Diverses:Fräulein Menke dreht auf!
Vorbemerkung: Der Autor wollte mit einem Kontrastprogramm aufwarten. Er hat darum einen Titel gewählt, der absichtlich vom Thema Männer hinwegweist. Leider, und das liegt sicherlich daran, dass der Autor RTL II-Soaps konsumiert und sich nicht kulturell von den Öffentlich-Rechtlichen bilden lässt, wurde ihm erst nach der Fertigstellung des Artikels bewusst, dass "Der Bergdoktor" eine ähnliche Konstruktion aufweist. Auch "Ein Käfig voller Narren" hat Parallelen mit der folgenden Geschichte. Aber, so tröstet sich der Autor, vielleicht werden auch die Juroren diese Vorlagen nicht kennen, sodass diese Lapsusse gar nicht in's Gewicht fallen werden.
Lasst Euch von meinem Namen nicht täuschen. Ich bin kein Dummchen oder etwa rückständig, sondern eine moderne Frau und 29 Jahre alt. Und außerdem Akademikerin, seit ein paar Wochen mit Abschluss, aber noch ohne Promotion.
Mein Name ist Fräulein Menke. Fräulein ist der Vorname. Und den habe ich meinen Eltern zu verdanken, so wie fast jedes Kind seinen Namen den Eltern verdankt. Nur, dass meine Eltern nicht etwa Simone und Klaus oder Jutta und Bernd heißen, sondern Frederik und Thomas. Sicher, sicher, ich habe auch eine leibliche Mutter, aber die kenne ich nicht und das ist gut so. Ich wohne nämlich schon immer mit meinen Vätern zusammen und fühle mich als ihre Tochter wohl. Aber dass sie mich, Wochen nach meiner Geburt, immer noch, vermutlich von einer kopfgesteuerten Östrogenausschüttung geplagt, "Fräulein" genannt haben, das verzeihe ich ihnen nie.
Inhaltsverzeichnis
Frühkindliche Entwicklung
Meine ersten drei Lebensjahre verliefen ganz ungestört (Damals musste man sein Neugeborenes noch nicht in der Kita abliefern, damit Erziehungstanten ordentliche Staatsbürger aus dem verschrumpelten Etwas machen würden. Nein, man durfte sein Kind noch selbst erziehen!) . Erst im Kindergarten wurde mir mein sonderbarer Name und meine sonderbaren Eltern bewusst... gemacht! Kinder können grausam sein. Weil Männer sehr leicht von weiblichen Tränen zu beeiflussen sind, musste ich nur wenige Tage in der Obhut der Erzieherinnen verbringen und danach betreuten mich wieder Pappi und Pappi ausschließlich. Und manchmal Onkel Serge. Auch der Onkel rief mich immer ganz verzückt bei meinem Vornamen. Und je öfter ich dieses melodische „Froiiilain“ hörte, um so schneller vergaß ich die seltsamen Fragen meiner Altersgenossinnen.
Mit 5 wurde ich eingeschult. Rechnen und Lesen konnte ich schon, Schreiben war noch etwas ungelenk, dafür war ich auf dem Xylophon virtuos und auch mit den Augen klimpern konnte ich gut. Es dauerte aber keine drei Wochen, da war meine seltsame Familiensituation in der Klasse bekannt. Nach vier Wochen war ich ein zurückgezogenes, verängstigtes Mädchen mit bescheuertem Namen. Nach fünf Wochen bestellte meine Klassenlehrerin meine Väter zu einem Gespräch ein, weil ich dem Klassenrabauken mit einem Stein einen Schneidezahn ausgeschlagen hatte. In der sechsten Woche fürchteten mich alle Mitschüler und ab der siebenten Woche hielten die Mädchen der Klasse meinen Tisch peinlich sauber und die Jungen wechselten sich fortan ab, meine Schultasche nach Hause zu tragen.
Ich lernte in den folgenden Monaten schnell, dass ich mich vor Mädchen im Allgemeinen in Acht zu nehmen hatte. Die Jungen hingegen waren erfrischend gradlinig, leicht zu berechnen und einfach zu manipulieren. Wen wundert es, dass ich mich am liebsten mit männlichen Altersgenossen umgab und dort stets Hähnin im Korb war.
Der Mann ist, was er isst was er lernt
Auf meinem weiteren Schulweg konnte ich eine Klasse überspringen. Meine Väter hatten mich aber auch hervorragend erzogen. Ohne Zweifel waren sie einer gemischtgeschlechtlichen Partnerschaft haushoch überlegen. Sie waren sich immer einig und mussten nicht unterschiedliche Erziehungsansichten austragen. Auch kam es nicht zu den sonst eheüblichen Hormongegensätzen, die ein Elternteil in die Migräne und das andere zur Nachbarin treiben. Vor diesen Szenen einer Ehe wurde ich gänzlich bewahrt, außerdem konnten Sie sich in mich hineinversetzen und, vielleicht hing es genau damit zusammen, staffierten sie mich stets mit den schicksten Klamotten aus.
Ich legte eine Bilderbuchschulzeit hin; Abi schaffte ich mit links, Notenschnitt 0,9 und das Studium lief hervorragend an... Kunstgeschichte. Aber nach drei Semestern sattelte ich um auf Sport. Denn ich war 20 und hatte noch nicht gevögelt. Ich hatte nicht mal einen nackten Mann in Natura gesehen, außer Pappi und Pappi, aber Eltern zählen ja nicht. Wie konnte es so weit kommen? Ich war die Hübscheste dar ganzen Stufe, hatte die meisten Jungs Zuhause gehabt, aber es war nie zum Äußersten gekommen.
Onkel Serge sagte mir mal: „Mon Cher', die 'aben Angst, die Kerle." Beim Sport, so dachte ich, käme man sich schon Nahe genug. Aber ähnlich wie die Kunsthistoriker total verkopft waren, waren die Sportler total verkörpert.
Immer im Streben, der Beste zu sein, brachte so manch junger Athlet seinen Torso auf doppelte Höchstform, kaum dass ich mich mit ihm verabredete. Und als der eine Kandidat dann in seinen Körper mehr verliebt war als in meinen und der andere, noch erschöpft von seinem letzten Workout aufgrund Blutarmut im Gehirn samt Latte (ja, er hatte vor dem Studium eine Tischlerlehre abgeschlossen) in eine Ohnmacht stürzte, da habe ich mich von Sport wieder abgemeldet. Aber was tun? Jura? Neee, diese Juristen mit ihren Roben. Das hat doch was Weibisches. Dann könnte ich ja gleich Theologie studieren. Da haben die Kerls wenigstens bunte Kleider an. Aber der Zölibat! Nee... da widme ich mich lieber dem Ingenieurwesen. Angehende Ingenieure sind oft versierte Tüftler mit Spaß am Experimentieren. Oder? Ich fragte Onkel Serge.
Dem Ingenieur ist nix zu schwör
Onkel Serge sah mich lange, sehr lange an. "Der Mann an sisch," so hob er an, "ist eine territoriale Wesen! Er markiert sein Revier, darum pinkeln wir Männer auch auf die Klobrille. Und sein Revier verteidigt die Mann, mal mehr, mal weniger verbissen. Die Mann an sisch ist darauf programmiert, zu jagen Mammut. Und darauf, nach der Jagd mit Beute in sein Revier zurückzukehren. Darum muss ein Mann beim Autofahren nicht fragen nach den Weg." "Und der Ingenieur?" fragte ich dazwischen, denn so langsam wurde es mit zu bunt. "Der Ingenieur, mon Cher, erfindet Dinge, die eine echte Mann nicht braucht. Navigationsgerät, Flaschenöffner oder Haartönung! Alles überflüssig. Und nun frage dich, warum er das tut? Na? Naturelement: Weil Ingenieure keine echte Männer sind! Sie sind Alte Jungen!" Na Sowas! Ich wolte nen jungen Mann und keinen alten Jungen...
Er war Geodät und Sie war auch ne Sau
"Onkel Serge, meinst du, ich sollte es überhaupt nicht mit Akademikern versuchen, sondern vielleicht nen Handwerker nehmen?" fragte ich schon recht verzweifelt. "Nun, mon Cher, Du kennst leider keine Handwerker und wie sollst Du welche kennenlernen, auf die Uni? Willst Du mit Deine Handtasche verstopfen die Toilettabfluss um einen Sanitärmann anrufen zu können; damit er verlegt dir eine Rohr? Ach, geh! Besser, du versuchen es mit eine schnuckelige Geodät! Geodäten vermessen die Erdoberfläche... und nicht nur die! Ach, isch kannte mal eine Vermessungsingenieur mit eine ganz tolle Tachymeter, der konnte die tollsten Strecken ablesen von meine Nivellierlatte!"
Ich sollte mich in Geodäsie einschreiben? Niemals! Ich hatte "Die Vermessung der Welt" aufmerksam gelesen und konnte mich für Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß schon damals nicht begeistern. Der eine war ein adeliger Vagabund und der andere ein Stubenhocker. Und ich suchte einen Mann, der es sowohl ein paar Tage in unserem zukünftigen heimischen Lotterbett aushalten konnte und gleichzeitig schöne Reisen mit mir unternehmen würde. Oder sollte ich mir zwei nehmen, für jede Fasson einen? Und sowieso: Geodäsie war mir zu langweilig.
Ärzte kennen sich aus...
Pappi und Pappi hatten wohl etwas mitbekommen, eines Abends schalteten sie sich in die Studienberatung von Onkel Serge ein: "Kleines, du solltest Medizin studieren!" "Eine Ärztin in der Familie wäre doch Gold wert." "Ach, und in Stetoskope war ich schon immer vernarrt." So und ähnlich ging es weiter, bis ich es nicht mehr aushielt und mit einer halben Flasche Ketchup eine akute Menstruationsattacke vortäuschte, mich in der Toilette einschloss und durch das Fenster zum Garten die Biege machte.
...sind aber doof.
Ärzte fand ich schon immer doof. Dieses halbgottgleiche Imponiergehabe! Aber ich hatte eine Idee: Beim Medizinstudium konnte ich mich wissenschaftlich dem Phänomen "Mann" widmen. Und das tat ich auch. Ich drang so tief in den Mann ein, wie ...äh... na gut, lassen wir den unterschwelligen Sexismus, ich meinte ja auch forschen... Ich lernte, dass der Mann aus Lehm gemacht war und hoffte, auch alles weitere über das Objekt meiner Begierde zu lernen, was es zu lernen gab.
Ja, ich lernte tatsächlich, dass echte Männer nicht frieren und deshalb auch ohne Jacke im Winter vor der Kneipe stehen können. Außerdem können sie das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden und mit ihrem Wagen ihre Klamotten bügeln, zudem können Männer ihre Gefühle für sich behalten, weil es andere verdammt noch mal nichts angeht. Und wie, verdammt noch mal, schaffen es diese aus Lehm gemachten Wesen solche Kunstfertigkeiten an den Tag zu legen, ja sich zur Krone der Schöpfung emporzuschwingen? Die Antwort ist einfach: Sie haben eine Gemheimwaffe, einen Zaubertrank sozusagen. Damit schaffen es die fleischgewordenen Lehmklumpen sogar, Blut aus dem Gehirn in... äh... einen Schwellkörper zu pumpen. Häufig in Verbindung mit einem rudimentären Balzverhalten.
Männer können, anders als Frauen, selbst dann noch denken, wenn man ihnen in den Kopf geschossen hat. Rein hypothetisch. (Das hängt mit dem Gehirn, dem Blut und dem Penis zusammen). Warum also sollten Sie sich der Frau unterordnen? Und mir unterordnen sollen sie sich ja gar nicht, aber mir war klar, dass ich vermutlich seit Beginn meiner Schulzeit den Männern Signale ausgesandt habe, dass sie genau das tun sollten. Gut das ich das beim Studium herausgefunden habe, sonst wäre ich nachher noch einem Pantfoffelhelden, der sich mir nur unterordnen will, sich aber nicht für Titten, Autos, Fußball und ähnliches interessiert, auf den Leim gegangen. Zum Ende meiner Studienzeit wurde mir immer klarer, dass es nicht darauf ankommt einen Mann, sondern den richtigen Mann zu angeln.
Nun (Gegenwart)
Nun habe ich das Studium abgeschlossen. Ich bin Medizinerin und zwar... Urologin. Da kann ich ganz intensiv weiter forschen. Auch in der Praxis. In MEINER Praxis. Nebenbei werde ich promovieren. Meine Doktorarbeit befasst sich, wen mag es wundern, mit einem Männerleiden. Der Titel lautet: Warum müssen sich Männer immer beweisen? oder Die Sehnsucht nach dem Geburtserlebnis.
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