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Diverses:Weihnachten in New York

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Marlene wollte Weihnachten unbedingt einmal in New York verbringen. Das erzählte sie mir schon damals, als wir uns kennenlernten. Sie erzählte es mir bei unserem ersten Date, noch während unserer ersten gemeinsamen Nacht und auch jetzt, mitten beim Frühstück. Ich blätterte durch den Sportteil der Zeitung, während Marlene wieder mal von New York schwärmte, schließlich war New York die Stadt ihrer Träume. In der Zeitung stand wie jedes Jahr etwas über "Weihnachten in aller Welt". Und wie jedes Jahr erzählte mir Marlene, dass sie Weihnachten unbedingt mal in New York feiern wolle, am besten noch bevor wir Kinder bekommen. Kinder brüllen und kotzen nämlich in Flugzeugen, und das müsse sie sich ja als allerallerallerletzte antun. Marlene sagte, New York solle schön werden. Kinder, dachte ich. Marlene dachte zukunftsorientiert. Aber bevor die Kinder kommen, musste sie unbedingt einmal Weihnachten in New York verbringen. Wenn ich also nie mit ihr nach New York fliegen würde, darf ich auch nie kurz vor der Arbeit noch mal das Hemd wechseln, weil ein kleiner Racker sich und seinen Hipp-Babybrei spontan darauf verewigt hatte, oder? Aber nein, Weihnachten in New York war ein Lebenstraum von Marlene. Und weil Marlene nun mal meine Freundin ist und das auch bleiben sollte, feierten wir Weihnachten dieses Jahr in New York. Total spontan.

Dunkelblau

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Es gibt nur wenige Gefühle auf der Welt, die ich nicht in Worte fassen kann. Dieses Kribbeln im Bauch zu Beginn eines Fluges, die Blicke aus dem Fenster runter auf die kleine Erde. Oder das Gefühl der peinlichen Berührtheit, wenn meine Marlene der ganzen Welt lautstark vor dem Gate mitteilen muss, dass sie ihren Reisepass vergessen hat. Denn noch sitzen wir nicht im Flugzeug. Und wie es aussieht, werden wir das ohne ihren Reisepass auch nicht mehr schaffen. Marlene lehnt sich an meine Schulter und schluchzt. Menschen bleiben stehen und gaffen. Mein Marlenchen guckt mich an und schnieft: "Ich hoffe, dass diese Gaffer wegen uns jetzt ihren Flug verpassen". Ich lächle sie an: "Lass sie gucken, wer von denen kann Weihnachten schon nach New York fliegen.". Zum Glück haben wir noch knapp eine Stunde Zeit. Bis dahin sollte ich eine Lösung gefunden haben, damit wir schon bald im Flieger sitzen werden. Hoffentlich. Ich tröste Marlene mit einer Tafel Schokolade. Sonst sagt sie immer, sie müsse auf ihre Figur achten. Nicht mal für Proteste ist sie in Laune. Einmal habe ich mich getraut ihr zu widersprechen, danach herrschte eine Woche lang Funkstille. Und ich dachte Frauen mögen es, wenn man ihnen Komplimente macht. Jetzt sitzt sie also mit einer ganzen Tafel Schokolade in der Hand und Tränen in den Augen vor dem Gate. Arme Marlene. Ich versuche so schnell es geht über die Sache mit den Behörden vor Ort zu reden. Ich frage eine vorbeigehende Servicekraft nach Hilfe, doch diese ist "nicht kompetent, aber da kann ich Sie gerne weiterleiten". Nicht kompetent. Kompetenz ist dein Job. Während die Dame, deren einzige Qualifikation scheinbar ihr Aussehen ist, mich durch den halben Flughafen führt, summt sie Wartemelodien aus Telefonschleifen. Vor dem Zoll bleibt die Servicedame stehen, deutet auf ein Büro und ist dann ganz schnell wieder verschwunden. In dem Büro freut sich der Zollmitarbeiter Günter Pfleglich bereits darauf, mich über sein eigenes Unwissen informieren zu können. Na super, die große Kompetenzschieberei kann beginnen. Vor Freude trete ich eine Topfpflanze um. Später erfahre ich, dass es sich dabei um eine vom Zoll sichergestellte peruanische Margalilie gehandelt hatte. Doch bevor ich auf die anfälligen knapp 2.000 Euro angesprochen werden kann, bin diesmal ich derjenige, der ganz schnell wieder weg ist. Man hat mich nämlich zum Infopoint weitergeleitet. Von da aus geht es über Schalter, Bäckerei, elektronische Idiotenhilfe, Servicepool und Happy Smile-Kinderparadies bis zum Sicherheitscheck am Schalter. Meine Gereiztheit ist glaube ich verständlich. Mir rutscht ein "Sehr geehrter Herr Flughafenmitarbeiter. Jeder der hier Angestellten scheint inkompetent zu sein. Wollen Sie mich veräppeln?" raus. Im Protokoll der Polizei las sich das ganze mysteriöserweise ungefähr so: "Solche Kompetenzblindschleichen wie euch verfickte Dreckspisser sollte man allesamt entlassen. Behindertes Behördenpack." Ich gehe einfach davon aus, bei meinem freundlichen Hinweis stark genuschelt zu haben, wodurch dieses kleine, ärgerliche und zeitaufwändige Missverständnis zustande kam. Glücklicherweise konnte ich die Sache mit der Polizei recht schnell klären. Doch jetzt stehe ich wieder bei Marlene und diskutiere mit zwei Flughafenmitarbeitern, um uns irgendwie ohne Marlenes Reisepass ins Flugzeug zu bringen. Nicht mal private Geldspenden wollen die Mitarbeiter annehmen. Ich bin kurz davor zu verzweifeln. Marlene guckt mich an. "Ich hatte den doch ganz bestimmt mitgenommen, warte mal, ich glaub, ich weiß wo.", dann entleert sie hektisch ihren gesamten Kofferinhalt auf dem Flughafenboden, "Ich hatte das Teil irgendwo, wo ich es ganz bestimmt ganz einfach wiederfinde... du kennst diese Plätze. Im Portemonnaie, hinterm Ohr, so was eben." Soweit ich die Situation überblicken kann, hat Marlene keinen Reisepass hinter dem Ohr klemmen. Ich habe meine wichtigen Sachen immer in den Hosentaschen (Smartphone, Schlüsselbund, Flusen). Marlene ist aber niemand, der seinen gesamten Handtascheninhalt in den Hosentaschen aufbewahrt. Eigentlich sollte niemand seinen Handtascheninhalt in seine Jeans zwängen. "Komm, wir fliegen jetzt nach New York.", sagt sie. Ich drehe mich überrascht um. "Du hast den Reisepass?", frage ich verwundert. "Ja, war alles eigentlich total logisch. Ich musste nur kurz alles konsequent überdenken und schon wusste ich, wo er ist.", meint Marlene. "Aha, wo war er denn dann, Schatz?". Marlene sagt, es gäbe im Moment wichtigeres, als ihre Geheimverstecke für Reisepässe. Kaum ein Fluggast steht noch in der Schlange, wir sind mit die letzten Wartenden. Marlene geht auf einen Flughafenmitarbeiter zu und lässt sich abtasten. Bevor ich meine Bedenken bezüglich Geschlechtertrennung beim Check-In anmerken kann, steht sie auf der anderen Seite und winkt auch mich durch. Erst jetzt bemerke ich, dass sie ihre Jacke ausgezogen hat und nur noch in einem Hemd da steht. "Ich finde Frauen im Hemd ihrer Freunde zwar süß, aber wirklich, in dem dünnen Teil wirst du elendig frieren", sage ich mit einem Lachen im Gesicht. "Nein, du wirst frieren", antwortet sie und küsst mich. Damit dürften die Besitzansprüche auf meinen Pullover geklärt sein. Naja, ok, immerhin hat Marlene uns endlich durch die Kontrolle gebracht. Ich werde den Verdacht nicht los, dass sie ihren Reisepass gar nicht gefunden hat. Aber hey, immerhin wartet New York auf uns. Ich blicke noch ein letztes Mal aus dem Fenster, bevor ich durch den Passagiertunnel ins Flugzeug gehe. Die Sonne ist schon untergegangen, der Himmel färbt sich dunkelblau.

Schweinchenrosa

Ich muss gestehen, dass ich Flugangst habe. Ich habe zwar schon knapp zwanzig Flüge hinter mir, aber mein Problem im Flugzeug ist die Langeweile. Wenn mir langweilig wird, lasse ich meine Gedanken zu viel kreisen. Zwangsläufig komme ich irgendwann bei dem Gedanken an, was denn jetzt alles hier oben im Flugzeug passieren könnte. Kleinste Ruckler werden zu Strömungsverlusten und einem Absturz im Nordatlantik. Meistens versuche ich dann, an Marlenes Schulter einzuschlafen und somit die Welt um mich herum zu vergessen. Als ich 14 war ging das noch nicht. Zwar kannte ich Marlene damals schon und sie saß auch mit im Flugzeug - zwischen uns saß jedoch ihre Mutter, die olle Ranzschachtel. Damals durften wir nicht mal miteinander was unternehmen. Heute war mein Problem ein anderes. Und zwar das Ärgernis, dass ich mich nicht ausbreiten konnte, um eine günstige Schlafposition an Marlenes Schulterblatt zu finden und meine Beine in den Gang zu strecken. Sie saß zwar neben mir, aber mit uns in der Dreier-Reihe saß ein hässliches Wesen. Später, als es einen Tomatensaft orderte, musste ich feststellen, dass es nicht mal richtig sprechen kann. Marlene meinte zwar, dass das ostdeutsch war, aber naja, neben mir saß eben ein einziger riesiger Fleischklops. Und der nahm mir jeglichen Appetit. Marlene wollte auch nicht neben ihm sitzen, dann sähen ihre Brüste im Vergleich ja megaklein aus und überhaupt, wer weiß was der mit ihr anstellt.
"Schnallen Sie sich bitte an?" - Die Stewardess weist mich zurecht. Der Klops grunzt. Gleich starten wir. Marlene lehnt sich an mich und ich mich an sie. Es ist wirklich verdammt ungemütlich. Das Flugzeug rollt in Richtung Start- und Landebahn. In wenigen Minuten wird die Kraft der Turbinen diesen Riesen in die Luft heben. Außer mein Sitzplatznachbar ist zu schwer. Mein Bauch kribbelt, es wird Nacht. Mit den letzten Farben der untergehenden Sonne startet der Flug AF204 Richtung New York. Ich genieße den Flug zu Beginn. Der Blick aus dem Fenster, wie wir langsam höher steigen und aus den kleinen Häusern kleine Viertel und aus den kleinen Vierteln schließlich eine kleine Stadt wird. Die gelb-leuchtenden langgezogenen Straßen und Autobahnen, beleuchtete Sportplätze und dunkle Waldflächen. Ich liebe diesen Ausblick.
Für einen Moment versucht mein Magen sich aus meinem Körper herauszubewegen, doch er kann sich scheinbar noch nicht für die richtige Körperöffnung entscheiden, weshalb er beständig von oben nach unten schwappt. Mir wird mulmig. Als Bordbeilage konnte man zwischen der Bild, dem Handelsblatt und der "Für Sie" wählen, aber die ist so trashig-kitschig, dass nicht mal Frauen sie lesen, meint Marlene. Sie liest Zeitschriften sowieso nur, wenn diese Frauennamen im Titel haben. Unter uns verschwindet eine deutsche Kleinstadt nach der anderen, mein Magen beruhigt sich. Nachts wirken die ländlichen Gegenden wie ein großes schwarzes Meer. Und die Bauernhöfe sehen ein bisschen aus, wie verlorene Segelboote im Ozean. Mit ein bisschen Fantasie kann man, hinter einem am Horizont aufziehenden hell-leuchtenden Ruhrgebiet, dann auch schon Frankreich erahnen. Bildschirme klappen sich aus der Decke, mehrere Kanäle sind wählbar... zum Glück haben wir keine Billigflug-Airline gewählt, sonst hätte diese Auswahl Geld gekostet. Ich wähle den Musikchannel und Liam Gallagher singt mir etwas von seinem "Wonderwall" vor. Die drei Jugendlichen eine Reihe vor uns regen sich darüber auf, dass sie sich für zwei Euro Ohrstöpsel gekauft haben und sie jetzt nur die Flugdaten für Blinde durchgesagt bekommen. Ich weise sie auf die Möglichkeit hin, den „Channel zu switchen“.
Und kaum entdecken auch sie den Musikchannel, machen sie sich darüber lustig, dass jeder, der in der Öffentlichkeit offenbart Gitarre spielen zu können, sofort angefleht wird, dieses "meganervige Lied" vorzuspielen. Die Kommentare "Richtiger Partykiller", und "Die sollen mal richtige Musik machen" lassen mich zwar mit der Stirn runzeln, aber prinzipiell haben die Jugendlichen recht, es ist meganervig inzwischen. "Wie kann man sich nur über so ein Lied aufregen", meldet sich Marlene zu meiner rechten Seite. Wonderwall ist ihr Lieblingslied. "Ja, unglaublich, oder? Dabei ist das doch so ein schönes Lied", sage ich. Das Lied neigt sich dem Ende zu und es folgt Richard Ashcroft, der mit seiner Band The Verve den Song "Lucky Man" spielt. Ich versuche einzuschlafen, bei so ruhiger Musik klappt das bei mir meistens ganz gut. Unter uns leuchtet das Ruhrgebiet in den Abendhimmel.

"Psst, Simon", Marlene stupst mich in die Seite und benimmt sich dabei so auffällig unauffällig wie es nur geht, "Siiimon..". Ich gucke sie an und sie stupst weiter. Hallo. Ich gucke dich schon mit offenen Augen an, ich höre dir zu Marlene! Sie flüstert: "Hör mal hin, der Mann neben dir... er singt mit..." Auf den Bildschirmen läuft gerade "Fix you" von Coldplay und erst jetzt bemerke ich, dass der Mann neben mir leise mitsingt.. "Er hat die schönste Stimme der Welt Simon... Ich wünschte mir, er würde auf unserer Hochzeit singen." H..H..Hoch-zeit? Ähm..? Hat Marlene etwa... "Nein, Spaß, für's Heiraten ist es mir viel zu früh", schiebt sie ein. Verbessert das jetzt meine Situation? Eben noch dachte ich, sie hätte auf der Suche nach ihrem Reisepass vielleicht auch meine Sachen durchwühlt und dabei den Ring in einem der Sockenpaare gefunden. Den Ring für Weihnachten in New York. Ich meine, wir sind seit sieben Jahren inzwischen zusammen und 26 halte ich für ein gutes Alter zum Heiraten. Doch jetzt erklärt sie mir, dass sie gar nicht heiraten will. Ich sollte mir schnell ein paar Dickenwitze überlegen, um aus dieser unangenehmen Situation herauszukommen. Doch mein Sitznachbar kann so toll singen und wenn ich dann anfange Dickenwitze zu erzählen, hört er sicherlich damit auf, oder isst mich. Kann er nicht schnell was Witziges machen? Platzen oder so? Ich beiße mir auf die Lippen, damit ich ja nicht laut denke. Was, wenn er bei einem Notfall die Ausgänge verstopft? Ich mag gar nicht dran denken. "Simon, sag mal blutest du?" "Was?" "Deine Lippe…", Marlene guckt mich besorgt an. "Oh, und ich dachte nur es wäre das Bordessen, das etwas nach Eisen schmeckt", antworte ich. Ich war auch schon mal witziger. Marlene reicht mir ein Taschentuch. Was ist nur los mit mir? Meine Gedanken sind verdammt unfreundlich, ich sollte mich besser erziehen. Außerdem zerbeiße ich gerade meine eigenen Lippe und überhaupt.
Intuitiv fragt Marlene, ob mit mir alles okay sei. Ich kotze gleich. "Ja, alles bestens. Hast du vielleicht.. Tüte.. Tüte!!" Immerhin fühle ich mich jetzt besser, erleichtert in gewisser Weise. Marlene reicht mir ein Kaugummi. "Danke, gerade jetzt habe ich irgendwie keinen Hunger", meine ich. "Das hilft gegen Übelkeit, Simon!" Ja, und Schüßler-Salze gegen Krebs. Plötzlich regt sich der Klops neben mir "Jetzt können sie alles nochmal essen", meint er und setzt dabei ein fettes Grinsen auf. Ich übergebe mich nochmal. Scheiße. Das war hoffentlich der ekligste Moment meiner Weihnachtstage. "Ich hoffe das war jetzt nicht der ekligste Moment ihrer Weihnachtstage", sagt die ostdeutsche Kugel. "Tut mir Leid, ist mir nur so rausgerutscht.", sagen wir beide gleichzeitig. Marlene kichert. "Kann ich jetzt mein Kaugummi?", "Das hab ich jetzt schon genommen.", antwortet Marlene. "Sie können eins von mir haben", sagt mein Sitznachbar und auf einmal wirkt er gar nicht mehr so fett und unfreundlich. "Und, wohin fliegen Sie?", frage ich und bereue diese bescheuerte Frage schon direkt danach. Wohin er fliegt... das Flugzeug teilt sich wohl kaum auf. "Naja, wie wohl alle hier im Flugzeug nach Mexico City", antwortet er. Marlene kreischt beinahe erschreckt los. Ihr Gesichtsausdruck in diesem Moment - unbezahlbar. Doch auch ich werde leicht panisch. Der Dicke beginnt zu lachen: "Nach New York natürlich, wohin denn sonst?". Der Mann hätte Humor, wenn die ganzen Witze nicht irgendwie auf meine Kosten gingen. Sein Name ist Jürgen, er kommt aus Scheeßel, ist geschäftlich auf Reisen, irgendwas mit Computerspielen. Seine großen Leidenschaften seien Schach und Briefmarken. Jürgen beginnt aus seinem Leben zu berichten. Irgendwann schlafe ich ausversehen ein. Marlene meint später, ich hätte was verpasst, Jürgen habe ja schon so viel erlebt in seinem Leben und und und. Am liebsten würde ich wieder spontan einschlafen, aber Marlene würde mir das übel nehmen. Übel. Schon wieder dieses Wort. Ich bewege mich auf den Gang hinaus, um nach neuen Beuteln zu suchen. Zwei Reihen weiter vorne reicht mir ein sympathischer, junger Wiener Student seine Beutel. Ihm werde nie uebel, meint er, ich könne die Tüten ruhig mitnehmen.
Irgendwo über dem Atlantik hinter Bordeaux muss ich wohl eingeschlafen sein.
Eine knappe Stunde vor New York wache ich wieder auf. Ich strecke meine Arme von mir und schlage meinem Sitznachbarn ins Gesicht. Er schläft weiter. Marlene liegt auch immer noch halb auf mir und weigert sich aufzuwachen. Jemandem ins Ohr zu pusten ist eine eher unromantische Aufweckmethode, aber was anderes wirkt bei Marlene nicht. Marlene räkelt sich, mit den ersten Sonnenstrahlen des anbrechenden Morgens wacht sie auf. Die ganze Situation gerade ist ziemlich romantisch, wie Marlene in Sonnenschein getaucht mich anlächelt. Sollte ich ihr vielleicht jetzt schon den Heiratsantrag machen? Über den Wolken? Marlene blinzelt und ich fasse den Entschluss, dass ich das wirklich machen sollte. Ich wollte ihr auf jeden Fall den Heiratsantrag während unserer Reise machen, einen großen Plan, wie ich den Heiratsantrag gestalte, hatte ich jedoch nicht, ich wollte einfach nur auf den richtigen Moment warten. Und wieso sollte das jetzt nicht schon der richtig Moment sein? Marlene wirkt etwas wacher, ich setze an: "Marlene, ich weiß jetzt nicht wie ich das sagen soll, aber weißt, du wir beide das ist einfach, einfach ne.. du weißt wie ich das meine und deshalb dachte ich mir, hier jetzt über den Wolken ist der perfekte Moment, um.." "Ehh... Simon, lass mich schlafen..", murmelt Marlene und dreht sich weg. "Der perfekte Moment, um?", fragt die Stewardess. "Um auf Toilette zu gehen..", antworte ich. "Um auf Toilette zu gehen?" Klops schüttelt seinen Kopf. Verdammt. Sollen mich doch alle für bescheuert halten. Der Moment war eben einfach nicht der richtige Moment. Den finde ich aber noch. Da bin ich mir sicher.
Bald schon landen wir in New York. Mit uns trifft auch der Morgen ein und der Himmel färbt sich schweinchenrosa.

Türkis

New Yorks Größe beeindruckte mich schon, als ich die Metropole aus dem Flugzeug heraus von oben mit dem 130.000-Seelen-Städtchen New Haven verwechselte. New Haven liegt nördlich von New York im Bundesstaat Connecticut und soll wohl dann doch nicht ganz so aufregend wie New York sein. Aber ich explodierte innerlich und staunte mehr denn je, als ich es circa eine Stunde vor der Landung unter uns hinweg ziehen sah. Und bald mussten wir uns dann auch schon anschnallen, New York kam näher. Als die Stadt dann wirklich ins Blickfeld kam - meine Herren! Mein Bild einer Großstadt - bisher hatte ich noch Mannheim und Karlsruhe dafür gehalten - wurde neu definiert. Und zum Glück war ich nicht der Einzige, der noch niemals in New York war. Außer mir klebten noch genug andere Passagiere mit ihren Nasen am Fenster, sodass es mir nicht peinlich sein brauchte, ein solches Verhalten an den Tag zu legen. Ja, ich gaffte. Marlene gaffte auch. Schräg vor uns saßen zwei Asiaten, die gafften, nur Klops gaffte nicht. Er hatte New York schon oft gesehen. Plötzlich war der Flug dann auch schon vorbei, die Rollen setzten sachte auf dem Asphalt auf und das Flugzeug rollte langsam aus.
Während wir auf unsere Koffer warteten, hatte ich die Chance, mir ein paar der Fluggäste anzusehen, die mit uns in New York gelandet waren. Da war Klops, der süßerweise einen Koffer dabei hatte, der so klein war, dass er ihn problemlos in einer seiner Bauchfalten hätte transportieren können. Der Student aus Wien, der recht hektisch immer wieder auf sein Smartphone blickte. Oh und da hinten war Marlene, die gerade versuchte meinen schweren Koffer vom Band zu hieven, bevor er wieder am Röhrenende verschwand. Das sah witzig aus. Aber auch mal wieder typisch, niemand der Leute um sie herum versuchte ihr zu helfen. Kein Wunder bei der Gesellschaft heutzutage. Moment, ich bin ihr Freund, Erde an Simon. "Ich bin schon auf dem Weg, Marlene". "Oh, du Esel", antwortet diese und kneift mich in die Seite, woraufhin ich beinahe schon quiekend - wobei eher brüllend, klingt männlicher - zur Seite springe und einen Rentner anstoße, der mich laut anpöbelt und mit seinen knorrigen Fingern fuchtelt. Wir sind die letzten, die am Zoll vorbeigehen und im Terminal ankommen. Der John F. Kennedy International Airport ist riesig.

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