Diverses:Meine besten Jo-Jo-Tricks
„Was bleibt einem aufrechten Mann, wie ich es war- wenn er an seinem Lebensabend Rückschau hält, um Frieden zu schließen mit sich und der Welt? Was waren die Großtaten, die ich vollbrachte? Waren es etwa all die unzähligen Kämpfe mit übergroßen, unfechtbaren Gegnern, mein heldenhaftes Ringen in vielen internationalen Konkurrenzen? Gelten meine heißbrünstig-paternalistischen Hinwendungen zu etlichen somnambulen Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts, heute noch als vorbildlich? Nein! Meine liebsten Erinnerungen gelten dem Spocht. Genauer gesagt dem Jo-Jo-Spocht, der mich mein ganzes Leben begleitet hat.“
„Das Jo-Jo entdeckte ich während eines Stahlgewitters vor Verdun. Als ich gerade versuchte zwei, miteinander verschraubte, Tellerminen mit Hilfe einer Wäscheleine in ein gegnerisches Schützenloch zu schleudern, war es mir, als seihen die Naturgesetze außer Kraft gesetzt worden. Die geballte Ladung wurde plötzlich- wie von Geisterhand zu mir und meinen Kameraden zurück getrieben. Nur durch ein Wunder überlebte ich als einziger, aber diese Opfer mussten gebracht werden um mich zu Höherem zu führen. Die Runenstäbe waren gefallen: Was gibt es für einen Ostmärker schöneres, als Deutscher Jo-Jo-Meister zu sein?
Nach dem Krieg habe ich mir diese Frage eingehend gestellt und übersiedelte in das schöne München, wo mich eine vielversprechende Karriere als Maler erwartete. Ich schlug ein Angebot der Bayrischen Akademie der Künste jedoch aus, um mich ganz meinem Training widmen zu können. Auch wenn man das anders dargestellt hat, meine Werke schaffte ich nebenher und auch nur um meine Unterarmmuskulatur abzuhärten!“
„Bald war ich so gut, dass ich den Arbeiterkaschemmen Münchens zu einer Lokalberühmtheit wurde, schließlich galt ich als der Einzige im Umland, der das Jo-Jo beherrschte. Es gab inzwischen allerdings viele rechts- und linkshändige Nachahmer, die den Spocht langsam in Verruf brachten, weswegen ich auch das beidhändige Jo-Jo erfand, mit dem ich im Volkstheater Rang und Loge gleichzeitig verblüffen konnte. Die tumben und bierseligen Arbeiter in den Brauhäusern hätten, von sich aus, den Unterschied zwischen Kunst und Geschäft niemals erkannt. Ich wusste jedoch dass ich einen ganz neuen, unglaublichen Trick brauchte.
Damals beschloss ich nicht mehr nur die Finger, Hände und Arme für die Führung des Jo-Jos zu benutzen, Nein, ich wollte auch noch meine Nase mit einbeziehen.
In einer schier unmenschlichen Kraftanstrengung, brannte ich mir mit Strychnin ein Loch in die Nasenscheidewand, durch das ich dann das Jo-Jo zu führen gedachte. Auf diese Weise konnte ich als Erster, mittels leichten Hin und Herr-Bewegungen des Kopfes, „Stops“ und „Auf der Stelle Dreher“ realisieren. So entstand der „Zwei Nüstern-Flip“.
Das Publikum im Bürgerbräu-Keller, in dem ich jahrelang- täglich fünf Vorstellungen gab (und eine Matinee), verlor bei diesem Anblick reihenweise den Verstand.“
„Mir stand natürlich immer klar vor Augen, dass ich nicht der einzige sein konnte, der auf höchstem Niveau Jo-Jo kann, die internationale Konkurrenz war nicht zu unterschätzen. Trotzdem nahm ich den Fehdehandschuh auf den man dem Spocht hingeschleudert hatte und in den folgenden Jahren sollte ich einige wichtige Wettbewerbe für mich entscheiden.
In manchen Ländern war man meinen Künsten so ergeben, dass ich Millionen für den Jo-Jo-Spocht begeistern konnte. Indiskutabel war jedoch das defätistische Verhalten einiger diebischer Untervölker deren Champions ich jedoch in den Vorrunden vernichtete, um mich dann meinen Erbgegnern widmen zu können. Die Zeit war gekommen für ein Trommelfeuer neuer Tricks.“
„Bei den Jolympischen Sommerspielen 1936 in Berlin, hatte ich meinen ersten Auftritt auf der internationalen Bühne und war natürlich mächtig erregt. Bei meinem Einmarsch zur Anmeldung war ich voller Sieges-Zuversicht und die Massen johlten mir entgegen, wie einem neuzeitlichen Tamerlan. Während ich mich zu den Wettkämpfen einschrieb, zeigte ich mit einer Hand- nebenher einige sehr schwierige Trickfolgen, bei denen ich mir den rechten Arm verstauchte. Somit eingeschränkt, ging ich in die Paarkonkurrenz.
Nachdem Runde um Runde, immer mehr Spieler, aus aller Welt, an meiner Trickfront zerstoben, war mir der Sieg eigentlich schon zum angreifen nahe. Im Finale musste ich gegen einen amerikanischen Mohr antreten, als ich bei meiner Kür plötzlich von unkontrollierbaren, hospitalistischen Zuckungen gepackt wurde, was mir zudem noch als missglückter Trick ausgelegt wurde.
Der Neger, von Natur aus an den Umgang mit Stricken und Seilen gewöhnt, verstand es, sein Jo-Jo in solcher Geschwindigkeit zu führen, dass das enthemmte Publikum all die kleinen Stellungsfehler und Patzer gar nicht bemerkte. Im Pflichtteil war ich zwar bei den geglückten Tricks im Rückstand, hätte aufgrund meiner Haltung allerdings klar die Gold-Medaille erringen sollen. Die Punktrichter waren von der Exotik des Dunkelhäutigen jedoch derart geblendet, dass ich nur den zweiten Platz belegte.“
„Durch jahrelange Selbstaufopferung waren mein Führungsfinger inzwischen hart wie Kruppstahl geworden und meine Handbehäutung zäh wie ein Lederhandschuh. Noch immer führte ich meine Tricks flink wie ein Wildhund vor- doch durch das ewige Auftreten gegen Barzahlung, fühlte ich mich zunehmend abgeschlafft. Das war nicht das, was ich mit meinem Spocht ursprünglich zu erreichen versuchte. Inzwischen konnte ich nicht einmal mehr auf die Straße gehen, ohne dass ich ein paar Tricks vor einer gierigen Menschenmenge vorführen musste. Es gründeten sich, mir zu Ehren, sogar zahlreiche, sogenannte „Fanatiker-Vereine“. Ein Rommel um meine Person, der mir zeitlebens bekanntlich arge Darm-Probleme bereitete.
In Deutschland galt ich seit langem als führender Jo-Jo-Spieler aber ich sehnte mich nach einer Art des Jo-Jos die mich neu forderte, begierig etwas über die fremden Jo-Jo-Traditionen anderer Länder zu erfahren. Ich begab mich also erst mal auf Tour. Erschreckt musste ich feststellen, dass man von der menschlichen Selbsterhebung, die ich mit dem Jo-Jo-Spiel erreichen wollte, nichts wusste. Die Art und Weise in der man bei manchen Völkern das Jo-Jo als Kinderspiel verachtete, erschien mir damals geradezu viehisch und ehrlos. “
„Ich trainierte nun so hart, dass ich mir eine Haushaltshilfe nehmen musste, um wenigstens noch den dringendsten Hygienevorschriften bei internationalen Turnieren zu entsprechen. Leider war ihr nicht ganz klar, welch hohe Ansprüche ein hart übender Jo-Jo-Meister an sich und Andere stellt, so dass mir hin und wieder schon mal das Jo-Jo ausgerutscht ist. Doch die Vorbereitung für die kommenden Wettkämpfe, ließen keine Schwachheiten bei Mensch und Material zu.
Neidisch beäugt- wurde ich, nach dem ich die Österreich-Open und die tschechischen Volksspiele klar für mich entscheiden konnte, von den Größen des europäischen Jo-Jo-Spochts, geradezu verachtet. Bei der EM 1939 sollte ich nun, im Gegensatz zu den Jolympischen Spielen, wo einfach jeder mitmachen konnte, auf Spieler treffen- die schon eher auf meinem Niveau waren. Hier musste man- ähnlich wie beim Kraftspocht, in Vierergruppen vor einer Jury antreten um seine Tricks vorzuführen.
Hier konnte ich meiner gefürchteten, körperbetonten Darbietung freien Lauf lassen und erstmals fand sich genügend Raum für das deutsche Jo-Jo. In der mir zugedachten Gruppe traf ich auf den britischen Champ, den ich schon immer einmal kennen lernen mochte. Dem italienischen Meister der mit seinen Anhängern- den Jofosi angereist war, hatte ich schon lange alle guten Tricks abgeschaut und diese vervollkommnet. Der Franzose hatte offensichtlich eine Delle im Jo-Jo, worauf hin er ausscheiden musste und konsterniert seine Schnur einrollte.“
Solch eine Konkurrenz schlägt man am besten mit schnell ausgeführten Beidhandtricks, mit denen man die Jury verwirrt und den Kontrahenten auf dem Podium, geschickt, den Platz für ihre Darbietungen beschneidet. Ich wandte meinen brandneuen „Blitz-Trick“ an, ein Trick der mit in den Schoß gelegten-überhakenkreuzten Händen, gleichzeitig nach (von mir aus gesehen) links und rechts gespielt wird.
Mit der rechten spielte ich links einige Stops direkt vor die Visage des stierhaften Italieners, worauf dieser sich in seiner Schnur verhedderte, seine grobschlächtigen Bewegungen konnten sein rasendes Spochtgeräte kaum bändigen, so dass er sich fast strangulierte. Ein ewiger Dritter den ich nur bemitleiden konnte. Der Engländer war so von sich überzeugt, dass er glaubte meinem linkshändigen Spiel, mit seinem steifen Einhänder, irgendwas entgegensetzen zu können.
Nach der EM, verkaufte er seinen Landsleuten den zweiten Platz als großen Sieg für England...
“
„Während ich mich in einem Trainingslager in den bayrischen Alpen befand, wurde der Jo-Jo-Spocht weltweit immer aggressiver. Die Top-Spieler hatten inzwischen ganze Armeen von Jo-Jo-Begeisterten um sich gescharrt- was am Rande der Wettbewerbe immer öfter zu Ausschreitungen führte. Für mich sah ich im Moment nur die historische Möglichkeit der Verbreitung des Jo-Jos, im Jugendspocht. In den Kindern liegt unsere Zukunft, wie ich damals klar erkannte und so gründete ich die Jo-Jo-Jugend.
Besonders beliebt waren die von mir organisierten Trick-Fahrten, durch die ich die Naturliebe junger Burschen mit spochtlicher Stählung verband. Mit ihren Fahrten-Jo-Jos konnten die Buben einfach alles machen: Fische fangen, Feuer machen, beim Deutschboy und Indianer-Spiel die Gegner fesseln; die Jo-Jo-Schnur konnte man sogar als Sehne für den Flitzebogen verwenden.
Bis heute werde ich allerdings als verblendet bezeichnet, als Jemand- der Kindern nur falsche Tricks beibringt- mittels eines Trainings, das sie angeblich in ihrer Entwicklung hemmt. Dass die meisten Jungen mit zehn Jahren schon kurzhosig spielen konnten- sogar im Winter, hat man höchstens als quälerisch abgetan. Ich konnte nun wirklich nichts dazu, dass ich schon die Pimpfe so sehr begeisterte, dass sie sogar ihre Eltern an der kurzen Leine hielten. “
„In der Erwachsenen-Klasse hatte sich der Spocht zu einer wahren Materialschlacht entwickelt und mein, nach wie vor, einziger Hassgegner- war der britische Champ, inzwischen ein Grießgram von völlig unsportlicher Erscheinung. Kaum hatte man einen neuen Trick, konterte der Gegner mit einem abgefeimten Gegentrick. Man konnte seine Kontrahenten inzwischen nur noch als Feinde betrachten. Körperbeherrschung und Hingabe wurden zudem durch immer kompliziertere und technisch ausgefeiltere Jo-Jos ersetzt.
Ich spielte inzwischen ein Jo-Jo mit Kanonenkugel gelagerter Achsenmacht, worauf hin man in England das Phosphorstrahl getriebene Brand-Jo-Jo erfand. Nachdem ich darauf noch mit dem V2, einem über sehr lange Entfernung gespielten Wurftrick, reagieren konnte musste ich bei den russischen Weltspielen- in eisiger Kälte Rückzieher mit meinem neuen Jo-Jo-Kpfw-IV vorführen. Dabei zog ich mir ein schweres Hirntrauma zu und ich konnte sehen wie mein Blut in den Boden rann.
Die Amerikaner übernahmen dann schließlich mit dem Strand-Jo-Jo, einer neuartigen Mischungen aus Volleyball, Badeausflug, Jo-Jo und Geländewagen, den Titel. Der Einsatz des ersten atomgetriebenen Jo-Jos bei den Japan-Open, warf die nationalen Jo-Jo-Verbände anschließend auf sich selbst zurück.“
„Im Jahre 1945 war ich gegenüber den immer härter werdenden Wettkämpfen völlig machtlos geworden. Leider war auch ich, in mancher Hinsicht, einfach nur ein gewöhnlicher Mitteleuropäer und so wand ich mich dem indogermanischen Joga zu, um den harten Alltags-Anforderungen in der Jo-Jo-Szene weiterhin stand halten zu können.
Verstört und ohne Titel, traf ich auf einen indischen Weisen, der mich sozusagen wieder an die Wurzeln des Spochts zurück führte.
Er lehrte mich auf Beidhandtricks oder tödlich-gefährliche Wurftricks völlig zu verzichten und mich vielmehr meinem innerem Jo-Jo zu widmen, welches ich Jahrzehnte lang verdrängt hatte. Angespornt durch den Meister entwickelte ich ein ganz neues pädagogisches Konzept - eine Mischung aus Spocht und Zahnpflege, das transzendentale Jo-Jo.
„Ich fühlte mich zu wahrhaft Neuem berufen und ich erkannte schlussendlich, dass es nur meine fanatischen Anhänger waren die mich zu solch einer Legende gemacht hatten. Ich selbst habe lediglich einige Tricks vorgeführt und mich ansonsten nur mit meiner Performance beschäftigt. Mit diesen Erkenntnissen gestärkt, versuchte ich 1949 noch einmal an den Deutschen Meisterschaften teilzunehmen, wurde allerdings nur außer Konkurrenz zugelassen. Gedacht war, dass ich während den Pausen ein paar Tricks vorführen sollte um die Zeit zu überbrücken. Durch tiefe innere Einsicht fast ausgelöscht, wäre ich ohnehin nicht in der Lage gewesen zu siegen. So hatte ich den Jogi nicht verstanden. In Deutschland hielten die Jo-Jo-Spieler neuerdings strikte Rindfleischdiät um sich fit zu halten, wie die amerikanische Nationalmannschaft. Am deutschen Boden zerstört musste ich auch noch mit ansehen, wie man in meiner Heimat die transzendentale Technik, zu Gunsten des amerikanischen Zahnpflege-Kaugummis verschmähte. Heute trete ich allenfalls noch als Kinderschreck, auf Geburtstagen auf. Meine Tricks geraten mehr und mehr in Vergessenheit, wenn sich ausländische Top-Spieler ihrer nicht bemächtigen und als die ihren ausgeben.
Mein karges Dasein friste ich heute mit gelegentlichen Jo-Jo-Shows bei NTV, die zahlreich aber sehr schlecht bezahlt sind.
Was mir noch bleibt ist der Endsieg, der Wunsch und die Hoffnung dass es mit mir bald ganz zu Ende gehen möge.“
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