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Aktuelle Version vom 9. Juni 2014, 16:02 Uhr
Eine Fotostory ist eine Bildergeschichte für Leute, die für echte Comics zu alt und für echte Bücher zu dumm sind. Da diese Zielgruppe sehr groß ist, haben Fotostorys einschlägigen Erfolg, allerdings nur, solange es um Themen des Alltags geht, mit denen sich die Zielgruppe identifizieren kann. Das sind im Einzelnen:
- Liebe (bzw. Sex)
- Alkohol (oder andere Drogen)
- Kriminalität
- Freundschaft oder noch besser Feindschaft
- Geld (vor allem Geldprobleme)
- Streit
- vermasselte Klassenarbeiten und andere Schulprobleme
- ungewollte Schwangerschaft
- Arbeitslosigkeit und sozialer Abstieg
- Krankheit und Tod.
Fotostorys werden vor allem gelesen, weil sie am Ende immer gut ausgehen. Ähnlich wie bei Märchen sind zum Schluss immer die Armen und Hässlichen die Glücklichen. Man kann Bilder vom eigenen Kopf ausschneiden und auf die Glücklichen kleben. So schaffen Fotostorys die Illusion, dass der Leser in der Realität auch eine positive Zukunftsperspektive hat.
Fotostorys, deren Inhalt sich um Politik, Wirtschaft oder andere Themen dreht, für die ein gewisses Maß an Allgemeinwissen notwendig ist, um der Geschichte folgen zu können, verkaufen sich allerdings sehr schlecht. Diese Fotostorys werden dann als Lückenfüller in hochkarätigen Magazinen wie Spiegel oder Stern abgedruckt, da sie keinen nennenswerten Absatzmarkt haben.
Besonders beliebt sind Fotostorys bei Jugendlichen, vornehmlich die Foto-Love-Story aus der Bravo. Der Grund dafür ist, dass es die einzigen pornografischen Bilder sind, die sie am Kiosk kaufen können, ohne sich einen Vollbart ankleben zu müssen und den Ausweis des großen Bruders zu zeigen, weil sie noch nicht volljährig sind. Im Grunde interessiert hier die Geschichte aber wenig. Meist ärgert sich der Leser nur darüber, dass ausgerechnet der blanke Busen der Hauptdarstellerin gerade von einer Sprechblase verdeckt wird.
Andererseits thematisiert die Bravo Foto-Love-Story auch die Probleme der Jugendlichen und hat einen klaren Aufklärungscharakter. Beispielsweise wird den Mädchen die Angst genommen, dass sie vom Küssen schwanger werden könnten, so dass sie ihren ersten Zungenkuss entspannt genießen können. Die Jungs sind der Bravo dafür unendlich dankbar und lernen beiläufig noch, dass Kondome schützen. Mit diesem Wissen ist es leichter, die Mädels nicht nur zum Petting zu überreden.
