Diverses:VOX – Die Auswanderer (von Babelsberg nach Springfield, USA): Unterschied zwischen den Versionen

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Acht Wochen ist es nun her, dass der ehemalige angestellte Seriendarsteller Herr [[Sandmann]] das beschauliche [[Lerchenberg|Babelsberg]] bei Potsdam verließ um sich in [[Springfield]]/ USA eine neue Existenz aufzubauen. Arbeitskollegen hatten ihm von der Stadt erzählt und ihn neugierig gemacht. Nach einem längeren Prozess des Grübelns hat der überzeugte Single schließlich seine sieben Sachen gepackt, dem [[RBB]] nach langjähriger Zusammenarbeit die Kündigung unter der Studiotür durchgeschoben und sich in eins seiner Flugzeuge, nämlich einen alten IL 62-Nachbau gesetzt. Kurz nach Beginn des Fluges fiel ihm auf, dass niemand daran gedacht hatte, ihm eine Stewardess mitzugeben. Wie auch? Er hatte schließlich niemanden aus seinem alten Team in seine Pläne eingeweiht.
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Acht Wochen ist es nun her, dass der ehemalige angestellte Seriendarsteller Herr [[Sandmann]] das beschauliche [[Lerchenberg|Babelsberg]] bei Potsdam verließ um sich in [[Springfield]]/ USA eine neue Existenz aufzubauen. Arbeitskollegen hatten ihm von der Stadt erzählt und ihn neugierig gemacht. Nach einem längeren Prozess des Grübelns hat der überzeugte Single schließlich seine sieben Sachen gepackt, dem [[RBB]] nach langjähriger Zusammenarbeit die Kündigung unter der Studiotür durchgeschoben und sich in eins seiner Flugzeuge, nämlich einen alten achtsitzigen IL 62-Nachbau gesetzt. Kurz nach Beginn des Fluges fiel ihm auf, dass niemand daran gedacht hatte, ihm eine [[Stewardess]] mitzugeben. Wie auch? Er hatte schließlich niemanden aus seinem alten Team in seine Pläne eingeweiht, das Flugzeug genau genommen entführt.
  
 
Bis er den amerikanischen Luftraum erreichte, vergingen Stunden, und [[Wolfgang Thierse|der bärtige Ostdeutsche]] war kurz vor dem Verdursten.
 
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''Naja, ich hätte mir ja denken können, dass das etwas weiter weg ist, als die ganzen nachgebauten Plastikländer, Papplandschaften und anderen Potemkinschen Dörfer, in die man mich bisher hat reisen lassen. Aber für den Zuschauer wird das ja sowieso dramaturgisch eingekürzt. Damit kenne ich mich schon aus. Dass ich mir aber nicht mal eine Thermoskanne [[Tee|Kamillentee]] mitgenommen habe, darüber könnte ich mich schwarz wie [[Kobold|Pittiplatsch]] ärgern. Schließlich hat die Maschine ja einen Autopiloten, da hätte ich mir ja in aller Ruhe mal ein Tässchen eingießen können.''
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''Naja, ich hätte mir ja denken können, dass das etwas weiter weg ist, als die ganzen nachgebauten Plastikländer, Papplandschaften und anderen Potemkinschen Dörfer, in die man mich bisher hat reisen lassen. Aber für den Zuschauer wird das ja sowieso dramaturgisch eingekürzt. Damit kenne ich mich als alter Fernsehhase schon aus. Dass ich mir aber nicht mal eine Thermoskanne [[Tee|Kamillentee]] mitgenommen habe, darüber könnte ich mich schwarz wie [[Kobold|Pittiplatsch]] ärgern. Schließlich hat die Maschine ja einen [[Autopilot|Autopiloten]], da hätte ich mir ja in aller Ruhe mal ein Tässchen eingießen können.''
 
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Schon immer hatte der Tausendsassa alle möglichen technischen Fortbewegungsmittel selbst gesteuert. Das war für ihn [[Die Ärzte|so normal wie Kaugummi kauen]], oder sagen wir mal: wie Sand streuen. Leider war ihm nicht bewusst, dass man in den Vereinigten Staaten englisch spricht. Auch das NATO-Alphabet war ihm leider gänzlich unbekannt. Und so wurde er bald von mehreren Kampfflugzeugen begleitet und zur unsanften Landung auf einem Militärflugplatz gezwungen.
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Schon immer hatte der Tausendsassa alle möglichen technischen Fortbewegungsmittel selbst gesteuert. Das war für ihn [[Die Ärzte|so normal wie Kaugummi kauen]], oder sagen wir mal: wie [[Sand]] streuen. Leider war ihm nicht bewusst, dass man in der internationalen Fliegerei aktiv am Funkverkehr teilnehmen sollte. Nur verfügte das liebevoll bemalte Pappflugzeug überhaupt nicht über ein Funkgerät. Außerdem war ihm das [[NATO-Alphabet]] sowie die Gepflogenheiten der flugtechnischen Kommunikation leider völlig unbekannt. Auf die zahlreichen eindringlichen Kontaktversuche der Flugsicherung reagierte der wortkarge Weltenbummler also nicht, weil sie technisch bedingt nicht einmal sein Ohr erreichten. Und so wurde er bald von mehreren Kampfflugzeugen begleitet und zur unsanften Landung auf einem Militärflugplatz gezwungen.
 
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''Das war wie im [[Krimi]]. Die haben mich behandelt wie einen [[Bin Laden|Terroristen]]. Unzählige Soldaten in [[SEK|Kampfmontur]] und mit [[Kalaschnikow|Maschinenpistolen]] bewaffnet kamen auf mich zugestürmt und haben mich festgenommen. Ich wurde stundenlang verhört und bekam weder Wasser noch Kamillentee, von Essen ganz zu schweigen! Das war eigentlich nicht die Gastfreundschaft, die ich von meinen vorherigen Reisen gewohnt war. Und das war auch nicht gerade die Freiheit, die ich mir in Amerika erhofft hatte. Naja, ich hätte mir ja denken können, dass man sich da vorher irgendwie anmelden muss. Aber schließlich weiß doch jedes Kind, dass ich komme, sobald dieses nervige Lied ertönt. Aber dann fiel mir ein, dass es sich ja nicht mehr um meine Serie handelte und beschloss, mir hier sehr bald eine neue, eigene Erkennungsmelodie zu besorgen.''
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''Das war wie im [[Krimi]]. Die haben mich behandelt wie einen [[Bin Laden|Terroristen]]. Unzählige Soldaten in [[SEK|Kampfmontur]] und mit [[Kalaschnikow|Maschinenpistolen]] bewaffnet kamen auf mich zugestürmt und haben mich festgenommen. Ich wurde stundenlang verhört und bekam weder Wasser noch Kamillentee, von [[Essen]] ganz zu schweigen! Das war eigentlich nicht die [[Gast|Gastfreundschaft]], die ich von meinen vorherigen Reisen gewohnt war. Und das war auch nicht gerade die [[Freiheit]], die ich mir in [[Amerika]] erhofft hatte. Naja, ich hätte mir ja denken können, dass man sich da vorher irgendwie anmelden muss. Aber schließlich weiß doch jedes [[Kind]], dass ich komme, sobald dieses nervige Lied ertönt. Aber dann fiel mir ein, dass es sich ja nicht mehr um meine Serie handelte und beschloss, mir hier sehr bald eine neue, eigene Erkennungsmelodie zu besorgen.''
 
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Herr Sandmann blieb vorerst wegen unerlaubtem Eindringens in den Amerikanischen Luftraum in Untersuchungshaft. Da er den Terrorismusverdacht nicht entkräften konnte, erwägten die Ermittlungsbehörden eine Verlegung nach Guantanamo Bay. Immerhin fanden sie in seinem Besitz einen Sack vor, in dem sich eine nicht unerhebliche Menge eines militärischen Kampfstoffes befand. Major General Broomstick, der von der Air Force zunächst eingesetzte Chefermittler, hatte schon damals im Kalten Krieg, als er in Berlin am Checkpoint Charly Wache stand, von diesem körnigen Pulver gehört. Seinen damaligen Vorgesetzten zufolge hatten es die Ostdeutschen entwickelt, um im Falle eines erneuten Volksaufstandes große Teile der Bevölkerung urplötzlich in einen tiefen Schlaf versetzen zu können. Alle waren also in höchster Alarmbereitschaft.
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Herr Sandmann blieb vorerst wegen unerlaubtem Eindringens in den amerikanischen Luftraum in Untersuchungshaft. Da er den [[Terrorismus]]verdacht nicht entkräften konnte, erwägten die Ermittlungsbehörden eine Verlegung nach [[Guantanamo Bay]]. Immerhin fanden sie in seinem Besitz einen Sack vor, in dem sich eine nicht unerhebliche Menge eines [[Napalm (Kampfstoff)|militärischen Kampfstoffes]] befand. Major General Broomstick, der von der [[Air Force]] zunächst eingesetzte Chefermittler, hatte schon damals im [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]], als er in [[Berlin]] am [[Checkpoint Charlie]] Wache stand, von diesem [[Heroin|körnigen Pulver]] gehört. Seinen damaligen Vorgesetzten zufolge hatten es die [[Ostdeutschland|Ostdeutschen]] Mitte der [[50er Jahre]] entwickelt, um im Falle eines erneuten [[17. Juni|Volksaufstandes]] große Teile der Bevölkerung urplötzlich in einen tiefen Schlaf versetzen zu können. Alle waren also in höchster Alarmbereitschaft.
 
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''Als ich damals noch als kleiner Soldat in Ostberlin am Checkpoint Charly Wache stand, haben uns unsere Vorgesetzten immer gewarnt vor diesem Teufelszeug. Die Ostdeutschen haben diesen Giftstaub mit dem Russen zusammen entwickelt. Da ist ein Nervengift drin, das sofort wirkt. Die besondere Gefährlichkeit besteht in ihrer telepathischen Wirkungsweise. Man muss die Substanz nämlich noch nicht einmal einatmen, damit sie ihre verheerende Wirkung entfaltet. Allein zu sehen, wie der Sand freigesetzt wird, löst sofortige Müdigkeit aus und kann so über das Fernsehen viele Menschen auf einmal, auch große Teile der Weltbevölkerung, plötzlich für etwa acht bis zehn Stunden kampfunfähig machen.''
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''Als ich damals noch als kleiner Soldat in Ostberlin am Checkpoint Charly Wache stand, haben uns unsere Vorgesetzten immer gewarnt vor diesem Teufelszeug. Die Ostdeutschen haben diesen Giftstaub mit dem [[Russe|Russen]] zusammen entwickelt. Da ist ein Nervengift drin, das sofort wirkt. Die besondere Gefährlichkeit besteht in seiner [[Fernsehmüde Strahlung|telepathischen Wirkungsweise]]. Man muss die Substanz nämlich noch nicht einmal einatmen, damit sie ihre verheerende Wirkung entfaltet. Allein zu sehen, wie der Sand freigesetzt wird, löst sofortige Müdigkeit aus und kann so über das [[Fernsehen]] viele Menschen auf einmal, auch große Teile der Weltbevölkerung, plötzlich für etwa acht bis zehn Stunden kampfunfähig machen.''
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Unser Team hat die Genehmigung erhalten an einer der Befragungen teilzunehmen. Im Verhörraum auf dem Air-Force-Gelände besteht eine Wand aus einem riesigen [[Spiegel]], durch den man von außen das Innere des Raumes sehen kann. Von innen blickt man aber nur auf das Spiegelbild. Über eine Lautsprecheranlage kann man die Gespräche vom Verhörraum aus verfolgen. Herr Sandman wird an Händen und Füßen gefesselt von zwei Uniformierten hereingebracht. Er muss sich auf einen Stuhl setzen. Die Handfesseln werden ihm abgenommen. General Major Broomstick kommt herein, die beiden Wärter verlassen den Raum.
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Broomstick setzt sich auf den Stuhl gegenüber, legt ein paar Unterlagen auf den Tisch, in denen er flüchtig etwas zu lesen scheint. Dann schaut er auf.
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'''Broomstick:''' Was zur Hölle haben sie sich bei dieser Aktion gedacht? Dass sie hier hereinspazieren und uns alle einschläfern?
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'''Sandmann:''' Ich wollte auswandern, ein neues Leben anfangen, in Freiheit und ohne Gängelei.
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'''Broomstick:''' Das ist ja lächerlich, warum kommen sie dann nicht mit dem öffentlichen Verkehr? OK. Lassen wir das Geplänkel! Was wollten sie hier und wer hat sie geschickt? Die Russen waren es garantiert nicht, solch dilettantische Versuche sehen dem FSB gar nicht ähnlich.
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'''Sandmann:''' Ich bin ein Flüchtling. Man hat mich seit Ende der Fünfziger in einer Lagerhalle bei Potsdam eingesperrt und mich zum Arbeiten gezwungen. Man hat mich ständig umhergeschubst und auch für propagandistische Zwecke missbraucht. Nach der Wiedervereinigung hat sich für mich kaum etwas geändert. Immernoch Zwangsarbeit, immernoch keine Bezahlung, immernoch fremdbestimmt. Ich hatte es einfach satt, mich permanent verbiegen zu lassen. Darum bin ich geflohen.
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'''Broomstick:''' Nette Geschichte, wir werden das natürlich prüfen. Aber es ist selbstverständlich jetzt schon klar, dass sie völligen Bullshit erzählen. Nun zu etwas anderem: Was wollten sie mit dem Sack voller Gift?!
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'''Sandmann:''' Gift? Das ist Schlafsand. Den habe ich immer dabei.
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'''Broomstick:''' Was hatten sie damit vor?
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'''Sandmann:''' Eigentlich brauche ich den Sack ja nicht mehr. Ich habe vor, hier ein neues Leben anzufangen. Früher habe ich mit dem Sand den Kindern dabei geholfen, gut einzuschlafen.
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'''Broomstick:''' Das ist ja interessant, sie geben also zu, diesen Kampfstoff bereits eingesetzt zu haben? Bei wievielen Menschen?
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'''Sandmann:''' Im Grunde gehen die Zahlen in die Millionen. Aber der Sand ist harmlos. Es handelt sich nur um ein leichtes psychosomatisches Schlafmittel, sozusagen eine Art Placebo.
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Version vom 23. Juni 2013, 13:10 Uhr

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Von Babelsberg nach Springfield

Acht Wochen ist es nun her, dass der ehemalige angestellte Seriendarsteller Herr Sandmann das beschauliche Babelsberg bei Potsdam verließ um sich in Springfield/ USA eine neue Existenz aufzubauen. Arbeitskollegen hatten ihm von der Stadt erzählt und ihn neugierig gemacht. Nach einem längeren Prozess des Grübelns hat der überzeugte Single schließlich seine sieben Sachen gepackt, dem RBB nach langjähriger Zusammenarbeit die Kündigung unter der Studiotür durchgeschoben und sich in eins seiner Flugzeuge, nämlich einen alten achtsitzigen IL 62-Nachbau gesetzt. Kurz nach Beginn des Fluges fiel ihm auf, dass niemand daran gedacht hatte, ihm eine Stewardess mitzugeben. Wie auch? Er hatte schließlich niemanden aus seinem alten Team in seine Pläne eingeweiht, das Flugzeug genau genommen entführt.

Bis er den amerikanischen Luftraum erreichte, vergingen Stunden, und der bärtige Ostdeutsche war kurz vor dem Verdursten.

O-Ton: Herr Sandmann

Naja, ich hätte mir ja denken können, dass das etwas weiter weg ist, als die ganzen nachgebauten Plastikländer, Papplandschaften und anderen Potemkinschen Dörfer, in die man mich bisher hat reisen lassen. Aber für den Zuschauer wird das ja sowieso dramaturgisch eingekürzt. Damit kenne ich mich als alter Fernsehhase schon aus. Dass ich mir aber nicht mal eine Thermoskanne Kamillentee mitgenommen habe, darüber könnte ich mich schwarz wie Pittiplatsch ärgern. Schließlich hat die Maschine ja einen Autopiloten, da hätte ich mir ja in aller Ruhe mal ein Tässchen eingießen können.


Schon immer hatte der Tausendsassa alle möglichen technischen Fortbewegungsmittel selbst gesteuert. Das war für ihn so normal wie Kaugummi kauen, oder sagen wir mal: wie Sand streuen. Leider war ihm nicht bewusst, dass man in der internationalen Fliegerei aktiv am Funkverkehr teilnehmen sollte. Nur verfügte das liebevoll bemalte Pappflugzeug überhaupt nicht über ein Funkgerät. Außerdem war ihm das NATO-Alphabet sowie die Gepflogenheiten der flugtechnischen Kommunikation leider völlig unbekannt. Auf die zahlreichen eindringlichen Kontaktversuche der Flugsicherung reagierte der wortkarge Weltenbummler also nicht, weil sie technisch bedingt nicht einmal sein Ohr erreichten. Und so wurde er bald von mehreren Kampfflugzeugen begleitet und zur unsanften Landung auf einem Militärflugplatz gezwungen.

O-Ton: Herr Sandmann

Das war wie im Krimi. Die haben mich behandelt wie einen Terroristen. Unzählige Soldaten in Kampfmontur und mit Maschinenpistolen bewaffnet kamen auf mich zugestürmt und haben mich festgenommen. Ich wurde stundenlang verhört und bekam weder Wasser noch Kamillentee, von Essen ganz zu schweigen! Das war eigentlich nicht die Gastfreundschaft, die ich von meinen vorherigen Reisen gewohnt war. Und das war auch nicht gerade die Freiheit, die ich mir in Amerika erhofft hatte. Naja, ich hätte mir ja denken können, dass man sich da vorher irgendwie anmelden muss. Aber schließlich weiß doch jedes Kind, dass ich komme, sobald dieses nervige Lied ertönt. Aber dann fiel mir ein, dass es sich ja nicht mehr um meine Serie handelte und beschloss, mir hier sehr bald eine neue, eigene Erkennungsmelodie zu besorgen.

Herr Sandmann blieb vorerst wegen unerlaubtem Eindringens in den amerikanischen Luftraum in Untersuchungshaft. Da er den Terrorismusverdacht nicht entkräften konnte, erwägten die Ermittlungsbehörden eine Verlegung nach Guantanamo Bay. Immerhin fanden sie in seinem Besitz einen Sack vor, in dem sich eine nicht unerhebliche Menge eines militärischen Kampfstoffes befand. Major General Broomstick, der von der Air Force zunächst eingesetzte Chefermittler, hatte schon damals im Kalten Krieg, als er in Berlin am Checkpoint Charlie Wache stand, von diesem körnigen Pulver gehört. Seinen damaligen Vorgesetzten zufolge hatten es die Ostdeutschen Mitte der 50er Jahre entwickelt, um im Falle eines erneuten Volksaufstandes große Teile der Bevölkerung urplötzlich in einen tiefen Schlaf versetzen zu können. Alle waren also in höchster Alarmbereitschaft.

O-Ton: Broomstick

Als ich damals noch als kleiner Soldat in Ostberlin am Checkpoint Charly Wache stand, haben uns unsere Vorgesetzten immer gewarnt vor diesem Teufelszeug. Die Ostdeutschen haben diesen Giftstaub mit dem Russen zusammen entwickelt. Da ist ein Nervengift drin, das sofort wirkt. Die besondere Gefährlichkeit besteht in seiner telepathischen Wirkungsweise. Man muss die Substanz nämlich noch nicht einmal einatmen, damit sie ihre verheerende Wirkung entfaltet. Allein zu sehen, wie der Sand freigesetzt wird, löst sofortige Müdigkeit aus und kann so über das Fernsehen viele Menschen auf einmal, auch große Teile der Weltbevölkerung, plötzlich für etwa acht bis zehn Stunden kampfunfähig machen.

Unser Team hat die Genehmigung erhalten an einer der Befragungen teilzunehmen. Im Verhörraum auf dem Air-Force-Gelände besteht eine Wand aus einem riesigen Spiegel, durch den man von außen das Innere des Raumes sehen kann. Von innen blickt man aber nur auf das Spiegelbild. Über eine Lautsprecheranlage kann man die Gespräche vom Verhörraum aus verfolgen. Herr Sandman wird an Händen und Füßen gefesselt von zwei Uniformierten hereingebracht. Er muss sich auf einen Stuhl setzen. Die Handfesseln werden ihm abgenommen. General Major Broomstick kommt herein, die beiden Wärter verlassen den Raum.

Broomstick setzt sich auf den Stuhl gegenüber, legt ein paar Unterlagen auf den Tisch, in denen er flüchtig etwas zu lesen scheint. Dann schaut er auf.

Broomstick: Was zur Hölle haben sie sich bei dieser Aktion gedacht? Dass sie hier hereinspazieren und uns alle einschläfern?

Sandmann: Ich wollte auswandern, ein neues Leben anfangen, in Freiheit und ohne Gängelei.

Broomstick: Das ist ja lächerlich, warum kommen sie dann nicht mit dem öffentlichen Verkehr? OK. Lassen wir das Geplänkel! Was wollten sie hier und wer hat sie geschickt? Die Russen waren es garantiert nicht, solch dilettantische Versuche sehen dem FSB gar nicht ähnlich.

Sandmann: Ich bin ein Flüchtling. Man hat mich seit Ende der Fünfziger in einer Lagerhalle bei Potsdam eingesperrt und mich zum Arbeiten gezwungen. Man hat mich ständig umhergeschubst und auch für propagandistische Zwecke missbraucht. Nach der Wiedervereinigung hat sich für mich kaum etwas geändert. Immernoch Zwangsarbeit, immernoch keine Bezahlung, immernoch fremdbestimmt. Ich hatte es einfach satt, mich permanent verbiegen zu lassen. Darum bin ich geflohen.

Broomstick: Nette Geschichte, wir werden das natürlich prüfen. Aber es ist selbstverständlich jetzt schon klar, dass sie völligen Bullshit erzählen. Nun zu etwas anderem: Was wollten sie mit dem Sack voller Gift?!

Sandmann: Gift? Das ist Schlafsand. Den habe ich immer dabei.

Broomstick: Was hatten sie damit vor?

Sandmann: Eigentlich brauche ich den Sack ja nicht mehr. Ich habe vor, hier ein neues Leben anzufangen. Früher habe ich mit dem Sand den Kindern dabei geholfen, gut einzuschlafen.

Broomstick: Das ist ja interessant, sie geben also zu, diesen Kampfstoff bereits eingesetzt zu haben? Bei wievielen Menschen?

Sandmann: Im Grunde gehen die Zahlen in die Millionen. Aber der Sand ist harmlos. Es handelt sich nur um ein leichtes psychosomatisches Schlafmittel, sozusagen eine Art Placebo.



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