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== Besuch von oben (21.12.) ==
 
„That’s Life“. Mit diesen Worten besang schon Frank Sinatra das Auf und Ab des Lebens. Mal hat man ein Tief und kurze Zeit später genießt man ein Hoch. Auch wenn der Text des Liedes keinen Meilenstein des abendländischen Philosophie darstellt, so kann man dieser Erkenntnis eine gewisse Richtigkeit nicht verwehren. Ich bin der lebende Beweis. Ein Frohlocken in meinem Herzen. Ein Lächeln in meinem Gesicht. Eine Zigarre zwischen den Lippen und ein Stück meisterhaften Prosatextes in der Schreibmaschine eingespannt. Ich habe wahrlich ein hoch. Mir gegenüber sitzt Sophie. Ihr Gesicht ist in einem Buch versunken. Neben der Schreibmaschine befindet sich ein Papierstapel, mein Roman. Ein Meisterwerk, wie ich zweifellos überzeugt bin. Ich will mich wieder über Penelope, wie ich meine Schreibmaschine nenne – Sie ist so treu und liebevoll wie Odysseus’ Ehefrau – beugen will, klopft jemand an der Tür. Ich ziehe an der Zigarre, lege sie in den Aschenbecher und stehe auf. „Venio!{{Ref|1}}“ schreie ich und mache mich humpelnd auf zur Tür, welche ich auch flugs öffne, um zu bemerken, dass es sich bei den Klopfenden um Zeugen Jehovas handelt. Ich lächle heuchlerisch und verkünde mit froher Stimme: „Pecus et proditor! Gauda est videre vos.{{Ref|2}}“ Der Missionierungstrupp, bestehend aus einer jungen Frau im roten Mantel und mit kastanienbraunem Haar und einem älteren Mann im Anzug und mit zersauster Frisur, starrt mich ratlos an und fragt zögernd: „Sprechen Sie deutsch?“ „Selbstverständlich, was kann ich für Sie tun?“ „Wir sind von den Zeugen Jehovas,“ erklärt die Frau, tritt einen Schritt nach vorne, räuspert sich und fährt fort: „Glauben Sie, dass uns jemand zu hört, wenn wir beten?“ Ich zucke mit den Schultern und sage: „Kommt drauf an, wo man und wie laut man betet. In der Kirche gibt es sicherlich jemanden der zuhört. Letztens habe ich von einem Typen gelesen, der sich in eine Webcam hackte, also immer vorher die Internetverbindung kappen, bevor man Gott erzählt, wem man knallt.“ Ich grinse lüstern und zwinkere der Frau zu. Was tut man nicht alles um diese göttlichen Postboten  für immer loszuwerden. Die sind unglaublich Begriffresistent, wenn man ihnen versucht klar zu machen, dass man kein Interesse an einem Abonnement von Jehovas langweiligsten Prosatexten will. Der junge Frau sagt: „Das meinten wir nicht. Wir wollen Ihnen die frohe Botschaft verkünden.“ „Das ist nicht nötig. Die hat mir meine Freundin gestern Nacht ins Ohr gestöhnt,“ erkläre ich. Betretenes Schweigen. Irgendwie fühle ich mich schmutzig. Der Mann stellt sich schützend vor seine Kollegin, anscheinend vertrauen sie doch nicht auf Gottes Fähigkeiten als Bodyguard, und ergreift das Wort: „Nein, wir meinen die Worte die Jesu“ „Ihr wollt mit mir über die Worte eines spanischen Fußballspielers reden. Gibt es keine Parkuhr, der ihr diesen Blödsinn erzählen könnt?“ „Sie missverstehen. Wir wollen über Jesus Christus und die Bibel reden.“ „Ist vor meiner Tür ein Schild auf dem “Kirche“ steht“ „Nein, es ist nur-“ „Warum wollt ihr dann mit mir verdammt noch mal über Gott reden?“ „Weil wir Ihnen die frohe Botschaft überbringen wollen.“ „Ich glaube wir drehen uns im Kreis und weil mir schnell schwindlig wird, mache ich es kurz. Gott gibt es nicht. Jesus war ein Wanderprediger. Hasta Luego{{Ref|3}}. Ite cum deo, sed ite.{{Ref|4}}“ „Aber-“ „Kein aber. Ihr wolltet die frohe Botschaft überbringen und die lautet nun mal: Wir verschwinden und kommen nie mehr wieder,“ erkläre ich und schlage die Tür zu. Während ich mich abwende, fluche ich : „Cacati dementes!{{Ref|5}}“ Es ist nicht so, dass ich ein Problem damit habe, dass religiöse Spinner an Türen klopfen und Leute belästigen. Es stört mich nur, wenn religiöse Spinner an meine Tür klopfen und mich belästigen. Nicht, dass ich ein Problem mit dem ewigen Leben habe. Ich habe nur ein Problem damit ein langweiliges Leben nach dem Tod zu verbringen. Man stelle sich einen Himmel mit diesen lammarschigen, konservativen Christen vor. Kein Alkohol, kein Glückspiel, keine Zigarren und keine Stripperinnen. Darauf kann ich verzichten. Langsam humple ich zurück und setze mich an meine Schreibmaschine. Sophie hat das Buch aus der Hand gelegt und starrt mich an. Ich ignoriere sie und beginne zu tippen. Von Zeit zu Zeit ziehe ich an meiner Zigarre. Nach einigen Minuten sagt Sophie: „Du weißt, dass ich die anstarre.“ „Ich weiß auch, dass die Welt keine Scheibe ist. Worauf willst du hinaus? Soll ich zurückstarren?“ „Sei nicht albern. Du weißt, was ich meine!“ Ich habe eine dumpfe Vermutung, eine leise Ahnung, was es sein könnte. Vielleicht hängt es mit den Zeugen Jehovas zusammen. Ich erkläre: „Wenn du etwas willst, sage es mir oder lasse es bleiben. Ein Roman schreibt sich nicht von selbst.“ „Es stört mich wie du mit den Zeugen Jehovas umgegangen bist,“ erwidert meine Freundin mit belehrender Stimme. Ich seufze, blicke von meiner Schreibmaschine auf und atme langsam ein. Es ist zwar toll, dass mich diese christlichen Missionierungstruppen bekehren und mir ewiges Glück schenken wollten, doch sie brachten nur Wut und aller Wahrscheinlichkeit Ärger, der mir durch meine Freundin blüht. Wenn ich an eine höhere Macht glauben würde, würde ich von einer Strafe Gottes für meine blasphemischen reden, doch vielmehr hatte ich das Pech, dass diese wandelnden Bibellexika zur falschen Zeit an die falsche Tür klopften. Noch bevor ich mich ausreichend über mein Pech ärgern konnte, durfte ich Sophies Zorn spüren: „Du warst gemein zu ihnen. Das was du gesagt hast, war verletzend.“ „Genauso verletzend wie deine fehlende Eloquenz. Du warst gemein. Solche Worte schmerzen nicht mein Gewissen, sondern reizen höchstens meine Lachmuskeln.“ „Siehst du, das meine ich. Du bist ohne Grund verletzend.“ „Ich bin nicht verletzend. Ich sage nur die Wahrheit.“ „Du verkündest sie, das stimmt, aber ohne Rücksicht auf andere Dinge.“ „Wer die Wahrheit akzeptiert wird zu Glück finden.“ „Merkt man. Obwohl dich vor über vier Monaten der Wahrheit verschrieben hast, hinkst du immer noch.“ „Der Gehstock ist auch vielmehr ein Symbol.“ „Ein Symbol?“ „Ich bin Schriftsteller und als solcher liebe ich halt Symbole und Metaphern.“ „Für mich ist die Sache eher mehr ein Oxymoron“ „Wie meinen?“ „Ein gesunder Gehbehinderter. Eindeutig ein Oxymoron und selbst verständlich auch eine Alliteration, die zeigt aber nicht wirklich das Problem auf“ „Sehr subtil wie du vorgehst, um mir zu sagen, dass ich in Wahrheit eine gescheiterte Existenz bin. Ich werde mit einer weiteren Alliteration antworten. Ich bin ein großartiger, genialer, gewissenhafter Gehstockbesitzer.“ „Was aber nichts an der der Tatsache ändert, dass du den Gehstock nicht brauchst.“ „Er ist eine Synekdoche“ „Vorher war er noch ein Symbol.“ „Ist doch Jacke wie Hose. Er ist eine Synekdoche.“ „Da hast du Recht,“ sagt Sophie grinsend und nimmt wieder ihr Buch in die Hand. Gelegentlich habe ich das Gefühl, das meine Argumente nicht ad absurdum, sondern ad Gehstockem, oder was immer Gehstock auf Latein sein mag, geführt werden.  
 
„That’s Life“. Mit diesen Worten besang schon Frank Sinatra das Auf und Ab des Lebens. Mal hat man ein Tief und kurze Zeit später genießt man ein Hoch. Auch wenn der Text des Liedes keinen Meilenstein des abendländischen Philosophie darstellt, so kann man dieser Erkenntnis eine gewisse Richtigkeit nicht verwehren. Ich bin der lebende Beweis. Ein Frohlocken in meinem Herzen. Ein Lächeln in meinem Gesicht. Eine Zigarre zwischen den Lippen und ein Stück meisterhaften Prosatextes in der Schreibmaschine eingespannt. Ich habe wahrlich ein hoch. Mir gegenüber sitzt Sophie. Ihr Gesicht ist in einem Buch versunken. Neben der Schreibmaschine befindet sich ein Papierstapel, mein Roman. Ein Meisterwerk, wie ich zweifellos überzeugt bin. Ich will mich wieder über Penelope, wie ich meine Schreibmaschine nenne – Sie ist so treu und liebevoll wie Odysseus’ Ehefrau – beugen will, klopft jemand an der Tür. Ich ziehe an der Zigarre, lege sie in den Aschenbecher und stehe auf. „Venio!{{Ref|1}}“ schreie ich und mache mich humpelnd auf zur Tür, welche ich auch flugs öffne, um zu bemerken, dass es sich bei den Klopfenden um Zeugen Jehovas handelt. Ich lächle heuchlerisch und verkünde mit froher Stimme: „Pecus et proditor! Gauda est videre vos.{{Ref|2}}“ Der Missionierungstrupp, bestehend aus einer jungen Frau im roten Mantel und mit kastanienbraunem Haar und einem älteren Mann im Anzug und mit zersauster Frisur, starrt mich ratlos an und fragt zögernd: „Sprechen Sie deutsch?“ „Selbstverständlich, was kann ich für Sie tun?“ „Wir sind von den Zeugen Jehovas,“ erklärt die Frau, tritt einen Schritt nach vorne, räuspert sich und fährt fort: „Glauben Sie, dass uns jemand zu hört, wenn wir beten?“ Ich zucke mit den Schultern und sage: „Kommt drauf an, wo man und wie laut man betet. In der Kirche gibt es sicherlich jemanden der zuhört. Letztens habe ich von einem Typen gelesen, der sich in eine Webcam hackte, also immer vorher die Internetverbindung kappen, bevor man Gott erzählt, wem man knallt.“ Ich grinse lüstern und zwinkere der Frau zu. Was tut man nicht alles um diese göttlichen Postboten  für immer loszuwerden. Die sind unglaublich Begriffresistent, wenn man ihnen versucht klar zu machen, dass man kein Interesse an einem Abonnement von Jehovas langweiligsten Prosatexten will. Der junge Frau sagt: „Das meinten wir nicht. Wir wollen Ihnen die frohe Botschaft verkünden.“ „Das ist nicht nötig. Die hat mir meine Freundin gestern Nacht ins Ohr gestöhnt,“ erkläre ich. Betretenes Schweigen. Irgendwie fühle ich mich schmutzig. Der Mann stellt sich schützend vor seine Kollegin, anscheinend vertrauen sie doch nicht auf Gottes Fähigkeiten als Bodyguard, und ergreift das Wort: „Nein, wir meinen die Worte die Jesu“ „Ihr wollt mit mir über die Worte eines spanischen Fußballspielers reden. Gibt es keine Parkuhr, der ihr diesen Blödsinn erzählen könnt?“ „Sie missverstehen. Wir wollen über Jesus Christus und die Bibel reden.“ „Ist vor meiner Tür ein Schild auf dem “Kirche“ steht“ „Nein, es ist nur-“ „Warum wollt ihr dann mit mir verdammt noch mal über Gott reden?“ „Weil wir Ihnen die frohe Botschaft überbringen wollen.“ „Ich glaube wir drehen uns im Kreis und weil mir schnell schwindlig wird, mache ich es kurz. Gott gibt es nicht. Jesus war ein Wanderprediger. Hasta Luego{{Ref|3}}. Ite cum deo, sed ite.{{Ref|4}}“ „Aber-“ „Kein aber. Ihr wolltet die frohe Botschaft überbringen und die lautet nun mal: Wir verschwinden und kommen nie mehr wieder,“ erkläre ich und schlage die Tür zu. Während ich mich abwende, fluche ich : „Cacati dementes!{{Ref|5}}“ Es ist nicht so, dass ich ein Problem damit habe, dass religiöse Spinner an Türen klopfen und Leute belästigen. Es stört mich nur, wenn religiöse Spinner an meine Tür klopfen und mich belästigen. Nicht, dass ich ein Problem mit dem ewigen Leben habe. Ich habe nur ein Problem damit ein langweiliges Leben nach dem Tod zu verbringen. Man stelle sich einen Himmel mit diesen lammarschigen, konservativen Christen vor. Kein Alkohol, kein Glückspiel, keine Zigarren und keine Stripperinnen. Darauf kann ich verzichten. Langsam humple ich zurück und setze mich an meine Schreibmaschine. Sophie hat das Buch aus der Hand gelegt und starrt mich an. Ich ignoriere sie und beginne zu tippen. Von Zeit zu Zeit ziehe ich an meiner Zigarre. Nach einigen Minuten sagt Sophie: „Du weißt, dass ich die anstarre.“ „Ich weiß auch, dass die Welt keine Scheibe ist. Worauf willst du hinaus? Soll ich zurückstarren?“ „Sei nicht albern. Du weißt, was ich meine!“ Ich habe eine dumpfe Vermutung, eine leise Ahnung, was es sein könnte. Vielleicht hängt es mit den Zeugen Jehovas zusammen. Ich erkläre: „Wenn du etwas willst, sage es mir oder lasse es bleiben. Ein Roman schreibt sich nicht von selbst.“ „Es stört mich wie du mit den Zeugen Jehovas umgegangen bist,“ erwidert meine Freundin mit belehrender Stimme. Ich seufze, blicke von meiner Schreibmaschine auf und atme langsam ein. Es ist zwar toll, dass mich diese christlichen Missionierungstruppen bekehren und mir ewiges Glück schenken wollten, doch sie brachten nur Wut und aller Wahrscheinlichkeit Ärger, der mir durch meine Freundin blüht. Wenn ich an eine höhere Macht glauben würde, würde ich von einer Strafe Gottes für meine blasphemischen reden, doch vielmehr hatte ich das Pech, dass diese wandelnden Bibellexika zur falschen Zeit an die falsche Tür klopften. Noch bevor ich mich ausreichend über mein Pech ärgern konnte, durfte ich Sophies Zorn spüren: „Du warst gemein zu ihnen. Das was du gesagt hast, war verletzend.“ „Genauso verletzend wie deine fehlende Eloquenz. Du warst gemein. Solche Worte schmerzen nicht mein Gewissen, sondern reizen höchstens meine Lachmuskeln.“ „Siehst du, das meine ich. Du bist ohne Grund verletzend.“ „Ich bin nicht verletzend. Ich sage nur die Wahrheit.“ „Du verkündest sie, das stimmt, aber ohne Rücksicht auf andere Dinge.“ „Wer die Wahrheit akzeptiert wird zu Glück finden.“ „Merkt man. Obwohl dich vor über vier Monaten der Wahrheit verschrieben hast, hinkst du immer noch.“ „Der Gehstock ist auch vielmehr ein Symbol.“ „Ein Symbol?“ „Ich bin Schriftsteller und als solcher liebe ich halt Symbole und Metaphern.“ „Für mich ist die Sache eher mehr ein Oxymoron“ „Wie meinen?“ „Ein gesunder Gehbehinderter. Eindeutig ein Oxymoron und selbst verständlich auch eine Alliteration, die zeigt aber nicht wirklich das Problem auf“ „Sehr subtil wie du vorgehst, um mir zu sagen, dass ich in Wahrheit eine gescheiterte Existenz bin. Ich werde mit einer weiteren Alliteration antworten. Ich bin ein großartiger, genialer, gewissenhafter Gehstockbesitzer.“ „Was aber nichts an der der Tatsache ändert, dass du den Gehstock nicht brauchst.“ „Er ist eine Synekdoche“ „Vorher war er noch ein Symbol.“ „Ist doch Jacke wie Hose. Er ist eine Synekdoche.“ „Da hast du Recht,“ sagt Sophie grinsend und nimmt wieder ihr Buch in die Hand. Gelegentlich habe ich das Gefühl, das meine Argumente nicht ad absurdum, sondern ad Gehstockem, oder was immer Gehstock auf Latein sein mag, geführt werden.  
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== Weihnachtlicher Zynismus (24.12) ==
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== Patientenrevolte (29.12) ==
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#{{Note|1}}Ich komme
 
#{{Note|1}}Ich komme
 
#{{Note|2}}Schafskopf und Betrüger! Es ist eine Freude euch zu sehen.
 
#{{Note|2}}Schafskopf und Betrüger! Es ist eine Freude euch zu sehen.

Version vom 14. September 2010, 19:34 Uhr

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Besuch von oben (21.12.)

„That’s Life“. Mit diesen Worten besang schon Frank Sinatra das Auf und Ab des Lebens. Mal hat man ein Tief und kurze Zeit später genießt man ein Hoch. Auch wenn der Text des Liedes keinen Meilenstein des abendländischen Philosophie darstellt, so kann man dieser Erkenntnis eine gewisse Richtigkeit nicht verwehren. Ich bin der lebende Beweis. Ein Frohlocken in meinem Herzen. Ein Lächeln in meinem Gesicht. Eine Zigarre zwischen den Lippen und ein Stück meisterhaften Prosatextes in der Schreibmaschine eingespannt. Ich habe wahrlich ein hoch. Mir gegenüber sitzt Sophie. Ihr Gesicht ist in einem Buch versunken. Neben der Schreibmaschine befindet sich ein Papierstapel, mein Roman. Ein Meisterwerk, wie ich zweifellos überzeugt bin. Ich will mich wieder über Penelope, wie ich meine Schreibmaschine nenne – Sie ist so treu und liebevoll wie Odysseus’ Ehefrau – beugen will, klopft jemand an der Tür. Ich ziehe an der Zigarre, lege sie in den Aschenbecher und stehe auf. „Venio!Vorlage:Ref“ schreie ich und mache mich humpelnd auf zur Tür, welche ich auch flugs öffne, um zu bemerken, dass es sich bei den Klopfenden um Zeugen Jehovas handelt. Ich lächle heuchlerisch und verkünde mit froher Stimme: „Pecus et proditor! Gauda est videre vos.Vorlage:Ref“ Der Missionierungstrupp, bestehend aus einer jungen Frau im roten Mantel und mit kastanienbraunem Haar und einem älteren Mann im Anzug und mit zersauster Frisur, starrt mich ratlos an und fragt zögernd: „Sprechen Sie deutsch?“ „Selbstverständlich, was kann ich für Sie tun?“ „Wir sind von den Zeugen Jehovas,“ erklärt die Frau, tritt einen Schritt nach vorne, räuspert sich und fährt fort: „Glauben Sie, dass uns jemand zu hört, wenn wir beten?“ Ich zucke mit den Schultern und sage: „Kommt drauf an, wo man und wie laut man betet. In der Kirche gibt es sicherlich jemanden der zuhört. Letztens habe ich von einem Typen gelesen, der sich in eine Webcam hackte, also immer vorher die Internetverbindung kappen, bevor man Gott erzählt, wem man knallt.“ Ich grinse lüstern und zwinkere der Frau zu. Was tut man nicht alles um diese göttlichen Postboten für immer loszuwerden. Die sind unglaublich Begriffresistent, wenn man ihnen versucht klar zu machen, dass man kein Interesse an einem Abonnement von Jehovas langweiligsten Prosatexten will. Der junge Frau sagt: „Das meinten wir nicht. Wir wollen Ihnen die frohe Botschaft verkünden.“ „Das ist nicht nötig. Die hat mir meine Freundin gestern Nacht ins Ohr gestöhnt,“ erkläre ich. Betretenes Schweigen. Irgendwie fühle ich mich schmutzig. Der Mann stellt sich schützend vor seine Kollegin, anscheinend vertrauen sie doch nicht auf Gottes Fähigkeiten als Bodyguard, und ergreift das Wort: „Nein, wir meinen die Worte die Jesu“ „Ihr wollt mit mir über die Worte eines spanischen Fußballspielers reden. Gibt es keine Parkuhr, der ihr diesen Blödsinn erzählen könnt?“ „Sie missverstehen. Wir wollen über Jesus Christus und die Bibel reden.“ „Ist vor meiner Tür ein Schild auf dem “Kirche“ steht“ „Nein, es ist nur-“ „Warum wollt ihr dann mit mir verdammt noch mal über Gott reden?“ „Weil wir Ihnen die frohe Botschaft überbringen wollen.“ „Ich glaube wir drehen uns im Kreis und weil mir schnell schwindlig wird, mache ich es kurz. Gott gibt es nicht. Jesus war ein Wanderprediger. Hasta LuegoVorlage:Ref. Ite cum deo, sed ite.Vorlage:Ref“ „Aber-“ „Kein aber. Ihr wolltet die frohe Botschaft überbringen und die lautet nun mal: Wir verschwinden und kommen nie mehr wieder,“ erkläre ich und schlage die Tür zu. Während ich mich abwende, fluche ich : „Cacati dementes!Vorlage:Ref“ Es ist nicht so, dass ich ein Problem damit habe, dass religiöse Spinner an Türen klopfen und Leute belästigen. Es stört mich nur, wenn religiöse Spinner an meine Tür klopfen und mich belästigen. Nicht, dass ich ein Problem mit dem ewigen Leben habe. Ich habe nur ein Problem damit ein langweiliges Leben nach dem Tod zu verbringen. Man stelle sich einen Himmel mit diesen lammarschigen, konservativen Christen vor. Kein Alkohol, kein Glückspiel, keine Zigarren und keine Stripperinnen. Darauf kann ich verzichten. Langsam humple ich zurück und setze mich an meine Schreibmaschine. Sophie hat das Buch aus der Hand gelegt und starrt mich an. Ich ignoriere sie und beginne zu tippen. Von Zeit zu Zeit ziehe ich an meiner Zigarre. Nach einigen Minuten sagt Sophie: „Du weißt, dass ich die anstarre.“ „Ich weiß auch, dass die Welt keine Scheibe ist. Worauf willst du hinaus? Soll ich zurückstarren?“ „Sei nicht albern. Du weißt, was ich meine!“ Ich habe eine dumpfe Vermutung, eine leise Ahnung, was es sein könnte. Vielleicht hängt es mit den Zeugen Jehovas zusammen. Ich erkläre: „Wenn du etwas willst, sage es mir oder lasse es bleiben. Ein Roman schreibt sich nicht von selbst.“ „Es stört mich wie du mit den Zeugen Jehovas umgegangen bist,“ erwidert meine Freundin mit belehrender Stimme. Ich seufze, blicke von meiner Schreibmaschine auf und atme langsam ein. Es ist zwar toll, dass mich diese christlichen Missionierungstruppen bekehren und mir ewiges Glück schenken wollten, doch sie brachten nur Wut und aller Wahrscheinlichkeit Ärger, der mir durch meine Freundin blüht. Wenn ich an eine höhere Macht glauben würde, würde ich von einer Strafe Gottes für meine blasphemischen reden, doch vielmehr hatte ich das Pech, dass diese wandelnden Bibellexika zur falschen Zeit an die falsche Tür klopften. Noch bevor ich mich ausreichend über mein Pech ärgern konnte, durfte ich Sophies Zorn spüren: „Du warst gemein zu ihnen. Das was du gesagt hast, war verletzend.“ „Genauso verletzend wie deine fehlende Eloquenz. Du warst gemein. Solche Worte schmerzen nicht mein Gewissen, sondern reizen höchstens meine Lachmuskeln.“ „Siehst du, das meine ich. Du bist ohne Grund verletzend.“ „Ich bin nicht verletzend. Ich sage nur die Wahrheit.“ „Du verkündest sie, das stimmt, aber ohne Rücksicht auf andere Dinge.“ „Wer die Wahrheit akzeptiert wird zu Glück finden.“ „Merkt man. Obwohl dich vor über vier Monaten der Wahrheit verschrieben hast, hinkst du immer noch.“ „Der Gehstock ist auch vielmehr ein Symbol.“ „Ein Symbol?“ „Ich bin Schriftsteller und als solcher liebe ich halt Symbole und Metaphern.“ „Für mich ist die Sache eher mehr ein Oxymoron“ „Wie meinen?“ „Ein gesunder Gehbehinderter. Eindeutig ein Oxymoron und selbst verständlich auch eine Alliteration, die zeigt aber nicht wirklich das Problem auf“ „Sehr subtil wie du vorgehst, um mir zu sagen, dass ich in Wahrheit eine gescheiterte Existenz bin. Ich werde mit einer weiteren Alliteration antworten. Ich bin ein großartiger, genialer, gewissenhafter Gehstockbesitzer.“ „Was aber nichts an der der Tatsache ändert, dass du den Gehstock nicht brauchst.“ „Er ist eine Synekdoche“ „Vorher war er noch ein Symbol.“ „Ist doch Jacke wie Hose. Er ist eine Synekdoche.“ „Da hast du Recht,“ sagt Sophie grinsend und nimmt wieder ihr Buch in die Hand. Gelegentlich habe ich das Gefühl, das meine Argumente nicht ad absurdum, sondern ad Gehstockem, oder was immer Gehstock auf Latein sein mag, geführt werden.

Weihnachtlicher Zynismus (24.12)

Patientenrevolte (29.12)

  1. Vorlage:NoteIch komme
  2. Vorlage:NoteSchafskopf und Betrüger! Es ist eine Freude euch zu sehen.
  3. Vorlage:NoteAuf Wiedersehen
  4. Vorlage:NoteGeht mit Gott, aber geht
  5. Vorlage:Notescheiß Spinner

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