3. Platz beim 23. Stupid Contest1 x 1 Goldauszeichnung von Sky

Kontaktanzeige

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„Gutaussehender, charmanter Selbstständiger sucht junge Frau für schöne Abende“

Ein Inserat ist ein minimalistisches Stück Prosatext, welches sein Autor verfasst, um eine Wohnung, einen Job, ein Fahrrad oder die Liebe seines Lebens zu finden. Da der Autor aber ein außerordentlicher Romantiker ist, wird er sich im folgenden ausschließlich mit den Versuchen hoffnungslos vereinsamter, potentieller Traumfrauen und -Männer befassen, die hoffen, durch abgehackte Aufzählungen von Adjektiven einen für sie geeigneten Lebens- und Bettgenossen aufzuspüren.

Ein Liebesinserat ist ist wie verzweifelter Hilfeschrei von einer einsamen Insel, jeder hofft, sein Schrei würde von irgendeiner hilfsbereiten Seele in den Weiten des Orbits wahrgenommen werden, die den Schreienden von seiner Einsamkeit und Hilflosigkeit befreit. Aber die Hoffnungen darauf sind aber meist vergeblich. Und wenn man doch mal jemanden findet, der die schönen Worte aus den grauen Anzeigenblöcken bundesdeutscher Tagesszeitungen rezipiert, entspricht der/diejenige – wie der Freitag in Robinson Crusoe - selten den eigenen Vorstellungen. Dafür entspricht der Inserent aber auch genauso selten der eigenen Beschreibung.

Der Weg zum Inserat

Wenn man ein gewisses Alter erreicht hat und in der Disko für einen Polizist in Zivil gehalten wird, man zu schüchtern für ein Speeddating oder zu antiquiert für einen zwanglosen Onlineflirt ist, dann bleibt nur noch der Weg, wenn man nicht alleine bleiben will - das Inserat. Die Hoffnung, noch mal ein junges Ding aufzureißen, muss man auch schon lange aufgeben haben, denn die Jugend liest ja schon lange keine Zeitung, und wenn dann nur den Boulevard- oder den Sportteil.

Also schnell Anzeigenpreise vergleichen, und gucken, wie viel Quadratzentimeter Inseratfläche denn mit dem Portemonnaie vereinbar ist. In der Regel nicht allzu viel. Also setzt man sich an den Computer und versucht, endlich doch mal den Goethe in sich selbst zu wecken, und eine möglichst einmalige und positive Darstellung seiner/ihrer selbst zu kredenzen.

Nur blöderweise kommt der Goethe nicht raus. Davon abgesehen, dass der echte Goethe auch ohne das Verfassen schmachvoller Inserate durchaus Erfolge beim anderen Geschlecht vorzuweisen hatte. Außerdem hat das eigene Inserat eine durchschnittliche Anzahl von 20 Wörten, was die dichterische Freiheit eines inseratsschreibenden Neupoeten zusätzlich einschränkt. Stochastisch gesehen gäbe es mit 20 Wörtern zwar unendlich viele Möglichkeiten, einen schönen Satz (oder 2 zu bilden), die Syntax des Deutschen und der Wortschatz der Inserenten sorgt aber dafür, dass die meisten Kontaktanzeigen sich lesen wie die Folgende.

„Junggebliebener, sportlicher Romatiker, Interessen Sport, Kultur, Theater und italienische Oper, sucht vom Himmel gesandte Ehefrau , um die Kondome loszuwerden, die schon seit Ewigkeiten unter dem Bett liegen. “

Das führt natürlich dazu, dass sich die Kontaktanzeigen so abwechslungsreich zu lesen sind wie die Instruktionen für eine 9-Live-Moderatorin, und trotzdem füllen alle nennenswerten Tageszeitungen immer einige Seiten ihres recycelten Premiumpapiers mit ebenjenen Kontaktanzeigen. Es muss also irgendwelche Menschen, die diese Ergüsse lesen (wollen). Und sei es nur, um einige witzige zu sammeln, herauszuschneiden und in ein Sammelalbum einzukleben.

Die Leserschaft

Tatsächlich gibt es Frauen, die sich eine Lupe schnappen, ihre Lesebrille aufsetzen, und damit die in Schriftgrad 10 gedruckten Kontaktanzeigen ob ihres Inhaltes vergleichen. Sie überlegen, ob sie sich eher von einem „charmanten, attraktiven Endvierziger“ oder doch lieber von einem „sportlichen, humorvollen Witwer“ angezogen fühlen.

Die Schwierigkeit dieser Aufgabe wird hierbei unterschätzt. Hier muss die Leserin aus einem winzigen kleinen Sätzchen versuchen, die gesamte Persönlichkeit eines Menschen zu rekonstruieren. Der zumindest so viel, um eine Entscheidung zu fällen, ob es sich lohnt, seine wertvolle Zeit diesem Menschen zu widmen bzw. seine Nummer zu wählen.

Dabei kommt noch das psychologische Moment der Ungewissheit hinzu. Das Angebot ist gigantisch, aber wie groß ist die Konkurrenz. Wie viele willige Traumpartnerinnen werden schon Kontakt mit der zehnten Kontaktanzeige in der dritten Spalte Kontakt aufgenommen haben, den man so schön fand. Und sollte man die besonders sparsamen Anzeigen besonders berücksichtigen, weil sie darauf schließen lassen, dass der Inserent dezent und zurückhaltend ist... Kann man das ohne einen Magister in Psychologie überhaupt ernsthaft entscheiden? Das aufmerksame Studieren von Kontaktanzeigen erfordert also enorme Zeit und auch Aufwand,

Die Zeit dazu haben sie ja. Wer nämlich solche Kommunikationsanzeigen studiert, der hat für gewöhnlich keinen Lebensgefährten, um den er sich kümmern muss. Und sobald er einen solchen hat, fängt man meist schlagartig wieder an, Polik- und Wirtschaftsteil des Blattes zu lesen. Und sollten man dennoch weiterhin bei den Kontaktanzeigen bleiben, dann tritt nicht selten wieder Fall 1 in Kraft. Ein interessanter Kreislauf.

Der Wahrheitsgehalt

Will man sportliche Menschen sehen, so empfiehlt es sich, auf einen Fußballplatz zu gehen. Will man humorvolle Menschen sehen, dann wäre ein Ausflug in die Komödie nicht von Nachteil. Aber eine solch hohe Anzahl von Leuten, die diese beiden Eigenschaften miteinander verbinden, findet man eigendlich nur bei den Kontaktanzeigen. Hier sind ALLE humorvoll und sportlich und erwarten selbiges natürlich auch von dem auserwählten Partner. Interessanterweise divergieren die Vorstellungen, was denn genau unter dem Begriffen Humor und Sport zu verstehen ist, doch erheblich. Der eine hält Mario Barth für den Stern am Komikerhimmel, der andere hält einen Tagesbedarf an Bewegung mit dem Gang täglich zum Briefkasten für gedeckt.

Noch krasser ist es bei Beurteilen der eigenen Physis. Geschmack ist bekanntlich subjektiv, aber für gewöhnlich werden Bierbäuche nicht unbedingt attraktiv empfunden. Und wer Deo konsequent boykottiert und den Rasierer nur einmal im Monat sieht, muss sich nicht zwangsläufig als "gepflegt" bezeichnen. Besonders unvorteilhalft wirken diese Merkmale allerdings, wenn der Inserent sie vollmundigt beschönigt oder gar allzu übertrieben sein Äußeres preist. Man muss sein Licht nicht unter den Schemel stellen, aber allzu dreistes Beschönigen hilft auch nicht. Man soll Menschen ja nicht dem Äußerem beurteilen, aber wer zu sehr in der Kontaktanzeige hat auch gleich eine eindeutige Visitenkarte seiner inneren Werte abgeben.

Trivia

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3. Platz beim 23. Stupid Contest

Kontaktanzeige ist ein Gewinner des 23. Stupid Contests.

Für dieses Werk erhält Klugscheißer den bronzenen Stupidedia-Stern am Band.

Gezeichnet, die Jury

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