Diverses:Tote Clowns riechen komisch
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Dieser Artikel ist in Arbeit • Letzte Bearbeitung: 01.12.2010
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Meine Name ist Michael Hemmer, doch das ist unwichtig. Alle nennen mich einfach Dirty Mike. Ich verdiene mein Geld als Privatdetektiv und ich bin richtig gut darin. Ich mache nämlich keine halben Sachen. Stirb langsam, gibt es bei mir nicht und nicht nur weil ich ein verdammt guter Schütze bin, sondern weil ich ein Konzept habe. Mein Konzept ist erst schlagen, dann fragen. Und dieses Konzept ist unglaublich effektiv. Man könnte sagen, es hat durchschlagenden Erfolg.
Inhaltsverzeichnis
Ein neuer Job
Ich sitze in meinem Büro und rauche eine Zigarre. Der Regen trommelt gegen die Fensterscheibe. Schon seit Tagen regnet es fast ohne Unterbrechungen. Die Dattelpalme lässt sogar schon die Blätter hängen. Was für ein Weichei. Das nächste Mal kaufe ich mir einen Kaktus. Ich lege meine Füße auf den Schreibtisch. Aus der Stereoanlage tönt Six Blade Knife von Dire Straits. Ich wippe mit dem Kopf. Es ist eine ruhige Woche. Wenn es nass ist, traut sich das Gesindel nicht auf die Straße. Aber wenn der Regen aufhört, ist die Hölle lös. Aber so lange es regnet, wird nicht einmal ein Sack Reis gestohlen. Und eigentlich bin ich diesen Arschlöchern dankbar. Ich hasse Regen nämlich auch. Die Tür geht auf. Eine junge Frau tritt ein. Sie trögt einen ausladenden schwarzen Hut, dessen Schatten ihr Gesicht bedeckt, Ich ziehe an meiner Zigarre und nehme die Füße vom Tisch. Die Dame setzt sich. Ihr schwarzer Mantel ist nass. Sie hat ein schönen Gesicht, blondes Haar. Ich lache, ziehe an meiner Zigarre, als sie fragt: „Sind Sie Privatdetektiv Dirty Mike?“ „Genau das ist mein Name“ „Man sagt, Sie seinen gut in Ihrem Geschäft“ „Ich bin einer der besten.“ „Wirklich? Dann sind Sie genau der Richtige für mich.“ „Na los, packen Sie aus. Ziehen Sie blank.“ „Ich möchte, dass Sie eine Tasche für mich suchen, die ich verloren habe.“ „Wollen Sie mich verarschen? Ich bin Dirty Mike und kein verdammtes Fundbüro. Taschen finden sogar die Idioten von der Polizei und die machen das gratis.“ „Es ist nicht irgendeine Tasche“ „Nein, es ist die Zaubertasche von Oz! Was kommt als nächstes? Soll ich verlorene Katzen wieder einfangen und Omas über die Straßen bringen? Ist vor meine Tür ein verdammten Schild, auf dem verfickter Samariter oben steht? Nein und das hat auch einen Grund. Weil ich nämlich kein verfickter Samariter bin.“ Ich hasse es wenn man mich verarscht. Ich hasse es fast so sehr wie Regen. Ich ziehe an meiner Zigarre und beuge mich nach vor. Etwas Asche fällt auf mein Sakko. Ich kratze mich an der Wange, atme den blauen Dunst aus und sage: „Sie haben jetzt noch eine Chance mich davon zu überzeugen, dass ich diese verdammte Tasche suchen soll.“ „Ich habe die Tasche nicht verloren. Sie wurde mir gestohlen.“ „Warum sollte ich Ihnen das glauben?“ „Weil in der Tasche eine Halskette im Wert von 125 000 Euro war.“ Ich pfeife, betrachte mein Gegenüber. 125 000 Euro sind nicht wenig. Mir fällt auf, dass meine Gesprächspartnerin blaue Augen hat und ein Blick in ihr Dekolleté verrät mir, dass die Halskette sicherlich einen großen Klunker beherbergt. Eigentlich suche ich nicht nach gestohlenen Taschen. Es ist Zeitverschwendung und bringt kaum Geld. Das Problem ist, eigentlich gehören die meisten gestohlenen Taschen keinen blonden Schönheit und haben außerdem keinen Inhalt, der mehrer zehntausend Euro schwer ist. Des Weiteren habe ich den Eindruck, dass an der Sache etwas faul und zwar gewaltig. Und das macht mich neugierig. Ich lege die Zigarre in den Aschenbecher, lehne mich zurück und erkläre: „Einverstanden, ich suche nach Tasche. Ich verlange fünfhundert Euro pro Tag. Sollten Reisekosten anfallen, müssen Sie diese übernehmen.“ „Einverstanden.“ „Dann erzählen Sie mir mal, wo man Ihnen die Tasche abgeknöpft hat.“ „In der Essiggasse. Es war später Abend, als mein Mann an mir vorbeilief und mir die Tasche stahl. Natürlich habe ich versucht dem Täter zu folgen, aber ich bin mit dem Absatz meines Stöckelschuhs zwischen den Pflastersteinen der Straße hängen geblieben und in eine Pfütze gefallen. Mein Schuh war selbstverständlich hinüber. Meinen Mantel konnte ich naher auch wegschmeißen. Über den Täter kann ich nur sagen, dass er männlich und zwischen 1,70 und 1,80 groß war.“ Ich notiere alle Informationen auf einem kleinen Block und in mir wird der Verdacht, dass etwas nicht stimmt, immer stärker. Ich frage: „Gibt es sonst noch etwas, dass Sie mir sagen müssten? Nicht, dass ich dann an den Eiern aufgehängt in einem Lagerhaus voller Mafiosi lande.“ „Nein, es war nur ein einfacher Taschendieb.“ „Das hoffe ich für Sie. Wie sah, die Halskette den aus? Nicht, dass der falsche Spinner die Radieschien von unten sieht.“ „Wollen Sie ihn umbringen?“ „Nein, aber gelegentlich kommt es zu Komplikationen. In meinem Beruf ist es unmöglich Kollateralschaden zu vermeiden. Gelegentlich heißt es, er oder ich. Und dann entscheide ich mich in der Regel für mich. Also wie sieht die Halskette aus?“ „Die Kette selbst besteht aus Gold. Der Stein vorne ist schwarz.“ Jede zweite verdammte Kette auf der Welt sieht so aus. Soll ich etwa im Internet googeln? Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich es hasse, wenn man mich verarscht? Die Frau schüttelt den Kopf. Ihr blondes Haar folgt träge der Bewegung. Einige Sekunden später sagt sie: „Es tut mir Leid, aber genauer kann ich sie nicht beschreiben. Und ein Photo habe ich auch nicht.“ „Wie soll ich das verdammte Ding dann finden?“ „Deswegen bin ich zu Ihnen gekommen. Es heißt Sie wären der beste und damit werden Sie es wohl schaffen.“ Verdammt, jetzt versucht mich auch noch bei meinem Stolz zu packen. Gerade, dass sie sich nicht auszieht. Aber ich bin neugierig. Verflucht noch mal, ich bin neugierig. Irgendetwas stimmt nicht und ich will wissen was, deshalb antworte ich: „Ich nehme den Fall an.“ „Danke“ „Ich muss Ihren Namen wissen.“ „Nennen Sie mich Sophie.“ „Und wie soll ich Sie dann erreichen, wenn ich Tasche gefunden habe?“ „Schreiben Sie mir einfach eine SMS.“ „Dirty Mike schreibt keine SMS.“ „Dann komme ich in einer Woche wieder. Sie haben also eine Woche um die Tasche zu finden,“ erklärt Sophie und steht auf. Ohne ein Wort zieht sie ihren Mantel an und Will das Büro verlassen, doch ich frage noch rechtzeitig: „Was ist wenn ich nur die Tasche oder die Halskette finde?“ „Bringen Sie mir die Tasche,“ antwortet sie und verlässt mein Büro. Ich starre meine Dattelpalme an und frage mich, warum sie freiwillig auf die Halskette verzichtet, obwohl diese 125 000 Euro wert ist. Irgendetwas ist faul. So faul wie eine vier Wochen alte Banane. Zuerst erzählt Sophie mir, sie hätte die Tasche verloren, um später zu erzählen, sie wäre gestohlen worden. Das passt einfach nicht zusammen. Das würde sogar ein Polizist bemerken. Sophie weiß eindeutig mehr, als sie zugibt. Aber ich werde es sowie so herausfinden. Unlösbar existiert in Dirty Mikes Wortschatz nicht. Ich werde den Fall lösen. Meine erste Station ist die Essiggasse im ersten Wiener Gemeindebezirk. Ich blicke aus dem Fenster. Es regnet immer noch. Ich hasse Regen. Ich hasse ihn abgrundtief.Finger oder Information
Von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen
Nun ja, eine Fahrt in meinem Maserati hat meinen Blick auf die Dinge geschärft. Erstens, dass Raststättentoiletten nur etwas für Masochisten und Phlegmatiker sind. Zweitens, dass ich doch nicht so weit bin, wie gedacht. Um genau zu sein, habe ich nichts und auch nur, weil ich den Taschendieb ausgequetscht habe wie eine überreife Orange. Ich suche eine Tasche, deren Aussehen ich nicht kenne, frage einen Taschendieb, wie es sie viele gibt in Wien und fahre zu einem kleinkriminellen Unternehmer, der sich Mephistopheles nennt. Ich jage eine Gerücht. Ich suche die Nadel im Heuhaufen. Ich habe nichts als eine handvoll Sand in meiner Hand. Irgendetwas ist faul an der Sache. Sie stinkt mehr als ein neapolitanischer Mistkübel. Doch ich gebe nicht auf. Dirty Mike gibt nie auf, denn Diryt Mike ist der Beste. Ich werde den Fall lösen und zwar noch vor Ende der Woche. Es ist dunkel. Ich fahre die Straße nach oben. Der Himmel ist wolkenverhangen. Ich parke mich ein, steige aus und betrachte das verfallene Steingebäude am anderen Ende des Parkplatzes. Über dem Eingang hängt ein Neonschriftzug, der die besten Tage hinter sich hat. Trotzdem leuchtet er immer noch die Worte Pussy Collection in die Welt hinaus. Das ist ein Hort des Gesindels. Hier treffen sie alle zusammen. Die Taschendiebe, genauso wie die Kartellbesitzer. Ich krame in meinem Mantel und finde eine Zigarre, die ich zwischen meine Lippen klemme und anzünde. Ich schließe den Maserati ab und setze mich in Bewegung. Gemächlich schlendere ich über den Schotterplatz auf den Eingang zu. Schon von weitem kann ich Musik hören. Es handelt sich um Angry Cockroaches von Tito & Tarantula. Eine Frauenstimme verkündet: „Tretet ein, tretet. Wir haben alles was das Herz begehrt. Reife Frauen mit drallen Brüsten. Junge Gespielinnen mit jugendlichen Elan. Egal ob aus Thailand,Ein Duschraum voller Wahnsinnigen
Ich finde mich in einem Duschraum wieder und Duschräume verheißen nichts Gutes Es ist ein leichtes die Fliesen vom Blut zu reinigen. Es bleiben keine Spuren am Tatort. Im Duschraum gibt es keinen kleinen Spalt oder keine unübersichtliche Ecke, in der der eine oder andere Beweis überleben konnte. Wenn man diesen Raum betritt und wieder verlässt, kann niemand beweisen, dass man ihn betreten hat. Nicht einmal Gott kann es. Und wenn man in einem Duschraum erschossen wird, kann dies niemand beweisen. Es ist das perfekte Verbrechen. Doch ich bin nicht alle in der Dusche. Eine Frau mittleren Alters mit braunen Augen und kaut auf eine Zigarre herum. Die ganze Sache wird immer skurriler. Aber es passt zum Fall. Der stank schon von Anfang an wie ein Fisch von Verleihnix. Und nun werde ich in einer Dusche erschossen. Plötzlich spricht mich die Frau mit den braunen Augen an: „Wer sind Sie?“ Angesichts der Tatsache, dass ich immer noch den Lauf einer Waffe in meinem Rücken spüre, antworte ich ehrlich: „Ich bin Dirty Mike.“ „Und warum wollten Sie mit mir reden, Dirty Mike?“ Meine Kinnlade klappt nach unten und ich frage verdattert: „Sind Sie Mephistopheles?“ Die Frau mit den braunen Haaren nickt und ich verstehe die Welt nicht mehr. Ich dachte Mephistopheles sei ein Mann und keine attraktive Frau, die auf einer Zigarre herumkaut und dadurch gewisse Bilder in meinem Kopf hervorruft. In Ermangelung einer besseren Idee sage ich, was mir durch den Kopf geht: „Ich dachte, Sie wären ein Mann. Ich habe einen Typen in Wien befragt und der sagte mir, dass Mephistos ein Kerl sei.“ „Mein Name ist Mephistopheles. Bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft. Wissen Sie, ich kaufe nicht nur gestohlene Tasche. Ich betreibe diesen Nachtclub und habe noch einige weitere Geschäfte am Laufen. Vermutlich hat der Taschendieb an einen meiner Angestellten verkauft. Als Sie nach mir gefragt haben, hat mich der Barmann informiert. Deswegen sind Sie hier. Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten.“ Ich bin einfach nur sprachlos. Gestern gegen Mittag nahm ich einen Auftrag an, der so leicht und harmlos erschien, dass ich mich verarscht gefühlt habe. Aber ich habe schon damals vermutet, dass etwas faul ist, dass die Sache bis zum Himmel stinkt. Und nun stehe ich in einem Duschraum und spreche mit einer Dame, die anscheinend die Fäden der Zeller Unwelt in der Hand hält. Was gestern nur eine Vermutung war, ist heute Gewissheit. Etwas stimmt mit der verdammten Tasche nicht. Was als langweiliger Scheiß begonnen hat, entwickelt sich immer mehr zu gefährlichem, surrealem Scheiß. Aber immerhin bleibt mir die Gewissheit, dass es kein verdammter Traum ist. Wäre es ein Traum würde ich nicht in einer Dusche mit Mephistopheles, sondern in meinem Wohnzimmer mit Penélope Cruz oder Salma Hayek reden. „Du hast Glück, dass ich jetzt eine Wandlung durchmache, sonst hätte ich dir längst das Hirn aus dem Schädel geblasen,“ erklärt die Frauenstimme hinter mir und ich spüre den Lauf der Handfeuerwaffe in meinem Rücken. Es ist nicht so, dass mir mein Leben egal wäre, aber irgendwann komme ich zu dem Punkt, an dem ich mir nicht mehr alles gefallen lasse und dieser Punkt wurde jetzt erreicht. Dirty Mike lässt sich nicht verarschen. Lieber tot als ohne Rückrat. Ich erwidere: „Hat man etwa das Testosteron bei dir abgesetzt, oder weswegen dieser Wandel?“ „Meine Therapeutin hat gesagt, dass ich durch meine Gewalt versuche eine innere Leere aufzufüllen und irgendwie kommt mir diese ganze Gewalt sinnlos vor. Früher hätte ich dir einfach in die Eier getreten und dich an deinen Haaren hinuntergeschliffen. Aber ich habe mich verändert. Es gibt da eine Bibelstelle, die ich früher gern zitiert habe. 5. Buch Mose Kapitel 32 Vers 35: Die Rache ist mein; ich will vergelten. Zu seiner Zeit soll ihr Fuß gleiten; denn die Zeit ihres Unglücks ist nahe, und was über sie kommen soll, eilt herzu. Früher habe diese Bibelstelle einfach nur zitiert. Aber jetzt habe ich erkannt, dass nicht ich, sondern der Herr richtet.“ „Du hast ein Problem. Du drehst gewaltig am Rad. Ich war auch einmal bei diesen Psychoquacksalbern und die wollten mir verklickern, dass ich ein zu großes Gewaltpotenzial hätte. Da habe ich das einzig vernünftige gemacht und damit aufgehört. Man kriegt das Kotzen, wenn man von deiner kitschigen und kindlichen Erweckungsgeschichte hört. Was willst du jetzt machen? Willst du die Leute mit Gottes mach gefügig machen? Willst du die Leute tot reden? Willst du, dass ich rede?“ „Nein, ich will, dass du schreist. Niemand spottet über den Herrn,“ erklärt die Frauenstimme. Ich spüre einen Stoß von hinten. Ich falle nach vorne, lande mit meinen Knien auf den Fließen. Ich habe wohl die wichtigste Regel ihm Umgang mit fanatischen Verrückten vergessen. Sie sind verrückt und daher unberechenbar. Plötzlich schaltet sich Mephistopheles ein: „Seid ihr dann endlich fertig? Umbringen könnt ihr euch noch nachher.“ Nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu: „Anna, bring bitte etwas Rum für mich und Dirty Mike und nimm bitte auch ein Feuerzeug mit.“ Ich höre Schritte. Als ich mich umdrehe, hat die Wahnsinnige den Raum schon verlassen. Scheiße, ich glaube ich sollte wenige trinken. Ich richte mich wieder ganz auf und lehne mich gegen die Wand des Duschraums. Mephistopheles sagt: „Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeit. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Warum wollen Sie eigentlich mit mir reden?“ „Warum sollte ich es Ihnen sagen.“ „Weil Sie keine andere Wahl haben. Lassen Sie sich nicht von meiner Höflichkeit irritieren. Es würde mir nicht einmal ein schlechtes Gewissen bereiten, Sie umbringen und entsorgen zu lassen. Sie wissen, welche Folgen es hat in einer Dusche umgebracht zu werden. Keine für den Mördern. Sie leben nur, weil ich im Gegensatz zu den Meisten in diesem Geschäft keinen nervösen Finger habe, im metaphorischen Sinne. Sie haben also die Wahl. Entweder sagen Sie mir, weshalb Sie hier sind und wir beide können einen Vorteil daraus ziehen oder sie werden bei den Fischen im Zeller See schlafen. Wenn ein Detektive in die Pussy Collection kommt, muss er damit rechnen.“ „Ich bin kein Detektiv.“ „Die Zeiten, in denen ein langer beiger Trenchcoat, ein brauner Hut und eine dünne schwarze Krawatte unauffällig waren, sind schon lange vorbei. Weshalb sind Sie hier? Ich rate Ihnen zu antworten. Meine Geduld ist nicht unerschöpflich.“ Einige Augen betrachte ich Mephistopheles und bin mir sicher, dass mir diese braunen Augen ohne mit der Wimper zu zucken beim Sterben zuschauen. Deshalb antworte ich: „Ich suche eine Tasche. Gestern kam eine Klientin mit dem Wunsch ihre gestohlene Tasche wieder zu finden und der Taschendieb sagte, dass er die Taschen an Sie verkaufen würde.“ „Deshalb sind Sie hier. Sie suchen eine Tasche. Wie sieht die Tasche aus? Vielleicht können wir ja etwas arrangieren.“ „Nun ja, die Tasche ist nicht sonderlich groß und nicht sonderlich klein. Ah ja, man kann Dinge in sie hineintun.“ „Für einen Detektive ist die Beschreibung ganz schön schlecht, oder verheimlichen Sie mir etwas?“ „Taschen sehen nun einmal so aus. Die Dinger sind sowieso alle gleich. Dafür kann ich nichts und es hat nichts mit meinem fehlenden Talent zu tun. Wenn ich wollte, könnte ich die Farbe eines Autos an seinem Klang erkennen.“ „Wie soll ich Ihnen helfen, wenn Sie mir keine genaueren Beschreibungen liefern. Wissen Sie, wie viele Tasche von mir Tag ein Tag aus vertrieben werden? Für mich klingt Ihre Geschichte erfunden. Und es ist ein schlechtes Märchen. Fast so schlecht, dass es von Disney verfilmt werden könnte. Sie haben also die Möglichkeit mir reinen Wein einzuschenken oder mich von der Wahrheit ihrer Geschichte zu überzeugen. Geben Sie sich Mühe. Es könnte das Letzte sein, was Sie versuchen.“ Ich schlucke und denke fieberhaft nach, wie ich Mephistopheles von meiner Geschichte überzeugen könnte, als Anna wieder den Duschraum betritt. Sie geht zu Mephistopheles. In ihrer Hand hält sie eine Flasche Rum, zwei Gläser und ein Feuerzeug. Mephistopheles nimmt das Feuerzeug und zündet ihre Zigarre an. Sie inhaliert den blauen Dunst und greift nach der Rumflasche, doch als sie diese berührt, entfährt es ihr entsetzt: „Der Rum ist ja eiskalt. Man trinkt nie einen 25 Jahre alten Rum, der frisch aus dem Kühlschrank kommt. Das ist genauso, als würde man Elton John ohne Ohrenschützer zu hören würde.“ „Soll ich ihn wegbringen,“ fragt die Verrückte. Die Schusswaffe klemmt zwischen ihrem Hosenbund und ihrer Hüfte. „Nein, bleib hier. Es könnte sein, dass ich dich brauche,“ erklärt Mephistopheles. Anna stellt den Rum und die Gläser auf den Boden. Dann zieht sie die Schusswaffe und richtet sie auf mich. Ich schlucke und begreife, dass ich mich in einer Situation befinde, die für mich tödlich ausgehen kann. Und das, obwohl ich nie vorhatte in einem Duschraum zu sterben. Vielmehr wollte ich die letzten Stunden meines Lebens in einem Liegestuhl am Meer verbringen. Ich blicke in den Lauf der Waffe und versuche mir die passenden Worte zu recht zu legen. Doch nach kurzem Versuchen lasse ich es bleiben. Rhetorisch brillante Reden waren nie meine Stärke. Ich bin eher jemand, der die Wahrheit in einfache, unverblümte Sätze packe. Coole Einzeiler kommen einfach besser an. Ich bin ja kein Pseudointellektueller Kulturschmarotzer, der nichts für seine Umwelt tut und noch stolz darauf ist. Ich öffne den Mund und beginne um mein Leben zu reden: „Gestern Mittag kam eine junge, attraktive Blondine namens Sophie in mein Büro und wollte, dass ich eine Tasche wiederfinde, die ihr am Tag gestohlen wurde. An sich sind gestohlene Taschen ein Fall für die Versager von der Polizei, sodass ich ablehnen wollte, bis ich erfahren habe, dass auch eine Halskette im Wert von 125 000 Euro entwendet wurde und sich diese in der Handtasche befand. Außerdem habe ich das Gefühl, das an der Sache etwas faul ist. Die Tatsache, dass ich mich in einen Duschraum befinde und mit einer Waffe bedroht werde, bestätigt meine Annahme. Die Kette hat eine goldene Kette und einen schwarzen Stein.“ „Für einen Detektiv sind Ihre Erklärung verdammt mies. Nur kann ich Sie beruhigen. Es gab wirklich eine Tasche, in der eine Kette gefunden wurde, die auf ihre Beschreibungen passt,“ erklärt Mephistopheles und zieht an ihrer Zigarre. Sie macht eine kurze Pause, atmet den blauen Dunst aus und fährt dann fort: „Ich mache Ihnen ein Angebot, dass Sie nicht ablehnen können. Ich sage Ihnen, wer die Tasche und die Halskette besitzt und Sie tun mir dafür einen Gefallen.“ „Welchen Gefallen?“ „Sie haben keine Wahl. Entweder sagen Sie ja und verlassen diesen Club lebend oder Sie sagen nein und verlassen diesen Club mit einer Kugel im Kopf.“ „Welcher Gefallen? Ich wiederhole mich ungern.“ „Bereit für seine Prinzipien zu sterben. Einerseits löblich, andererseits töricht. Mir soll es egal sein. Ich habe die Tasche an einen gewissen Mr. Sam verkauft. Er ist ein aufgeblasener Möchtegern-Mafioso aus Deutschland, der in letzter Zeit im Pinzgau präsent ist und immer aggressiver wird. Er war ganz wild auf die Tasche und bezahlte mir für die Tasche und die Halskette 300 000 Euro. Vor allem sein Interesse an der Tasche war im höchsten Maße merkwürdig. Ich möchte, dass Sie herausfinden, was es mit der Tasche auf sich hat und Mr. Sam ein paar Probleme bereiten, damit er mir keine Probleme bereiten kann. Einverstanden?“ „Was ist, wenn ich es nicht schaffe. Wenn ich nicht in Erfahrung bringen kann, weshalb er so interessiert an der Tasche ist?“ „Sollten Sie scheitern, stehen Sie weiterhin in meiner Schuld. Ich möchte nicht, dass Sie glauben ich hätte Respekt vor Ihrem Leben. Irgendwann, vielleicht auch nie werde ich Sie um einen Gefallen bitten, sollten Sie scheitern.“ „Einverstanden,“ erkläre ich und atme durch. Einerseits, weil ich doch nicht mit einem Loch in der Stirn diesen Club verlassen muss. Andererseits, weil ich nun weiß, dass ich auf der richtigen Spur bin. Des Weiteren habe ich jetzt die Bestätigung, dass etwas faul ist, an der Tasche. Entweder das, oder Mr. Sam hat einen schlimmen Handtaschenfetisch. Trotzdem hat die Sache einen faden Beigeschmack. Ich fühle mich, als hätte ich mit dem Teufel einen Packt geschlossen. Ich frage: „Woran erkenne ich Mr. Sam, wenn ich ihn sehe.“ „Das ist einfach. Mr. Sam trägt immer weiß. Sei es ein weißer Anzug, ein weißes Hemd und weißes Schuhe. Er trägt immer weiß und eine deplaziert wirkende Pilotenbrille. Die Pilotenbrille trägt er, selbst wenn es regnet oder dunkel ist. Noch heute werde ich mich mit Mr. Sam in Verbindung setzen und ihm sagen, dass jemand Interesse an der Tasche hätte. Er wird sich mit Ihnen zu Mittag am Köhlergrabenweg treffen.“ „Das geht so einfach. Sie rufen Ihn an und er springt?“ „Es geht um die Tasche. So interessiert wie er an ihr war, würde er vermutlich ins Ausland reisen. Ich rate Ihnen zur Vorsichtig,“ erklärt Mephistopheles und zieht an ihrer Zigarre. Mit ihrem Schweigen gibt sie mir zu verstehen, dass das Gespräch beendet ist. Ich stelle meinen Oberkörper gerade und wende mich zur Tür, als mir eine Frage einfällt. Ich drehe mich noch einmal um und frage: „Weshalb heißen Sie Mephistopheles? Ist es nicht schwachsinnig, sich nach einem finnischen Maler zu benennen?“ „Haben Sie jemals Goethes Faust gelesen?“ „Warum sollte ich Fäuste lesen und wie verdammt noch mal macht man das?“ frage ich und nach einigen Augenblicken erwidere ich: „Sie sind nicht wirklich Mephistopheles, oder?“ „Sind wir nicht alle etwas Mephistopheles,“ antwortet Mephistopheles, lacht und zieht an ihrer Zigarre. Ich drehe mich und verlasse den Duschraum. In meinem Rücken spüre ich Annas Schusswaffe. Sie und ihre Besitzerin begleiten mich zum Gastraum, wo ich meinen Mantel anziehe. Alle Waffen sind, wo sie hingehören. Ich zünde mir eine Zigarre an und verlasse die Pussy Colletion. „Verdammter Regen, verfluch noch mal,“ fluche ich. Große Tropfen fallen auf meinen Hut und meinen Mantel. Gemächlich gehe ich zu meinem Maserati, öffne die Tür und steige ein. Der Motor surrt. Ich trete aufs Gaspedal. Die Reifen drehen kurz durch. Ich fahre nach Zell am See und bleibe auf dem Parkplatz des Grand Hotel Zell am See stehen. Ich checke im Grand Hotel ein und beschließe noch einen Abendspaziergang zu machen. Wer weiß? Vielleicht läuft mir ja Mr. Sam in die Arme. Wäre Pech für ihn und Glück für mich. Ich gehe die Seestraße entlang, biege in die Salzmannstraße, um dann auf der Kreuzgasse meinen Weg fortzusetzen. Plötzlich werde ich von der Seite angesprochen. Eine Frau lehnt an vor einem Hauseingang an einer Hauswand und fragt mich: „Was suchen Sie?“ „Ich suche nichts. Ich mache nur einen Spaziergang.“ „Kommen Sie. Die Zeiten, in denen ein langer beiger Trenchcoat, ein brauner Hut und eine dünne schwarze Krawatte unauffällig waren, sind schon lange vorbei. Auffälliger geht es nur, wenn auf ihrem Mantel Detektiv oben stehen würde.“ „Sie tragen auch einen Trenchcoat. Sind Sie jetzt auch eine Detektivin?“ „Ich bin Journalistin und brauche Information. Ich würde sogar dafür zahlen.“ „Wirklich? Im Normalfall arbeite ich gratis und ohne Aufwandsentschädigung.“ „Wirklich?“ „Nein, dass war sarkastisch.“ Die junge Dame starrt mich verwirrt an und mir kommt der Gedanke, dass ich vielleicht meine Kleidung wechseln sollte. Diese Überlegung hat nichts damit zu tun, dass ein riesiger Whiskyfleck mein Hemd ziert, sondern damit, dass mich jeder auf Grund meiner Kleidung als Detektiv erkennt. Zugegeben, ich gehe diesem Beruf schon einige Zeit nach und als ich begonnen habe, war diese Arbeitskleidung modern. Doch so alt bin ich wiederum auch nicht. Vielleicht werde ich mir einen neuen Hut kaufen. Dann ist der Wiedererkennungswert nicht so hoch. Da fällt mir ein Columbo trug gar keinen Hut. Ich will schon weiter gehen, als die Dame erwidert: „Ich bin an einer Sache dran. An einer großen Sache. Aber ich brauche noch ein paar Dinge, bevor ich an die Öffentlichkeit gehen kann. Noch ein paar Stücke, damit das Puzzle komplett ist. Kennen Sie einen Mr. Sam?“ Ich starre Sie ungläubig an. Was kann Sie über Mr. Sam wissen. Eine einfache Journalistin aus Zell am See. Während ich noch mein Hirn mit dieser Frage zermatere, habe ich einen Geistesblitz. Ich frage sie: „Können Sie mit einer Schusswaffe umgehen?“ „Ja, weshalb?“ „Erzählen Sie mir alles, was Sie über Mr. Sam wissen und ich werde Ihnen helfen, die letzten Puzzlestücke zu finden.“ „Warum sollte ich Ihnen glauben? Vielleicht haben Sie ja nur Interesse an der Geschichte.“ „Wie ist Ihr Name“ „Schwarzenberg, Melinda Schwarzenberg.“ „Melinda, ich habe morgen zu Mittag ein Treffen mit Mr. Sam. Thema des Treffens ist eine Handtasche und deren Inhalt. Beides ersteigerte Mr. Sam für 300 000 Euro. Wenn Sie dabei sein wollen, müssen Sie mir sagen, was Sie wissen. Einer meiner Auftraggeber ist sehr an Mr. Sam interessiert.“ „Und Ihre Gegenleistung ist ein Treffen mit Mr. Sam. Das aber erst morgen stattfinden wird. Halten Sie mich für blöd?“ „Nein, Sie sind keine Blondine. Sie haben Informationen, die ich brauche. Ich kann Sie zu dem Mann bringen, der Sie interessiert. Das ist eine coole ich-scheiß-dich-nicht-an-du-scheißt-mich-nicht-an-Akion.“ „Ich weiß nicht so recht.“ „Verdammt, ich bin kein verfickter Kommunist. Mir kann man vertrauen im Gegensatz zu diesen Sozialisten.“ „Ich wähle die SPÖ.“ „Ich habe auch nichts gegen die Sozialdemokratie gesagt, sondern nur gegen die verdammten Kommunisten. Der Marxismus ist die schlimmste Krankheit an der die Menschheit leidet. Noch schlimmer als HipHop“ „Denken Sie ernsthaft Ihre Abneigung gegen HipHop und Kommunismus würde mich davon überzeugen, Ihnen alles zu sagen.“ „Sie haben mich angesprochen und ich habe es satt mich wie eine Prostituierte anpreisen zu müssen. Entweder Sie sagen es mir, oder ich gehe jetzt in die Apotheke und hole mir ein Schmerzmittel und esse danach etwas. Ich wurde heute geschlagen, mit einer Waffe bedroht, mit Whisky bekleckert und von einer Tänzerin angemacht. Ich habe nicht mehr die Geduld mich auf ein argut-, argumem-, argutme, auf einen argumentativen Diskus, äh Diskurs einzulassen.“ Melinda betrachtet mich, mustert mich. Es ist ihr anzusehen, dass sie sich den Kopf darüber zerbricht, ob ich vertrauenswürdig bin oder nicht. Leider macht mich die Blutkruste auf meiner Nase nicht gerade seriöser. Nach einer Weile, sagt Melinda: „Ich glaube Ihnen. Es ist so, ich glaube Mr. Sam macht in Drogen. Aller Wahrscheinlichkeit handelt er mit Kokain.“ Melinda macht eine kurze Pause, wartet meine Reaktion ab und fährt dann fort.Es liegt Blei in der Luft
„Dirty Mike, ist Ihnen nicht kalt?“ fragt Melinda. Sie hat ihre linke Hand in der Tasche ihres Mantels vergraben. Die rechte hält eine Glock 18. Ich linse kurz nach rechts, betrachte Melinda, dann blicke ich wieder auf die Straße. Ich antworte: „Nein, nicht wirklich. Dirty Mike ist so cool, dass ihm die Kälte nichts ausmacht. Noch ein bisschen cooler und hinter Dirty Mike würde es schneien.“ Melinda lacht. Ich lächle auch. Aber nicht auf Grund des Witzes. Nicht mehr lange und ich habe den Fall gelöst. Gestern wurde für meinen Geschmack einfach zu viel gesprochen. Dirty Mike ist kein Freund großer Worte. Vor allem wurde viel gesprochen, bei dem ich nichts mitzureden hatte. Meine Nase schmerzt immer noch. Aber bei weitem nicht so wie die Kugel, die Mr. Sam einsacken wird. Ich grinse. Es steht Arbeit bevor. Arbeit zum Anpacken. Dirty Mike ist ein Mann der Aktion. Dirty Mike ist ein Mann der Action. In meiner linken Hand halte ich eine Smith & Wesson Modell 500. Noch auf über 200 Meter genau. Das derzeit stärkste Kaliber für Schusswaffen. Ins Trommelmagazin passen zwar nur fünf Schuss, aber fünf Schuss einer Smith & Wesson Modell 500 reichen sicherlich aus, um Mr. Sam das Leben auszupusten. Ich grinse. Es regnet, doch das macht mir nichts aus. Nachdem der gestrige Tag nicht so nach Wunsch verlaufen ist, habe ich nun alle Möglichkeiten in der Hand. Melinda blickt mich unschlüssig an und fragt: „Warum grinsen Sie?“ „Die Rache ist mein; ich will vergelten,“ antworte ich. Am Weg tut sich nichts. Der Regen fällt unablässig. Das Trommeln der Tropfen halt durch den Wald. Ich blicke auf meine Uhr. Es ist zwölf Uhr und zwei Minuten. Mr. Sam wird doch nicht Verspätung haben? Wieder fragt mich Melinda: „Warum müssen wir im Wald warten?“ „Ich habe es Ihnen schon einmal erklärt. Wir warten hier, damit wir nicht sofort gesehen werden. Mr. Sam ist ein Mann, der zuerst schießt und dann fragt.“ „Wie Sie?“ „Ja, so in etwa. Wir schleichen aus dem Wald, nutzen den Überraschungseffekt und kommen so ans Ziel,“ erkläre ich. Plötzlich kommt ein Clown in mein Blickfeld. Er bleibt stehen und blickt auf seine Uhr. Ratlos betrachte die witzige Gestalt, die sich rastlos umsieht. Erst langsam dämmert es mir, dass es sich bei dieser Witzfigur um Kontaktmann handelt. Eigentlich trägt Mr. Sam nur weiß und nicht bunt. Langsam setze ich einen Schritt nach vor. Melinda fragt: „Glaubst du, dass ist Mr. Sam“ „Ich habe keine Ahnung, aber scheint auf uns zu warten. Schleichen wir uns an“; antworte ich und schwebe fast durch Unterholz. Melinda folgt mir leider nicht so leise und als wir schon am Rand des Waldes sind und uns nur noch ein schmaler Grasstreifen vom Weg trennt, tritt sie auf einen größeren Ast, der knackend zerbricht. Der Clown zuckt zusammen, zieht eine Beretta aus seinem quietschbunten Kostüm und dreht sich um. Geistesgegenwärtig reise ich Melinda zu Boden. Der Clown schießt. Die Kugel trifft einen Baum. Eher schlecht als recht rutsche ich auf dem rutschigen, regennassen Gras herum. Melinda geht es keinen Deut besser. Ich hasse Regen. Der Clown schießt noch mal. Die Kugel schlägt neben mir ins Gras ein. Endlich komme ich auf die Beine. Blind schieße ich nach hinten und hoffe, dass ich den Clown treffe und bin dankbar dafür, dass die riesigen roten Schuhe ihn beim gehen behindern. Ich laufe zum Baum, gehe dahinter in Deckung. Ich spüre wie das Adrenalin durch meinen Körper schießt. Endlich gibt es etwas handfestes und nicht nur lahme Wörter. Endlich kann wieder der Aktion frönen. Leider trübt die Tatsache, dass ich momentan von einem schießwütigen Clown in die Mangel genommen werde, etwas meine Freude. Ich sehe mich um. Melinda hat hinter einem großen Nadelbaum – Fichte glaube ich. Aber die Dinger sehen sowieso alle gleich aus – Deckung gefunden. Ich drehe meinen Kopf nach links und kann aus den Augenwinkel erkennen wie der Clown blind um sich schießt und seine Munition verbraucht. Der Regen lässt seine Schminke zerrinnen. Seine quietschbunte Kleidung saugt sich voll mit Wasser. Seine übergroßen roten Schuhe könnten mittlerweile als Übergangsquartier für Zierfische dienen. Mittlerweile gießt es wie aus Kübeln. Ein Blitz zuckt über den Himmel, gefolgt von Donnergrollen. Das Knallen der Schüsse verstummt. Der Clown lädt nach. Ich verlasse mein Versteck und schieße drei mal. Die Luft ist erfüllt vom Schwarzpulvergeruch. Ich spüre wie der Rückstoß versucht mir die Waffe aus der Hand zu reißen. Der erste Schuss trifft den Clown im Bereich seiner linken Niere. Die Witzfigur krümmt sich. Der zweite Schuss dringt auf Höhe des Schulterblattes ein. Der dritte zerfetzt den Magen. Der Clown röchelt und wippt bedenklich nach vorne. Seine an sich bunte Kleidung nimmt einen starken Rotstich an. Die Waffe fällt auf den Boden. Dann kippt endlich auch der Clown nach hinten. Seine riesigen, unförmigen, roten Schuhe ragen grotesk nach oben und erinnern mich etwas an Grabsteine. Ich verlasse mein Versteck und trete auf den Weg hinaus. Die Witzfigur liegt am Boden. Der Blick ist gen Himmel gerichtet. Sie schreit. Ihre Beine zucken leicht. Ich hebe meine Waffe und gebe einen Schuss ab. Der Clown verstummt. Seine Beine hören auf zu zucken. Melinda verlässt ihr Versteck, betrachtet die Leiche mit einer Mischung aus Interesse und Abscheu. Nach einigen Augenblick fragt mich meine Begleiterin: „Warum haben Sie ihn umgebracht? Wir hätten ihm noch einige Frage stellen können.“ „Glaub mir, aus einem Angeschossenen kriegst du kein Wort heraus. Die schreien nur herum oder flehen um ihr Leben. Wenn du Glück hast, bitten sie dich noch, ihren Müttern zu erzählen, dass sie sie lieben. Der Clown hatte drei Kugel im Körper, der hätte nichts mehr gesagt, sondern einfach nur geschrien und geschrien. Weißt du, wie nervig so ein verdammtes Geschrei sein kann? Das hört gar nicht mehr auf. Eigentlich schon, irgendwann sterben sie, aber bis dahin.“ „Seien Sie nicht so herzlos. Der Clown war auch nur ein Mensch. Ein böser, hinterlistiger, gemeiner Mensch, aber ein Mensch.“ „Mein Mitleid hört spätestens dann auf, wenn mich jemand versucht umzubringen. Aber eigentlich hört es noch viel früher auf. Die Toten sind tot. Unsere Worte scheren sie nicht,“ erkläre ich und betrachte den Clown, der tot am Boden liegt. Seine Füße ragen grotesk in die Höhe. Seine Augen starren gegen Himmel. Seine buntes, zu groß geratenes Kostüm weist drei große, rote Flecken aus und hat sich so stark mit Wasser vollgesogen, dass es aussieht wie ein Küchenlappen. Ich beuge mich über die Leute und ziehe lautstark die Luft ein. Melinda schaut mich an. Noch einmal ziehe ich geräuschvoll die Luft ein. Melinda fragt: „Was ist denn?“ „Riechst du das auch?“ „Was denn?“ „Es richt komisch,“ erkläre ich. Melinda starrt mich an und erwidert: „Also ich rieche nichts.“ „Ich glaube es ist der Clown. Der tote Clown richt komisch.“ „Also ich rieche wirklich nichts.“ „Das war ein Witz. Komisch und Clowns. Clowns sind komisch oder sollten es zumindest sein,“ erkläre ich. Melinda betrachtet mich skeptisch und lächelt verlegen. Anscheinend findet sie meinen Witz pietätlos oder hat einen anderen Sinn für Humor. Oder sie ist Autistin und versteht ihn nicht. Schade, dass sie nicht gelacht hat. Man kann nicht oft solche Witze erzählen. Man erschießt nicht täglich einen Clown. Zumindest ich mache das nicht. Ich wende mich von der Leiche ab und will weggehen, als Melinda sagt: „Warten Sie!“ „Worauf? Dass er von den Toten aufersteht? Die Witzfigur ist ein Clown und nicht Jesus trotz der Gemeinsamkeiten.“ „Trotzdem sollten wir nach Hinweisen suchen. Zum Beispiel woher der Clown kommt.“ „Willst du ihn zu seinem Circus zurück bringen?“ frage ich und lache. Es ist unglaublich wie witzig tote Clowns sein können. Viel witziger als ihre lebenden Kollegen. Melinda wirft mir einen bösen Blick zu und erwidert: „Normalerweise beschäftigt ein Circus keinen schießwütigen Clown und da es sich augenscheinlich bei der Leiche nicht um Mr. Sam handelt, lässt dieser Umstand zwei Schlüsse zu. Erstens, die blutrünstige Witzfigur wurde von Mr. Sam geschickt oder ein kranker Spinner, der eigentümlicher Weise eine Handfeuerwaffe mit Munition besitzt, geht eines schönen Tages spazieren und läuft uns zufällig über den Weg. Ist Ihnen jetzt klar, warum nach Hinweisen suchen sollten?“ „Wie lange muss ich dich noch duzen, bis dir klar wird, dass du mich nicht siezen sollst?“ „Lenken Sie nicht ab!“ „Duze mich. Was denn Clown betrifft, klingt deine Erklärung einleuchtend. Mr. Sam hat von meinem Interesse an der Tasche erfahren und deshalb den schießwütigen Clown geschickt. Damit legt er uns auf.“ „Um.“ „Um?“ „Man legt Menschen um, nicht auf.“ „Das ist mir schon klar, aber Mr. Sam legt uns auf. Er legt uns den Ball auf und wir müssen nur noch einlochen.“ „Ich hasse Sportmetaphern.“ „Der Clown wird uns zu Mr. Sam führen,“ erkläre ich und hocke mich hin. Immer noch schüttet es wie aus Kübeln. Vorsichtig beginne ich die Leiche abzusuchen, was sich auf Grund des wallenden Gewandes als recht kompliziert darstellt. Einerseits möchte man nicht mit dem Blut in Berührung kommen, weil es ein Vermögen kostet die Flecken entfernen zu lassen. Andererseits muss man gründlich suche, um nicht etwas wichtiges zu übersehen. Nach kurzer Suche werde ich fündig. Vorsichtig ziehe ich eine Brieftasche und ein Mobiltelefon aus der Hosentasche. Ich durchsuche die Brieftasche, während Melinda das Mobiltelefon übernimmt. Schon kurz nachdem ich die Brieftasche geöffnet habe, wird meine Vermutung bestätigt. Clowns sind ehre arme Zeitgenossen. Mit roten Nasen lässt sich kein Geld verdienen. In der Geldbörse sind gerade einmal drei zerknittere Fünf-Euro-Scheine. „Ich habe etwas gefunden,“ schreit Melinda erfreut und ich frage: „Was hast du gefunden?“ „Eine SMS. Mr. Sam möchte sich mit unserem toten Clown treffen.“ „Wann?“ „Um 19:00 Uhr am Postplatz.“ „Am Postplatz. Da du aus Zell am See oder der Umgebung stammst, wirst du mir sicherlich gleich sagen, wo der Postplatz liegt.“ „Also wenn wir den Köhlerweg wieder zurück gehen, die erste rechts und dann die Straße hinunter bis zum Zentrum.“ „Dann würde ich sagen, dass wir Mr. Sam einen Besuch abstatten. Dirty Mike macht gerne Hausbesuche,“ erkläre ich, krame in meinem Mantel, hole eine Zigarre hervor und zünde diese an. Während ich den blauen Dunst der Zigarre inhaliere, gehe ich los. Es gießt immer noch wie aus Kübeln. Melinda schreitet an meiner Seite. Ich blicke noch einmal zurück, bleibe stehen und betrachte den Clown. Dann gehe ich zurück, bleibe vor der Leiche stehen, ziehe meine Smith & Wesson und gebe einen Schuss ab. Melinda betrachtet mich irritiert und ich erkläre: „Es waren anstrengende Tage. Ich wurde mit einer Waffe bedroht, geschlagen und noch dazu regnet es. Wie ich regen hasse.“ „Fühlst du dich jetzt besser?“ „Ja, etwas,“ sage ich, nehme die Brieftasche in die Hand und gehe zurück zum Auto. Als wir die Brücke überqueren, schmeiße ich die Brieftasche und das Mobiltelefon in den Hochwasser führenden Schmittenbach.Kratzer im Lack
Dirty Mike schlägt zurück
Auftrag ausgeführt
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