Senfglas

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Ein Bild, das jedem Verehrer schon wieder das Wasser im Mund zusammen laufen lässt.

Ein Senfglas ist ein Artefakt, das bei Verehrern guten, sanft auf der Zunge prickelnden und doch scharfen Senfs nahezu gottgleiche Verehrung genießt. Es ist leicht zu verwechseln mit einem sog. Senftöpfchen, aber nur der wahre Liebhaber vermag den Unterschied festzustellen.

Dabei ist das Senfglas nur Mittel zum Zweck, es dient nur als Behältnis für das eigentliche Elixier des Lebens und der Freude, den Senf. Aber jeder Christ verehrt ja auch die Bibel, obwohl ein schnöder, meist mehrere Generationen alter Schinken dieser Verehrung kaum wert ist, ist es doch der in Evangelien, Testamenten und Psalmen gedruckte Inhalt der gepriesen wird. Genauso wie beim Senfglas.

Ein Senfglas löst beim Senfkundigen schon im Supermarkt helle Verzückung aus. Er kann sich nicht entscheiden, welches der 20 hier aneinander gestapelten Exemplare er denn wählen soll, und ob es sich mit seinem Kontostand vereinigen lässt, alle 20 zu erwerben. Er verfällt in eine Art Trance und schwadroniert, ohne es eigentlich zu bemerken, über Geschmacksrichtungen, Farbnuancen und Senfsaatsorten. Das inkulte, ja ahnungslose Volk um ihn herum rempelt ihn mehrmals an, ja überfährt ihn fast mit ihren bulldogartigen Einkaufswägen und versucht ihm zu verstehen zu geben, er möge doch bitte mal den Gang freimachen.

Nach einem sorgfältigen Prozess der Selektion will der Senfliebhaber nichts als gleich nach Hause zu gehen und das Senfglas öffnen, und vergisst dabei fast das Bezahlen. Dann, endlich daheim angekommen, funktioniert er den Küchentisch zum Schrein um, kniet sich auf die harten Fliesen am Küchenboden und spricht ein paar Gebete.

Er bewundert die runde und doch symmetrische Form des Senfglases, wie harmonisch die Konstruktion schließlich in einen Schraubverschluss übergeht, verehrt sabbernd die einzelnen Farbnuancen auf dem Etikett und bereut schmachtend, dass er nicht Senfglasettikettendesigner geworden ist. Er weiß, dies ist nur eine Art Vorspiel zum endgültigen Akt, dem Akt größter Erfüllung auf Erden, seinem täglich Brot mit Senf. Er zuckt am ganzen Körper, das Wasser läuft im Munde zusammen, seine Hände zittern, so dass er den vom Schöpfer so unglaublich schwer zu öffnenden Verschluss kaum aufbekommt. Aber ebenjener Verschluss schützt ja auch sein größtes Heiligtum, und von jedem treuen Senffan ist ein hinreichendes Opfer zu erbringen, um ihn schließlich konsumieren zu dürfen.

Am Ziel angelangt genehmigt er sich erst mal ein Senfbrot, während er über die verrohte und kalte Gesellschaft klagt, die immer mehr zum Kauf von hässlichen, unkultivierten Senftuben neigt. Nach drei Tagen ist das Senfglas dann leer, und kommt in seine ausführliche Senfglasssammlung im Keller, die mittlerweile den dritten Raum ausfüllt. Möge die Prozedur von neuem beginnen...


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