Euphemismus

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Kräftig gebaut; ein Beispiel von vielen.

Der Euphemismus (latinisierte Form von irgendeinem griechischen Wort und irgendeinem anderen griechischen Wort) ist eine rhetorische Figur, die das sprachliche Herummanövrieren um böse Wörter bezeichnet (bzw. das Ersetzen dieser durch andere Begriffe, die zwar weniger aussagen, aber dafür viel schöner, bunter und knuddeliger klingen). Je nach Sprachgebrauch werden Euphemismen auch Beschönigung, Verhüllwort, Freiwillige Selbstzensur oder Propaganda genannt.
Das semantische Gegenstück zum Euphemismus ist der Dysphemimus, dessen Zweck es ist, das von ihm Bezeichnete abzuwerten.

Sprachgebrauch

Euphemismen werden häufig gebraucht, um tabuisierte Inhalte zu vertuschen bzw. zu umschreiben, sodass man nicht in die Verlegenheit kommt, sich mit diesen ernsthaft auseinandersetzen zu müssen.

Ausscheidungen

Diverse Leute sprechen sich einen offeneren Umgang mit den Begriffen für Ausscheidungen aus.

Seit der Mensch sich der Tatsache bewusst ist, dass das, was reinkommt, auch wieder rausmuss (was übrigens ebenfalls ein Euphemismus ist), existieren für ebendiesen Vorgang unzählige schamhafte Pseudo-Synonyme, welche die eigentlich ausgeführte Aktion verschleiern sollen. Wenngleich das frühsteinzeitliche "Grunzhmpfga-bonga" hierfür noch wenig repräsentativ ist, entstanden mit der Verbreitung der Sprache bereits die ersten Ausdrücke wie "der Ruf der Natur", "mal groß müssen" (analog zu "mal klein müssen") oder das noch unpräzisere "mal austreten".
Auch der Ort des Geschehens unterlag im Laufe der Jahrhunderte einer starken Euphemisierung: So kam zunächst das Wort Toilette auf, welches, im damals als vornehm geltenden française gehalten, die unangenehme und buchstäblich beschissene Thematik des bezeichneten Objekts relativieren sollte.
Da sich jedoch während des Kaiserreichs allmählich die Ansicht verbreitete, dass der amphibienkonsumierende Erbfeind so etwas wie "la toilette" überhaupt nicht besaß, sondern sich ungerührt an Ort und Stelle erleichterte, musste einen andere Bezeichnung her: Der Donnerbalken enststand, vermutlich benannt nach dem Geräusch, das man bei der Benutzung verursachte, wenn man falsch gegessen hatte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen schließlich noch nichtssagendere Ausdrücke wie 00 oder WC (nicht zu verwechseln mit WTC) auf und trieben die Wortverwirrung um die Bedürfnisanstalt endgültig auf die Spitze. Mittlerweile ist die sprachliche Vernebelung derart weit fortgeschritten, dass sämtliche nicht euphemisierenden Worte wie das präzise und grundehrliche Scheißhaus als Dysphemismen gelten.

Körper und Sexualität

Ebenfalls beliebt sind Euphemismen in der faszinierenden Welt der südlicher gelegenen Körperöffnungen (sowie teilweise auch der Regionen, die ebendiese umgeben). Während sich noch so manch superreligiöse Knallcharge weigert, deren Existenz überhaupt anzuerkennen, ist das resignierende Eingeständnis, dass derartige Körperteile nunmal zum Leben dazugehören (bzw. zur Entstehung von diesem), zumindest ein Schritt in die richtige Richtung - da hört es dann allerdings auch wieder auf.
Bei der Bezeichnung von primären Geschlechtsorganen vor die Wahl zwischen hochtrabenden Medizin-Fachwörtern und vulgärer Sprachvergewaltigung Marke Unterschicht gestellt, rettet man sich zumeist auf die Notlösung, betont vage von "dem da unten" zu sprechen; jedoch hat die Popularität der Verbindung von "da unten" mit Sexualität seit dem Bekanntwerden einiger unrühmlicher Vorfälle in Österreich stark nachgelassen.


Po von den Teletubbies: Die These, die Sendung sei für den Arsch, ist zwar nicht neu, hält sich aber hartnäckig.

Auch das rückseitige Ende (Der Arsch, um dem Rumgeeuphemisme zumindest etwas entgegenzuwirken), wird von der Begriffsjongliererei nicht verschont (auch wenn es in diesem Fall zumindest teilweise verständlich ist, da man beim versehentlichen Rollen des Rs in Arrrsch schnell mal etwas korsarischer wirkt, als man eigentlich ist). Gängige Bezeichnungen sind Gesäß (wobei hier die Verwechslungsgefahr mit einem besoffen ausgesprochenen Gesetz besteht), Hintern (auch dies kann etwa mit einem besoffenen "I gema kuaz hintern Baum!" verwechselt werden) sowie Popo (der bislang aggressivste Angriff der Euphemistiker in dem Versuch, die Alltagssprache endgültig auf Kindergartenniveau festzunageln).
Nicht zuletzt der Vorgang des Kinderzeugens ist in erheblichem Maß von der Euphemisierung betroffen: Der Koitus (natürlich mit dem Schwanzus Longus), der Beischlaf (ein Begriff der, ebenso wie "Miteinander schlafen", die Vermutung nahelegt, von Personen geprägt zu sein, die im Bett einige Defizite aufweisen), sie alle bezeichnen den gleichen Sachverhalt wie der wohl geschwollenste Euphemismus dafür, nämlich den der Kopulation - welcher allen Ernstes den Anspruch erhebt, in der Umgangssprache verwendbar zu sein. Im Einflussbereich dieses Begriffes, wo sich die Vernunft längst aus dem Staub gemacht hat, bleibt lediglich die Hoffnung, dass die Kopulation auch weiterhin das Letzte Mittel der Radikalen Euphemisatoren bleibt - und man auch in Zukunft nicht Gefahr läuft, beim Passieren des Hauptschulhofs "Ey Alter, isch hab mit deine Mutter kopuliert!" hinterhergeworfen zu bekommen.

Politische Korrektheit

Als man damit begann, die bislang nur hobbymäßig praktizierte Selbst- und Fremdverarschung professionell zu betreiben, wurde der Euphemismus zum stolzen Vater der Politischen Korrektheit. Die quälende Gewissheit, nur in Begriffen sprechen zu können, die irgendetwas aussagen (und damit peinlicherweise deutlich machten, dass man dies selbst nicht konnte), zwang Politiker, Moderatoren und sonstige Vielredner dazu, eine Sprache zu entwickeln, die es ermöglichte, selbst einfachste Sachverhalte in nicht weniger als 10 Minuten zu schildern.
So wurde zunächst der Zigeuner zum Sinti und Roma (ja, beides - immer) umdeklariert, der Jude (was man ja sowieso nicht sagen darf, wegen Autobahn oder so) wandelte sich zum Vorhautmäßig Benachteiligten und aus dem guten alten Nazi wurde der geistig geringerbefähigte Mitmensch nationalsozialistischer Gesinnung.
Ein interessantes Detail dabei ist, dass mit der heutzutage ebenfalls verbindlich vorgeschriebenen Bezeichnung Afroamerikaner/-deutscher/-etc elegant die Tatsache ausgeblendet wird, dass es auch Schwarze gibt, welche nicht aus Afrika stammen - von solchen, die nicht einmal einen Afro tragen, ganz zu schweigen.

Anglizismen

Einige Menschen haben enormen Spaß daran, unverständliches Neusprech von sich zu geben, weswegen dies auch auf Sprachbereiche ausgedehnt wird, die eigentlich überhaupt keine Zensur nötig hätten. Eine beliebte Vorgehensweise dabei ist, wirtschaftliche Fachwörterbücher durchzublättern und wahllos Begriffe durch Anglizismen zu ersetzen. Obwohl diese Methode gewisse Risiken birgt (mit Chief Execution Officer schießt sich der frischgebackene "Chef-Exekutionsoffizier" eher selbst ins Bein), liefert sie dennoch insofern das gewünschte Resultat, als dass nach der gewissenhaften Umanglizierung garantiert niemand mehr irgendwas kapiert und alle erst den Key Account Manager (nein, das ist nicht der Hausmeister) fragen müssen, dessen Position dadurch natürlich ebenfalls eine enorme Aufwertung erfährt.

Tod

Damit Traueranzeigen wenigstens auf den ersten Blick so wirken, als hätten sie nicht alle exakt den gleichen Inhalt, begann man damit, ganze Wörterbücher von Euphemismen für "Sterben" einzuführen. Dazu zählen unter anderem "von uns gegangen", "sanft entschlafen", "unerwartet und viel zu früh aus unserer Mitte gerissen", "verblichen", "die Augen für immer geschlossen", "uns für immmer verlassen", "verschieden", "die letzte Ruhe gefunden" und zahllose andere in den verschiedensten Variationen. Nach neuesten Erkenntnissen bestehen Traueranzeigen aber immer noch im Wesentlichen aus der Meldung, dass jemand an einem bestimmten Tag gestorben ist und die Verabschiedung an einem anderen Tag (meistens hinterher) stattfindet, gezeichnet die Familie, die Gemeinde X, die Firma Y, der Verein Z etc. Offenbar hat die Maßnahme also nicht gewirkt, allerdings wurde versichert, dass man an weiteren Maßnahmen arbeite, übrigens ein Euphemismus für "Die Sache ist erledigt".

Die schönsten Euphemismen

Nicht tot, nur "sanft erschlagen entschlafen."
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Linktipps: Faditiva und 3DPresso