Sub:10. Geburtstag/Mixtli

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Mixtli Zoanacochtzin
In meinen ersten Überlegungen zu diesem Text dünkte es mich geistreich, einleitend die Veränderungen meines Lebens zu skizzieren, welche sich in den sechs Jahren seit meiner Anmeldung ereignet haben, um dann Stupidedia als Konstante in diesem Wandel aufzuzeigen. Der Hintergrund dieser Gedanken war, dass Stupidedia nun schon seit zehn Jahren Bestand hat; aber das Gebäude, in dem ich lebe, gibt es auch schon seit über zweihundert Jahren, und die Geschichte meiner Heimatstadt reicht sogar noch weiter zurück.

Nun mag man – durchaus mit Berechtigung – auch die letzteren als Konstanten im Strom des Werdens benennen, aber – der geneigte Leser, insofern er sich in einem vertrauten Zimmer findet, fühle sich frei, die Probe aufs Exempel zu machen – wer seinen Blick durch die eigenen Räumlichkeiten schweifen lässt, das Präsent einer gewesenen Liebschaft schaut, den der Kinderstube entrissenen Ledersessel betrachtet, das an Herz gewachsene Buch am stolzen Schreibtisch sieht, erkennt, dass die Wände vor dem Nachbarn schließen mögen, dem Leben aber offen sind, dass sie den Rahmen stellen, der die vergänglichen Geschehnisse fasst.

So mag man die Schilderung der Zeitspanne, die sich vom Tage meiner Anmeldung, dem 6. September 2008, bis zu jenen kalten Abenden im November des Jahres 2014, an denen ich diesen Text verfasste, erstreckt, als eine Beschau der mir bereitgestellten Räumlichkeiten im Gebäude Stupidediens verstehen, in denen sich allerlei erinnerungswürdiger Zierrat und rührseliger Kitsch angesammelt haben. Kurzum, eine persönliche Einsicht in meinen Anteil am Process Stupidedia:

Erster Raum: Spiegelwelten

Ich gestehe, ich log, als ich versprach, dass meine Schilderung mit dem Tage meiner Anmeldung beginnen soll. Tatsächlich hatte ich schon Monate vorher einen Raum im Gebäude Stupidediens bezogen, nämlich diesen, wenngleich ich nur zur Miete wohnte, um die UM 2008 verfolgen zu können. Der erste Artikel dieser Satirenzyklopädie, den ich las und bei dem es sich, falls mein Gedächtnis mich nicht trügt, um das Lemma VW-Bus handelt, hat mich wohl amüsiert, denn sonst wäre ich nicht zurückgekommen, aber die UM schaffte es, mich zu begeistern, ein Interesse in der Brust eines kurzsichtigen Jugendlichen zu entfachen, Teil dieser illustren Welt zu werden, sodass ich mich dann am 6. September 2008 anmeldete und just dieser Raum, in dem ich so wenig geschaffen habe, wenngleich nicht gänzlich erfolglos geblieben bin, den Anfang macht.

Der Weg zum Staat in den Spiegelwelten gestaltete sich aber genauso schwierig wie eine Staatsgründung in der Wirklichkeit, zumindest schien es mir so, denn jene Strukturen, die man später aufbauen würde, um den Einstieg zu erleichtern, gab es noch nicht, weshalb ich – dem einen oder anderen dünkte es sicherlich so – wie ein kopfloses Huhn agierte, dort fragte und hier vorsprach, um den Azteken, die ehedem am amerikanischen Kontinent untergegangen waren, in den Spiegelwelten zu neuer Glorie zu verhelfen. Schon mit der Staatsgründung wurde dieses hehre Ziel zu Grabe getragen, denn sie geschah ohne offizielle Genehmigung im Schatten und Schutze der Nacht. Tatsächlich hatte man mit Ausnahme von Zwörg, der mit Aquanopolis eine Bereicherung der Spiegelwelten geschaffen hatte, sich aber nicht wirklich zur Betreuung neuer Benutzer eignete, geduldig und umsichtig auf meine Fragen geantwortet, mich ermutigt, den Artikel endlich anzulegen, nur eine endgültige Bestätigung, eine beglaubigte Erlaubnis blieb aus.

Mixtli bespricht die kommenden Ereignisse in den Spiegelwelten mit seinen Kollegen
Erst als es ein Volk gab, das meiner Stümperei schutzlos ausgeliefert war, begann die inhaltliche Auseinandersetzung mit meinem Konzept. Vor allem Misses Kennedy nahm sich meiner an, lobte meine Erfolge, stand mit Rat und Tat zur Seite, falls Zweifel oder Probleme aufkamen, sodass ich mich rasch ins Gefüge der Spiegelwelten eingliederte und auf dem Weg war, das Aztekenreich zu weltpolitischer Bedeutung zu führen, als kurz nach meinem Debüt Streitigkeiten in der Führungsebene den Abgang meiner Mentorin zur Folge hatten.

Ich lenkte noch einige Monate, die Geschicke meines Landes, exekutierte die Folgen von Misses‘ Kennedys letztem Meisterstück, doch ohne sie und Zwörg schien mir diese Welt ihren Antrieb verloren zu haben, sodass ich mich aus der Politik zurückzog. Noch für längere Zeit beobachtete ich das Aufkommen und Wirken neuer Staaten, verfolgte mit gewisser Neugier das Geschehen, doch die Spiegelwelten wurden mir immer fremder, weshalb ich, abgesehen von meiner Mitarbeit an einem Dramenfragment, nur ein einziges Mal zurückkehrte, nämlich zur UM 2012 und Teil dieses wunderbaren Turniers werden durfte. Wenngleich ich den Eindruck hatte, dass die Zuschauerzahl im Vergleich zum Jahre 2008 rückläufig war, so lässt sich das sicherlich nicht von der Qualität sagen. England war ein würdiger Gastgeber, die Spiele unterhaltsam.

Das Schreiben der Partien machte Spaß, wobei es für mich eine Herausforderung darstellte, Fußball immer wieder humoristisch aufzuarbeiten, ohne sich zu wiederholen oder langweilig zu werden. Mein Kompliment daher an jene, aus deren Federn schon viel mehr Spiele geflossen sind. Es würden den Rahmen dieses Texte sprengen, über die Vorbereitung aller Partien, an denen ich beteiligt war, zu berichten, obschon es nur vier sind, aber ich werde zumindest die Planung eines Match‘ skizzieren, nämlich des Spiels des Aztekenreiches gegen Deutschland, damit der Leser ein Bild bekommt:

Smilodon kontaktierte mich einige Zeit vor der Partie, ob ich schon Ideen hätte. Mir schwebte eine Kriegssimulation vor, was aber nicht ideal war, da dieses Konzept erst vor kurzem verwendet worden war, dann hatte ich den Einfall, die Deutschen aufgrund einer gewissen Ablehnung des Gastgebers Mr. Craven zu benachteiligen. Doch der hohe Sieg, der mir dafür passend schien, fand wiederum bei Smilodon keinen Gefallen. Das Konzept mangelte ihm an dramaturgischer Finesse, sodass wir uns nach einiger Diskussion darauf einigten, dass Mrs. Craven im Gegenzug den Deutschen zugeneigt sein solle. Nachdem sein Vorschlag, dass ein durch Kaffee aufgeputschter Iggy Guttapercha die Partie kommentiere, allgemeinen Beifall fand, wurde die Schreibarbeit erledigt und so entstand das Spiel. Abschließend möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich aufgrund meiner unerwarteten, durch meine Reise bedingten Trennung vom Internet für die Finali nicht erreichbar war.

Zweiter Raum: Hauptraum

Obschon mich die Lockungen der Spiegelwelten zur Anmeldung motivierten, hinterließ ich meine ersten Spuren im Hauptraum. Kaum drei Stunden nachdem ein Nutzer namens Mixtli Teil Stupidedias geworden war, konnte man schon seinen ersten Artikel lesen und dieser war ein klassischer Neulingsbeitrag im pejorativsten Sinne. Direkt nach der Registrierung suchte ich ein gewünschtes, aber nicht belegtes Lemma, in diesem Fall Thailand, klickte auf den roten Link und schrieb, was mir so einfiel, einfach in das Bearbeitungsfenster, sodass am Ende eine Sammlung von mehr oder minder bekannten Halbwitzen herausschaute.

Nicht, dass ich die Arbeit auf die leichte Schulter genommen oder gar nur ein paar Worte hingeschmiert hätte. In den zwei Stunden, in denen ich den Artikel schrieb, war ich ernsthaft bemüht, so viele Witze wie möglich einzubauen, sprich ich versuchte mich an einer Art Stehgreifkomödie über Thailand und zwar unter Verwendung von mäßigen Wortpointen und abgelaufenen Vorurteilswitzen. Nach dem Fall des Vorhangs stellten mir die Kritiker dennoch ein gutes Zeugnis aus – für einen Neuling. Aber es wäre noch ein weiter Weg und es müsse noch viel getan werden – viel mehr. Erfahrenen Nutzern mag es offensichtlich gewesen sein, so wie ich mir heutzutage anmaße, in den ersten Werken neuer Autoren Potential und Jugendsünden gleichermaßen zu erkennen, aber vor mehr als sechs Jahren dachte ich nur: „Was will man von mir? Es ist ja nicht so, dass ich meine besten Witze in der Schublade versteckt hätte.“

Da ich nicht wusste, was ich verbessern sollte, denn mehr als Witze ausdenken könne ich ja nicht tun, schrieb ich zwei weitere, mediokre Artikel, nämlich Schneewittchen und Dr. Sommer, indem ich einfach ein begehrtes Thema suchte, das Bearbeitungsfenster öffnete und gleich darauf unter Nutzung eines am Computer installierten Schreibprogramms, immerhin so viel habe ich gelernt, den Text verfasste.

Mixtli hat eine Schwäche für schöne Frauen
Auch wenn diese drei Artikel, von denen zwei zu meiner Überraschung noch existieren, nicht in meinen offiziellen Werkverzeichnis aufscheinen, welches mit dem Aztekenreich beginnt, da sie mea sententia beliebige Massenware ohne Charakter sind, habe ich in diesen zwei Monaten, unterstützt durch den späteren Diktator (Lumber-)Jack Bauer, mit dem ich mich gut verstand, die Grundregeln des stupidesken Alltags gelernt und wenngleich ich seit damals Inhalte, Arbeitsweisen, Genres et cetera gewechselt habe, ist mir zumindest eines geblieben, nämlich eine sträfliche Zurückhaltung bei der Wartung des Hauptraums.

Eben diesem Hauptraum kehrte ich mit meinem Spiegelweltenengagement den Rücken zu. Später hielt mich die Arbeit an meinen Erzählungen aus Zell am See von einer Rückkehr ab, die mir (Lumber-)Jack Bauer zur Förderung meiner Aufstiegschancen nahe legte, sodass es fast ein Jahr dauerte, bis ich wieder einen Hauptraumartikel schrieb. Diesmal legte ich mir schon vor Beginn des Schreibens ein Konzept zurecht und behandelte überdies ein Sujet, das mir sehr am Herzen liegt, das sich wie kaum ein anderes durch mein Oeuvre zieht: Schöne Frauen.

Ich verfasste einen Beitrag über Salma Hayek, einige Zeit später folgte ein nächster über Penélope Cruz. Neben einer Schwäche für den südländischen Typus offenbarte sich eine allgemeine Schwäche für schöne Frauen, sprich trotz aller Mühen blieben die Texte etwas brav. Statt beißendem Spott dichtete ich der Beauté eine Herkunft aus dem Schoß der Schaumgeborenen an und würde diese Pointe, wenn man mich dazu zwänge, wohl durch den Witz ersetzen, dass der Liebreiz der Actrice in Theologenkreisen als Gottesbeweis angeführt werde.

Bis heute suche ich das Ei des Kolumbus, möchte ein humoristisches Meistwerk verfassen, ohne die behandelte Schönheit, von harmlosen Schwärmereien, die eher selbstironischen Charakter haben, einmal abgesehen, dem Witz preiszugeben, denn dieses wundervolle Sujet werde ich trotz einiger Fehlschläge nicht aufgeben, warten doch Gene Tierney, Monica Bellucci oder Lauren Bacall, aber der Leser muss sich noch gedulden und derweil mit meinen braven Artikeln über Salma Hayek und Penélope Cruz vorlieb nehmen.

Nach diesen beiden Texten wandte ich mich angeregt durch eine breite Berichterstattung über das chavistische Venezuela dem Karibikstaat zu und verfasste endlich meinen ersten guten Artikel. In nonchalantem Plauderton, unterlegt mit Wortwitz und angereichert durch Kommunismuspointen, behandelte ich ohne große Tiefe, aber mit einer gewissen Leichtigkeit Geographie, Geschichte und Lebensalltag des Landes. Mea sententia ist der größtes Makel dieses Artikels sein Alter. In den viereinhalb Jahren seit seiner Entstehung hat die sozialistische Regierung Venezuela weiter heruntergewirtschaftet und damit allein das satirische Potential erhöht. Schon die Folgen des fixen Wechselkurses würden Stoff für einen ganzen Artikel liefern. Mit meinem Beitrag über den Karibikstaat endete meine zweite Schaffensphase im Hauptraum, die ich jetzt einfach dreist als Periode der schönen Frauen bezeichne, denn immerhin hat kein Land so viele Titel bei Misswahlen gewonnen wie Venezuela.

Es sollte wieder fast ein Jahr dauern, bis ich zurückkehrte, und zwar bis zum 23. Stupid Contest, dessen Thema „Politik“ lautete. Auf der Suche nach einem geeigneten Wettbewerbsbeitrag stieß ich auf den Artikel „Staatstheorie“ und aus irgendeinem Grund, den ich auch gern wüsste, schien es sich für mich hierbei um ein wundervolles Thema zu handeln. Diese Intuition wird noch absurder, wenn man bedenkt, dass mein Konzept darauf beruhte, die gängigsten Thesen amüsant zu schildern. Wer diesen Text liest, erfährt vom Reformwahn Joseph des Zweiten, wird mit einem Zitat aus Ciceros „De republica“ konfrontiert und weiß nachher, dass die Redensart „L'État, c’est moi“ fälschlicherweise Ludwig XIV. zugerechnet wird. Und dennoch ist er der erste wirklich gelungene Hauptraumartikel aus meiner Feder. Das erfüllt mich mit Stolz, denn Staatstheorie ist kein sonderlich witziges Themengebiet, zumindest gibt es kaum Staatstheoretiker in US-amerikanischen Sitcoms.

Nach diesem Erfolg machte ich mich daran ein Fragment zu vollenden, nämlich den Artikel „Von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen“. Obschon der Artikel den von mir hochgeschätzte Film „From Dusk Till Dawn“, der mich wie kaum ein anderes Werk in meinem Schaffen beeinflusst hat, zum Thema und Vorbild nimmt, verreißt er diesen nicht, denn das hat er angesichts seiner herausragenden Qualität nicht verdient, sondern nimmt vor allem die deutsche Filmindustrie aufs Korn, die mangels kreativer Einfälle gerne Ideen aus dem Ausland übernimmt und dann verschandelt. Nach der Fertigstellung von „Von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen“ brachte mich ein Vorfall aus meinem persönlichen Umfeld dazu, meinen bisher größten Dienst an der Menschheit zu verrichten:

Mixtli während seiner Arbeit am Systema Iudicationis de Figura Feminae
In einem trivialen Gespräch, wie es häufig in Schulpausen stattfindet, erzählte mir ein Freund, dass er eine neue Liebschaft habe. Mit einiger Neugier habe ich mich auch nach ihrem Aussehen erkundigt und erfuhr, dass sie scharf aussehe. Ich konnte mir wiederum schwer vorstellen, was scharf genau aussagen sollte. War sie hübsch oder von nahezu göttlichem Liebreiz? Hatte sie die Augen eines Engels oder den Gang einer Tänzerin, vielleicht auch die Hände einer morgenländischen Prinzessin? Es gab ernstliche Kommunikationsprobleme.

Nachdem Nachforschungen gezeigt hatten, dass dieses Ereignis kein Einzelfall war, entwickelte ich das Systema Iudicationis de Figura Feminae, welches ich noch heute verwende, was angesichts meiner Profession als Ästhet recht häufig geschieht, und publizierte es auf Stupidedia, wo zumindest die ironische Behandlung der männlichen Obsession für weibliche Schönheit gewürdigt wurde, wenngleich Männer überall auf dem Erdenrund weiterhin darauf warten, dass das Systema Iudicationis de Figura Feminae ihren Alltag erleichtert. Meine letzte bislang letzte Schaffensphase im Hauptraum begann ich mit einem Thema, das ebenfalls während meiner Zeit als Schüler aufkam, nämlich die sozialpsychologische Betrachtung von Zombies.

Dieses wichtige Forschungsgebiet der Zombiewissenschaft verdankt seine Existenz dem depperten Zwischenrufs eines Mitschülers, der während einer Psychologiestunde fragte, ob die Erkenntnisse der Psychologie auch auf Zombies anwendbar seien. Tatsächlich kam mir diese Szene Jahre später während eines Besuchs bei meinen Eltern wieder ins Gedächtnis, als ich diesem Mitschüler über den Weg lief und wir uns amüsanten Reminiszenzen an die Schulzeit hingaben. Doch als Student der Philosophie konnte ich es nicht beim simplen Klamauk belassen, sondern stellte ernste wissenschaftstheoretische Überlegungen an, die dann in einen nicht sonderlich ernsten, aber dafür durchaus gelungenen Artikel mündeten.

Einem weiteren Versuch Philosophie und Humor zu vermählen, nämlich in einem Artikel über Schönheit, war dieser Erfolg nicht beschieden. Es sei denn man hält den Umstand, dass der Stupidediaartikel informativer als sein Wikipediabruder ist, für einen. Am Ende dieses Raums, wenn man so will bei der Tür, steht mein liebster Text, den ich für den Hauptraum verfasst habe. Gleichzeitig war er auch der letzte.

Es handelt sich um den Artikel „Das Unheimliche in Hamlets Hose“. Der Titel ist einer Folge der Fernsehserie „Die unglaublichen Abenteuer des Maxwell Smart“ entnommen und war gewählt, bevor ich überhaupt ein inhaltliches Konzept hatte, denn unter dem Eindruck des 25. Stupid Contest mit dem Thema „Scheiße und andere Fäkalien“ wollte ich auch etwas Dreckiges schreiben, ohne mich aber allzu sehr mit Körperflüssigkeiten auseinandersetzen zu müssen. Ursprünglich sollte dieses Projekt im Rahmen eines Minicontests ausgeführt werden, doch die Wettbewerbsregeln erwiesen sich als hinderlich, sodass ich beschloss ohne Konkurrenz weiterzumachen und mit Freude in den letzten Tagen eines im Sterben liegenden Jahres diesen Nonsens zu Papier brachte, der so herrlich unsinnig und logikfeindlich Themen der Philosophie, Psychologie und Literatur anschneidet. Der Artikel ist bescheuert, ohne dumm zu sein, sprich stupisdek, weshalb es mich ehrlich wundert, dass er noch keine Auszeichnung hat. Das war vor zwei Jahren, doch mein Abschied ist kein endgültiger, denn ich arbeite schon an meiner Rückkehr, doch diese wird es nur an der Seite von Gene Tierney oder Monica Bellucci geben, aber dazu muss ich noch das Ei des Kolumbus finden.

Dritter Raum: Diverses

Manuskript des Textes "Während die Zeit vergeht"
Der Name dieses Raums mag zum Glauben verleiten, dass es sich hierbei um eine Abstellkammer handle, aber diese Vermutung könnte nicht falscher sein. Zumindest für mein stupideskes Schaffen gilt, dass kein Namensraum so bedeutsam ist wie dieser. Wenn man meine Kollegen fragen würde, was ihnen beim Wort Mixtli in den Sinn käme, so würde sie wohl zuerst an den exzentrischen und bisweilen durchaus ennuyanten Nutzer denken, doch dann kämen ihnen sicherlich seine Erzählungen in den Sinn, die alle auf eine bestimmte Art und Weise seine Handschrift tragen.

Es ist auch der Namensraum, indem ich am erfolgreichsten bin. Nicht nur, was die Anzahl an Auszeichnungen betrifft, sondern auch in meinem politischen Wirken. Ich bin für die Rumpelkiste zuständig, spiele eine Rolle bei der Planung des Stupid Literature Contest und habe mich sogar mit drei Kategorien speziell für diesen Namensraum verewigt. Dieses Engagement beginnt mit einer unscheinbaren Geschichte, die gleichzeitig meinen ersten Contestbeitrag darstellt: Der Tag, an dem ich auf meinen Neffen aufpassen musste.

Es war ein glücklicher Zufall, dass wenige Wochen, nachdem meine Schwester verraten hatte, dass sie in gesegneten Umstände sei, ein Stupid Contest zum Thema „Kindheit, Jugend und/oder Schulzeit“ stattfand und mir so gestatte, meine Visionen vom Onkelsein zu Papier zu bringen. Tatsächlich ist es auch nicht mehr als die durch einige komödiantische Elemente angereicherte Zukunftserwartung eines Fünfzehnjährigen, die eigentümliche Logiklücken mit sich bringt. Warum lebt der Neffe nicht bei der Schwester, sondern bei der Tante des Protagonisten? Warum findet sich kein Kindersitz im Auto, obwohl der Junge erst sieben Jahre alt ist? Warum benimmt sich ein siebenjähriger Bursche überhaupt wie ein Kleinkind? Trotz all dieser Eigentümlichkeiten kam die Erzählung gut an, erhielt sogar einen Hammer und begründete damit eine Reihe, die bislang drei Hammerartikel hervorbrachte, und deren siebtes und letztes Kapitel noch ausständig ist.

Doch von großen Plänen, von strukturellen Ähnlichkeiten zum klassischen Drama, war ich weit entfernt, als ich direkt beim nächsten Contest die Fortsetzung „Tagebuch eines Kranken“ schrieb. Wie beim ersten Beitrag griff ich einfach in die Erfahrungskiste, wurde im Erzählton etwas dunkler und gab dem Protagonisten etwas mehr Profil, indem ich ihm eine gewisse Nähe zum Alkohol sowie eine Schwäche für schöne Frauen andichtete. Makel, die später viele meiner Protagonisten tragen sollten. Diese Erzählung über den mürrischen Patienten kam noch besser an, wurde zum Hammer gewählt, später sogar als Goldpokal ausgezeichnet, und vorbei war es mit der Leichtigkeit.

Ich bin endgültig im Namensraum „Diverses“, der mein Heim werden sollte, angekommen und hatte die Last zweier Hammerartikel zu tragen. Der dritte Teil der „Erzählungen aus Zell am See“ hatte daher einiges an Tiefgang zu bieten. Immerhin musste der Protagonist die Diagnose eines lebensverkürzenden Gendefekts verarbeiten. Hinzu kommen Eifersuchtsmomente der geliebten Buhle. Spätestens mit „Der Tod des Verleugnens“ und „Entführung eines Wahnsinnigen“ ist das Geschehen in einen größeren Kontext eingebettet.

Der letzte Teil der Reihe, der bislang fertig gestellt wurde, ist „Veritas et Scientia“ und beschreibt den inneren Konflikt des Protagonisten, an dem er letztendlich zu Grunde geht. Für mich ist es faszinierend zu sehen, wie sich aus der Geschichte „Der Tag, an dem ich auf meinen Neffen aufpassen musste“ über die weiteren Erzählungen aus Zell am See jene Elemente entwickelt haben, die man in den meisten meiner Erzählungen findet. Schrittweise kamen neue Motive dazu, wurden neue Eindrücke und Ideen angeeignet und eingebaut. Der Sprung zum nächsten Text „Tagebuch eines Kranken“ mag nicht groß erscheinen, so wie er wohl zwischen allen Teilen recht klein ist, aber die bislang letzte Erzählung „Veritas et Scientia“ ist vielleicht der mixtligste aller meiner Texte.

Es findet sich die Ausdrucksweise eine Dirty Mikes, die Weltfremdheit eines Simon Kogitors, der Kampfgeist einer Pamina Mundi und die Wollust eines Mephistopheles Des Esseintes darin. Die Handlung, die in Zell am See spielt, hat stark märchenhafte Züge. Die Figur der Insipientia Scentiae trägt die Züge einer Allegorie und erinnert in ihrem Auftreten an die Frauencharaktere der Erzählungen „Die nihilistische Irrfahrt des Mephistopheles Des Esseintes“ und „Die amourösen Abenteuer des Mephistopheles Des Esseintes“. Es ließen sich noch weitere Parallelen ziehen, doch ein Punkt, tragischer Weise der wichtigste, wird mir nicht gerecht, nämlich die Sprache. Die krude Handlung, die mir regelrecht ans Herz gewachsen ist, wird schlecht erzählt. Wortwiederholungen, eigentümliche Formulierungen, stilistische Heterogenität. Man mag vor Schande im Boden versinken. Dieser Text, der in Zell am See erdacht, in Wien geschrieben wurde und somit den Wandel in meinem Schaffen verkörpert, ist stilistisch unzureichend.

Mixtli in den Armen der Muse
Aber genug von den „Erzählungen aus Zell am See“, die den Beginn meines Schaffens im Namensraum „Diverses“ darstellen und wenden wir uns meinem wohl berühmtesten Text zu: Tote Clowns riechen komisch. Wenn ich jemals behaupten konnte, ich sei von der Muse geküsst worden, dann bei der Arbeit an dieser Geschichte. Nicht, weil ihre Qualität herausragend sei, denn, obschon sie gut geschrieben eine amüsante Handlung schildert, stehen „Während die Zeit vergeht“ oder „Die amourösen Abenteuer des Mephistopheles“ in meiner Werkschätzung höher, sondern, weil der Text nur aus mir herausfloss. Normalerweise muss ich um jedes Wort kämpfe, um jeden Satz ringen, aber dieser Kurzkrimi brachte sich quasi selbst aufs Papier.

Innerhalb von drei Wochen schrieb ich 15 000 Wörter ohne es wirklich zu wollen, denn „Tote Clowns riechen komisch“ sind mein Beitrag zum 19. Stupid Contest, sodass weniger wohl mehr gewesen wäre, aber ich setzte mich hin und die Worte reihten sich aneinander, ohne dass ich ihnen Einhalt hätte gebieten können. Doch nicht nur wegen der Entstehung ist diese Erzählung eines meiner Liebkinder. Sie ist ein klassischer Schundschinken, ein Krimigroschenroman, wie man ihn in vergangenen Jahrzehnten für wenig Geld in Trafiken und Bahnhofswartehallen kaufen konnte. Ach, wie ich diese Bücher liebe! Und „Tote Clowns riechen komisch“ gehört zu ihnen.

Es gibt schöne Frauen, schnelle Autos, lässige Sprüche und Gewalt, sehr viel Gewalt. Keine Logik, kein Realismus stört das Lesevergnüg. Dirty Mike ist zu cool dafür. Er ist so cool, dass er bei einer Verfilmung von Humphrey Bogart verkörpert werden würde. Ich könnte fortfahren, wie cool Dirty Mike mit seinem Hut und seiner Zigarre ist, aber an dieser Stelle lasse ich Zitate sprechen. Nachdem Melinda Schwarzenberg und Dirty Mike Waffen für den Endkampf geholt haben, fragt sie: „Warum bleibst du stehen?“ „Ich hole eine Zigarre aus dem Auto.“ „Eine Zigarre?“ „Ja, eine Zigarre.“ „Wozu in aller Welt brauchst du eine Zigarre?“ „Ich rauche nun mal gerne Zigarren.“ Aber nicht nur bei mir, sondern auch bei den Lesern kam Dirty Mike gut an, sodass ich mich gleich an die Fortsetzung machte, die leider momentan ein Fragment ist, dessen Fertigstellung aber angestrebt wird. Bis dahin hat Dirty Mike einen Auftritt in der Verwechslungskomödie „Loderndes Eis“.

Ebenfalls ruppig geht es in einer Geschichte zu, die ich für den 21. Stupid Contes mit dem Thema Urlaub verfasst habe. Dieser Text mit dem Titel „Pekinger Nächte“ mag durchaus als Prolog für einen Indiana-Jones-Film taugen, geht der Protagonist doch unerwartet in den Außenbezirken der chinesischen Hauptstadt verloren, wo er ohne Sprachkenntnis so manches Abenteuer erlebt, das er sich gerne erspart hätte. Ich war zum Zeitpunkt der Fertigstellung durchaus zufrieden mit dem Text und dann über sein mäßiges Abschneiden überrascht. Auch heute halte ich den Text für durchaus gelungen, deutlich besser als andere, die ich geschrieben habe, sogar besser als mancher, der eine Auszeichnung erhalten hat. Vielleicht trübt meine Schwäche für Räuberpistolen auch nur mein Urteil. Der Leser wird schon gemerkt haben, dass die Figur des Dirty Mikes in meiner Gunst ziemlich hoch steht, doch ein weiterer meiner Charaktere ist mir ebenfalls sehr ans Herz gewachsen: Nämlich Mephistopheles Des Esseintes.

Das mag überraschen, denn eigentlich ist er ein Arschloch. Er ist arrogant, verletzend, kaltherzig und anmaßend, doch so wie Dirty Mike sich durch seine Coolness auszeichnet, habe ich den Eindruck, dass Des Esseintes eine ihm eigene Eleganz besitzt. Auch tragen die Geschichten, deren Protagonist er ist, märchenhafte Züge, die durch die überbordende Symbolik, die ästhetizistische Aufladung sowieso schon atmosphärisch dichter Orte und den hinreißenden, weiblichen Gegenspielern, die zwischen Mensch und Allegorie schwanken, entstehen. Es bereitet mir große Freude, wie auch große Mühe diese Stimmung zu Papier zu bringen, die Schönheit der Plätze, den Liebreiz der Damen, die Bedeutung des Unbedeutenden in diese Richtung zu formen, wobei ich meinen Ansprüchen in diesen Angelegenheiten nie gerecht werden. Wie erfolgreich meine Bemühungen dennoch sind, muss der Leser urteilen.

Mit der Geschichte „Die nihilistischen Abenteuer des Mephistopheles Des Esseintes“ vollzieht sich auch der heftigste Bruch meines epischen Schaffens auf Stupidedia. Die Erzählperspektive, das Erzähltempus und die Rolle des Orts des Geschehens ändern sich. Durch ausschweifende Beschreibungen gewinnt er fast Eigenständigkeit. So auch im Text „Kubanische Erlebnisse“, der direkt nach Des Esseintes erstem Abenteuer geschrieben wurde, und in dem Simon Kogitor seinen ersten Auftritt hat.

Mixtli feilt an der Einleitung der Erzählung "Die amourösen Abenteuer des Mephistopheles Des Esseintes"
Der österreichische Philosoph und Ästhet spaziert durch Havanna. Mehr passiert nicht. So wie Des Esseintes in Geschehnisse verwickelt wird oder sich auch selbst darin verwickelt, die nahezu märchenhaft sind, erlebt Kogitor den trivialen Alltag in voller Blüte, spaziert durch Havanna, tanzt auf einer Redoute, sitzt in einer Bar dazu verdammt eigentümlichen Überlegungen nachzuhängen. Nun wird der kundige Leser weitere Geschichten vermissen, doch ich erwähne sie nicht, weil es den Rahmen sprengen würde. Über manche von ihnen gibt es nicht zu erzählen, so entstand der Text „Rendezvous“ spontan an einem Winterabend, ohne dass ich durch einen Musenkuss erleuchtet worden wäre. Manche sind mir auch einfach nicht lieb geworden oder von mäßiger Qualität, sodass es mir nicht wichtig erschien, über sie zu schreiben.

Auch wenn Erzählungen wohl den Kernpunkt meines Schaffens ausmachen, muss ich eingestehen, dass, wenn ich mir anmaßen würde zu behaupten, ein Talent für das literarische Schaffen zu besitzen, es wohl in der Komödiendichtung läge. Ich habe zwar bis lang nur drei Dramen für Stupidedia verfasst, aber alle von ihnen scheinen mir recht gelungen. Hervorzuheben ist sicherlich das erste, das den sperrigen Titel „Burleskes Bankett bei Mondschein im Garten des Irrsinns“.

Es handelt sich hierbei um eine Posse in drei Szenen. Sie entstand als Beitrag zum 24. Stupid Contest, der das Thema Essen und Trinken hatte. Angeregt durch die regelmäßigen Burgtheaterbesuche, die mir meine neue Heimat Wien ermöglichte, entschloss ich mich zur dramatischen Form. Das Essen sollte nicht im Mittelpunkt stehen, sondern den Rahmen der Posse bilden, aber ich wusste zuerst nicht, wie ich die Protagonisten herausarbeiten sollte, die während des Banketts das Gespräch führen würden, doch auch hier brachte ein Burgtheaterbesuch die Lösung.

Beim Schlendern durchs Gebäude betrachtete ich wie gewohnt auch die Bilder der Erzherzogstiege und damit auch die Darstellung einer Hans-Wurst-Aufführung. Diese Reminiszenz an die Stehgreifkomödie beendete mein Suchen und aus der ursprünglich geplanten Komödie entstand eine Posse mit Klischees als Protagonisten. Der Text kam sehr gut an, wurde später sogar als Goldpokal ausgezeichnet.

Es sollte nicht lange dauern, bis ich die Arbeit an einem zweiten Drama begann, doch diesmal lag die Quelle der Inspiration nicht im Burgtheater, sondern in einem Text des von mir hoch geschätzten Diktators Sky, der für den 25. Stupid Contest mit dem Thema „Scheiße und andere Fäkalien“ bedeutende Persönlichkeiten über Fäkalien debattieren ließ. Mir gefiel das Konzept und als ich zufällig in der Onlinebilddatenbank Flickr über ein Foto stolperte, dass das Nasenschild einer Bar namens „Philosopher’s Club“ zeigte, nahm die Idee Form an. Ich suchte nach passenden Protagonisten, schrieb kurze Lebensläufe, um bestimmte Andeutungen verständlichen zu machen, und begann das Geschehen in Wort und Tat zu fassen. Doch noch bevor meine Arbeit an „Philosopher’s Club“ am Ende war, begannen meine Überlegungen zu meinem dritten und bislang letzten Drama, nämlich: Das Paradies der Todgeweihten.

Während eines Herbstspaziergangs durch Wien wurde ich eines Plakats gewahr, dass für ein Theaterstück warb, dessen Handlung darin bestand, dass zwei Männer am Strand saßen, wissend, dass die Welt untergehen würde, und Anrufe beantworteten, die bei einer nahen Telephonzelle eingingen. Damals dachte ich mir, dass das ein schwaches Konzept für ein Drama wäre, aber wer „Das Paradies der Todgeweihten“ gelesen hat, weiß, dass ich meine Meinung geändert haben muss.

Tatsächlich ließ mich die Idee, dass Menschen im Angesicht des Todes nonchalant in Sessel saßen, nicht los und ich begann, das Konzept zu überarbeiten, sodass es mir tragfähig genug für ein abendfüllendes Drama erschien. Leider habe ich es versäumt, die Inspiration meiner Arbeit auf der Bühne zu sehen, weshalb ich nicht sagen, ob meine Überlegungen von Erfolg gekrönt waren, doch nach ihrem Ende kam ich auf die Idee, den talentierten Schreiberling Sky, mit dem ich mich gut verstehe, zu einem Artikelduell herauszufordern, in dessen Verlauf zwei Dramen entstehen sollten. „Das Paradies der Todgeweihten“ blieb leider ohne Konkurrenz, aber es sollten noch zwei weitere Duelle folgen, aus denen „Während die Zeit vergeht“ und „Loderndes Eis“ hervorgingen. Das Drama wurde dennoch nach einiger Zeit fertiggestellt und obschon sich im Zuge der schriftlichen Ausführungen einige Schwächen meines Konzepts offenbarten, habe ich beim Schreiben dieser Tragikomödie viel gelernt.

Vierter Raum: Audienzzimmer

Mixtli erhält während des Abendessens mit der Buhle eine PN im Forum
Nun habe ich so viele Zeilen über mein Schaffen auf Stupidedia geschrieben und doch kaum ein Wort über das verloren, was diese Satireenzyklopädie für mich so besonders macht: Meine Kollegen. Ich verdanke ihnen viel und es betrübt mich, dass manche, die der Grund sind, weshalb ich diese Sätze schreibe, sie nicht mehr lesen werden.

Hinter den vielen Artikeln, Erzählungen und Bildern, die dem Amüsement der Leser dienen, steckt eine zweite, nur den Mitarbeitern bekannte Welt, die mir gelegentlich wie ein Büro vorkommt, wenn ich an meinem Schreibtisch sitzend die Kategorien für den Diverses-Namensraum ausmisste, ab und zu das Gefühl gibt, Politiker zu sein, wenn die Ausführung des nächsten Stupid Literature Contest debattiert wird, oftmals aber auch nur Heimat des zwanglosen Witzes und der amicalen Unterhaltung ist, denn nicht immer steht etwas Wichtiges auf der Tagesordnung. Nichtsdestotrotz wird hinter den Kulissen fleißig gewerkelt. Es erstaunt mich immer wieder, wie viel Mühe manche in dieses Projekt stecken, mit welchem Eifer sie Aufgaben erledigen. Nicht, dass ich meine Arbeit auf die leichte Schulter nehme, denn ich ringe durchaus mit mir selbst, wenn ich im Kaffeehaus sitzend den Text zu Papier zu bringen versuche, doch scheinen mir diese wenigen Stunden Kampf pro Woche mit der eigenen Unfähigkeit vernachlässigbar im Vergleich zu den Mühen anderer Nutzer:

DEO verwaltete jahrelang die Spiegelwelten mit erstaunlicher Geduld. Phorgo machte durch seine unglaubliche Omnipräsenz staunen, die einem fast glauben ließ, hinter diesem Pseudonym müsse sich eine ganze chinesische Hackergruppe verbergen. Burschenmann legte mehr Ordnungswut als ein deutscher Beamter an den Tag. Misses Kennedy malte wundervolle Bilder. Es geht mir nach sechs Jahren Stupidedia nicht anders als dem Frischling Mixtli, der, als er seine ersten Gehversuche machte, staunend den Wert der Arbeit seiner Kollegen schätzen lernte. Damals war ich nur ein kleiner Nutzer, eine potentielle Eintagsfliege, die auf große Namen wie BrainStew oder Der kleine Tiger blickte.

Mixtli mit seiner Auszeichnung als Autor des Jahres 2012
Nun bin ich selbst ein arrivierter User. Wer weiß, vielleicht dachte einer meiner Kollegen beim Schreiben seines Erfahrungsberichts auch an Mixtli, der ein abendfüllendes Theaterstück geschrieben hat oder seine Texte mit alten Bildern schmückt. Immerhin habe ich fünf Hammer-Artikel verfasst und bin im Jahre 2012 Autor des Jahrs geworden, aber auf derlei Auszeichnung kommt es mea sententia nicht an. Wenn ich wirklich auf Plakettenjagd wäre, würde ich wohl andere Texte schreiben, aber neben künstlerischem Ehrgeiz, der dem Ideal Thomas Mann nacheifern will, ist vor allem die communitas Quelle der Motivation.

Ich weiß noch, wie ich mich freute, als Misses Kennedy mich zum Helden der Arbeit ernannte. Unvergessen bleibt für mich auch der Moment des Glücks, als ich merkte, dass das Drama „Der Stammtisch der Menschheitsgeschichte diskutiert: Wo wäre die Welt ohne Fäkalien?“ mir gewidmet ist. Es stimmt mich stolz, dass meine Erzählungen so gut ankommen, dass ein Nutzer der wunderbare Erzählungen schreibt, mich als Quelle der Inspiration nennt.

Generell verstehe ich mit gut mit Sky und habe mit ihm auch einige spannende Momente auf Stupidedia verbracht. So bemerkten wir bei meiner letzten Contestteilnahme – es müsste der 29. gewesen sein – während des spannungsgeladenen Wartens auf die Ergebnisse, wie wenig fünf Jahre oder zahlreiche Contestteilnahmen dem Zittern vor Bekanntgabe des Abschneidens Abbruch tun. Es war wie damals am ersten März 2009 als die Ergebnisse des 11. Stupid Contest – Sky erste Teilnahme und meine zweite – der Öffentlichkeit bekanntgegeben wurden und wir nervös bei jedem bekanntgegeben Platz schauten, ob unser Beitrag genannt wurde.

Einmal hatte ich sogar die Ehre, in die Rolle des Zeremonienmeisters schlüpfen und diesen Zauber leiten zu dürfen. Wie man es von einem Liebhaber der Bühne nicht anders erwarten sollte, habe ich die Sache groß inszeniert, indem ich dem Abend die Umgebung gab, die mir angemessen erschien, nämlich das Burgtheater. Gewandet im feinen Zwirn, gestärkt durch köstliche Speisen sollte der Sieger seine Trophäe in diesen heiligen Hallen erhalten. Insofern seine Phantasie bereit war, diesen Weg zu beschreiten. Doch meine stupidesken Erlebnisse Sky enden nicht bei Preisverleihungszeremonien. Neben der Planung an einer nie ausgeführten Sitcom kam es bislang zu drei freundschaftlichen Artikelduellen, von denen eines noch ausständig ist. Ich kann mich sogar rühmen gegen diesen hervorragenden Schreiber eine positive Bilanz vorweisen zu können.

Wenn ich schon dabei bin, Nutzer zu erwähnen, zu denen ich ein gutes Verhältnis habe oder hatte, sei Misses Kennedy genannt, die mir in meinen Anfangstagen geduldig zur Seite stand. Nicht nur, dass sie sich die Zeit nahm. um für mich oder andere User ihre gelungenen Bilder malte, sie gab mir auch das Gefühl, eine Bereicherung für Stupidedia zu sein, half mir bei der Integration des Aztekenreichs in die Spiegelwelten, griff die von mir angefangenen Handlungsstränge auf, als wäre ich kein Neuling, sondern ein arrivierter User. Der zweite Mentor meiner Anfangszeit soll ebenfalls nicht ungenannt bleiben: (Lumber-)Jack Bauer.

Mixtli bespricht die Einführung neuer Kategorien mit einem Diktator
Kaum sechs Monate länger dabei als meine Wenigkeit, beantwortete er geduldig meine Fragen, ließ mich an seinem Fortsetzungsfilmprojekt mitarbeiten und bemühte sich, nachdem er Diktator geworden war, um meine Beförderung in höhere Ebenen. Eigentlich gäbe es noch mehr Nutzer zu nennen, wie zum Beispiel Julius Hermann, der wunderbare Artikel schreibt, die ich mit Freuden lese, oder HarryCane, der lustige Photomontagen produziert, aber der Text ist jetzt schon zu lang und ich möchte noch auf einige administrative Aspekte meines stupidesken Daseins eingehen.

Wie schon eingestanden beteilige ich mich nicht überschwänglich an der Wartung des Hauptraums. Tatsächlich ist mein Engagement schändlicher Weise kaum vorhanden. So beteilige ich mich kaum an Löschdiskussionen, obwohl das eigentlich ein wichtiges Aufgabenfeld ist, meide die Verbesserungskategorie und helfe keinen Waisen neue Eltern zu finden. Durch den Erfolg meiner Erzählungen und Dramen habe ich aber begonnen, administrative Tätigkeiten im Namensraum „Diverses“ wahrzunehmen.

Ich bin Bibliothekar der Rumpelkiste, einem Portal, wo die besten Erzählungen und Dramen der Stupidedia gelistet werden, und ich nehme diese Aufgabe sehr ernst, lese sogar jeden Diverses-Text, der neu geschrieben wird, was nicht sonderlich schwer ist, da nicht viele verfasst werden. Gelegentlich rutscht mir jedoch einer durch die Lappen, weil ein Kollege ein Inuse setzt und ich vergesse dann später nachzuschauen, ob der Text schon fertiggestellt wurde. Neben meiner Tätigkeit als Bibliothekar der Rumpelkiste bemühe ich mich auch um den Stupid Literature Contest, der einmal pro Jahr stattfindet und eine literarische Gattung als Thema hat. Ich hatte die Ehre, das Thema der letzten beiden Wettbewerbe aussuchen zu dürfen, welches dann ohne Zwischenfälle von den Diktatoren angenommen. Dieses Jahr sollten die Teilnehmer einen Inneren Monolog schreiben. Leider war die Anzahl an Contestbeiträgen überschaubar, was mich überraschte, weil ich dachte, dass zu diesem Thema viel geschrieben werden könne. Das einzig positive ist, dass mir als Juror Arbeit erspart blieb, die ich aber gern gemacht hätte.

Fünfter Raum: Arbeitszimmer

Obwohl dieser Raum für mich von großer Wichtigkeit ist, weil hier meine ganzen Werke entstehen, ist die Führung durch ihn eine Art Postludium, welches dem Geschilderten einen passenden Abschluss geben soll, denn eigentlich wurde vieles, das in diesem Raum geschieht, schon geschildert. Mein Arbeitszimmer als hat sich im Laufe der Zeit verändert. Kurz nach meiner Anmeldung war es kaum mehr als ein kleines Bearbeitungsfenster ohne Rechtschreibkontrolle oder Schreibtisch, doch im Zuge der Jahre füllte sich dieser Raum mit Büchern und Möbelstücken, die in meinem kreativen Schaffensprocess verwende, welchen ich mit jedem Text wohl etwas weiter stilisiert habe. Sogar ein Sofa habe ich hineingestellt, denn seit meiner Arbeit an „Während die Zeit vergeht“ pflege ich auf diesem zu liegen, während die Buhle mein Manuskript laut vorliest.

Mixtli bespricht einen Text mit seiner Buhle
Doch bis zu diesen sonderbaren, aber durchaus intimen Stunden ist es meist ein langer Weg, der bei einem simplen Einfall beginnt, den ich in mein kleines, gelbes Notizbuch eintrage, wobei bei weitem nicht alle verwertet werde. Tatsächlich finden sich in meinen Aufzeichnungen Unmengen verworfener Konzepte. Stellt sich eine Idee in meinen Augen als tragfähig genug heraus, beginne ich mit den ersten Notizen, schreibe eine kurze Zusammenfassung der Handlung und Protagonisten. Während die Denkarbeit meist im Zuge des Wartens erledigt wird, sei in der Oper, sei es in der Straßenbahn, geht es, sobald Feder und Papier involviert sind, ins Kaffeehaus, wo, nachdem die Notizen im ausreichendem Maß ausgeführt wurden, der Process des Schreibens beginnt.

Der Leser mag glauben, dass dies eine angenehme Zeit sei, aber in Wahrheit ist es ein Leidensweg, weil ich mit meinen Texten nie zufrieden bin. Meine Manuskripte zeigen deutliche Korrekturen. Ganze Absätze werden durchgestrichen und dann nochmals feinsäuberlich abgeschrieben, weil mir doch nichts Besseres einfällt. Sobald ich die Skizzen dann fertiggestellt habe, reiche ich das Werk meiner Buhle, die den Text dann vorliest, was mir gut tut, weil sie den mir mittlerweile verhassten Text mit anderen Augen sieht, an einigen Stellen lacht, die eine oder andere Formulierung lobt. Danach führe ich noch letzte Korrekturen durch und tippe die Erzählung ab, ohne mit dem Ergebnis wirklich zufrieden zu sein. Letztendlich sind alle meine Texte das Eingeständnis, dass ich es wohl nicht besser kann.

Dieser langwierige Process vom ersten Gedanken bis zur fertigen Geschichte ist einerseits das Produkt eines Theaterliebhabers, denn jeder Schritt scheint mir auch ein Akt der Inszenierung zu sein, der aber gewisse Stabilität in mein Schaffen bringt, andererseits auch das Ergebnis der von mir verwendeten Motive und Stilmitteln. Es macht mir spitzbübische Freude kleine Andeutungen und Anspielungen auf Opern, Novellen, Dramen einzubauen, doch das erfordert eine gründliche Planung.

Und an diesem Text sieht der Leser, was passiert, wenn ich mir nicht die Zeit nehme, meine Gedanken zu ordnen, sondern einfach mit dem Schreiben beginne. Der Text ist zu lang, mag an einigen Stellen sogar wirr sein. Zumindest verbot es mir der Zeitdruck, mich lange mit Stilfragen zu beschäftigen. Ich danke für die Geduld.

Linktipps: Faditiva und 3DPresso