Spiegelwelten:Pest

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Liparischer Holzschnitt aus dem jahr 1403. Der Medicus, mit seiner typischen Schnabelmaske versucht die Pestbeulen (Bubonen) mit der sogannten Pestnadel zu eröffnen.

Die Pest, auch "Schwarzer Tod" genannt, war die grösste Pandemnie, die Ozeanien je heimgesucht hat. Sie brach im frühen füfzehnten Jahrhundert aus. Der Ausbruch markiert den Beginn des Zeitalters mit Namen "Zweite Dunkelheit".

Der Pest fiel fast 90% der ozeanischen Weltbevölkerung zum Opfer. Dies und die zeitgleich stattgefundene kleine Eiszeit liessen nur sehr wenige Zeugnisse jener Ära übrig. Deswegen gehört die Zeit der Pest zu jenen Epochen der ozeanischen Geschichte, welche am wenigsten gut erforscht sind.

Das Pest Projekt

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Im Jahre 1800 wurde unter der Schirmherrschaft der Universität von Herculeanum zu Lipari ein spektakuläres Forschungsprojekt ins Leben gerufen: Eine internationale Gruppe Historiker, darunter Mulahama, sammelte die spärlichen, überall in Ozeanien versteuten Zeitdokumente, fasste sie zusammen und restaurierte sie, teilweise mit den modernsten Methoden.
Das vorläufige Ergebnis der noch laufenden Auswertung ist die bislang umfassenste Dokumentation über den Schwarzen Tod, die je erstellt wurde.

Professor Bascillus, Leiter der Forschungskomission merkte einführend an: "Obwohl wir fast nichts über sie wissen, prägt die Zeit der Pest wie ein dunkler Schatten bis zum heutigen Tag unser kollektives Bewusstsein. Keine Katastrophe hat Ozeanien nachhaltiger gezeichnet und und mit so unauslöschbarem Schrecken versehen, wie der Schwarze Tod. Er beherrscht unsere finstersten Alpträume und haust in den dunkelsten Ecken unser aller Psyche.
Die Pest ist heute heilbar. Es gibt bedeutend schlimmere Krankheiten und auch schlimmere Epidemien. Trotzdem ist es die Pest, die auf eine geradezu irrationale Weise DAS Sinnbild für die Apokalypse ist. Über die Pest zu forschen bedeutet, Angesicht in Agesicht mit der Angst zu stehen".

Nachfolgend die Geschichte der Pest in Ozeanien, rekonstruiert Anhand hundeter von Dokumenten, Tagebüchern, Briefen und Berichten.

Ozeanien zu Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts

Die kleine Eiszeit - nur wenige Tierarten feut's, so den amerikanensischen Löwen, der reiche Beute an entkräfteten Megalos macht.

Die Welt um 1400 ist geprägt von der kleinen Eiszeit: Nachdem im Jahre 1392 der Südsee Vulkan Pulau-Pulau-Bomba bei einer monströsen Eruption buchstäblich in Stücke gesprengt wurde, verdunkelten die abermillionen Gigatonnen Asche, die der Feuerberg in den Himmel gejagt hatte, die Atmosphäre und absorbierten die Sonnenstrahlen. Es wurde nicht mehr richtig hell und die Temparaturen fielen dramatisch. Eine flächendeckende Vereisung breitete sich von Norden her immer weiter nach Süden aus. Wo nicht der Permafrost jeden Ackerbau unmöglich machte, verdarb das Getreide unter der ewiggleichen, nasskalten Witterung.

Von Irland, Nordamerikanien, Nordrussland und anderen borealen Gebieten her wälzten sich ganze Ströme von Klimaflüchtlingen nach Süden. Zunächst wurden die Fremden in Ländern wie Lipari und Moldau freundlich empfangen, aber irgendwann wurde es den Einheimischen zuviel und es kam zu Spannungen mit den Einwanderern.

Julian Cervidus, damals Bürgermeister von Palmyra schrieb an den Liparischen Senat:
"Den Fremden geht in ihrer Heimat buchstäblich der Arsch auf Grundeis. Ich kann ja verstehen, dass sie eine neue Bleibe suchen, aber warum beim Saturn stranden eigentlich alle in Palmyra? Die Stadt platzt bald aus allen Nähten. Manche Viertel sind regelrechte Ghettos geworden, in denen Tag und Nacht die für zivilisierte Ohren äusserst ungefällige Musik dröhnt, wo keifende Emigrantenweiber die engen Gassen mit Wäscheleinen zuhängen und arbeitslose Männer am Bordsteinrand herumhocken, Chianti saufen und mit Lopenknochen würfeln.

Patient Null

Marek Szellnik, der mutmassliche Patient Null. (Zeichnung aus einem Schulbuch um 1610

Im Jahre 1402 ereignete sich auf dem Zentralplatz von Plamyra ein Zwischenfall, dem zunächst nicht allzugrosse Bedeutung beigemessen wurde: Wie jeden Sonntag verteilten dort die Lebensmittelhändler das, was über die Woche in den Regalen liegen geblieben war gratis oder zu sehr bescheidenen Preisen an die Klimaflüchtlinge. Die Immigranten nahmen dieses Angebot dankbar an und auch stundenlanges Schlangestehen für eine alte Rosswurst oder etwas Weizen gerne in Kauf.

Gegen Mittag tauchte plötzlich eine Emigrantenfrau auf und marschierte zielsicher auf den Fischhändler zu. In der Schlange gab es sofort wilde Proteste, von wegen, sie solle sich gefälligst hinten anstellen, aber die kräftige Russin ignorierte den Aufruhr. Sie ohrfeigte den Fischändler, nannte ihn Drecksau, packte einen gammeligen Tintenfisch und drosch damit auf den völlig verdutzten Mann ein. Schliesslich kamen zwei Legionäre, welche vom Bürgermeister zur wahrung der öffentlichen Ordnung abgestellt worden waren und versuchten, die wütende Frau zu beruhigen. Diese aber hielt nicht ein, sondern prügelte weiter den Fischhändler, unentwegt auf russisch fluchend. Im Rapport der Ordnungshüter war später zu lesen:
"Natürlich kam es anlässlich dieser Essensausgaben regelmässig zu Konflikten und gegentlichen Handgreiflichkeiten. Aber noch nie zuvor hatten wir es mit mit einer so empörten Person zu tun. 150 Kilo purer Zorn droschen auf den Fischverkäufer ein, der sich wohl fragte, mit welchen Rachegöttern er es sich eigentlich verscherzt hatte. Kollege Antonius hatte schiesslich die Idee, unter den wartenden Imigranten nach jemandem zu fragen, der das Gekeife der Frau übersetzen konnte, auf dass wir erführen, was das Weib eigentlich wollte."

Einige der Wartenden boten schliesslich an, als Dolmetscher zu fungieren. Es stellte sich heraus, dass die Frau den Fischverkäufer beschuldigte, ihr letzte Woche dermassen schlechten Fisch gegeben zu haben, dass ihr Mann daran erkrankt sei. Er läge im Bett, könne nicht mehr aufstehen und habe hohes Fieber.

Nun ging eine raunende Unruhe durch die gesamte Warteschlange. Niemand hatte Lust sich eine Fischvergiftung einzuhandeln. Der Fischverkäufer merkte sofort, dass es nun definitv brenzlig wurde und entschloss sich kurzfristig zur Flucht. Die Menge verfolgte ihn und hetzte ihn durch die Gassen. Just in dem Moment, als der Mob den Händler in die Enge getrieben hatte, tauchte Bürgermeister Julian auf und verhinderte das schlimmste:
"Die Leute waren drauf und dran, den armen Kerl in Stücke zu reissen. Glücklicherweise besass meine Person aber auch unter den Immgranten soviel Autorität, dass sie es nicht wagten, mit ihrem Tun fortzufahren nachdem ich es ihnen es bei Androhung der Kerkerhaft, verbot".

Der hysterischen Russin versprach Julian, seinen eigenen Medicus vorbeizuschicken. Daraufhin beruhigte sich die Frau.

Die erste Diagnose

Giorgio Fabiolus, seines Zeichen Leibmedicus des Bürgermeisters besuchte tatsächlich noch am selben Abend die Russin in ihrer Wohnung, die sie sich mit 3 anderen Flüchtlingsfamilien teilte.

"Nachdem ich mich durch die extreme Sauordnung durchgepflügt hatte und dabei einmal in eine alte Pizza und einmal in einen Topf Spaghetti trat, fand ich Marek Szellnik schliesslich auf einer gammeligen Matratze liegend. Sodann ich die Jugendlichen im oberen Stockwerk endlich dazu gebracht hatte, ihre verdammte Hadesmusik leiser zu machen, so dass ich wenigstens meine eigenen Worte verstand, konnte ich mir den Patienten genauer ansehen. Er lag apathisch da, weder von dem Mäuslein, welches auf seinem Kissen herumspazierte Notiz nehmend, noch von dem 3 jährigen Mädchen, das neben ihm in den Nachtopf schrallte. Der Mann hatte ganz zweifellos hohes Fieber. Sein Körper war mit schwarzblauen Flecken übersät und fette, eiterige Geschwüre wuchsen ihm am Hals, an der Schulter und unter den Achseln. Ich hatte bis Dato ein so merkwürdiges Krankheitsbild noch nirgends gesehen. Plötzlich wurde Marek Szellnik von einem sakkadenartigen Husten erfasst. Unter grossen Schmerzen würgte er schwärzlichen, blutigen Schleim heraus und brüllte dabei wie ein Ochse in der Macelleria."

Fabiolus gab Szellnik eine Hustentinktur und ein Mittel gegen das Fieber, aber er machte dessen Frau keinerlei Hoffnung: "Alles was ich Euch sagen kann ist, das es sich nicht um eine Fischvergiftung handelt. Die Ursache des Leidens ihres Mannes ist mir ebenso unbekannt wie dessen Natur. Es steht zu befürchten, dass er diese Welt baldigst verlässt."

Diese Prognose war keineswegs zu pessimistisch. Marek Szellnik verstab noch in der folgenden Nacht.

Die Krankheit breitet sich aus

Nur drei Tage später kam es in dem Viertel, wo Marek Szellnik gelebt hatte, zu fünf weiteren Krankheitsfällen. Allerdings wurden diese nicht sofort bekant, da die abgeschottete Welt der Emigranten-Ghettos die Liparische Öffentlichkeit nicht tangierte. erst die Erkrankung des ersten Einheimischen Eine Woche später brachte die Krankheit ins Bewusstsein der palmyrischen Gesellschaft. Der Patient war niemand anders als der Medicus Giorgio Fabiolus.

Noch auf dem Sterbebett schrieb der Arzt: "Was ich zutiefst bedauere, ist gehen zu müssen, ohne erfahren zu haben welchen Namen dieses furchtbare Leiden hat. Wenn ich Recht habe mit der Annahme, dass es sich um etwas völlig neues, unbekanntes handelt, so gebe ich ihm hiermit den Namen "Pestis" - die Seuche. Ich empfehle dem verehrten Bürgermeister meine Leiche zu verbrennen, auf dass sie nicht weitere Menschen anstecke."

Dr. Fabiolus starb am 3. Juli 1402.

Wenn im Morgengrauen der Pestwagen die Toten der Nacht abholt...

Nur wenige Tage später wurden in Palmyra zehn weitere Fälle bekannt. Ausnahmslos alle Patienten wohnten in relativer Nähe zum Immigrantenviertel, was dieses nun definitiv als Herd der Seuche in den Blickpunkt rücken liess.

"Dass das Asozialenviertel nicht nur der stinkende Schandfleck unserer einst schönen und sauberen Stadt ist, wusste schon lange, wer die Augen offen hat und nicht als blinder Gutmensch jede Realität verweigert, nur weil sie politisch nicht korrekt ist" wetterte der rechtspopulistische Journalist Giacomo Berlusconi im Massenblatt "IMAGO".
"Dieser Pfuhl an Ausdünstungen, diese bewohnte Müllhalde auf der in Lumpen gewandeter menschlicher Abfall herumkriecht, ist als hochinfektuöser Hort der fürchterlichsten Krankheiten zu identifizieren und daselbst zu beseitigen!"

Als es in den folgenden Tagen zu weiteren Erkrankungen kam, kochte die aufgepeitsche Volkseele hoch und einige hundert Bürger Palmyras machten sich mit Fackeln und Pechfässern auf den Weg, das Immigrantenviertel anzuzünden.

"Wir hörten schon von Ferne die "Fackelt die Schweine ab" Rufe." steht in einem Brief einer unbekannten Immigrantin.
"Wir fürchteten uns zu Tode und versuchten, uns zu Dritt im Nachttischchen zu verstecken. Unsere Mutter lag seit gestern im Fieberwahn auf einer Matratze in der Küche und rang mit dem Tod. Dann hörten wir, wie sie durch die Strassen marschierten und ihre Fackeln in Heuhaufen warfen. Verzweifelt versuchten einige von uns, die aufflammenden Brände zu löschen. Plötzlich aber stellte sich Sean der Ire dem Mob in den Weg. Völlig nackt, zeigte er den erschrocken zurückweichenden Brandstiftern seine Pusteln und Geschwüre und er schrie die Leute an: So kommt näher, O Ihr braven Bürger von Palmyra! Fürwahr, dieses Drecksloch gehört niedergebrannt, wer wollte Euch da widersprechen. Die Säue in Euren Verschlägen haben es besser als wir hier! Aber seid gewahr dass der Atem des schwarzen Todes durch diese versifften Gässlein weht! Und er ist blind, der Pustelgevater! Er wird Euch niederraffen, so wie er uns dahinrafft. ER verschont weder Herr noch Knecht!

Daraufhin floh die "Bürgerwehr" in Panik aus dem Viertel.

Erste Massnahmen

Eine Woche und fünfzig Neuererkrankungen später beschloss der Stadtradt endlich die von Bürgermeister Julian Cervidius geforderten massnahmen zur Eindämmung der Seuche. Ursprünglich war die völlige Abriegelung des Immigrantenviertels vorgesehen, doch das machte angesichts der Tatsache, dass die Seuche längst auf ganz Palmyra übergegriffen hatte, kaum noch Sinn. Stattdessen sollten alle Häuser, in denen Krankheitsfälle auftraten mit einem schwarzen Kreuz gekennzeichnet werden. Berlusconi schlug in seiner Kolumne sogar vor, alle Angehörigen von Pestkranken, auch die noch gesunden, zum tragen einer schwarzen Armbinde zu zwingen auf dass "sie als die Verlobten des Schwarzen Todes" zu erkennen seien.
Mit nur knapper Mehrheit konnte sich Julian Cervidius im Stadtrat gegen diese Massnahme durchsetzen: "Wenn wir die Menschen auf diese Weise stigmatisieren, können wir sie gleich selber totschlagen."
Das Kennzeichnen der Häuser sowie der allmorgendliche Abtransport der Leichen aus den Häusern oblag einer speziellen Kohorte, die aus Strafgefangenen bestand. Kein freier Bürger war freiwillig zur verrichtung dieses Dienstes bereit.

Die Pandemie

Der Totentanz Holzschnitt aus 1413

Nach nur 4 Wochen hatte die Pest Palmyra voll im Griff, fast ein Drittel der Einwohner war bereits tot, täglich erkrankten dutzende weitere Menschen.
"Über der einst so lebenslustigen Stadt lag eine Totenstille. Tag und Nacht. Die Menschen huschten nur noch vereinzelt durch die Strassen, tief verschleiert, aus Angst vor Ansteckung und auch nur, um das nötigste zu besorgen. Einige starben, nicht an der Pest, sondern weil sie ganz einfach in ihren Häusern verhungerten. Jeden Morgen, wenn das erste fahle Licht am Horizont die Gärten des Wahnsinns erhellten, hörte man von weiten die dumpfe Trommel, die den Leichenwagen ankündigte. Die in schwarze Gewänder gehüllten Schergen hielten vor jedem Haus. Dann und wann zerriss ein markerschütterndes Schreien und Schluchzen die eisige Stille und man warf eine weitere Leiche auf den Wagen. Als Sean der Ire starb, wehrte sich seine Frau gegen die Wegnahme ihres Mannes. Die Schergen schlugen sie brutal zur Seite, da stolperte sie blutend hinter dem Wagen her, der vor die Stadt fuhr, da wo die Scheiterhaufen brannten und warf sich zu ihrem Mann ins Feuer." (Letzer Tagebucheintrag von Elsa Snowdonia, sie starb einen Tag später)

Ernesto Carpacia, Metztger schrieb: "Immerhin hat die Pest auch ihr Gutes: Der Briefträger, dieses selten dumme Arschloch, der immer die Schriftrollen mit meinen Bankauszügen dem Nachbarn in den Kasten warf, haben sie gestern aus seinem Haus getragen - die schwarzen Pestfüsse voran! Soll er in der Hölle schmoren, der blöde Hund!"

"Jetzt, wo der schwarze Tod regiert, zeigen die Leute ihr wahres Gesicht! Fürwahr, keine Bubonenverseuchte Pestfratze kann so entsetzlich sein, wie die schwarze Seele eines manchen frommen Menschen. Als gestern die Comtessa Carlotta starb, haben die Nachbarn ihr Haus geplündert: Sie rissen die Schränke auf, beschnüffelten ihre Unterwäsche, zankten sich um ihr Teeservice, bewarfen sich mit Rohrreiniger um an den venezianischen badespiegel zu kommen, sogar im Klo haben sie nachgegrübelt, ob noch etwas wertvolles da läge. Immerhin ist das vermaledeite Gesindel drei Tage später allesamt selber an der Pest krepiert!" (Alberto Miglorri, Bäcker)

Es hustet der Bettler, es würgt der Prelat,
es kotzt der hohe Signore in den Salat,
Schwarze Flecken,Eiterbeulen,Keine Decken,
Ja sogar die zähen Ratten, sie verrecken,
Schönes Mädchen, hübscher junger Mann,
ausgemergelt und im Fieberwahn,
tanzt den letzten Tanz, tanzet inniglich,
Die Pest ist da, die Pest ist da!
und Morgen, Morgen holt sie DICH!

(Graffitti an einer Hauswand, Autor unbekannt)

Auch Bürgermeister Julian Cervidius blieb nicht verschont: "Ich fühle mich wie die Pointe eines saudummen Witzes" schrieb er nachdem er die ersten Krankheitsymptome an sich bemerkte. "Es ist ja nicht so, dass ich von einem glorreichen Platz in der Geschichte geträumt habe, oder davon, nun über die Masse privilegiert in Überfluss und Reichtum 120 Jahre alt zu werden. Aber so ein bisschen etwas besseres, als auf dem Scheiterhaufen des Vergessens anonym gen Himmel zu dampfen, ja, ich gebe zu, das hatte ich mir schon erhofft. Bin ich eitel? Soll ich jetzt, wo die letzten Tage der Zeiten angebrochen sind, so noch Demut lernen? Bitteschön, wenn es da oben irgendwem eine Freude bereitet, mich auf diese Weise fertig zu machen, an mir soll's nicht liegen. Nun denn, es bleibt mir also, mein Ende stilvoll zu gestalten."

Das Ende stilvoll zu gestalten hiess für ihn, seinem Umfeld kein Siechtum zuzumuten. Und so griff er in guter Patrizier-Tradition zur kleinen Gift-Fiole, die jeder höhere Bürger Liparis für den Fall eines Putsches oder anderer, terminaler Unpässlichkeiten bei sich aufbewahrt. Er liess sich zwecks Einnahme seinen besten Wein im goldenen Kelch servieren.

Die Pest ausserhalb Palmyras

Einige Bürger Palmyras flohen aus der Stadt und hofften andernorts ein sicheres Exil vor dem schwarzen Tod zu finden. Doch wo immer sie ankammen, die Pest war schon da. Im Jahre 1405 hatte die Krankheit ganz Lipari im Griff.
Am schlimmsten wütete die Pest in Florenz und Venedig. Die Bewohner dieser in jener Zeit stark christlich geprägten Städte hatten lange gehofft, dass die Pest eine Strafe ihres Gottes für die Heiden seien und ergo auch nur diese treffen würden. Als dann die ersten Krankheitsfälle bekannt wurden, versank vorallem die Lagunenstadt in eine Art kollektive Depression und Weltunterhangstimmung: "Die Gondeln transportieren dieser Tage mehr Leichen als Lebende" notierte der Venezianische Stadtrat. "Während allabendlich sich geisselnde Flagellanten durch die Gassen und über die Plätze ziehen und die Kirchen überborden von sterbenden und betenden Menschen, zelebrieren die Reichen der Stadt diese letzten Tage mit einem bizarren, ewig währenden Karneval: Ein Totentanz der noch lebenden Leichen, denn niemand weiss, ob das Gesicht hinter jener oder dieser zarten Maske bereits den Atem des schwarzen Todes trägt."

Die Pest wütete fast in gesamt Ozeanien. Im Tal des Mondsees, in den sudlichen Anden, brach wegen der Pest das Reich der Mixerteken zusammen.

In den wenigen eisfreien Regionen Amerikaniens starben ganze Stämme. "Wer nicht Opfer der Pest wird, den treibt das Mutterkorn in den Wahn, welches in den nasskalten Sommern an den fauligen Ähren gedeihet wie die Dämonenscheisse" schrieb Iné Dahran, Häuptling eines heute völlig ausgestorbenen amerikanensischen Volkes.


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