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Der Fall der Kylie Fender

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Kylie Fender, kurz vor der schicksalsträchtigen Nacht im Jahre 1921

Kylie Fender ist ein junges Mädchen, das 1921 vermutlich Opfer eines Mordanschlages wurde und seitdem im Wachkoma liegt.
Der Fall gehört zu den berühmtesten und zugleich mysteriösesten Kriminalfällen des 20. Jahrhunderts, dessen Hintergründe bis heute ungeklärt blieben. Neben dem kriminalistischen Aspekt stellt der Fall auch eines der größten medizinischen Rätsel der Zeitgeschichte dar: Kylie Fender ist in nunmehr 87 Jahren Koma physisch um kein Jahr gealtert.


Der familiäre Hintergrund

Kylie stammt aus einer reichen und angesehenen Familie der amerikanischen Ostküste. Ihre Mutter, Seraphine Fender geborene Whittlessie, war die Tochter der berühmten Stummfilm-Diva Margareth Witthlessie. Ihr Vater, Mike Fender, ein persönlicher Freund des US-Präsidenten Woodrow Wilson, gehörte dem diplomatischen Corps an.

Margareth Whittlessie, die Großmutter von Kylie, war eine berühmte Stummfilmdiva. Ihr tragischer Tod am Tage von Kylies Geburt ist Teil der von Unglück heimgesuchten Familiengeschichte.

Kylie kam im Jahre 1906 als erstes Kind des 1905 vermählten Paares zur Welt. Das freudige Ereignis wurde durch eine Tragödie überschattet, denn in der selben Nacht starb die Großmutter, Margareth Whittlessie, in einem verheerenden Feuer, welches ihre Villa bis auf die Grundmauern niederbrannte.

Die Usache des Feuers konnte nie ermittelt werden. Eine Zeitlang wurde ein junger Leiharbeiter, Joe Guzman verdächtigt, dem aber nichts nachgewiesen werden konnte. Der Verdacht blieb aber an Guzman bis zu seinem Tod (Selbstmord) im Jahre 1932 hängen.
Eine andere Theorie besagte, dass Margarteth Whittlessie in der Nacht getrunken hatte und sie mit brennender Zigarette eingeschlafen war. Die Zigarette sei daraufhin in ihr Gin-Glas gefallen und habe dort den Alkohol entzündet. Diese These stützt sich unter anderem darauf, dass in der Nähe der Leiche ein zerbrochenes Glas gefunden wurde und man im verkohlten Parkettboden Spuren von Ginaromen nachwies. Sowohl die Haushälterin als auch Tochter Seraphine bestreiten aber, dass Maragreth Whittlessie je getrunken habe.

Die Nacht vom 2. November 1921

Im Januar 1921 hatte Warren G. Harding Wilson als US-Präsident abgelöst. Harding ernannte Mike Fender zum US-Botschafter auf Madagaskar. Der Umzug der Familie auf die Insel war für den 4. November geplant. Am 2. November fand im Hause der Fenders eine große Abschiedsparty für Verwandte und Freunde statt.

Gegen 20:00 Uhr ging die 15jährige Kylie zu Bett. Lucy Fender, die Schwester von Vater Mike, sagte später aus: "Das Kind war den ganzen Tag quirlig und aufgezogen gewesen. Im Laufe des Nachmittags und Abends wurde Kylie aber stiller und klagte teilweise über Bauchschmerzen. Die Eltern hatten ihr anlässlich der Feier eigentlich gestatten wollen, länger aufzubleiben, aber gegen Acht war sie schon sichtbar müde, so dass Seraphine sie in ihr Zimmer begleitete."

In den folgenden zwei Stunden verteilten sich die Gäste im Haus, einige gingen zu Bett, andere redeten noch im Rauchsalon oder nahmen einen Schlaftrunk im Wohnzimmer. Dieser Umstand erschwert es bis heute, genau zu ermitteln, wer sich zur vermuteten Tatzeit wo aufhielt.

Zirka um 21:30 wollte Mutter Seraphine nach ihrer Tochter schauen und begab sich in den ersten Stock.
Eine anwesende Freundin beschrieb die Situation später so:
"Es war, als ob sie plötzlich ein geheimes Signal vernommen hätte. Noch einen Augenblick zuvor war sie entspannt und ausgelassen gewesen und in ein angeregtes Gespräch verwickelt. Plötzlich war sie kreidebleich geworden und gab an, sie müsse dringend nachsehen, wie es Kylie geht."

Kurze Zeit nachdem Seraphine ins Zimer ihrer Tochter geeilt war, hörte man sie in selbigem laut schluchzen. Ihr Mann Mike war als erstes bei ihr, danach ihre Schwester Bridget und Mikes' Schwager Albert (der Ehemann von Lucy).

Seraphine hielt den völlig leblosen Körper von Kylie in den Armen und weinte bitterlich. Äusserlich war dem Kind nichts anzusehen und es dauerte einen Moment, bis die Anwesenden überhaupt gewahr wurden, dass etwas passiert war. Kylie war bewusstlos, atmete nur noch schwach und hatte kaum noch Puls.

Die Mutter gab an, sie habe das Kind mit einem Kissen auf dem Gesicht im Bett liegend vorgefunden.

Diagnose

Der Zustand des Kindes gab den Ärzten von Anfang an Rätsel auf. Es gelang, ihren Herzschlag und die Atmung zu stabilisieren, jedoch nicht, Kylie wieder aufzuwecken.
Die Vorfindesituation (das Kissen auf dem Gesicht) liess sowohl die Mediziner als auch die Polizei zum Schluss kommen, dass jemand versucht hatte, das Mädchen zu ersticken. Die Polizei ermittelte daher wegen versuchten Mordes.

Tatverdächtige, erste Ermittlungen

Bridget, Kylies Tante, galt als erste Tatverdächtige

Die Mutter beschuldigte noch auf dem Weg zum Krankenhaus ihre Schwester Bridget, den Versuch unternommen zu haben, Kylie zu ermorden. Die Anschuldigung war für alle Beteiligten äußerst überraschend, denn bis zu dieser unheilvollen Nacht hatten sich die Schwestern außerordentlich gut verstanden. Bridget hatte zudem ein sehr herzliches Verhältnis zu ihrer Nichte gehabt. Es fehlte ihr also scheinbar jedes Motiv für die Tat.

Doch gerade weil Seraphine Fender keinerlei Grund hatte, ihre Schwester ungerechtfertigt zu beschuldigen, nahmen die Ermittler den Vorwurf ernst und leiteten umfangreiche Untersuchungen ein, um eine mögliche Täterschaft der Schwester nachzuweisen.
Tatsächlich gab es erste Ungereimtheiten in den Aussagen. So behauptete Bridget, zur angenommenen Tatzeit (zwischen 21:00 und 21:30) in der Küche gewesen zu sein, wo sie sich einen Kakao zubereitete. Sie habe dort Albert getroffen, der gerade von der Toilette herkam.
Albert bestritt diese Begegnung jedoch vehement. Als der an diesem Abend ebenfalls anwesende 15jährige Sohn eines Freundes von Mike aussagte, er habe um ca 21:15 Bridget nach oben gehen gesehen, galt Bridget offziell als Tatverdächtige.
Am Tatort selber fanden sich jedoch keinerlei Spuren von ihr und auch sonst liessen sich keine weiteren Indizien finden, weshalb es wegen unzureichender Beweislage nicht zur Anklage kam.

Seraphine Fender

Die weiteren Untersuchungen im Kreise der Gäste brachten nicht mehr als vage Verdachtsmomente in Einzelfällen, welche sich aber nicht erhärten liessen.

Nach über 18 Monaten intensivster Ermittlungen verliefen die Untersuchungen allmählich ergebnislos im Sande.

Seraphine's Besessenheit

Kylies Mutter Seraphine war vom Verlauf der Ermittlungen enttäuscht, ja geradezu schockiert. Sie rief bis zu 10 mal täglich beim zuständigen Kommissariat an und fragte, warum ihre Schwester nicht endlich verhaftet worden sei.
Als ihr klar wurde, dass es zu einer Verhaftung nicht kommen würde, fing sie an, ihre Schwester zu terrorisieren, in der Hoffnung, sie so zu einem Geständnis bringen zu können.
Sie reiste ihr überall hin nach und folgte ihr mit einem Pappkarton, der die Aufschrift "Mörderin" trug.

Trotz zahlloser Verwarnungen, einstweiligen Verfügungen, Bussgeldern und sogar einer kurzen Gefängnisstrafe gab Seraphine Fender ihr Stalking nicht auf. Der Wunsch, Bridget wegen des Mordversuches an Kylie zu überführen, wurde zu ihrem einzigen Lebensinhalt.

Ihr Mann Mike hielt noch eine Zeitlang zu ihr und engagierte prominente Nervenärzte und Therapeuten, in der Hoffnung, seine Frau von ihrer Bessesenheit abzubringen. Nichts half und so liess sich Mike im Jahre 1929 scheiden.

Seraphine führte ihre Aktionen bis in die 80er Jahre hinein fort. Der letzte große Eklat passierte 1989 in einer Tiefgarage in London, wo die nunmehr 98 jährige Bridget, gerade von einer Buchpräsentation kommend, in ein Taxi steigen wollte. Seraphine (selber bereits 97 Jahre alt) stürzte sich, gekleidet in ein dem Nachthemd Kylies nachempfundenen Rock auf ihre Schwester und schlug mit einem plakatgroßen Foto ihrer Tochter auf diese ein. Seraphine wurde verhaftet und starb drei Tage später in Polizeigewahrsam.

Das Verfahren gegen Albert Baker

Albert Baker und seine Frau Lucy, die Schwester von Kylies Vater Mike Fender

In den späten 30er Jahren, im Dezember 1938, kam wieder Bewegung in den Fall Kylie Fender.
Dazu trug vermutlich auch ein Artikel in der New York Times bei, der über den Zustand der nun seit 17 Jahren im Koma liegenden Kylie berichtete.
In der renomierten Lowingpark Klinik, wo Kylie betreut wurde, stiess die Patientin unter Fachleuten zunehmend auf Interesse.
Sie war der längste, bis dato bekannte lebende Komafall und hatte anscheindend die letzten 17 Jahre ohne nennenswerten Alterungsprozess überstanden. Lediglich ihr Haar hatte sich leicht aufgehellt. Untersuchungen wurden angeordnet, die dem Phänomen auf den Grund gehen sollten.

Durch den Artikel war der Fall in der Öffentlichkeit erneut Diskussionsthema geworden und es wurden vermehrt Forderungen laut, die Frage, was in jener Nacht mit Kylie Fender geschah, nun doch endlich aufzuklären. Eine neue Sonderkommission unter der Leitung des jungen, aufstrebenden Polizeichefs Warren Redwig wurde eingerichtet.

Tatsächlich stiess Warren Redwig bei der Sichtung der Akten und Protokolle auf eine merkwürdige Ungereimtheit:
So hatte man bei der Leibesvisitation, die bei allen in jener Nacht im Hause der Fenders anwesenden Personen durchgeführt worden war, bei Albert Baker, dem Schwager von Mike Fender, einen kleinen Zettel gefunden.
Auf dem Zettel befand sich eine Zeichnung, die einen Lemuren darstellte.
Mike Fender hatte angegeben, die Zeichnung einen Tag zuvor für seine Tochter angefertigt zu haben, um ihr "zu zeigen wie die Lemuren auf Madagaskar aussehen". Nach Mike Fenders Aussage hatte Kylie die Zeichnung in ihrem Zimmer in einer Schublade aufbewahrt und so stellte sich nun die Frage, wie der Zettel in den Besitz ihres Onkels Albert kam.

Albert Baker war inzwischen Inhaber eines mittelgroßen Rüstungsunternehmens geworden. Die Ermittlungen wurden daher zunächst unter Wahrung grösstmöglicher Diskretion durchgeführt, um einen verfrühten, gesellschaftlichen Skandal zu vermeiden.
In einem Verhör, welches am 3. Januar 1939 auf dem Polizeirevier von Warren Redwig durchgefüihrt wurde, gab Albert Baker zunächst an, sich gar nicht an diesen Zettel erinnern zu können. Später sagte er aus, Kylie habe ihm den Zettel gegeben, auf dass er ihn rahmen liesse.

Ein aufgebrachter Mob greift den wagen des Strafverteidigers an.

Diese Aussage schien Redwig wenig glaubwürdig. Zu seinem Albibi befragt, gab Baker an, in der fraglichen Zeit mit seiner Frau Lucy im Salon gesessen zu haben. In der Tatnacht selber hatte er allerdings noch ausgesagt, alleine in der Bibliothek gewesen zu sein.
Lucy war im Jahre 1930 verstorben und konnte sein neues Albi daher nicht bestätigen. Auch der Widerspruch zur Aussage der ersten Verdächtigen, Bridget Whittlessie, die Albert in der Küche getroffen haben wollte, was er stets bestritten hatte, erschien nun in einem völlig neuen Licht.

Redwig schrieb später in seinen Memoiren: "Es war wie eine Offenbarung. Ich war mir sicher, dass der wahre Täter vor mir sass. Eine Lösung des Falles schien zum Greifen nah. Der einzige, wenngleich zentrale Schwachpunkt an der Sache, nämlich das Fehlen jeglichen Motives, schien mir an jenem Abend völlig zweitrangig. Ich war überzeugt davon, dass dieses im Laufe des Weiteren Verhöres ans Licht käme".

Es kam jedoch zu keinem Geständnis. Trotzdem erachtete der leitende Oberstaatsanwalt die Indizien diesmal als schwerwiegend genug und klagte Albert Baker wegen versuchten Mordes an Kylie Fender an.

In einem Interview von 1992 erinnerte sich der damalige Gerichtsreporter Bill Haigen:
"Die Anklage war von Anfang an genauso zweifelhaft begründet wie der Verdacht gegen Bridget Whittlessie. Es gibt hundert Erklärungen, warum der Onkel in den Besitz dieser Zeichnung gekommen war. Am schwersten wogen vielleicht noch die widersprüchlichen Alibis. Wobei man sich die Frage stellen sollte, warum Baker die Begegnung mit Bridget abstritt, obwohl diese in dem Fall ja gerade ein sicheres Alibi gewesen wäre. Das ganze passte hinten und vorne nicht zusammen. Und nach wie vor fehlte das wichtigste: Das Motiv.
Aber damals wissen Sie, WOLLTE man einfach, dass der Fall endlich geklärt wird. Da war dieses allgemeine Lebensgefühl der Bedrohung, das am Vorabend des Zweiten Weltkrieges herrschte. Die Leute sehnten sich nach Sicherheit und Gerechtigkeit. Zudem war Baker nicht gerade eine sympathische Figur. Seine überhebliche und teilweise zynische Art wirkte abstossend und provokant. Nur deswegen kam es überhaupt zu diesem Prozess."

Das Urteil, Ausschreitungen und Vorverurteilung

Das Verfahren erregte ein enormes Medieninteresse. Aufgepeitscht durch reisserische Zeitungsberichte, die Baker bereits im Vorfeld für schuldig hielten, war die Öffentlichkeit einhellig der Meinung, dass Baker die Tat begangen hatte. Als bekannt wurde, dass Baker zudem Halbjude war, eskalierte die aufgeheizte Stimmung teilweise in Gewalt gegen jüdische Einrichtungen.
Die Tatsache, dass er Inhaber einer Rüstungsfirma war, schürte zusätzlich das dumpfe Gefühl, einen gefährlichen Verräter in einer sicherheitspolitisch relevanten Schlüsselposition zu haben, was angesichts der weltweiten Kriegsgefahr geradezu als existientielle Bedrohung wahrgenommen wurde.

Baker wurde just am 1. September 1939 von der Jury einhellig für schuldig befunden und zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt. Auf den Straßen brachen tumultartige Jubelfeiern aus, die nur durch massiven Polizeieinsatz unter Kontrolle gehalten werden konnten.

Revisionsanträge wurden abgelehnt und nur 14 Tage später wurde Baker im Staatsgefängnis von Augusta, Maine hingerichtet.

Medizinische Fragen

Eines der seltenen Fotos des komatösen Mädchens. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1978

Mit der Hinrichtung Bakers schien der Fall zunächst abgeschlossen. Der Krieg lenkte die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von dem Fall ab und das Thema verschwand aus den Medien. Mike Fender fiel in der Schlacht bei Midway als Offizier der Airforce.

Im Jahre 1952 kam der Fall noch mal kurzfristrig in die Schlagzeilen, als das Haus der Fenders einem Großfeuer zum Opfer fiel. Es stand zu dieser Zeit leer, so dass niemand verletzt wurde. Trotzdem erinnerte der Brand auf schaurige Weise an das Feuer, in dem in der Geburtsnacht von Kylie ihre Großmutter, Margareth Whittlessie, ums Leben kam.

Im Jahre 1963 veröffentlichte Professor John Blackburn, der damals die immer noch im Koma liegende Kylie betreute und seit vielen Jahren untersucht hatte, einen Zustandsbericht über seine Patientin, der weit über die Fachkreise für Aufmerksamkeit sorgte.
Er schrieb, dass Kylie, obwohl sie nun 56 Jahre alt war, äusserlich immer noch wie 15 aussehen würde. Sogar die inneren Organe schienen nicht gealtert. So zeigte eine Röntgenaufnahme, dass sich ihre Schädelnähte nicht verschlossen hatten und noch immer den Entwicklungstand eines Teenagers aufwiesen.

Das Rätsel um Kylies Alterslosigkeit weckte erneut Interesse an dem Fall. Zunehmend wurden allgemein die mysteriösen Aspekte hervorgehoben und die Geschichte erhielt immer mehr die Patina des Übersinnlichen. Ein Phänomen, das auch dadurch gefördert wurde, dass viele der damals involvierten Personen mittlerweile tot oder sehr alt waren, so dass der realitätsbezogene Aspekt des Ganzen langsam aber sicher in den Hintergrund rückte und verklärt wurde.

Die Stern-Affäre

Der Stern vom April 1978

In den 70er Jahren wurde der Fall medial erneut auf breiter Front aufgearbeitet. Nicht weniger als 200 Bücher, die sich mit dem Fall befassten, erschienen. Einige versuchten sich in neuen Ansätzen zur Klärung des Falles, andere verloren sich in die gewagtesten Spekulationen: So wurde Kylie als Kind von Aliens dargestellt, Vater Mike als Kopf einer Verschwörung oder Bridget als okkulte Hohepriesterin gebrandmarkt.

Im Jahre 1978 erregte ein Bericht im Stern Aufsehen, in dem ein gewisser Dr. Latimer aus Tickville, Oregon behauptete, dass er mittels der Droge L-Dopa Kylie für 24 Stunden aufgeweckt habe.
In dem Gespräch das er mit ihr führte, soll sie den damals 15jährigen Brad Harper als Täter bezichtigt haben. Brad Harper war der Sohn von Mikes Feund, der in der Tatnacht Bridget gesehen haben wollte, wie sie in Kylies Zimmer ging.
Brad habe sie vergewaltigen wollen und als sie sich wehrte, soll er ihr das Kissen aufs Gesicht gedrückt haben.

Daraufhin wurden - wiederum auf Druck der Öffentlichkeit - Untersuchungen gegen den nunmehr 72jährigen Harper eingeleitet.
Tatsächlich stellte sich heraus, dass Harper in den 20er Jahren bereits mehrfach wegen Übergriffen auf gleichaltrige oder jüngere Mädchen aufgefallen war. Um einen Skandal zu vermeiden, hatte man die Akten damals aber unter Verschluss gehalten. Beim Verhör stritt Harper die Tat ab, gab aber zu, dass seine Behauptung, er habe Bridget in den ersten Stock gehen sehen, eine Lüge gewesen war.

Bridget schrieb später: "Dass Harper seine Aussage zurücknahm, empfand ich damals fast zu gleichen Teilen als Erleichterung wie auch als Schlag. Mein ganzes Leben war seit jener Nacht geprägt gewesen von diesem ungeheuerlichen Verdacht. Ein Verdacht, der durch Harpers Aussage entscheidend gestützt worden war. Und nun, 57 Jahre später nimmt er seine Aussage zurück, sagt es war eine Lüge, ganz einfach so, als ob es sich um eine Bagatelle handelte. Ich glaube nicht, dass sich irgendjemand vorstellen kann, wie man sich bei sowas fühlt."

Stimmen, die forderten, den Fall offiziell wieder aufzurollen, wurden nun immer lauter. Nicht zuletzt verlangten die noch lebenden Verwandten von Albert Baker die Rehabilitation des Hingerichteten.

Wenige Wochen später kam es jedoch zu einer überraschenden Wendung:
Es hatte sich herausgestellt, dass der ganze Bericht des Sterns gefälscht war. Der angebliche Dr. Latimer hatte nicht mal eine medizinische Ausbildung und Kylie auch noch nie gesehen. Die Geschichte um ihr eintägiges Erwachen war eine reine Erfindung gewesen. Das Verfahren gegen Harper wurde unverzüglich eingestellt. Harper starb drei Wochen später unter ungeklärten Umständen.

DNA-Analyse

Kylie's Vater Mike Fender.

Als in den 90er Jahren die Methode der DNA-Analyse die Kriminaltechnik revolutionierte, stand schnell der Vorschlag im Raum, die Technik auch im Fall Kylie Fender einzusetzen.
Der Tatort selbst, das Haus, war zwar durch den Brand vernichtet worden, doch befand sich die Tatwaffe, das Kissen, immer noch in der Asservatenkammer der Polizei. Das Kissen wurde einem kriminaltechnischen Institut überstellt und auf auswertbare Rückstände wie Hautpartikel oder Schweiß untersucht.

Tatsächlich liessen sich drei unterschiedliche DNA Spuren isolieren; die von Kylie, die ihrer Mutter Seraphine und eine unbekannte, weibliche DNA.

Das Ergebnis sorgte einmal mehr für viel Aufsehen in der Presse, schien es doch immerhin alle männlichen Tatverdächtigen zu entlasten, namentlich Albert Baker und Bill Harper. Sofort richteten sich die Spekulationen denn auch abermals gegen Bridget Whittlessie.

Bridget, die mittlerweile das biblische Alter von 105 erreicht hatte und in einem Pflegeheim bei Eastport lebte, forderte in einem ganzseitigen, offenen Brief in der New York Times die ermittelnden Behörden auf, die unbekannte DNA mit ihrer eigenen abzugleichen:
"Ich weiß jetzt, dass Gott mich deswegen so lange hat leben lassen, damit ich doch noch endgültig meine Unschuld beweisen kann. danach werde ich diese Welt verlassen."

Die DNA von Bridget wurde mit der unbekannten auf dem Kissen verglichen und zeigte keinerlei Übereinstimmungen. Nur einen Tag nachdem Bridget das Resultat erfuhr, verstarb sie.

Nicht weniger als 500 Menschen wohnten ihrer Beerdigung bei. Darunter viele Leute, die sie nur aus den Medien gekannt hatten. Die Feuilletonistin Augusta Meiniger, die über die Trauerfeier berichtete, schrieb:
"Die enorme Anteilnahme an Bridgets Tod und damit auch an ihrem Schicksal steht sinnbildlich für das kollektive Schuldempfinden, welches die Gesellschaft angesichts einer jahrzehntelangen Geschichte von Vorurteilen, vorschnellen Schlüssen, Verdächtigungen und Rufmord ergriffen hat. Die Tragödie der Kylie Fender hat vor allem eines bewirkt: Die Fratze der niederen Emotionen in den Menschen ans Licht zu zerren."

Anlayse und aktueller Stand der Untersuchungen

Heute, fast 90 Jahre nach der Tatnacht, ist nicht viel geblieben von den Theorien und Ermittlungsansätzen, die im Laufe der Jahrzehnte aufgekommen und wieder verschwunden sind. Der Fall ist und bleibt ein ungeklärtes Rätsel.

Prof. Werner Delacroix, Historiker und Kriminalist warnt davor, das Resultat der DNA-Analyse überzubewerten:


"Im Grunde sagt das Resultat gar nichts aus: Der Mörder oder die Mörderin könnte Handschuhe getragen haben und die unbekannte, weibliche DNA von einer harmlosen, heute nicht mehr eruierbaren Angestellten, zum Beispiel einer Wäscherin stammen. Damit bleiben theoretisch alle Verdächtige im Rennen, Bridget ebenso wie Bill Harper oder eine Person, die bislang noch gar nicht verdächtigt wurde."

Auf die Frage, warum die Ermittlungen über Jahrzehnte so erfolglos waren, antwortet Delacroix:

"Der größte und vermutlich entscheidende Fehler wurde gemacht, als man schon wenige Stunden nach der Tat die Ermittlungen ausschließlich auf Bridget Whittlessie konzentriert hat. Die ersten Stunden sind die wichtigsten. Dann sind alle Spuren noch frisch und noch haben sich keine Vorurteile gefestigt, niemand hat sich in etwas verrannt, alles liegt noch so da wie es war, als es passierte. Metaphysisch gesprochen kann man sagen, dass das Karma des Täters buchstäblich im Raum schwebt. In dieser Situation muss man objektiv, ergebnisoffen und völlig neutral den Tatort auf sich wirken lassen. Diese Chance wurde vertan.
Ich kann bis heute nicht verstehen, warum man den Anschuldigungen von Seraphine Fender gegen ihre Schwester soviel Gewicht beimass. Man darf nicht vergessen, dass sie ihre Beschuldigung nie begründen konnte! Ihr einziges Argument lautete, dass sie es "einfach wisse". Mutterinstinkt in allen Ehren, aber das ist doch etwas wenig. Frau Fender war eine charismatische Persönlichkeit, die viel von der Schönheit und Ausstrahlung ihrer berühmten Mutter hatte. Ich schätze, dass sie unglaublich überzeugend wirken konnte, offenbar auch auf die Ermittler. Professionell war das aber nicht. Professionell wäre es gewesen, niemanden als Täter auszuschliessen, nicht mal Seraphine Fender selbst".

Delacroix selber favorisiert zwei Theorien:

"Das Hauptproblem lag von Anfang an in der Tatsache, dass es einfach kein Motiv gibt. Meintwegen hatte Bill Harper als jugendlicher Sittenstrolch noch am ehesten eines. Die Version, dass er Kylie belästigte und ihr dann das Kissen auf das Gesicht presste, als sie sich wehren wollte, hat wenigstens in der Theorie Hand und Fuß. Es war sicher falsch, die Ermittlungen gegen ihn wegen der Sternpleite fallen zu lassen. Der Bericht konnte ja ein Fake sein aber Bill trotzdem der Täter. Einmal mehr haben Emotionen und Kurzschlussreaktionen das Vorgehen bestimmt.
Eine Person, die überhaupt nie hinterfragt worden ist, ist Mike Fender, der Vater. Dabei waren seine Angaben alles andere als widerspruchsfrei.


Dann gibt es noch eine Möglichkeit, die bislang überhaupt noch nie in Betracht gezogen wurde, nämlich die, dass es gar nie ein Verbrechen gab:
Niemand hat bislang der Tatsache Aufmerksamkeit geschenkt, dass Kylie an jenem Abend über Bauchschmerzen klagte und früh zu Bett ging, weil ihr unwohl war.
Eine mögliche Theorie wäre, dass Kylie an einer seltenen, noch unbekannten Krankheit litt, in Folge derer sie ins Koma fiel. Das Kissen lag vielleicht nur deswegen auf ihrem Gesicht, weil sie sich, zuvor von Krämpfen geschüttelt, daran festhielt, vielleicht hineinbiss. Eine unbekannte Krankheit könnte auch der Schlüssel zu den vielen Fragen über ihren merkwürdigen Zustand der Alterslosigkeit sein.

Kylie wird auch heute noch in der Klinik betreut, in die sie vor fast 90 jahren eingewiesen wurde. Der Zutritt zu ihr ist nur einer Handvoll Ärzten gestattet.

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