Saalkind

Aus Stupidedia, der sinnfreien Enzyklopädie!
Wechseln zu: Navigation, Suche

Begriff

Bezeichnung für eine Spezies junger Richter (lat.: aula filius; die häufiger anzutreffende weibliche Variante: aula filia), die gerade die Volljährigkeit erreicht haben und aufgrund besonderer Um- oder Kurzsichtigkeit des zuständigen Justizministeriums auf die rechtssuchende Bevölkerung losgelassen werden.

Die Richtertätigkeit des Saalkindes ist durch die drei (einzigen) Stationen seines Lebens geprägt, nämlich

Kreißsaal - Hörsaal - Gerichtssaal.

Darüber hinausgehende Lebenserfahrung oder gar Menschenkenntnis sind dem Saalkind, das nicht selten eine abgeschlossene Doktorarbeit oder zumindest ein prall gefülltes Poesiealbum aufzuweisen hat, wesensfremd.

Frühkindliche Prägung

Das Saalkind hat in ca. 99 % der Fälle mindestens zwei Juristen oder - in besonders schweren Fällen - Lehrer als Elternteile, so dass es Opfer frühkindlicher Förderung geworden ist. In der Regel verfügt das Saalkind bereits kurz nach seinen ersten Gehversuchen über das kleine Latrinum. Daran schließen sich intensive pädagogische Betreuung nach Montessori und der Besuch einer Waldorfschule an, so dass jedes Saalkind imstande ist, seinen Namen zu tanzen - auch in öffentlicher Hauptverhandlung.

Äußerliche Merkmale

Da das Saalkind von Geburt an konsequent von jeglichem Sonnenlicht ferngehalten wurde und ein Dasein als Stubenhocker fristete, hat es in früher Kindheit bereits seine typische blasse Hautfarbe entwickelt, die es fortan durch jahrelangen Aufenthalt in Schul- und Universitätsbibliotheken gepflegt hat. Das Saalkind ist aus Überzeugung Brillenträger, auch wenn es keine Sehhilfe benötigt.

Auswirkungen auf die Rechtsprechung

Weil das Saalkind unter einer speziellen Form des Hospitalismus (siehe auch: Kaspar-Hauser-Syndrom) leidet, zeichnen sich seine Verhandlungsführung und Entscheidungen trotz ausgezeichneter Rechtskenntnisse durch völlige Realitätsferne und grenzenlose Naivität aus. Bei seiner Rechtsfindung lässt sich das Saalkind statt vom gesunden Menschenverstand ausschließlich von dicken Lehrbüchern leiten, die von ganz alten Saalkindern verfasst wurden. Urteilsverkündungen des Saalkindes werden daher regelmäßig von einem Raunen aus dem Zuschauerraum und kollektivem Kopfschütteln aller Verfahrensbeteiligten begleitet, wobei dies bei der unterlegenen Partei mit fassungslosem Entsetzen und bei der obsiegende Partei mit überraschtem Grinsen kombiniert wird.

Urteilsbegründungen des Saalkindes enthalten an den Stellen, an denen der geneigte Leser die Beweiswürdigung erwarten würde, Formulierungen wie "das kann sich das Gericht überhaupt schon gleich gar nicht kein bisschen vorstellen" oder "nur weil der Angeklagte ein Geständnis abgelegt hat, muss er noch lange nicht verurteilt werden".

Das Saalkind tritt im Regelfall als sog. Richter auf Probe in Erscheinung. Es könnte daher nach Ablauf der Probezeit ohne Weiteres rückstandsfrei aus dem Staatsdienst entfernt werden, was aber Wunschdenken bleibt. In bedauernswerten Einzelfällen wurden Saalkinder schon unter Berufungskammervorsitzenden entdeckt.

Ein Urteil des Saalkindes, sofern es sich zu einem solchen nach unzähligen Verhandlungstagen endlich durchringen konnte, ist zum Glück ohne nennenswerten Aufwand erfolgreich mit dem Rechtsmittel der Revision anfechtbar.


Linktipps: Faditiva und 3DPresso