1 x 1 Silberauszeichnung von Mixtli

Diverses:Herausforderungen

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Ruhm und Ehre?

Seit ein paar Tagen trinke ich morgens nur noch Milch mit Honig. Langsam erhöhe ich dabei die Konzentration des Honigs, bis ich irgendwann die Milch ganz weglassen kann. Dann werde ich vorsichtig dem Honig Sekundenkleber beimischen und auch hier die Dosis Tag für Tag erhöhen, bis ich irgendwann dazu übergehen kann morgens eine Tasse flüssiges Ducktape zu genießen. Warum ich das mache? Ich bereite mich auf meinen ersten Bubble Tea vor.

Der ist doch verrückt, hat meine Mutter meinem Vater gesagt, als ich von meinen Plänen erzählt habe. Das geht doch nicht gut, meinte meine Schwester. Warum schießt der Stindl denn jetzt nicht auf’s Tor, schrie mein Vater, der gerade Fußball guckte. Aber ja, ich lebe gerne gefährlich. Und jetzt brauche ich nun mal eine neue Herausforderung.

Erst letztes Jahr hatte ich mich mit waghalsigen Aktionen immer wieder in Gefahr gebracht. Den Mount Everest hatte ich ohne Sauerstoffmaske und Anreise rein gedanklich in der Mittagspause erklommen, während ich nebenbei an einem Heilmittel für Aids und Florian Silbereisen forschte. Und dann, jaha, da bin ich immer noch stolz drauf, dann hatte ich auch einmal die Physikhausaufgaben abgeschrieben, ohne dass der Lehrer etwas bemerkt hatte. Das Leben ist nun mal hart, sage ich mir immer, und vor Herausforderungen wie Bubble Tea kann man gar nicht genug Respekt haben. Deshalb also dieses eisenharte Training. Nach zwei Wochen war der Ducktape-Vorrat meines Vaters aufgebraucht, worüber ich ganz froh war, da es nicht wirklich geschmeckt hatte. Ich kaufte mir also von meinem letzten zusammengeklaubten Kleingeld ein Busticket und fuhr die zwei Stationen bis in die Innenstadt. In meiner Heimat hatte man mich immer vor dieser ekelhaften Subkultur der Bubble-Tea-Trinker gewarnt. Das Zeug mache süchtig und überhaupt sei das nur was für Stadtkinder, die nachmittags im RTL-Programm den Unterhalt für ihre Familie finanzieren, indem sie sich mit „Kevin, komm bei de Mama“ anbrüllen lassen. In meinem Kopf spielen sich die gruseligsten Horrorgeschichten ab. Ich stelle mir vor, wie zwei Teenager von der Feuerwehr vorsichtig mit einer Flex vom Boden getrennt werden müssen, weil ihre Schuhe in einer Bubble-Tea-Lache vor dem Laden steckengeblieben sind. Noch bevor ich „Zieht eure verdammten Schuhe doch einfach aus“ schreien kann, hält der Bus an der Station am Hauptbahnhof und ich steige mutig aus.

Blicke nach links, blicke nach rechts. Auf einmal bekomme ich das Gefühl, dass die ganze Welt um mich rum an irgendwelchen Strohhalmen zieht. Merkt denn keiner von denen wie bescheuert das aussieht? Ich will gar nicht wissen, was die Evolution mit unserem Gesicht anstellt, wenn das so weitergeht. Doch ich stelle mich meiner Herausforderung. Hat mich jemals schon etwas davon abhalten können zu gewinnen, außer dem Mückenstich an der Ferse, wegen dem ich mich nach neun Minuten beim Hallenrundenendspiel 2003 auswechseln lassen habe? Jemals? Ich denke nach und bis auf 200-250 Dinge fällt mir kaum was ein, wodurch mein Selbstvertrauen nochmals bis ins Unermessliche steigt und ich mich Unbesiegbar fühle. Ich stehe mitten vor der Ernst-August-Statur und schreie in einem Anflug von Größenwahn, während ich mir mein T-Shirt vom Leib reiße: „Ihr könnt mir nichts, ich bin der König der Welt!“.

30 Minuten später verabschiede ich mich wieder von den herangeeilten Polizisten, das Missverständnis konnte aufgeklärt werden. Warum sie mich allerdings auf Drogen getestet und durchsucht haben konnte ich nicht ganz verstehen... den Bubble Tea wollte ich doch erst noch einnehmen. Wankend steige und falle ich die Treppe hinunter, Passanten fangen mich auf und stoßen mich wieder weg, nach einer halben Ewigkeit stehe ich vor dem Laden. Beim Anblick der grellbunten Farbfassade wird mir plötzlich klar, warum es 418 verschiedene Grüntöne gibt. Bis jetzt war meine Welt in hell- und dunkelgrün aufgeteilt. Allenfalls gab es noch Olivgrün, Normalgrün, Dunkelgrünrosa oder das „Neue McDonalds-Ökobewusstsein“-Grün. Aber das hier.. und dazwischen waren ja noch Rosa- und Orange-Töne. Ich kam mit meinem Leben nicht mehr klar, musste mich neu ordnen, meine innere Mitte finden. Ich begann mitten in der Passarelle zu meditieren, fand den Weg zu Gott, er ihn zu mir, plötzlich sah ich die Welt mit ganz anderen Augen. Diese machte ich dann wieder auf, genug meditiert.

Ich beschritt den Laden. Klingt das episch. Beschritt. Ich beschritt den Laden. Dann nahm ich den ersten Platz an der Kasse für mich ein und bestellte. „Ein Bubble Tea, bitte“. Ich drehte mich um, erwartete aufbrausenden Jubel, frenetischen Applaus, eine Auszeichnung für so viel Mut. Doch die Geschäftsleute tippten weiter in ihre Laptops und die Teenies weiter in ihre Smartphones. Die Rentner strickten. Kein Jubel, dafür aber die abfällige Frage „Welche Sorte?“ „Wie, hier, welche Sorte, na der mit den Bubbles hier, Bubble Tea, na, hier Jugend, Trendgetränk, das klebrige Zeug da mit dem Zucker drin.“ „Welche Geschmacksrichtung?“ Die Dinger gab es in verschiedenen Geschmäckern? Darauf hatte ich mich jetzt nicht vorbereitet. Die Situation überforderte mich. Ich raunzte die Frau noch kurz an „Ne, also wenn das so ist, dann brechen wir das hier an dieser Stelle ab. Zwischen uns hätte hier noch ein Geschäft zustande kommen können, aber wenn sie auf diese Art die Beziehungen auf die Probe stellen wollen, dann können wir das gerne an einem anderen Tag fortführen.“. War das jetzt zu hart? Die Frau scheint den Tränen nahe. Ich will mich gerade entschuldigen, da bietet sie mir ihrerseits den Bubble Tea als Entschuldigung umsonst an. Ja, so läuft das, Kinder. Ich bin der König der Welt.

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