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Diverses:Aus dem Leben eines Campingplatztesters

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Inhaltsverzeichnis
Mein erstes AbenteuerMein zweites AbenteuerUnd das Fazit

Campingplatz Prae Hygaenic

Campingschild.jpg
Kurz vor der Ankunft am Campingplatz

Das Landschaftsbild änderte sich abrupt, nachdem ich von der Autobahn abfuhr. Die grauen Lärmschutzwälle verschwanden und ich durfte erstmals die französische Natur fernab von Raststättenbeblumung und Duftbäumchen begutachten. Die sanften Hügel der Normandie kamen zum Vorschein. Ich fühlte mich gut. 12 Kilometer und 37 Kreisel weiter musste ich links abbiegen, so sagte es zumindest meine Frau (so nenne ich mein Navi). Die Dörfer wurden rar und das Gelände waldiger. Wenige Minuten später waren die grünen Hügel Vergangenheit und mich umgab dunkelster Nadelwald. Zwei Kurven weiter tauchte der Campingplatz auf: Camping Prae Hygaenic. Ich bog auf eine beinahe leere Wiese, die augenscheinlich den gesamten Campingplatz darstellte und parkte mein Auto neben dem Schotterweg, welcher drei Meter weiter versandete. Von einer Rezeption keine Spur. Lange Suchereien war ich hierbei jedoch gewohnt, oft scheint es so, als ob man an manchen Plätzen gar nicht gefunden werden möchte. So auch diesmal: Einer der Wohnwagen entpuppte sich als Rezeption, perfekt zwischen den gelblichen Caravans der Dauercamper versteckt, der Umgebung angepasst wie ein Chamäleon. Todesmutig schwang ich im folgenden die Tür zur Rezeption auf und wähnte mich kurz in einer Art Krankenstation. Links von mir saß ein Greis im Rollstuhl und starrte die Decke an, mir gegenüber an der Wand hing ein Erste-Hilfe-Kasten, rechts Defibrillator und Rettungsring.
"Haben sie noch einen Stellplatz für mich?" Tätärätä...der Preis für die idiotischste Höflichkeitsfrage 2011 ging an - kurze Pause - mich! Die Wiese draußen war unberührt. Die schnelle Antwort: "Nein, alles ausgebucht, nichts mehr frei!" Doof grinste ich den alten Mann an. Wie bitte? Er gluckerte und prustete. Zum schallenden Gelächter kam es nicht mehr, da machte ihm sein Alter einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen begann er zu husten und reichte mir noch im Sterben einen Plan des Platzes, absolut unnötig, sowie ein Werbeprospekt für Kaffeefahrten in der Nähe. Als er sich erholt hatte, kam er mit seinem Rollstuhl zu mir und fragte: "Möchten sie die ausführliche Rundführung oder lieber die kurze, knackige Version?" Ich entschied mich für die ausführliche Version, oft ist es interessant, was Campingplatzbesitzer von ihrem Platz halten.

Plumpsklo.jpg
Gebäudekomplex

Von der Schwierigkeit den Besitzer samt Rollstuhl aus dem Wohnwagen mal abgesehen: Die Führung um den Platz war durchaus erheiternd. Und was eine solche Wiese doch alles zu bieten hatte!
"Sie müssen wissen, dass wir als Platzleitung uns um das grüne Ökosiegel für Campingplätze beworben haben. Das heißt, dass wir keine Energie verbrauchen", also keinen Finger für die Instandhaltung des Platzes rühren, fügte ich in Gedanken hinzu. Doch ganz so gut ging es nicht weiter: Die Sanitärräume entpuppten sich als Plumpsklo und Wasserhahn (die Reste des "Kein Trinkwasser"-Schildes waren noch zu erkennen, der Versuch es zu entfernen nur stümperhaft gelungen). Zudem wurde der Campingplatz einmal quer durch einen Bach geteilt und die einzige Brücke war wahrscheinlich persönlich vom Rollstuhl aus erbaut worden. Später sollte in meiner Campingplatzbewertung Folgendes stehen: „Auch auf Platz 1 gibt es fließend Wasser – ein Fluss teilt das Areal in zwei Hälften“. Die Szenerie erinnerte mich an einen Naturcampingplatz in Schweden. Ausgewiesen naturverbunden und mitten im Wald. In der Dusche zeigte sich die Naturverbundenheit des schwedischen Campingplatzes besonders: Direkt neben dem Wasserablauf wurde eine Krötenauffangstation eingerichtet. Die ausführliche Rundführung war schnell beendet und ich platzierte mein Zelt ganz weit vom Plumpsklo entfernt. Wahrscheinlich würde man im Inneren noch Pollen von Mammutbäumen finden.
Doch ein Klogang war nicht vermeidbar, vielmehr nötig in meiner Funktion als Travel Comfort Tester. Bei einem solchen Klo gilt es dem berühmten 4-Schritt-Muster zu folgen. Der erste Schritt ist hierbei selbstverständlich die Inspektion des Ortes. Zu meinem Missfallen ergab sie, dass ich den zweiten Schritt leider nicht überspringen könnte: Die Desinfektion. Ich ging zu meinem Auto und kam mit 3 Insektenspraydosen wieder. Mit Absperrband wurde der Raum um die Toilette herum weiträumig abgesperrt und ich, in einem Schutzanzug, begann meine Spraydosen leer zu sprühen. In einer Stunde würde das Klo begehbar sein. Derweil erfuhr ich, was die kurze Version der Campingplatzrundführung war – ein neuangekommener, bemitleidenswerter Skandinavier hatte sie gewählt und musste sich nun 3 Sätze lang besudeln lassen: "Das ist die linke Seite der Wiese, das ist der Fluss, das ist die rechte Seite. Hier ist die Rezeption. Angenehmen Aufenthalt."
Immer noch vorsichtig betrat ich im Schutzanzug die 1x1-Meter Toilette. In einem Einteiler sein Geschäft zu vollrichten stellte sich als unmöglich heraus, also musste ich mich auch noch auf engstem Raum umziehen. Derweil war es mir möglich mich etwas genauer umzusehen, und vermutlich hätte ich sonst auch nicht die Kastanienblätter bemerkt, die wohl zur Dekoration über meinem Kopf hingen. Doch wo war das Klopapier, es dämmerte mir... Der Platzwart war noch so stolz gewesen auf seine Verwendung von nachwachsenden Ressourcen. Mit ein paar herausgerissenen Seiten des Campingführers (Serbien - unwichtig, da bin ich hoffentlich nie), bedeckte ich den Rand der Kloschüssel zentimeterdick, ich habe auf Toiletten immer ein paar Seiten Serbien dabei, man weiß ja nie.
Zum Glück war ich erst spät am Nachmittag auf dem Campingplatz angekommen, sodass ich nur noch einen kompletten, sowie einen halben Tag vor mir hatte, bevor es dann zwei Tage später weiterging.
Wer mit dem Zelt unterwegs ist, wie ich es auf diesem Campingplatz war, der muss sich, auch aufgrund fehlender Restaurants in näherer Umgebung, mit wenig zufrieden geben, was das Essen angeht. Der Variantenreichtum ist - freundlich gesagt - als äußerst begrenzt zu beschreiben und so ist es nicht eben mal möglich die neuesten Stickstoff-Spargelcremeschaum-Kreationen der katalanischen Edelküche nach zu kochen. Und eigentlich möchte man es doch sowieso landestypisch haben. Und hier isst man Gallettes. Das sind Crepés für Leute, die sogar auf der Milchverpackung danach suchen, wie viele Kalorien 100 Milliliter enthalten. Statt der üblichen Zutaten (Zimt & Zucker/Butter, Nutella, Erdbeer- oder Kirschmarmelade, Traube-Nusstafel, Milchschnitte) weist ein Gallette ungewöhnliche Inhalte auf. Tomaten, frisch und ohne Stellen, sonst kann man die auf keinen Fall essen, ein Hauch von Käse. Fertig ist der leckere, gesunde Nationalstolz. Als Beilage wird Mayonnaise empfohlen. Wie soll man das nur mit einem Campingkocher zubereiten? Ich musste also auf die bewährte Tütensuppe umsteigen – Trüffel-Sahne, um den Schein des Nationalgerichts aufrecht zu erhalten. Es schmeckte sogar halbwegs ordentlich.

Frühstück.jpg
Ein willkommenes Mahl

Der nächste Morgen. Ich erwachte unter Schmerzen, meine Luftmatratze hatte in der Nacht an Luft verloren und bei meinem Schlaf hatte ich es nicht mal bemerkt. Gestern hatte ich anscheinend das Ventil nicht richtig verschlossen. Naja, ich würde es nicht mal merken, wenn jemand neben mir ein Gewehr abfeuern würde, so tief schlafe ich meist. Der Rest des Campingplatzes war bereits wach, der andere Neuankömmling vom vorherigen Tage anscheinend schon wieder weg, ich der Einzige, der noch verschlafen aussah. Aber das machte mir nichts. Rentner haben einen anderen Tagesablauf als ich, redete ich mir immer wieder ein. Es muss wohl in tiefster Kindheit verwurzelt sein, dass diese immer mit dem Sonnenaufgang um fünf oder halb sechs aufstehen. Vermutlich gab es damals noch nicht mal Wecker und diese Tatsache sorgte für das heutzutage in meinem Kopf markant ausgeprägte Merkmal. Ich persönlich stehe immer erst dann auf, wenn mein Sonnenschein aufgeht (Gestrichen, als Campingplatztester darf ich mich nicht von meinen Gefühlen leiten lassen.). Ich stehe dann auf, wenn es mir passt. Am Ende eines Traums zum Beispiel. Das ist meistens gegen 10 Uhr. In meiner wilden Partyzeit als Jugendlicher 10 Uhr abends, mittlerweile dann aber doch 10 Uhr morgens. Zu einer Zeit also, zu der die Wracks von hier schon wieder ans Mittagessen denken und sich auf den Weg in ihren Wohnwagen machen, damit sie das französische Pendant zu RTL Punkt 12 nicht verpassen. Nachtruhe beginnt hier übrigens um 21.45, wenn der Abendspielfilm zu Ende ist.

Da jedes vernünftige französische Frühstück Baguette und Croissant enthalten sollte und auf diesem Campingplatz das einzig essbare Löwenzahn und Brennnesseln waren, musste ich mit dem Auto in den nächsten Ort fahren. Dort, in einem kleinen Café mit netter Atmosphäre angekommen, begann ich an meiner Bewertung des Campingplatzes zu schreiben. Letzte Details würde ich nachmittags in einem Gespräch mit dem Platzwart klären.
"Möchten Sie ein paar Kekse gereicht bekommen?", fragte der Platzwart. Es war keine Minute her, dass er erfahren hatte, dass ich Campingplatztester bin. "Das sind die guten Weihnachtskekse von meiner Frau." Wir hatten Hochsommer, die Kekse schmeckten scheußlich. Nicht einmal die Schokolade war wegen der Hitze zerlaufen, was absolut keinen guten Eindruck machte. Aber besser als gar nichts, seit dem Frühstück hatte ich nicht gegessen. Ich befand mich mittlerweile mitten in dem Gespräch mit dem Platzwart und regelte letzte Details, die Bewertung war so gut wie fertig.

Die Bewertung

Kastanie.jpg
Leider nicht doppellagig.
Standplatz

Die Standplätze sind auch für größere Fahrzeuge immer noch großzügig bemessen, während die Standplätze am Rande des Campingplatzes auffällig begrünt sind (Girsch und ähnliches), ist der Waldwuchs noch nicht zu den Stellplätzen in der Mitte des Campingplatzes vorgedrungen, wodurch diese Gebiete mitunter etwas karg wirken. - Fazit: 3 Sterne

Sanitärausstattung

Fließend Wasser ist vorhanden (ein Fluss trennt das Areal in zwei Seiten), jedoch ist die Warmwasserversorgung nicht immer gewährleistet. Gerade im Winter kommt es hierbei immer wieder zu Versorgungsengpässen. Ansonsten ist trotz weniger Campingplatzbesucher in der Hauptsaison warten vorprogrammiert: Einige Schnösel desinfizieren doch tatsächlich die Toilette bevor sie zum Stuhlgang schreiten. Da muss schon mal der Waldrand als Ersatz herhalten. Besonders ökologisch wertvoll: Klopapier aus nachwachsendem Rohstoff (Kastanienblätter!). - Fazit: 2 Sterne

Versorgungsmöglichkeiten

Wer auf einen campingplatzeigenen Shop mit täglich frisch zubereiteten Croissants hofft, wird enttäuscht. Doch für einen Stern in der Versorgungskategorie reicht es gerade noch so: Ein Kaugummiautomat ist seitens der Rezeption platziert. - Fazit: 1 Stern

Freizeitangebote

Durch geschickte Doppelnutzung ist der Fluss nicht nur Teil der Sanitäranlagen, sondern auch noch Badeort. Die etwas jüngeren Gäste haben zudem sicherlich ihren Spaß daran, sich die verrücktesten Wege zu erdenken, wie man einem Dauercamper durchs Fenster des Wohnwagens schauen kann, sodass man Fernsehen mitgucken kann. - Fazit: 1 Stern

Familientauglichkeit

Während Kleinkinder sich ja selbst noch an Kieselsteinen begeistern können, ist Camping Prae Hygaenic nichts für Familien in der fortgeschrittenen Entwicklung. Wer jedoch mit seinen Eltern noch einmal deren letzten Urlaub des Lebens verbringen möchte, der ist auf dem 2-Generationen-Campingplatz (Ab 60 und ab 90) an einem guten Ort. - Fazit: 2 Sterne


Camping Brie

Als zweiter Campingplatz erwartete mich einer dieser mittelstarken Dauerbrenner des ADAC-Führers: Jedes Jahr dabei, immer gerade noch so mit zweistelliger Gesamtsternanzahl, nicht zu empfehlen. Ich musste glücklicherweise nur 150 Kilometer diesen Vormittag zurücklegen, um dort dann auch anzukommen. Länger hätte ich es im Auto wohl auch nicht ausgehalten. Diesmal war der Campingplatz jedoch etwas weiter entfernt von der Autobahn, sodass 50 dieser Kilometer leider über langsamere Wege gedüst werden musste. Ich hatte mir zudem inzwischen einen Wohnwagen ausgeliehen und knapp 20 Kilometer vor dem Campingplatz sollte ich auf meine Leihfamilie treffen. Ein neues Konzept des ADAC. Personen mit niedrigem Einkommen, die sich keinen eigenen Urlaub leisten können, werden als Scheinfamilienmitgliedern den Campingplatztestern untergejubelt und können dafür eine Woche lang kostenfreien Urlaub in den schönsten Regionen Europas genießen. Zuvor müssen solche Mitreisende jedoch zahlreiche Eignungstests durchstehen, um zu ermitteln, ob sie ihre Rolle als Familienmitglied auch ernst nehmen können. Ziel ist es nämlich, Campingplatztester nicht immer sofort auffliegen zu lassen. Es kommt nämlich schon etwas komisch rüber, wenn man alleine mit einem Sechs-Personen-Wohnwagen durch die Gegend reist, weil man beim diesjährigen Besuch die Xtra-Large-Stellplätze prüfen soll. Als Konsequenz daraus durfte ich heute erstmals Bekanntschaft mit diesem Vertuschungsmodell machen und war schon gespannt, wie es werden würde. 17 Kilometer vor "Camping Brie" bog ich auf einen Landstraßenparkplatz ab.

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Das Shoppingcenter

Dort erwarteten mich bereits mehrere Personen, neben meiner künftigen Familie für die nächste Woche, waren auch zwei Angestellte des ADAC anwesend. Nachdem ein Großteil des Papierkrams erledigt war, kamen Melanie und Brian (keine amerikanischen oder englischen Wurzeln) zu mir ins Auto, und ich versuchte etwas unbeholfen eine Konversation zu starten. Gerade wenn es um Alltagsthemen ging, war das nicht meine Stärke. "Jaja, Camping Brie wartet auf uns. Mögen Sie Käse?". Den Rest der Autofahrt verbrachten wir alle stillschweigend. Zum Glück musste ich diese peinliche Situation nicht lang ertragen, noch 200 Meter bis zum Campingplatz. Doch als ich die Auffahrt zum Campingplatz sah, fiel ich aus allen Wolken. In großen Lettern begrüßte uns der offensichtlich rundum erneuerte Campingplatz: Qatar Airways Camping. Verwirrt blickt ich auf's Navi, die Adresse war korrekt eingegeben, es musste hier sein. Doch so sah keineswegs ein 2-Sterne-Campingplatz aus. Ich bat Melanie und Brian im Auto zu warten, während ich schnellen Schrittes die Rezeption aufsuchte.
Eine ellenlange Schlange, ventilatorengekühlte Luft und ein Innenraum von Ritzlobby-Format erwarteten mich. Zeit genug also, um die zahlreichen Informationen, die über schwarze Bretter verteilt auf Interessenten warteten, zu überfliegen. Einiges klang spannend und innovativ, anderes erschlug mich schlicht: Eine Stunde WLAN kostete hier, was auf dem anderen Campingplatz noch eine Übernachtung kostete. Zum Glück zahlt dies die Firma, und auch sonst schien der Campingplatz einiges an spektakulären Aktionen zu bieten. Eine Viertelstunde später stand ich vor einer aufgesetzt gut gelaunten französischen Rezeptionsdame und ließ mir die plötzlichen Änderungen des Platzes erklären. Ein arabischer Investor hatte den Laden hier vor gut einem Jahr übernommen und seitdem in die Modernisierung des Platzes investiert. Der Investor war logischerweise Qatar Airlines und mich erwartete scheinbar der kommende Top-Campingplatz Frankreichs, wenn nicht sogar ganz Europas. Vor Freude hätte ich die ganze Welt umarmen können. So etwas wünscht man sich doch immer.
Nicht immer wünschte man sich Melanie und Brian. Letzterer kam soeben schnurstracks in die Rezeption stolziert und verkündete: "Wo sind'n hier die Toiletten?" Die ganze Idylle war dahin. Während Brian die Sanitäranlagen begutachtete und Melanie in der Strandbar begann mit Franzosen anzubändeln durfte ich zusammen mit drei eigens dafür angestellten Muskeljungens den Wohnwagen auf unserem Stellplatz platzieren.
Im schnell aufgebauten Liegestuhl und mit einem Buch in der Hand beobachtete ich das bunte Treiben auf den Wegen, wer grüßte, bekam von mir ein "Shalömchen" als Antwort. Melanie und Brian waren verschwunden, was mir erst mal so ganz recht war. Der ADAC hatte den beiden ein Taschengeld von 250€ gewährt, sollten sie damit doch machen, wonach ihnen gerade war. Ich für meinen Teil würde all die Attraktionen gleichmäßig auf die fünf Tage Aufenthalt verteilen und jeden Tag somit genießen.
Nach einer Runde gepflegtem Nichtstun am Vormittag, beschloss ich irgendwo nach etwas Essbarem Ausschau zu halten. Auch die folgenden Tage der Woche durfte ich großartige Erlebnisse machen, die der Einfachheit halber auf ihre Höhepunkte beschränkt werden:

  • Auf dem Weg zum Pool machte ich Bekanntschaft mit einer Blondine und den übersetzten Poolregeln. Verboten: Schnorcheln, springen, das Becken verlassen, essen und trinken. Ich wusste, wie akribisch ernst solche Regeln zu nehmen waren und spuckte deswegen auch immer wieder das Wasser des Beckens aus, welches mir in den Mund gelaufen war. Die später aufgesetzte Scream-Maske ist als reine Schutzmaßnahme zu verstehen.
  • Die Toiletten waren auch hier leider keine Augenweide, bereits nach dem ersten Besuch merkte ich, dass Serbien noch etwas zu leiden hatte. Nicht nur, dass die Toiletten mit ihrer eher ungewöhnlichen Farbgebung (Kuhfarben - weiß mit braunen Flecken), verdammt niedrig platziert waren, nein, der Campingplatz war auch noch auf die klasse Idee gekommen Teppiche in den Sanitäranlagen zu platzierten! Gut, zwar nur an den Wänden, weil das halt mega orientalisch ist, aber jeder weiß, wie schnell beim Pinkeln mal was daneben gehen kann. Einmal kurz umgedreht und - zack! Der ganze Perserteppich ist versaut.
  • Ich flog bereits nach drei Tagen auf. Das Campingplatzpersonal sprach mindestens drei Sprachen fließend jeweils und irgendwann erklärte Brian in der Bar: "Ich werde hier gegen meinen Willen festgehalten! Helft mir, damit ich diesem bösen bösen Campingplatztester entfliehen kann! Ich will keine Froschschenkel probieren, ich will zum Pool!"
  • Auch in Genuß des Campingplatzthemas kam ich noch oft genug, ein paar Beispiele: Statt des inzwischen auf Campingplätzen üblich gewordenen Yogakurses gab es Stunden auf "fliegenden" Teppiche und aus geführten Wanderungen durch Flora und Fauna wurden geleitete Gebetsrunden. Sogar Kamele hatte man importiert. Was mir ein bisschen Angst machte war jedoch, dass Steckbriefe von internationalen Top-Terroristen in der Rezeption aushingen.

Abschließend folgte wieder ein Gespräch mit der Campingplatzleitung, erneut um eventuelle Missverständnisse aufzuklären und ähnliches zu vollziehen. Diesmal wurde ich mit Geld bestochen, was nicht weiter überraschte, aber wenigstens versuchte man es unauffällig und kreativ. Zumindest, wenn man es mit anderen Bestechungsversuchen verglich. Ein tatteriger Campingplatzvorstandschef (Ja, es gab einen Vorstand! Und was noch schlimmer war: Es gab auch Vertragsverhandlungen mit anderen Campingplätzen zu Mitarbeiterwechseln) verlor ausversehen einen 100 Euro-Schein Bündel und war vor der Abfahrt nicht mehr zur Rückgabe auffindbar. Meine Bewertung wäre aber auch ohne die Spesen gut ausgefallen.

Die Bewertung

Wüste1.jpg
Mein großzügig angelegter Stellplatz
Standplatz

Die Standplätze sind überaus großzügig gestaltet und Qatar Airlines Camping entsprechend angepasst. Jedoch ist es schwer, das Gefährt in eine absolut waagerechte Lage zu bringen, was einen besonders dann zur Verzweiflung treibt, wenn man nach stundenlangem Hin- und Herpacken der Klamotten zur Veränderung des Gewichts auf den Wohnwagensseiten merkt, dass man das Werkzeug zum Kurbeln der Stellfüße doch dabei gehabt hätte! - Fazit: 5 Sterne

Sanitärausstattung

Fließend Wasser ist vorhanden. Mit entsprechendem Mobilar drumherum zum Glück auch noch. Doch irgendwie wünschte man sich hier stets die Dekorationsfähigkeiten einer alternden Französin zurück. Obwohl? Yukkapalmenblätter anstelle von Kastanienblättern wären wohl auch nicht so praktisch gewesen. - Fazit: 4 Sterne

Versorgungsmöglichkeiten

Von Feigen im Speckmantel bis hin zu Melonen im Schinkenmantel - der Campingplatz versteht es die französische mit der arabischen Küche zu verbinden. Sogar Sandkörner zwischen den Zähnen sind als authentisches Extra möglich (3 Euro Aufpreis) - Fazit: 5 Sterne

Freizeitangebote

Absolut großartig, doch auf der Jagd nach Rekorden sollten irgendwo auch mal Grenzen gesetzt sein, gerade die spektakulärste Rutschlandschaft der Welt neigt zur Übertreibung. Ganz ehrlich: So cool es ist, eine 13 Kilometer lange Rutsche zu haben, nach spätestens sechs Kilometern wird es langweilig und was dringend nötig wäre: Zwischenbecken für eventuelle Pinkelpausen. Gerade im hohen Alter ist das bei der Länge nötig! - Fazit: 5 Sterne

Familientauglichkeit

Meine Leihfamilie taugte rein gar nichts! Stümperhaft vom ADAC ausgewählt, da freue ich mich schon auf meine liebe Frau daheim, die kann kochen und das auch noch buchstabieren! Also: Daumen runter, Vorgesetzter, das gibt aber deftigen Karma-Abzug. Kandidaten die Justin oder Brian heißen gleich aussortieren! Sowas gibt es nur im Fernsehen, aber nicht bei mir im Wohnwagen. - Fazit: 0 Sterne


Fazit

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  • Ich werde mich wohl aus meinem Beruf zurück ziehen, zuviel Urlaub tut einfach nicht gut.
  • Zurück in Deutschland überraschte mich meine (richtige) Frau mit einem Abendessen und eröffnete mir zudem ihre Urlaubspläne. Irgendwas in Osteuropa fände sie spannend, Serbien zum Beispiel.
  • Als ich zuhause ankam, war mein erster Weg der zur Toilette. Dort sorgte ich für fließend Wasser.
  • Ich hätte gerne mehr geschrieben, doch leider manage ich meine Zeit genauso gut, wie meine Berufswahl.


Ende
Geschrieben von:

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