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Wim Wenders

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Wim Wenders, einer der bedeutendsten Regisseure der Moderne, wurde durch das sukzessive Weglassen vieler elementarer Dialoge in seinen Werken zu einem der bild- und dialoggewaltigsten Filmschaffenden, weil das wenige Verbliebene so eine viel spektakulärere Gewichtung zum Erfassen seiner Epen erhält und so zeigefreudigere und erklärungsgeilere Regisseure in die Bedeutungslosigkeit drängt, da er die Special Effects in den Köpfen seiner Zuschauer anregt.

Hier ein Szenenfoto aus "Paris", dem Prolog der Filme "," und "Texas" - hier experimentierte er schon einigermaßen trivial mit Statisten, um existenzialistischen Aspekten mehr Gewicht zu verleihen

Erste Jahre

Sein erster, doch schon sehr fest gefasster Berufswunsch des Priesters hing mit seinem zunächst wenig erfolgreichen Vater zusammen, der als erster parkinsonkranker Chirurg Deutschlands maßgeblich an der Entwicklung des Zickzack- und Kreuzstich-Nähverfahrens beteiligt war. Doch bis zu dessen Ruhm durch die Spezialisierung auf den Abschluss von Operationen, drang der Vater durch die vielen geistlich nachzubehandelnden Behandlungsfehler früh darauf, dass mit der entsprechenden Ausbildung seines Sohnes die gesamte "Fertigungsstrecke" in der Familie befindlich sein solle.
Von diesem frühen Berufswunsch ist allerdings nur noch seine Vorliebe für schwarze Kleidung geblieben. Im Studium verliessen ihn die Träume von weihrauchschwangerer Luft in kunsthistorisch bedeutenden Gebäuden, von selbstverfassten theatralisch gehaltenen Reden, wo ihm alle zuhören mussten und von der Vertrautheit der Gemeinschaft unter Gleichgeschlechtlichen. Seine Sturm- und Drangzeit begann unter dem Zeichen des Rock'n Rolls, wozu er aber gerade seine Priesterrobe im Geiste ablegte - dies sollte nicht der einzige Widerspruch in seinem Leben bleiben - wenngleich auch der klarste. Durch seine vielseitigen Studiengänge, die sich nur scheinbar wirr auf der Kette seines Lebens suizidal aufreihten, gewann er Einblick in den Studienbetrieb einer Hochschule und das vielschichtige studentische Leben, Material, das er später für viele seiner Filme nicht verwenden sollte.

Nach einigen Versuchen, als Maler ein Daumenkino mit Momentaufnahmen zu initiieren, reiste er nach Paris, weil die Besucher ausblieben. Später kamen noch mehr Leute hinzu, die sich für seine Werke bewusst nicht interessieren sollten. Es stellte sich die Frage, ob es sich hier um einen manchmal auch vorweggenommenen Protest eines Boykotts oder einer Fleisch gewordenen stummen Kritik handelte, die nichtssagend alles sagte und sich nicht der Arroganz verschließen wollte, vorauszusetzen, dass man wisse, wo es fehle, weil man fehlt.

Zweite Jahre

Hätte er vorher auf sein Augenlicht nicht verzichten können, weil er sich keinen Kameramann leisten konnte, konnte er es sich jetzt leisten, weil er auf das Drehen von Filmen verzichtete: In dem folgenden ominösen Jahr, in dem er aber nicht (komplett) seine bestechende Beobachtungsgabe radikal ruinierte, sah er sage und schreibe 5000 Filme, hatte sich dazu zur Untermiete in der lokal bekannten Cinemathèque Francaise einquartiert, putzte sich die Zähne während Liebesdramen und schnarchte zu FSK18-Filmen, eine Zeit, die ihn später als Regisseur stark prägen sollte.

Das Besondere eben als normal darzustellen, das Gewaltige in nur scheinbar starken Momenten quasi gegen sich selbst umzukehren und die Extraktion dessen Seins, seine effektive Schnittmenge in der Konfrontation mit anderen, die langweiligen, bedeutungslosen Schatten des scheinbar Starken in die geistigen (blauen) Augen der Zuschauer zu malen, Staunen zu initiieren - durch die Darstellung actiongeladener Stereotypie hielt er es später als eine Art wiedergekäutes rohes Stück Fleisch in der mahnenden Hand, als virulenten Abklatsch schlechthin, und konstruierte dies dann als Negativbild mit der Brisanz der modernen medialen Verkommenheit: eine Technik, die er später grandios beherrschen sollte.

Erste Erfolge

Bereits Anfang der 70er Jahre, am Anfang seines filmischen Schaffens zeigte er eine rasende Lust auf Reduktion bedeutungsschwerer Inhalte. So wurde aus der "Angst des Tormanns vor dem Elfmeter von seinem Freund Peter Handke - einer tiefenpsychologischen Analyse eines Bundesliga-Profis kurz vor Vertragsverlängerungstermin - und aus dem "Scharlachroter Buchstabe" von Nathaniel Hawthorne - einer Abrechnung eines Schriftstellers, der wegen Erfolglosigkeit zum Maler wurde und umgekehrt - ein realsatirisches deutsches Drama "Angst des Tormanns mit elf Buchstaben" im Kreuzworträtselspieler-Milieu.

Nachdem Kollegen erfolgreich eine Einladung Francis Ford Coppolas inszeniert hatten und er sich ausgeladen und quasi mittellos im Westen der USA wiederfand, rettete er seine Existenz mit einigen Super-Acht-Filmrollen und der Idee, die scheinbar endlosen Highways als Hauptdarsteller in seinen Filmen auf- bzw. betreten zu lassen. Eine Zeit, die ihn irgendwann später sehr prägen sollte, waltete doch in diesen Werken ein unheimlich authentischer, doch auch spartanischer und vor allem unheimlicher Pragmatismus, da Straßenwarte nun nicht mehr erhebliche Summen zur Streckenkontrolle investieren mussten. Sie brauchten nur seine Filme zu sehen, was deutlich preiswerter, aber nicht billig war.

Spätwerk

Künstlerische Entwicklung

Philosophische Ansätze

Angewidert von der schnöden Authentizität der Charaktere in seinen Werken reduzierte er sie mehr und mehr. Sie waren doch nur Produkte ihrer Existenz, Ausdruck eines passiven Existenzialismus, eines Hingeworfen- und Ausgesetzt-Seins, nicht nur im Kindesalter, idealerweise ohne den Duktus eines auktorialen Erzählers, der vermeintlich objektiv ihre Wesenheit dem Sein voranzustellen versucht, gemäß einer Vorbestimmtheit, lassen sich die Eigenschaften des Seins nur von der Existenz ableiten. „Das kann sein“, wie er in einem Kommentar zu einem seiner Drehbücher formulierte.

So stellen filmisch eingearbeitete Themenkreise wie das Butterbrot, Brillenputzgläser und der Haarspliss wichtige Themen dar, die von existenzieller Bedeutung für ihn während seiner langen Dreharbeiten waren: Ersteres diente der Sicherung seiner menschlichen Existenz, das Zweitgenannte der Basis seiner beruflichen Existenz und das Dritte als existenziell abgeleitetes fleischgewordenes Antonym seiner Eitelkeit in seinem Wesen.

Keine besseren Zeugen für die Richtigkeit seines obsessiven Glaubens konnte er in den Landschaften des fernen Westens der USA finden, hingeworfen, ausgeworfen vom Schlund der Urmaterie, schweigend in einer Großartigkeit der Blöße existierend, unverfälscht durch Erklärungsversuche ruhen sie in sich selbst, existieren in sich selbst, rein, ganz rein. Sie sollten sich mehr und mehr von bloßen Statistenrollen hin zu Trägern der hinter allem schwebenden Philosophie aufwerfen, die in allen existierenden Dingen mitschwingt.

Geistige Verbundenheit mit Herrn Sartre

Oder auch nicht: In Sartres Philosophie sah er gemeinsam mit Handke dies als die Quintessenz der Existenz an, dem Bezug zum Nichts: „Er ist das, was er nicht ist und ist das nicht, was er ist.“ Und erlaubt so, auf die Darstellung von Menschen ganz zu verzichten, weil es keinen Sinn hat oder aber – konsequent - punktgenau mit seinen Filmen gerade das nicht zu zeigen, was er zeigen wollte.

Freundschaft mit Herrn Handke

Wenn man es so nennen kann: Gemein war und ist ihnen sicher diese existenzialistische Betrachtungsweise, aber so wie ein allzu braves Miteinander nicht gerade Esprit verbreitet und Leidenschaften, wenn überhaupt leise vor sich hin brutzelnd in ihren Startlöchern festhält, bemerkte man eine gewisse Ernüchterung im Verhältnis der beiden, freilich nur der Insider.

Handtke schrieb früher zwar Drehbücher für Wenders zwischen Abendessen und Andacht - der überflüssige Trieb mag sich in Traktaten wie in der - beileibe nur für Handtkes Verhältnisse - frechen Lebensbeschreibung Jesu ejakuliert haben; so konnte Wenders die für ihn kreierten literarischen Früchte in zahlreichen Versionen genießen, mal komplett in indirekter Rede, mal im kategorischen Imperativ, mal im experimentellen Sinne a la Ernst Jandl und suchte sich schließlich bisher als unverfilmbar geltende Inhalte ruhig aus und unterstrich mit seinen Mitteln im Ergebnis die Unverfilmbarkeit. Aber irgendwann kühlte sich das Verhältnis mehr und mehr aus und reichte letztlich nur mehr für eine kochende Partnerschaft und leidenschaftliche Sößchenexperimente.

Reduktion auf das Wesentliche

Und die menschlichen Protagonisten reduzierten sich konsequent auf Körper, die wie zufällig abgelichtet wurden, weil jede ihrer Existenzen nur aus ihrer Individualität abgeleitet werden könnten und so jeden filmischen Rahmen sprengen würden. Berge filmen war einfacher und philosophisch ehrlicher!

Der Film zwischen „Paris“ (das pralle Leben) und „Texas“ (Landschaften) „,“ stellt in dieser Übergangsphase ein wichtige Stufe dar, Menschen, Dialoge, Handlungen mit der Kulisse von existentialistisch ungleich aussagekräftigeren Wüsten, Tälern und Bergen zu verknüpfen und das nicht nur, um Filmmaterial zu sparen. Das Komma als Symbol für diese Verbindung, den göttlichen Atemaussetzer, nach seinem Werk die Entwicklung des Menschen individuell fortgesetzt zu sehen und zu sehen, wie sie sich nur so als sich selbst begreifen und verstehen können oder auch nicht.

Das Wunder der indirekten Rede

Es war keines. Es war nicht nur Ausdruck einer Sparsamkeit in allen Möglich- und Gesetzmäßigkeiten der Interpunktion, sondern vor allem der beginnenden Schweigsamkeit der Darsteller als Beiküche für die existenzialistische Ursuppe. Mit einer Aussparung dialektisch zu erörtender Handlungsräume reichte nunmehr eine Stimme aus dem Off, die zwar online am Geschehen teilzunehmen, aber - an die Monotonie der Bilder angepasst - von einem Schleier ähnlich die der grauen Stars vor der Kamera bedeckt zu sein schien.

So war es nur ein Schritt von "offlinen" Darstellern an der Marionettenschnur einer Off-Stimme hin zur Off-Kamera, die minutenlang ein unbewegtes Bild zeigt und die für den Film bzw. Nicht-Film relevanten akkustischen Eindrücke außerhalb des Kamerabereiches sammelt.

Aufbruch in eine neue Zeit

Das, was er also gerade nicht filmte, sollte maßgeblich sein; verwirrt warf er seinen Kritikern entgegen: „Aber es geht doch um das, was ich nicht gefilmt habe, das, was ich gefilmt hatte, waren noch nicht einmal Symbole. Es existiert keine Verbindung und keine Verbundenheit zwischen ihnen und dessen, was mich wirklich interessiert – das Andere.“

Trivia

  • Trilogie: "Paris", ",", "Texas"
  • Seine internationale Bedeutung wird vor allem auch durch die Tatsache deutlich, dass er als einer der ganz wenigen deutschen Regisseure eine englischsprachige Website unterhält, worauf er natürlich sehr stolz ist, was er aber nie zeigt.
  • Er ist auch Stifter des Wim-Wenders-Awards, der jedes Jahr neu an junge Filmeseher vergeben wird, die einen seiner Filme nachweislich verstanden haben.

Linktipps: Faditiva und 3DPresso