmerte mich um das Feuer.«


Das erklärte Einiges! Hinter dem Attentat steckten also Stronzo und Canaglia, die zwei meistgefürchteten Auftragsmörder der Stadt. Denen würde ich schon entlocken können, wer sie beauftragt hat. Und wenn ich noch einmal den ganzen Fall überdachte, hatte ich auch schon eine Idee, wer es gewesen sein könnte. Pedone ging am nächsten Morgen zu Don Mascarpone, ich sollte ihm daher wohl übermorgen einen Besuch abstatten. Dann würde ich die Killer besuchen und diesen Fall endlich abschließen!

   »Und was mache ich jetzt?«, fragte Pedone noch.

   »Also, du gehst jetzt da raus, du wirst sagen: »Gute Nacht! Das war ein reizender Abend!« Du spazierst aus der Tür, steigst ins Auto, fährst nach Hause, holst dir ein runter und das war's dann.«, lachte Shift. Alle lachten mit, bis Pedone sich schließlich verabschiedete.

   »Wenn ich mich jetzt entschuldigen darf... Ich fahr nach Hause und krieg einen Herzinfarkt.«

Was war das nur für ein Tag gewesen! Immerhin war mein Auftrag jetzt so gut wie erfüllt. Der Klatschreporter hieß Simmons und hatte meine Story nicht gebracht - Wahrscheinlich um Pedone zu schützen. Die Show war natürlich vorbei, im großen Saal saß nur noch eine Schnapsleiche und in den oberen Räumen hörte man einen ziemlich zugesoffenen Buck Morris »Yippie-ya-yeah!« rufen. Es war zu spät, um Norma aufzusuchen, obwohl ich nach diesem Lokalbesuch ziemlich aufgeladen war. Ich beschloss, einfach das zu tun, was ich immer tat, und ging für ein paar Stunden ins Continental.

Little Chicago, 14. Juni 2009

Pedone war in Sicherheit, die Medien berichteten eifrig davon, dass es weiter ginge und die Weltenausstellung auf August verschoben war. Der verlorene Sohn war heim gekommen und sein Vater hatte ihn mit offenen Armen empfangen. Verborgen blieb bisher nur der Grund, warum der Sohn erst verloren gegangen war. Wer hatte Stronzo und Canaglia engagiert? Ich wusste, dass ich nahe an der Lösung des Falls dran war und hatte auch schon einen Verdacht. Was war mit dem Brand im Regierungspalast? Hatte Pedone mit seiner Theorie Recht? Oder steckte im Endeffekt doch nur jemand aus den Kreisen um Dr. Bibo hinter den Vorfällen? Wer hat ihn überhaupt befreit? Fragen über Fragen. Und ich könnte sie bald lösen.

Ein peinlicher Moment...

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Ein peinlicher Moment...

Eigentlich hatte ich vorgehabt, mich einen Tag früher mit Don Mascarpone zu treffen. Das hat dann doch nicht so ganz geklappt. Den Tag nach meinem Besuch im Alahambra wollte ich mit Norma verbringen, schließlich hatte ich Einiges nachzuholen. Ich ging mit ihr im Osten der Stadt spazieren, ein wenig kühle Luft schnappen. In der Ferne erblickten wir das aufgestellte Messegelände für die Weltenausstellung, von der Norma schwärmte, und wir beschlossen gemeinsam zur Neueröffnung hinzugehen. Aber das schien ja noch so weit weg. Wir gingen essen, fein ins Restaurant, und als wir fertig waren, ging am Horizont bereits die Sonne unter und an den Kiosken klebten die Abendnachrichten. Ein Exklusivbericht über Pedones Rückkehr. Norma konnte natürlich nicht umhin, sich eine Ausgabe zu kaufen. Stolzerfüllt las sie laut daraus vor und stoppte erst, als von meinem entscheidenden Besuch im Alahambra die Rede war.

   »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«, fragte sie schnippisch.

   »Ich dachte, du könntest es falsch aufnehmen, wenn ich dir sage, dass ich da hin muss.«, antwortete ich unsicher.

   »Warum hätte ich es nicht nachvollziehen sollen? Es ist doch dein Job? Oder hast du da noch etwas anderes gemacht?«. Oh mein Gott, Weiber. Das war eine dieser typischen Psychofallen, wo man als Mann unmöglich heil rauskommt. Wenn ich die Situation überleben und noch am selben Abend mit ihr schlafen wollte, musste ich jetzt denken wie eine Frau. Gedanken schossen durch meinen Kopf. Was sollte ich nur sagen? Nach einer langen Denkpause entschied ich mich schließlich für:

   »Schatz, guck mal da hinten! SCHUHE!«. Das war ein Fehler. In ihren Augen begonnen sich Tränen zu bilden und vorwurfsvoll stotterte sie:

   »Humphrey Conan Marlowe, du bist ein mieser, gemeiner Lügner. Ich frage dich nur dieses Mal: Hast du mich gestern Abend betrogen?«.

Ach du dickes Ei. Um uns die Menschen waren schon alle am Gucken, manche erkannten mich aus der Zeitung wieder. Was zur Hölle sollte ich jetzt sagen? Ihr gegenüber musste ich mich in eine Beschützerrolle zwängen, allerdings durfte ich vor der Menschentraube keineswegs wie ein ungehobelter Macho auftreten. Antworten wie »Nein, und jetzt lass uns gehen, ich hab mit dir noch was vor heute.« schieden daher komplett aus. Das mit den Schuhen hatte auch nicht geklappt. Ließ sie mich sitzen, machte ich mich zum Gespött. Nein, jetzt musste ich männlich sein, männlich und cool. Ich sagte, was mir durch den Kopf schoss. Und das war:

   »Die besten Viecher sind tote Viecher!«. Die Menschen sahen mich komisch an, als wäre ich nekrophil oder so. Verflucht, das wirkte sogar unglaublich nekrophil. Norma kümmerte das allerdings nicht. Sie nahm die Zeitung, warf sie mir vor die Füße und schrie:

   »Geh mir aus den Augen, Humphrey, ich möchte dich nie wieder sehen!«, dann stapfte sie weinend davon. Und wieder kein Sex für mich. Wahrscheinlich ging die Geschichte ganz anders aus und der Jugendschutz hat sie verändert. Zensursula, Zensursula! Warum konnte ich jetzt nicht einfach ins Alahambra fahren und gut ist? Stattdessen blieb ich wie angewurzelt blöd stehen und hörte mir die Kommentare aus der Menschenmenge an.

   »Männer!« hörte ich so eine dicke Feministin empört sagen und so ein verpickelter Jugendlicher mit Brille rief: »Fail.«. Die konnten meine Situation doch gar nicht nachvollziehen, so wie die aussahen, blieben die wohl ewig alleine. Diese Nacht würde ich nicht alleine im Continental verbringen! Da es noch relativ früh am Abend war, schnappte ich mir den erstbesten Zug und machte mich auf nach Scorsese, wo ich mich richtig zuschüttete. Das war der beste Abend meines Lebens! Nur war ich so zu, dass ich keinen Plan mehr hatte, was ich betrunken so alles angestellt hatte. Also musste ich in Scorsese erst mal meinen Tag rekonstruieren, wobei ich sogar auf Mike Tyson traf, und konnte mich unmöglich mit dem Don treffen. Zu Hause ruhte ich mich schließlich ein wenig aus und dann, dann ging ich endlich zum Don.


Als ich hereinkam, hatte der Don nur kurz gewunken, er saß auf seinem Stuhl, neben ihm sein Schnittchenbringer Tom Hogan und drehte an den Knöpfen eines Radios herum.

   »Guten Tag, Don Mascarpone, entschuldigen Sie, dass ich mich so spät melde, aber ich...«

   »Psssst!«, sagte Hogan nur, den Zeigefinger vor dem Mund. Ruhig setzte ich mich hin und sah dem Regierungschef dieser Bananenrepublik dabei zu, wie er an seinem Radio rumspielte. Schließlich nahm er es, schlug es an die Wand, richtete sich auf und lächelte mich an.

   »Aaah, Detektiv Marlowe. Schön, mal wieder von Ihnen zu hören, Sie melden sich spät.«

   »Ja, dafür möchte ich mich entschuldigen, ich war noch in Scorsese.«

   »In Scorsese? Hat Sie eine Spur dahin geführt?«

   »Nein, es waren persönliche Motive.«

Tom Hogan verdächtigt Ackermann.

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Tom Hogan verdächtigt Ackermann.

Der Don schaute mich sehr misstrauisch an. Offenbar hielt er nicht viel von Menschen, die sich aus persönlichen Motiven in Scorsese herumtrieben, galt die Stadt doch als die Stadt des Lasters schlechthin. Hogan ergriff das Wort:

   »Marlowe, wissen Sie, was wir uns gerade im Radio angehört haben?«

   »Scheißt der Don in den Wald?«. Das habe ich nicht gesagt. Ich begnügte mich mit:

   »Nein, woher auch?«

   »Es war die Johannes B. Bibo Show. Sie fragen, Bibo antwortet. Wir wissen jetzt, wer Bibo befreit hat.«

   »Und wer war's?«

   »Wir hegen Grund zur Annahme, dass es sich dabei um Hauke Ackermann handelt. Es wurde nämlich ein schwarzes Loch konstruiert.«

   »Kann das nicht irgendjemand sonst gewesen sein?«

   »Wer soll es denn sonst gewesen sein? Ingenieur Sax? Bleiben Sie auf dem Teppich. Auf jeden Fall ist Ackermann jetzt unser Hauptverdächtiger. Der Mann ist ein Störenfried, er und sein Kollege Bibo haben sich wahrscheinlich gegen unsere Ausstellung verschworen.«

   »Nein, da sehe ich keinen unbedingten Zusammenhang. Laut Pedone waren Stronzo und Canaglia für das Attentat verantwortlich, die hätte Ackermann nie im Leben engagiert, wo er doch seine Glebs hat. Der hätte auch nicht davor zurückscheut, Pedone dem Erdboden gleich zu machen.«

   »Aaah, Stronzo und Canaglia. Manche Leute sorgen mit ihrem täglichen Verhalten dafür, dass sie irgendwann auf der Straße erschossen werden.«, schaltete sich der Don ein.

   »Gleich eine Vendetta anzuzetteln, halte ich für extrem unklug, mein Pate. Wenn tatsächlich die Beiden dahinter stecken, dann hat ihnen jemand den Auftrag dazu gegeben. Diesen Jemand kann ich für Sie finden und dafür brauche ich Stronzo und Canaglia lebend. Unnötige Mordaktionen würden Italo-Amerikas Image vor einer neuen Weltenausstellung nur unnötig verschlechtern.«

   »Seien Sie auf der Hut, Marlowe. Frauen und Kinder können unvorsichtig sein, aber nicht Männer.«

   »Ich werde Sie ganz bestimmt nicht enttäuschen.«

   »Dann gehen Sie, Marlowe, ehe ich es mir noch anders überlege. Bringen sie mir den Verantwortlichen für das Attentat. Und den Brand des Regierungspalastes.«

   »Bezüglich des Letzteren habe ich bereits eine Theorie, Don Mascarpone. Schauen Sie sich doch einmal den Brand an. Keine großen Schäden, keine ernsthaften Verletzten. Das war kein Terroranschlag. Ich denke, das waren Sie selbst, der sie die Ausstellung abblasen wollten.« Kacke, war ich nervös.

   »Was erlauben Sie si-«, Hogan wollte mich anblaffen, doch der Don unterbrach ihn:

   »Sie sind ein intelligenter Mensch, Marlowe. Sie gefallen mir. Und Sie haben Recht. Ich konnte die Menschen nicht sicheren Gewissens die Ausstellung besuchen lassen, wenn hier eine Ratte frei herumläuft, die auf meinen Organisator schießt. Finden Sie das Schwein. Nun gehen Sie.«

Wenn ich mir die Fragen so ansehe, die ich mir erst kurz zuvor gestellt hatte: Sie waren nun fast alle gelöst. Übrig blieb nur der Mann, der auf Giovanni Pedone schoss. Wer war er? War es überhaupt ein Mann? Und was wird aus Norma? Ich musste nun Stronzo und Canaglia auftreiben. Die Kerle sind bekannt wie bunte Hunde, doch das machte die Aufgabe keineswegs leichter. Ich würde Tage brauchen, um sie zu finden. Na dann mal los.

Little Chicago, 19. Juni 2009

Die Suche nach Stronzo und Canaglia kostete mich fünf volle Tage. Ich hatte in meiner Berufslaufbahn schon viele Leute aufspüren müssen, aber die Beiden waren keine Leute, nach denen man mal ebenso im Continental nachfragt. Zumal ich durch das Finden von Pedone erst vor kurzem in den Medien als Arbeiter des Dons gebrandmarkt worden war. Ich hatte mich in den zwielichtigsten Kaschemmen herumtreiben müssen, um den zwei Killern auf die Spur zu kommen, ich hatte mich den unangenehmsten Fragen der rauesten Gesellen der ganzen Stadt gestellt.

Warum sollte ausgerechnet der Meisterdetektiv Marlowe nach ihnen suchen? Doch ich konnte mich behaupten. Die öffentliche Trennung von Norma hatte sich nämlich rasch in der Stadt herumgesprochen und gereichte mir so zum Vorteil. Die Welt ist doch ein Dorf, wenn es um Klatsch und Tratsch geht. Ich hatte kein gutes Gewissen, wenn ich angab, die Leute aufspüren zu wollen, damit sie für mich Rache an Norma nahmen. Aber zur Hölle damit, sie hatte doch Schluss gemacht. Da muss man schon mit so etwas rechnen, heutzutage, wo schon jeder 13-Jährige seine Ex-Freundin aus dem Kindergarten bestalkt. Die Welt ist voller Psychopathen! Früher hatten die Leute noch Leichen im Keller, heute sind es ihre Kinder. Nein, letzten Endes war ich dankbar, dass sie mir wenigstens dabei half, den Fall zu lösen, wenn sie schon nicht mit mir schlafen wollte. Na gut, ich hätte sie auch nicht spätnachts im Vollrausch anrufen sollen, um ihr zu sagen, wie sehr ich sie hasse.

Irgendwo hier müssten Stronzo und Canaglia sein...

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Irgendwo hier müssten Stronzo und Canaglia sein...

Hank Stronzo und Frank Canaglia hatte ich eigentlich irgendwo im Umland von Little Chicago vermutet, doch ihr Versteck war in der Stadt, gut versteckt in den hintersten Ecken eines Schrottplatzes im Industriegebiet. Sie waren Waisenkinder, hatten in den Gassen des Wohnviertels gelebt und gemeinsam gelernt, in diesem Pflaster des Verbrechens zu überleben. Stehlen, kämpfen, irgendwann kam das Töten. Und diese Wichser hatten einen verdammt großen Spaß daran, als sie erfuhren, wie schnell man sich ein goldenes Näschen verdienen kann, wenn man die Drecksarbeit für die ganzen Ganoven hier erledigt. Und das taten sie bis heute, auf diesem müffelnden Schrottplatzgelände. Offenbar war ich zu einem extrem schlechten Zeitpunkt erschienen, denn bei denen war gerade die Kacke am Dampfen.

   »Sag mal, bist du krank, Hank? Wenn ich dir sage, du sollst im Sumpf eine Leiche versenken, dann heißt das, du schmeißt sie in den Scheißsumpf, klar! Und nicht mitten auf den Weg, wo sich Donnerstag irgendwelche Versicherungstypen treffen um sich einen blasen zu lassen, Mann. Hör auf zu lachen! Das ist kein Reality-TV!«, schrie Canaglia. Stronzo sagte nichts und zuckte nur mit den Schultern, als würde es ihm einfach am Allerwertesten vorbei gehen. Canaglia sah mich an und sprach zu seinem Kumpanen:

   »Und jetzt sei still, wir haben Kundschaft. Versau es diesmal ja nicht wieder... Hey! Humphrey Conan Marlowe, der Mann aus der Zeitung! Was kann ich für sie tun? Obwohl: Lassen Sie's. Ich weiß es ohnehin schon.«, Canaglia lachte lauthals. Scherzkeks, mit dem würde ich gern einmal Canasta spielen. Nur kann der mich mal, ich kann kein Canasta. Er fuhr fort:

   »Nun, diese Norma, die Sie entsorgen wollen, ist ja ein ganz süßes Ding. Für das Grab doch fast zu schade, aber dann haben wenigstens die Friedhofswächter den Spaß mit ihr, den Sie offensichtlich nicht hatten.«, wieder fing er an zu lachen, ich konnte ihn nicht ausstehen, »Aber wir mussten feststellen, dass es eine Norma Deever in diesem Land de facto überhaupt nicht gibt. Es tut mir Leid, Mr. Marlowe, aber offenbar waren Sie nicht der Einzige in Ihrer Beziehung, der gewisse Dinge verschwiegen hat. In ihrem Falle sogar die komplette Identität. Das erschwert unsere Arbeit natürlich etwas und darum sollten wir auch gleich einmal über Sonderkonditionen verhandeln.«

Das war ein Tiefschlag. Norma hieß also überhaupt nicht Norma und hatte mich an der Nase herumgeführt! Diese verlogene, kleine... Ich hatte tatsächlich fast vor, die zwei Flachpfeifen auf sie anzusetzen. Doch mein Auftrag war jetzt wichtiger. Ich meldete mich mal:

   »Ich muss Sie enttäuschen, es geht mir hier nicht um Norma, mein Auftrag an Sie ist anderer Natur. Ich möchte Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«

   »Interessant, bekommen wir eine Million Gefälligkeiten, wenn wir gewinnen?«, spottete Canaglia.

   »Ich will dann eine Tüte Gummibärchen«!, schaltete sich Stronzo ein.

   »Halt die Schnauze, du Dämlack.«, fuhr Canaglia ihn an.

   »Ich würde gerne wissen, wer Ihnen den Auftrag gegeben hat, auf Pedone zu schießen.«, sagte ich. Doch Canaglia lachte nur.

   »Wenn das so ist, dann nehme ich den Fifty-Fifty-Joker.«, prustete er. Der hielt sich ja für ziemlich witzig. Naja, vorm Spiegel war er wohl eine Witzfigur, dieser Arsch mit Ohren.

   »Aber wir dürfen das doch gar nicht verraten, Frank!«

   »Ich weiß, Hank. Das war eben ein Witz. Das Kundengeheimnis ist uns wichtig.«

   »Nun, was wenn ich bereits einen Verdacht habe, wer dahinter steckt? Könnt ihr ihn dann bitte einfach bestätigen, wenn er richtig ist?«, hakte ich nach.

   »Wenn du von selbst darauf kommst, ist es ja nicht unser Bier. Aber wir kaufen uns Bier, wenn du mal ordentlich Schotter dafür rüberwachsen lässt.«, sprach Canaglia. Jetzt kam meine große Stunde! Endlich konnte ich meine Fähigkeit zu schlussfolgern unter Beweis stellen!

   »Ich denke, das ist ein glasklarer Fall. Es gab zwei Attentate auf Giovanni Pedone. Eines fand durch euch in Little Chicago statt, das steht fest. Das Andere allerdings in Port Genovese, und da wart ihr nicht dabei. Dort wurden eure Dienste nicht gebraucht, denn der Auftraggeber hatte da seine eigenen Männer. Und das ist Don Matteo, weil er da unten den Schmugglerhafen kontrolliert. Hier in Little Chicago wäre es vor den Reportern der WA viel zu heikel gewesen, Pedone einem seiner Männer zu überlassen, da wollte er mit zwei Profis auf Nummer sicher gehen. Und die Profis seid ihr!«, ich holte tief Luft. Canaglia sah mich ganz genau an. Stronzo drehte Däumchen. Schließlich fing Canaglia an zu applaudieren.

   »Bravo, Sie haben wohl wirklich Ahnung von Ihrem Job. Es waren tatsächlich Don Matteos Männer, die uns beauftragt haben, auf Pedone zu schießen. Fragen Sie jetzt aber nicht warum, wir stellen nie Fragen zu unseren Jobs.«

   »Lieber Gott, ich bin nicht dumm, denn ich kann auch andersrum!«, rief Stronzo begeistert.

Ich hatte also Recht! Don Matteo war der Drahtzieher! Nun fehlte nur noch sein Motiv. Sollte ich ihm einfach den Don überlassen? Wohl kaum. Ich musste Matteo zur Rede stellen und sein Motiv herausfinden! Aber nicht heute. Frank Canaglia erwies sich als großer Fan meiner Detektivarbeit, hat sogar vorgeschlagen, mich mit ihnen zusammentun und der Öffentlichkeit einen noch besseren Dienst zu bieten, schließlich würden sich beide Jobs angeblich gut kombinieren lassen. Wir redeten noch eine Weile und irgendwann sagte Stronzo sogar etwas Intelligentes:

   »Diese Feuerwehrwichser sind doch alles Homos!«

Und Recht hatte er. Die freiwillige Feuerwehr von Little Chicago war ein unorganisierter Haufen von amphibischer Urscheiße. Canaglias Angebot musste ich allerdings ablehnen. Nicht aus Bescheidenheit, ich würde nur seine behämmerten Witzchen nicht ertragen.

Insgesamt war der Nachmittag ein wenig enttäuschend, ich hatte mir von den zwei Flitzpiepen mehr erhofft, doch jetzt wusste ich immerhin mit Gewissheit, dass Matteo der Verantwortliche für das Attentat war. Nur - Wie kann man einen Mafiaboss an die Wand nageln? Ich musste mir etwas überlegen, bevor ich bald zu ihm fuhr. Die Lösung des Falls lag nun ganz allein in meinen Händen. Mein Schatz....

Little Chicago, 22. Juni 2009

Enter the Matteorix!

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Enter the Matteorix!

Seit meinem Besuch auf dem Schrottplatz waren nun drei Tage verstrichen. Ich wusste, ich wollte Matteo stellen. Ich wusste, wo er lebte. Aber dennoch hatte ich drei Tage gewartet.

War es die Angst, in Matteos Anwesen einzumarschieren und nicht wieder lebend herauszukommen? Quark, ich wollte einfach nur die Zeit genießen, in der ich die Lösung des Falls für mich allein kannte. Ich nutzte die Zeit, um mich vorzubereiten. Ich legte mir einen zweiten Colt zu für den Fall, dass ich mich aus dem Gebäude rausballern müsse. Und vor allem schrieb ich meine ganzen Fortschritte in diesem Fall nieder und gab sie einem guten Freund mit, der zu unwichtig ist, um in dieser Erzählung einen eigenen Namen zu bekommen. Er sollte sie dem Don überreichen, sollte ich mich nicht zurückmelden.

Don Philipp Matteo. In Little Chicago war er ein Niemand, es war seine Machtposition im Süden des Landes, die ihn zu einem der fünf großen Dons machte. Er hatte sein Anwesen weit draußen vor der Stadt, wie die anderen Dons auch, und spielte dort gerne Golf mit irgendwelchen bekannten Persönlichkeiten. Nun, ich war bekannt. Ich borgte mir die Ausrüstung von einem Schwarzen aus meiner Nähe, Lance Bagger Vance oder so hieß er. Und man ließ mich tatsächlich durch die Tore des Anwesens hindurch! Das war ja einfach. Angesichts einer schier unmöglichen Mission hatte ich schon damit gerechnet, mich von einem Flugzeug herunterseilen zu müssen oder so ähnlich. Aber ich war drin.

Die Wachen schauten alle nicht nett aus, aber sie ließen mich stillschweigend durch die kleine Villa spazieren, bis ich schließlich an das Büro von Don Matteo klopfte. Er bat mich herein, offenbar störte ich ihn gerade beim Verzehr einer Spaghetti Carbonara. E una Coca Cola. Er wischte sich den Mund an einer Serviette ab, sah mich an und sagte schließlich:

   »Nein, der Schober! Mensch, ewig nicht gesehen! Setz dich!«

Er machte mir ein Angebot, dass ich nicht ausschlagen konnte. Ich setzte mich hin, sagte kein Wort und sah zu, wie dieser Fettsack gierig Spaghetti in sich hineinstopfte. Der sah schon richtig erbärmlich fett aus. Kein Wunder, dass er die Ausstellung hatte abbrechen wollen, so wie der aussah, hätte er einen eigenen Pavillon verdient. Als er fertig war, grinste er mich an und sprach:

   »Sie sind natürlich nicht der Schober. Ich hab Sie schon erkannt, Sie sind dieser Detektiv Conan.«

   »Marlowe, Conan ist nur mein zweiter Vorname.«, erwiderte ich mit einem süffisanten Lächeln. Ich fragte mich, ob Matteo Brüste hatte.

   »Nun, Mr. Conan, ich denke, Sie sind nicht wirklich hier, um mit mir zu golfen. Sagen Sie schon: Was wollen Sie? Und wer schickt Sie?«

   »Niemand schickt mich, ich bin selbstständig hier. Und ich würde gerne wissen, warum Sie das Attentat auf Pedone in die Wege geleitet haben.«

   »Pah. Was können Sie denn schon beweisen, Conan?«

   »Nun, ich möchte Ihnen jetzt nicht meine ganze Ermittlungsgeschichte erzählen, die werden Sie noch nachlesen können. Ich denke, die Aussage der Herren Stronzo und Canaglia reicht als Beweis völlig aus.«

   »Was wollen Sie machen? Mich erschießen? Ich bitte Sie, Sie werden hier niemals lebend rauskommen, Conan!«

   »Ich heiße nicht Conan, Sie Fettsack!«. Das musste jetzt sein. Matteo lachte.

Beim Empfang war Matteo noch fröhlich gewesen...

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Beim Empfang war Matteo noch fröhlich gewesen...

   »Wen haben wir denn da? Conan den Barbar! Sie wollen also die Gründe wissen. Nun denn. Solange ich denken kann, wollte ich schon immer Gangster werden. Für mich hatte es wesentlich mehr Anreiz Gangster zu werden als Präsident von Italo-Amerika. Und nun kommt dieser Mascarpone mit seiner neuen Politik und macht einem das Gangsterdasein kaputt. Rauschgiftverbot! Ich bin Schmuggler! Meine ganze Ware hat mir dieser Gauner abgenommen und zur Müllschieberinsel verfrachten lassen. Wissen Sie, wie viele Leute so ein Zeugs zu sich nehmen? Das ist nicht nur ein Robert Downey Jr., auch wenn er einem ganz schön viel von wegknallt. Nein, es sind Anwälte, Lehrer. Und wofür das Ganze? Für diese idiotische Weltenausstellung. Wovon soll man denn noch unehrlich leben? Davon, ein paar Touristen ihre Brieftaschen zu stibitzen? Ich habe Mascarpone nach der Pallazzo-Geschichte getroffen. Zum ersten Mal merkte ich, dass Mascarpone ein nervöses Wrack war. Seine Gedanken bewegten sich gleichzeitig in acht verschiedene Richtungen! Die Ausstellung musste verhindert werden, sie ist der Ruin unserer Verbrechernation und ein Schlag ins Gesicht geschichtsbewusst denkenden Menschen, die sich noch auf die Werte dieses Landes besinnen! Viva La Corruption!«

Was für ein Monolog! Wenn sich dieser dicke Mann aufregte, plusterten sich seine Wangen auf und wurden rot wie Tomaten. Ein lustiger Anblick.

   »Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Sie hätten die Weltenausstellung als Chance sehen sollen. Man kann Touristen auch mit überteuerten Hotelrechnungen und billigem Ramsch als Andenken übers Ohr hauen! Geldsäcke aus aller Herren Länder werden da sein und ihr Geld in Bordellen und Spielstätten verhökern! Notfalls kann man auch ihre Autos klauen. Schließlich kommen vor allem irgendwelche Minister immer gerne mit ihren protzigen Dienstwagen in den Urlaub. Nicht einmal die Grazianis haben sich über die Ausstellung beschwert. Wie konnten Sie nur davon ausgehen, mit so einer Aktion davonzukommen? Sie sind es nämlich nicht!«, ja, dem würde ich das Maul stopfen! Noch mehr, als er es ohnehin schon beim Fressen tat. Er holte tief Luft und sagte:

   »Ich verrate Ihnen mal etwas. Wenn man zu einer Bande gehört, sagt einem niemals jemand, dass man dich umbringen will. So läuft das nicht. Es gibt keine Auseinandersetzungen oder Flüche wie im Film. Deine Mörder kommen mit einem Lächeln. Sie kommen als deine Freunde, als Leute dich sich ein ganzes Leben lang um dich gekümmert haben. Und sie kommen immer dann, wenn man ganz unten ist und ihre Hilfe am nötigsten braucht.«

Und dann betrat sie den Raum. Die Frau mit den funkelnden Augen und dem bezaubernden Lächeln, wie es auf dieser Welt kein zweites gibt. Vor mir stand die Frau, die ich als Norma Deever kennengelernt hatte, und rieb diesem Fettarsch den speckigen Rücken.


   »Ihr habt sicherlich viel miteinander zu bereden, warum geht ihr nicht einfach in das Nebenzimmer? Ich würde noch gern eine Calzone essen.«, spottete Matteo und schickte uns mit einer forschen Handbewegung hinaus.

Das Zimmer, in das wir gingen, war abgedunkelt und spärlich eingerichtet, auf den ersten Blick erkannte man lediglich einen Stuhl in der Raummitte und dem fehlte es an Sitzfläche. Norma, wie die Schlampe letztendlich hieß wusste ich schließlich immer noch nicht, kam schnurstracks hinter mir her und gab mir barsch Anweisungen:

   »Ziehen Sie sich aus.«

   »Oh, hättest du das nicht sagen können, als wir noch zusammen waren? Und seit wann sind wir jetzt beim Sie?«, witzelte ich. In solchen Situationen werde ich immer unglaublich sarkastisch. Aber ich kam auch ihrer Forderung nach, vielleicht endete die Sache ja doch noch ganz romantisch. Die Tatsache, dass sie mich gerade an den Stuhl band, störte mich auch eigentlich gar nicht.

   »So kennt man Sie, Mr. Marlowe, immer einen Scherz auf den Lippen, was? Setzen Sie sich doch. Mal sehen, ob Ihnen das Lachen nicht doch noch vergeht, wenn ich jetzt Ihre Testikel peitsche.«

Ach du Scheiße, die Kleine war ja mal ganz wild drauf. Schon die bloße Vorstellung der nächsten Minuten zauberte mir einen entsetzten Gesichtsaufdruck auf. Sie schien ihren Anblick hingegen zu genießen. Nun ja, wäre ich eine Frau würde ich den nackten Anblick meines Körpers wohl ebenfalls genießen. Nun war allerdings sie mit den Witzchen dran.

   »Wie wollen Sie denn Ihre Eier, Mr. Marlowe? Gerührt oder geschüttelt?«

   »Sehe ich so aus, als würde mich das interessieren?«, antwortete ich lässig. Ich wollte der Dame ja kein Gefühl des totalen Triumphes geben.

   »Überlegen Sie sich Ihre nächste geistreiche Bemerkung sorgfältig, Mr. Marlowe. Es wird vielleicht Ihre letzte sein.«

Sie nahm die Peitsche und schlug zu, mit voller Wucht. Ein Gefühl des Schmerzes durchzog meine kostbaren Kronjuwelen und ich musste mir eingestehen, die Situation unterschätzt zu haben. Doch ich würde schon nicht zu Kreuze kriechen. Nicht vor ihr. Ich beschloss, sie weiter anzustacheln, vielleicht würde sie dann ja den Spaß an dieser perversen Foltermethode verlieren.

   »Ich habe so ein kleines Jucken... da unten.«, giftete ich. Sie lächelte. Nicht mit ihrem wunderschönen Lächeln, diesmal sah sie unglaublich gestört aus.

   »Sie sind ein witziger Mann, Marlowe.«

Und sie schlug noch einmal zu. Es tat immer noch weh, aber meine Nüsse würde sie so nicht unbedingt knacken. Fühlen sie sich schließlich erst mal taub an... Ich trieb das Spiel auf Spitze.

   »Nein! Nein! Weiter rechts!«, wies ich sie an. Sie peitschte nach.

   »Jaaa, jaaa!«, schrie ich. Wenn man Folter mit Humor nimmt, kann sie durchaus unterhaltsam sein. Die Zeit war gekommen, den Spieß ein wenig umzudrehen.

   »Warum sind Sie eigentlich auf einmal so launisch? Wenn ich an gewisse gemeinsame Nächte mit Ihnen denke, da waren Sie ja noch ganz entspannt. Was wollen Sie denn überhaupt von mir? Sie sollten es auf jeden Fall nicht zu weit treiben. Was wird die Welt sagen, wenn sie erfährt, dass Sie gestorben sind, als sie mir die Eier massiert haben?«

Man hatte mich die ganze Zeit über beobachtet!

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Man hatte mich die ganze Zeit über beobachtet!

   »Sie Depp. Haben Sie während Ihrer gesamten Ermittlungsarbeiten nie daran gedacht, dass man jemand auf Sie hätte angesetzt haben können? Es war doch klar, dass Don Mascarpone jemanden auf den Fall ansetzen würde. Ich sollte herausfinden wer es ist und seine Fortschritte den Männern meines Vaters übermitteln. Ganz recht, mein Name ist Norma Matteo und ich bin die Tochter von diesem Fettsack nebenan. Ich muss schon sagen, als Sie in Ihrer Planlosigkeit beschlossen, die Hafenkneipen in Port Genovese aufzumischen, da hielt ich Sie für einen unglaublichen Stümper. Aber Sie hatten Erfolg damit. Ich habe nicht mit Ihnen geschlafen und mich mit Ihnen getroffen, weil es mir Spaß gemacht hätte. Ich habe Sie benutzt. Doch ich schaffte es nicht, Ihnen die entscheidende Information zu entlocken, nämlich dass Pedone im Alahambra auftauchen sollte. Das wäre die ideale Möglichkeit gewesen, ihn ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen. Da der Fall damit abgeschlossen war, ließ ich Sie fallen. Und dabei hätte es bleiben können. Doch Sie haben einen Fehler begangen, Mr. Marlowe. Sie sind heute hierher gekommen. Und nun werden Sie leiden müssen.«, sagte sie mit einem irren Lächeln.

   »Erwarten Sie von mir, dass ich rede?«

   »Nein, Mr. Marlowe. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sterben! Es gibt nichts, das Sie mir erzählen könnten, was ich nicht schon wüsste.«

Ich sollte aus diesem Gebäude also offensichtlich nicht mehr lebend rauskommen. Aber wie wollte mich diese blöde Ziege schon umbringen? Indem sie meine Hoden blutig peitschte? Ich musste hier raus, doch ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Sollte ich an ihre Gefühle appellieren? Hatte diese Irre überhaupt welche? Ich schwieg. Und tatsächlich ergriff sie auch irgendwann wieder das Wort.

   »Was ist los, Mr. Marlowe? Na kommen Sie schon, Sie müssen doch wohl noch irgendeinen ironischen Kommentar auf Lager haben!«

   »Ein kluger Mann widerspricht einer Frau nicht. Er wartet, bis sie es selbst tut.«, antwortete ich gelassen.

Tatsächlich gab es nicht viel zum Widersprechen, entweder würde sie mich so langsam umbringen oder eben nicht. Ich sah, wie sich in Norma etwas rührte. Sie fragte:

   »Sie verachten mich, nicht wahr?«

   »Wenn ich einen Gedanken an Sie verschwenden würde, wahrscheinlich.«

   »Sie können Ihren Charme abstellen, Mr. Marlowe, ich bin dagegen immun.«, murmelte sie, aber wer würde ihr das schon glauben? Ich hatte sie endlich soweit.

   »Nun - Dann peitschen Sie mich doch aus! Peitschen Sie mich blutig, wenn Sie können!«, forderte ich sie auf. Sie kam der Forderung nicht nach. Stattdessen fing sie an zu weinen.

   »Ich... Ich kann das nicht.«, schluchzte sie. Sie warf die Peitsche weg und band mich los. Na endlich. Ich stand auf und bückte mich nach meinem Kleiderhaufen.

   »Küss mich! Küss mich, als wär's das letzte Mal.«, hörte ich sie sagen. Doch da achtete ich gar nicht drauf. In meinem Hemd fand ich, was ich suchte. Ich richtete meine 44.er Magnum auf ihr verweintes Gesicht und rief:

   »Was hältst du davon, wenn dich statt meiner ein paar blaue Bohnen küssen? Die hätten sicher ihren Spaß dran!«

   »Humphrey - Ich liebe dich!«, weinte sie.

   »Natürlich tust du das. Du liebst mich so sehr, dass es dir ein Vergnügen bereitet, meine Hoden auszupeitschen!«

   »Du kannst mich nicht erschießen, Humphrey! Deine Ermittlungsakten würden nie im Leben die Jugendfreigabe erhalten!«

Das war jetzt allerdings Argument. Ich beschloss, den Vorteil meiner Bewaffnung zu nutzen, um sie zu fesseln.

   »Was wirst du nur mit mir anstellen, Humphrey?«, jammerte sie.

   »Wirst du schon sehen...«

Nachdem ich sie gefesselt hatte, öffnete ich die Fensterjalousien. Dann packte ich sie und warf sie mal eben das Fenster hinunter.

   »Das hast du davon, du Schlampe! Du bist krank, hörst du? Krank!«, rief ich ihr hinterher. Sie schien noch am Leben zu sein.

Jetzt war es aber allerhöchste Eisenbahn. Sobald die Wachmänner Norma unten finden würden, würde es wohl nicht dauern, bis sie das Anwesen bestürmten. Ich zog mich schnell wieder an und marschierte aus dem Zimmer, zurück zum essenden Don Matteo.


Man sieht sich immer zweimal im Leben!

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Man sieht sich immer zweimal im Leben!

   »Das Spiel ist aus, Matteo!«, rief ich beim Eintreten,

   »Ich habe meine Vorbereitungen getroffen. Vielleicht werde ich aus dieser Geschichte nicht mehr lebend rauskommen, aber Sie werden es auch nicht! Mascarpone wird sie umlegen und die Weltenausstellung wird stattfinden, ohne dass Sie in irgendeiner Weise davon profitieren könnten. Denn dann sind Sie tot!«

Verwirrt schaute Matteo von seinem Calzoneteller auf. Der hatte wohl nicht damit gerechnet, mich so schnell wieder zu sehen. Eifrig schlang er einen Bissen von seiner Calzone hinunter und fragte mich:

   »Wie zur Hölle haben Sie es geschafft zu entkommen, Conan? Und wo ist meine Norma?«

   »Oh, das Küken hat sein Nest verlassen, nur konnte es leider noch nicht fliegen. Nun liegt Norma irgendwo unten auf Ihrem Gelände und wartet darauf, dass ihr jemand Erste Hilfe leistet.«, antwortete ich höhnisch. Diese Antwort schien dem fetten Matteo überhaupt nicht zu gefallen. Sein Gesicht färbte sich wieder knallrot wie ein Gummiboot und mit vollem Mund schrie er:

   »Du verdammtes Stück Scheiße! Krepier, du Arschloch! Krepier! Sieh mich an, verdammt noch mal! Guck mir in die Augen... Krepier, du Mistvieh!«

Offenbar war es allerdings er, der krepierte, denn sein Gesicht färbte sich plötzlich grün und dann grau. Der Fettsack erstickte doch tatsächlich an seiner Calzone! Sollte ich ihm helfen? Wohl eher nicht. Leblos fiel er in seinem Sessel zusammen.


Was sollte ich jetzt nur machen? Einer der fünf großen Dons war soeben vor meinen Augen dahingeschieden und zuvor hatte ich seine Tochter mal so eben aus dem Fenster geschmissen. Draußen hörte ich schon die ersten Männer auf den Gang kommen. Rasch schloss ich die Tür ab. Ich saß in der Falle. Ich schaute mich im Zimmer um. Ich erblickte einen Waffenschrank und brach ihn auf. Dort fand ich ein Sturmgewehr, das konnte ich jetzt ziemlich gut gebrauchen, denn ich hörte schon, wie Matteos Männer an die Tür klopften.

   »Don Matteo? Geht es Ihnen gut? Don Matteo, antworten Sie!«

   »Sagt meiner kleinen Freundin Hallo!«, schrie ich und feuerte mit dem Sturmgewehr gegen die zuvor verriegelte Tür. Die armen Schweine, die hinter der Tür gestanden hatten, fielen augenblicklich zu Boden. Die Nachhut versuchte das Zimmer zu stürmen, doch gegen das Sturmgewehr waren die Teufel machtlos. Ich mähte allesamt nieder.

   »Was glaubt ihr, mit wem ihr es zu tun habt? Ich bin Humphrey C. Marlowe! Ihr habt es mit mir zu tun! Und ich bin der Beste! Ich lebe immer noch! Was wollt ihr Pissköpfe? Kommt doch her! Ich schlucke eure Kugeln! Ich bin Humphrey C. Marlowe! Ich stecke eure Kugeln alle weg! Ihr wollt mich umlegen!? Dann versucht es! Los, weiter!«

Nahezu ekstatisch wagte ich mich mit der Waffe auf den Gang und schoss wirklich jeden über den Haufen, der sich mir in den Weg stellte. Dass ich da womöglich gerade einen Haufen Menschen in die ewigen Jagdgründe beförderte, war mir dabei überhaupt nicht bewusst. Es ging mir ums nackte Überleben. Jeder Tag auf der Erde ist besser als unter der Erde. Irgendwann wurden die heranstürmenden Männer auch weniger, ich konnte mich nahezu unbeschwert im Anwesen bewegen und nach dem Ausgang suchen.

   »Besuchen Sie Italo-Amerika, das Land der Sonne. Da macht das Leben doch Spaß!«, dachte ich so zu mir.

Tatsächlich kam ich dann auch recht schnell aus der Villa raus. Draußen wurde ich von niemandem erwartet, die kümmerten sich gerade auch wahrscheinlich um Norma. Blieben nur noch die beiden Torwachen. Ich warf das Sturmgewehr in die Büsche und hielt meine Magnum griffbereit.

   »Wer sind Sie?«, fragte eine der Wachen, die wohl merkte, dass etwas nicht so richtig stimmte.

   »Ich bin nur die Fliege im Honig, Mann. Der Knüppel zwischen deinen Beinen. Der Tritt in deinen Arsch.«, antwortete ich ihm.

Sekundenschnell zog ich meine Magnum und ballerte dem Kerl ins Gesicht. Sein Kollege schaute mich entsetzt an, er wusste wohl nicht so recht, wie er reagieren sollte, denn er griff auch nicht zu seiner Waffe. Ich hingegen zückte meinen Zweitcolt hervor, donnerte ihm ein paar Kugeln in die Brust und rief:

   »Yippie-yah-yeh, Schweinebacke!«

Erst jetzt begriff ich, was sich die letzten Stunden abgespielt hatte. Ich hatte einen Mafiaboss gestellt und mal eben so im Alleingang eine komplette Mafiahochburg ausgeschaltet. Blut klebte am meinen Händen und versaute mir meinen tollen Trenchcoat. Ich hatte einem Fest der Gewalt gefrönt! Und ich fand es herrlich. Endlich hatte ich die Action in mein Leben gebracht, die ich schon immer haben wollte. Ich wusste, ich musste jetzt untertauchen, damit ich doch nicht in letzter Sekunde noch von einem der Matteos erschossen werde. Und dennoch sollte mich den Rest des Tages ein Lächeln begleiten, das sich einfach nicht mehr wegzaubern ließ.

Little Chicago, 23. Juni 2009

Für die Nacht war ich in einem heruntergekommenen Motel in Little Chicago untergetaucht und als ich am Morgen dann aufwachte, wusste ich, dass das Schlimmste überstanden war. Am Vortag hatte ich noch die Möglichkeit gefunden, meinen unwichtigen Kumpel anzurufen. Jetzt musste ich nur noch eines tun: Bei Don Mascarpone aufkreuzen und den hoch verdienten Ruhm für meine Arbeit ernten. Der heutige Tag sollte der erste Tag vom Rest meines Lebens werden.

Don Vito Mascarpone - Archivbild

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Don Vito Mascarpone - Archivbild

Im Regierungspalast stieß ich zunächst gleich auf den Fußmasseur des Dons, Tom Hogan.

   »Sie wollen zu Don Mascarpone? Nun, er befindet sich gerade in einem wichtigen Gespräch mit seiner Psychologin, aber wenn es wirklich eilt, wird er Sie wohl hereinlassen.«, sprach der Oberfußmeister.

Er zeigte mir das entsprechende Zimmer, klopfte an und ging mit mir hinein. Der Don lag gerade auf einer Couch.

   »Wissen Sie, mich verfolgt immer so ein roter Punkt in meinen Träumen...«, erzählte er gerade seiner Seelsorgerin, als er merkte, dass Hogan und ich eingetreten waren. Mit einem Klaps auf den Hintern verabschiedete er sich von ihr und richtete sich auf.

   »Ah, Mr. Marlowe. Was verschafft mir die Ehre, sie hier empfangen zu können?«, fragte er freundlich.

   »Die Ehre ist ganz meinerseits, mein Pate. Ich habe sehr gute Nachrichten für Sie! Ich habe endlich herausgefunden, wer das Attentat auf Giovanni Pedone verübt hat!«, sagte ich im stolz. Aus irgendwelchen Gründen fing der Don nun lauthals an zu lachen.

   »Aber, Mr. Marlowe, wer weiß das denn nicht? Haben Sie etwa nicht diese molldurische Pressekonferenz mitverfolgt? Es ist doch glasklar, dass die Regierung von Molldurien dahinter steckt. Die sind immer noch sauer, dass wir die Weltenausstellung ausrichten und nicht sie.«

   »Da muss ich Sie jetzt aber enttäuschen! Nein, es steckt schon jemand aus den eigenen Reihen dahinter.«, klugscheißerte ich.

   »Einer von uns? Dann lassen Sie mal hören!«, lachte der Don. Man merkte ihm aber an, dass er trotz seiner guten Laune meine Arbeit sehr ernst nahm und wohl sehr gespannt auf den Schuldigen war. Ich holte tief Luft, das würde ein langes Plädoyer werden.

   »Nach einer Absprache mit den beiden Auftragstätern Stronzo und Canaglia hat sich mein Verdacht bestätigt. Derjenige, der das Attentat in Auftrag gegeben hat, ist ihr Kollege Don Philipp Matteo gewesen! Denn durch seine Vormachtstellung in Port Genovese war es ihm ein Leichtes, ein zweites Attentat auf Pedone in die Wege zu leiten, als er dort untertauchen wollte. Matteo war nämlich schon lange über Ihre Politik verbittert. Durch ihr neues Rauschgiftverbot fühlte er sich in seinen Einnahmen gefährdet und er sah die Weltenausstellung als offizielles Ende der kriminellen Geschichte dieses Landes an. Er wollte Pedone aus dem Weg räumen, um die Ausstellung zu verhindern und die Nation auf ihre eigentlichen Werte zurückzubesinnen. Meine Reisebegleiterin Norma Deever, mit der ich eine Affäre begonnen hatte, stellte sich schließlich als seine Tochter heraus, die anhand meiner Ermittlungen Pedone orten und ein drittes Attentat auf ihn planen sollte. Das Beste an der Geschichte: Sie müssen das Image unseres Landes nicht durch eine Vendetta gegen die Matteo-Familie zusätzlich verschlechtern. Als ich Don Matteo nämlich auf seinem Anwesen gestellt habe, wollte man mich foltern und umlegen. Doch ich konnte mich aus der Situation befreien und habe so ungefähr jede Person auf dem Anwesen neutralisiert. Don Matteo ist tot, seine Tochter im Krankenhaus.«

Don Mascarpone und Hogan klatschten eifrig in die Hände. Der Don lachte und sagte:

   »Marlowe, Sie haben da wirklich ganze Arbeit geleistet. Meinen Respekt. Die gesamte Bevölkerung von Italo-Amerika dankt Ihnen für Ihren ehrvollen Dienst an den Staat und zum Wohle der Weltenausstellung. Im Zuge dessen, würde ich Ihnen gern die höchste Auszeichnung geben, die dieses Land zu vergeben hat: Den Löwenorden in Gold der Familie Mascarpone. Für Ihre Arbeit sollen Ihnen Ruhm und Ehre zuteil werden und ich verspreche Ihnen, dass Sie nie wieder Sorgen haben werden. Und wenn doch, dann kommen Sie zu mir und sie werden aus der Welt geschafft. Sie sind ein guter Mann, Marlowe, und Italo-Amerika braucht gute Männer. Ich denke, wenn ich mit meinem Freund Francis Ford Coppola rede, mag er sogar gewillt sein, Sie in einer Filmreihe zu beschäftigen. Herzlichen Glückwunsch, Marlowe - Ab heute sind Sie berühmt!«

Das war der schönste Augenblick meines verkorksten Lebens. Nun sollte ich endlich Anerkennung für meine Arbeit erhalten. Einen Orden würde ich bekommen und eine Zeremonie und eine Rolle in einer eigenen Filmserie. Die Damen im Continental würden nie mehr genug von mir kriegen können! Und vor allem würde ich nie wieder Hunger leiden müssen. Ich war ein gemachter Mann. Doch auch die schönsten Momente währen nicht ewig - Dieser wurde vom Geschwafel des Handlangers Tom Hogan unterbrochen.

   »Man darf allerdings nicht vergessen, dass der Vorfall auf dem Matteo-Anwesen eine gewisse Tragik mit sich bringt und neue Konflikte mit den anderen Familien verursachen könnte. Ich gehe davon aus, dass Matteos Sohn Johnny den Posten des Dons übernimmt und...«

   »Tom - In der Hinsicht gibt es kein Problem. Verschieben wir's auf morgen. Heute gibt es etwas zu feiern!«, unterbrach ihn der Don. So langsam fing ich an, den Mann zu lieben. Er fuhr fort:

   »An einen neuen Familienkrieg ist nicht zu denken. Unsere Schiffe müssen alle in die selbe Richtung fahren. Die Weltenausstellung muss ein voller Erfolg werden. Scheitern ist keine Option. Marlowe, ich hoffe, Sie haben wichtige Lektionen fürs Leben während ihrer Ermittlungen gelernt. Der reichste Mann ist immer der, der die mächtigsten Freunde hat. Doch Freundschaft und Geld, das ist wie Öl und Wasser! Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher. Doch hüte dich, deine Feinde zu hassen, es trübt dein Urteilsvermögen. Und vor allem: Lasse niemals deine Feinde merken, was du denkst. Bei meinem Vater habe ich gelernt so zu denken, wie die Leute in meiner Umgebung denken. Und man lernt schnell, dass nichts unmöglich ist!«

Weise Worte hatte der Don da gesprochen. De facto hatte ich dem auch nichts mehr hinzuzufügen. Ich wollte das Gespräch und diese ganze Geschichte einfach nur noch hinter mich bringen und in meinem neuen Ruhm baden. Ich entschloss mich, etwas zu sagen:

   »Don Mascarpone, ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.«

   »Was? Mit so einem billigen Spruch wollen Sie die Geschichte hier abschließen? Da habe ich aber mehr von Ihnen erwartet, Marlowe!«, lachte der Don.

   »Ähm... dann sagen Sie doch einfach mal, wie es jetzt weitergehen soll.«, schlug ich vor. Der Don lächelte weise.

   »Nun, Pedone wird sich um den Aufbau und die Organisation der neuen Weltenausstellung kümmern und sie zum Erfolg führen. Sie, Humphrey - Ich denke, ich darf Sie jetzt beim Vornamen nennen - Sie werden wohl ein Filmstar. Aber vor allem werden Sie Ihre Ermittlungen niederschreiben. Die Akten können wir dann kurz vor der Ausstellung einem breiten Publikum zugänglich machen. Und was mich betrifft...«

   »Ja?«

   »Fragen Sie mich niemals nach meinen Geschäften.«

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Ferien, für immer Schlagendes Argument

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