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Diverses:Aus dem Leben eines Campingplatztesters

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Anreise

Ankunft am Campingplatz Prae Hygaenic

Campingschild.jpg
Kurz vor der Ankunft am Campingplatz

Das Landschaftsbild änderte sich abrupt, nachdem ich von der Autobahn abfuhr. Die grauen Lärmschutzwälle verschwanden und ich durfte erstmals die französische Natur fernab von Raststättenbeblumung und Duftbäumchen begutachten. Die sanften Hügel der Normandie kamen zum Vorschein. Ich fühlte mich gut. 12 Kilometer und 37 Kreisel weiter musste ich links abbiegen, so sagte es zumindest meine Frau (so nenne ich mein Navi). Die Dörfer wurden rar und das Gelände waldiger. Wenige Minuten später waren die grünen Hügel Vergangenheit und mich umgab dunkelster Nadelwald. Zwei Kurven weiter tauchte der Campingplatz auf: Camping Prae Hygaenic. Ich bog auf eine beinahe leere Wiese, die augenscheinlich den gesamten Campingplatz darstellte und parkte mein Auto neben dem Schotterweg, welcher drei Meter weiter versandete. Von einer Rezeption keine Spur. Lange Suchereien war ich hierbei jedoch gewohnt, oft scheint es so, als ob man an manchen Plätzen garnicht gefunden werden möchte. So auch diesmal: Einer der Wohnwagen entpuppte sich als Rezeption, perfekt zwischen den gelblichen Caravans der Dauercamper versteckt, der Umgebung angepasst wie ein Chamäleon. Todesmutig schwang ich im folgenden die Tür zur Rezeption auf und wähnte mich kurz in einer Art Krankenstation. Links von mir saß ein Greis im Rollstuhl und starrte die Decke an, mir gegenüber an der Wand hing ein Erste-Hilfe-Kasten, rechts Defibrillator und Rettungsring.
"Haben sie noch einen Stellplatz für mich?" Tätärätä...der Preis für die idiotischste Höflichkeitsfrage 2011 ging an - kurze Pause - mich! Die Wiese draußen war unberührt. Die schnelle Antwort: "Nein, alles ausgebucht, nichts mehr frei!" Doof grinste ich den alten Mann an. Wie bitte? Er gluckerte und prustete. Zum schallenden Gelächter kam es nicht mehr, da machte ihm sein Alter einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen begann er zu husten und reichte mir noch im Sterben einen Plan des Platzes, absolut unnötig, sowie ein Werbeprospekt für Kaffeefahrten in der Nähe. Als er sich erholt hatte, kam er mit seinem Rollstuhl zu mir und fragte: "Möchten sie die ausführliche Rundführung oder lieber die kurze, knackige Version?" Ich entschied mich für die ausführliche Version, oft ist es interessant, was Campingplatzbesitzer von ihrem Platz halten.
Von der Schwierigkeit den Besitzer samt Rollstuhl aus dem Wohnwagen mal abgesehen: Die Führung um den Platz war durchaus erheiternd. Und was eine solche Wiese doch alles zu bieten hatte!
"Sie müssen wissen, das wir als Platzleitung uns um das grüne Ökosiegel für Campingplätze beworben haben. Das heißt, dass wir keine Energie verbrauchen", also keinen Finger für die Instandhaltung des Platzes rühren, fügte ich in Gedanken hinzu. Doch ganz so gut ging es nicht weiter: Die Sanitärräume entpuppten sich als Plumpsklo und Wasserhahn (die Reste des "Kein Trinkwasser"-Schildes waren noch zu erkennen, der Versuch es zu entfernen nur stümperhaft gelungen). Zudem wurde der Campingplatz einmal quer durch einen Bach geteilt und die einzige Brücke war wahrscheinlich persönlich vom Rollstuhl aus erbaut worden. Später sollte in meiner Campingplatzbewertung Folgendes stehen: „Auch auf Platz 1 gibt es fließend Wasser – ein Fluss teilt das Areal in zwei Hälften“. Die Szenerie erinnerte mich an einen Naturcampingplatz in Schweden. Ausgewiesen naturverbunden und mitten im Wald. In der Dusche zeigte sich die Naturverbundenheit des schwedischen Campingplatzes besonders: Direkt neben dem Wasserablauf wurde eine Krötenauffangstation eingerichtet. Die ausführliche Rundführung war schnell beendet und ich platzierte mein Zelt ganz weit vom Plumpsklo entfernt. Wahrscheinlich würde man im Inneren noch Pollen von Mammutbäumen finden.
Doch ein Klogang war nicht vermeidbar, vielmehr nötig in meiner Funktion als Travel Comfort Tester. Bei einem solchen Klo gilt es dem berühmten 4-Schritt-Muster zu folgen. Der erste Schritt ist hierbei selbstverständlich die Inspektion des Ortes. Zu meinem Missfallen ergab sie, dass ich den zweiten Schritt leider nicht überspringen könnte: Die Desinfektion. Ich ging zu meinem Auto und kam mit 3 Insektenspraydosen wieder. Mit Absperrband wurde der Raum um die Toilette herum weiträumig abgesperrt und ich, in einem Schutzanzug, begann meine Spraydosen leer zu sprühen. In einer Stunde würde das Klo begehbar sein. Derweil erfuhr ich, was die kurze Version der Campingplatzrundführung war – ein neuangekommener, bemitleidenswerter Skandinavier hatte sie gewählt und musste sich nun 3 Sätze lang besudeln lassen: "Das ist die linke Seite der Wiese, das ist der Fluss, das ist die rechts Seite. Hier ist die Rezeption. Angenehmen Aufenthalt:"
Immer noch vorsichtig betrat ich im Schutzanzug die 1x1-Meter Toilette. In einem Einteiler sein Geschäft zu vollrichten stellte sich als unmöglich heraus, also musste ich mich auch noch auf engstem Raum umziehen. Derweil war es mir möglich mich etwas genauer umzusehen, und vermutlich hätte ich sonst auch nicht die Kastanienblätter bemerkt, die wohl zur Dekoration über meinem Kopf hingen. Doch wo war das Klopapier, es dämmerte mir... Der Platzwart war noch so stolz gewesen auf seine Verwendung von nachwachsenden Ressourcen. Mit ein paar herausgerissenen Seiten des Campingführers (Serbien - unwichtig, da bin ich hoffentlich nie), bedeckte ich den Rand der Kloschüssel zentimeterdick, ich habe auf Toiletten immer ein paar Seiten Serbien dabei, man weiß ja nie.
Zum Glück war ich erst spät am Nachmittag auf dem Campingplatz angekommen, sodass ich nur noch einen kompletten, sowie einen halben Tag vor mir hatte, bevor es dann zwei Tage später weiterging.
Wer mit dem Zelt unterwegs ist, wie ich es auf diesem Campingplatz war, der muss sich, auch aufgrund fehlender Restaurants in näherer Umgebung, mit wenig zufrieden geben, was das Essen angeht. Der Variantenreichtum ist freundlich gesagt als äußerst begrenzt zu beschreiben und so ist es nicht eben mal möglich die neuesten Stickstoff-Spargelcremeschaum-Kreationen der katalanischen Edelküche nach zu kochen. Und eigentlich möchte man es doch sowieso landestypisch haben. Und hier isst man Gallettes. Das sind Crepés für Leute, die sogar auf der Milchverpackung danach suchen, wie viele Kalorien 100 Milliliter enthalten. Statt der üblichen Zutaten (Zimt & Zucker/Butter, Nutella, Erdbeer- oder Kirschmarmelade, Traube-Nusstafel, Milchschnitte) weist ein Gallette ungewöhnliche Inhalte auf. Tomaten, frisch und ohne Stellen, sonst kann man die auf keinen Fall essen, ein Hauch von Käse. Fertig ist der leckere, gesunde Nationalstolz. Als Beilage wird Mayonnaise empfohlen. Wie soll man das nur mit einem Campingkocher zubereiten? Ich musste also auf die bewährte Tütensuppe umsteigen – Trüffel-Sahne, um den Schein des Nationalgerichts aufrecht zu erhalten. Es schmeckte sogar halbwegs ordentlich.
Der nächste Morgen. Ich erwachte unter Schmerzen, meine Luftmatratze hatte in der Nacht an Luft verloren und bei meinem Schlaf hatte ich es nicht mal bemerkt. Gestern hatte ich anscheinend das Ventil nicht richtig verschlossen. Naja, ich würde es nicht mal merken, wenn jemand neben mir ein Gewehr abfeuern würde, so tief schlafe ich meist. Der Rest des Campingplatzes war bereits wach, der andere Neuankömmling vom vorherigen Tage anscheinend schon wieder weg, ich der Einzige, der noch verschlafen aussah. Aber das machte mir nichts. Rentner haben einen anderen Tagesablauf als ich, redete ich mir immer wieder ein. Es muss wohl in tiefster Kindheit verwurzelt sein, dass diese immer mit dem Sonnenaufgang um fünf oder halb sechs aufstehen. Vermutlich gab es damals noch nicht mal Wecker und diese Tatsache sorgte für das heutzutage in meinem Kopf markant ausgeprägte Merkmal. Ich persönlich stehe immer erst dann auf, wenn mein Sonnenschein aufgeht (Gestrichen, als Campingplatztester darf ich mich nicht von meinen Gefühlen leiten lassen.). Ich stehe dann auf, wenn es mir passt. Am Ende eines Traums zum Beispiel. Das ist meistens gegen 10 Uhr. In meiner wilden Partyzeit als Jugendlicher 10 Uhr abends, mittlerweile dann aber doch 10 Uhr morgens. Zu einer Zeit also, zu der die Wracks von hier schon wieder ans Mittagessen denken und sich auf den Weg in ihren Wohnwagen machen, damit sie das französische Pendant zu RTL Punkt 12 nicht verpassen. Nachtruhe beginnt hier übrigens um 21.45, wenn der Abendspielfilm zu Ende ist.

Da jedes vernünftige französische Frühstück Baguette und Croissant enthalten sollte und auf diesem Campingplatz das einzig essbare Löwenzahn und Brennesseln waren, musste ich mit dem Auto in den nächsten Ort fahren. Dort, in einem kleinen Café mit netter Atmosphäre angekommen, begann ich an meiner Bewertung des Campingplatzes zu schreiben. Letzte Details würde ich nachmittags in einem Gespräch mit dem Platzwart klären.
"Möchten Sie ein paar Kekse gereicht bekommen?", fragte der Platzwart. Es war keine Minute her, dass er erfahren hatte, dass ich Campingplatztester bin. "Das sind die guten Weihnachtskekse von meiner Frau." Wir hatten Hochsommer, die Kekse schmeckten scheußlich. Nicht einmal die Schokolade war wegen der Hitze zerlaufen, was absolut keinen guten Eindruck machte. Aber besser als garnichts, seit dem Frühstück hatte ich nicht gegessen. Ich befand mich mittlerweile mitten in dem Gespräch mit dem Platzwart und regelte letzte Details, die Bewertung war so gut wie fertig.


Camping Brie

Als zweiten Campingplatz erwartete mich einer dieser mittelstarken Dauerbrenner des ADAC-Führers: Jedes Jahr dabei, immer gerade noch so mit zweistelliger Gesamtsternanzahl, nicht zu empfehlen. Ich musste glücklicherweise nur 150 Kilometer diesen Vormittag zurücklegen, um dort dann auch anzukommen. Länger hätte ich es im Auto wohl auch nicht ausgehalten. Diesmal war der Campingplatz jedoch etwas weiter entfernt von der Autobahn, sodass 50 dieser Kilometer leider über langsamere Wege gedüst werden musste. Ich hatte mir zudem inzwischen einen Wohnwagen ausgeliehen und knapp 20 Kilometer vor dem Campingplatz sollte ich auf meine Leihfamilie treffen. Ein neues Konzept des ADAC. Personen mit niedrigem Einkommen, die sich keinen eigenen Urlaub leisten können, werden als Scheinfamilienmitgliedern den Campingplatztestern untergejubelt und können dafür eine Woche lang kostenfreien Urlaub in den schönsten Regionen Europas genießen. Zuvor müssen solche Mitreisende jedoch zahlreiche Eignungstests durchstehen, um zu ermitteln, ob sie ihre Rolle als Familienmitglied auch ernst nehmen können. Ziel ist es nämlich, Campingplatztester nicht immer sofort auffliegen zu lassen. Es kommt nämlich schon etwas komisch rüber, wenn man alleine mit einem Sechs-Personen-Wohnmobil durch die Gegend reist, weil man beim diesjährigen Besuch die Xtra-Large-Stellplätze prüfen soll. Als Konsequenz daraus durfte ich heute erstmals Bekanntschaft mit diesem Vertuschungsmodell machen und war schon gespannt, wie es werden würde. 17 Kilometer vor "Camping Brie" bog ich auf einen Landstraßenparkplatz ab.
Dort erwarteten mich bereits mehrere Personen, neben meiner künftigen Familie für die nächste Woche, waren auch zwei Angestellte des ADAC anwesend. Nachdem ein Großteil des Pepierkrams erledigt war, kamen Melanie und Brian (keine amerikanischen oder englischen Wurzeln) zu mir ins Auto, und ich versuchte etwas unbeholfen eine Konversation zu starten. Gerade wenn es um Alltagsthemen ging, war das nicht meine Stärke. "Jaja, Camping Brie wartet auf uns. Mögen Sie Käse?"


Campingplatz Nummer 3


Fazit

  • Zurück in Deutschland überraschte mich meine (richtige) Frau mit einem Abendessen und eröffnete mir zudem ihre Urlaubspläne. Irgendwas in Osteuropa fände sie spannend, Serbien zum Beispiel.

Linktipps: Faditiva und 3DPresso