Der dicke Baldachinträger

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Ja, er auch...

Der dicke Baldachinträger ist eine Trachtenfigur aus dem dörflich-provinziellen Traditionen des Rheinlands, vornehmlich Westfalens, der Eifel, des Emslandes, des Oldenburger Münsterlandes und der Moselweinbaugebiete. Die namensgebende Aufgabe ist das Tragen des Baldachins bei Fronleichnamsprozessionen. Weil aber das eine recht anstrengende Sache ist, schwitzt der dicke Baldachinträger dabei sehr und sieht bereits nach Verlassen des Kirchhofes aus wie ein supergut begossenes, saftig-ölendes Spanferkel. Übrigens gibt es zu den sommerlichen Prozessionen auch oft Spanferkel, aber das nur nebenbei.

Ursprung

Ein stinkstiefeliger Erzbischof im Dreißigjährigen Krieg widerstand reformatorischen Umtrieben sowie alkoholfeindlich-protestantischen Schweden und hielt ein paar Dörfer mit mehr Kühen als Menschen im katholischen Glauben fest ("Da sind selbst die Küh` katholisch"). Dadurch blieben besonders im mittel- und westdeutschen Raum Enklaven zurück, die die mittelalterliche Tradition fortführten, es mit dem Fasten nicht so genau zu nehmen (das Wort kommt ja von „fast“) und am Fischfreitag auch mal Biber zu essen. Unglücklicherweise waren die Traditionen der Bistümer und Stifte so fest verankert in der Sozialstruktur ihrer Dörfer, dass immer die gleichen hoch angesehen Menschen zur Begleitung der unzähligen Prozessionen ein Amt versehen durften und dafür eine entsprechende Naturalienentlohnung verlangen konnten. Gerade die Hitze im Sommer von den Prozessierenden fernzuhalten, war eine ehrenwerte Aufgabe und konnte auf langen Flurritten, Walfahrten und Grenzumgängen auch mal den ganzen Tag dauern, wenn die Prozesion anfing, rat- und ziellos im Kreis herumzulaufen, weil auf der Landesgrenze plötzlich ein Busch gewachsen war und man nicht wusste, an welcher Seite man nun vorbei sollte.

Während viele kleine Tagelöhner seufzten, weil die Dorfbewohner sie für zu schwach hielten, um ihnen das lukrative Amt zu übertragen und in diesen bangen Stunden Schatten zu spenden, brachte das Amt mit einer Unzahl von verlangten Rauchhühnern und und Zuchtkaninchen mächtige Träger hervor, die in den Dörfern zu solchen Unmenschen heranwuchsen, dass es auf den Prozessionen, auf denen sie mitgingen, nicht einmal mehr einen Baldachin gebraucht hätte, um Schatten zu spenden. Je länger die Unsitte anhielt, Baldachinträger für lange Prozessionen zu mästen, desto gefestigter wurde auch deren Stellung im Dorf und bald verlangten sie mehr als nur Wegzehrung. Wenn der Baldachinträger durch das Dorf ging und sein hungriger Blick zufällig auf eines der Kantorsschafe auf dem Kirchhof fiel, öffnete der Knecht oft schon nur noch seufzend das Gatter und beobachtete mit trübem Blick, wie sich der Fleischberg durch die Herde mähte. Um der Tradition gerecht zu werden und das Gesicht vor dem Amt zu wahren, blieb den Bewohnern nichts weiter übrig, die fleißige Dezimierung ihrer Viehbestände ebenso hinzunehmen wie einen Schicksalsschlag durch Hagel oder Fuchswilderei. Unzählige Schweinehälften verschwanden von Hinterhöfen, ganze Kühe tauchten nach schrecklichen nächtlichen Würgelauten im Dorf nie mehr auf, selbst der ein oder andere Tagelöhner verschwand.

...er natürlich...

Mit der Industrialisierung und Säkuarisierung entpersonalisierten sich zwar viele Ämter, aber das des dicken Baldachinträgers verblieb erblich im Kosmos der dörflichen Selbstverwaltung, sodass die Fettleibigkeit des Vaters mit dem Amt auf den Sohn auch den Cousin, den sogenannten VFetter überging.

Merkmale des dicken Baldachinträgers

Der heutige dicke Baldachinträger trägt oft zu seinem mächtigen Erscheinungsbild eine dicke Brille mit mindestens 20 Dioptrien, die bald von herabtropfenden Schweißperlen total befeuchtet wird. Kurz vor Erreichen der ersten Kurve einer Prozession beginnt er zu schnaufen, nachdem die Kurve gemeistert ist, qualstert er unappetitlich aus Mund und Nase, wodurch hinter ihm höchste Rutschgefahr entsteht. Er muss dann ab der ersten Station vorerst abgelöst werden. An seinen Ohrläppchen wachsen borstenähnliche Haare, an denen durch die ganze Qualsterei besonders viele und dicke Ohrenschmalzkrümel hängen. Das verbliebene Haar klebt und schmalzt auf der Kopfhaut. Beim nächsten Törn nach der zweiten Station, wenn der dicke Baldachinträger sich halbwegs regeneriert hat, was man daran erkennt, dass die dicke, herabhängende Unterlippe beim Ausatmen nur noch geräuscharm schwabbelt, beginnt das Spiel von vorn.

Am Nachmittag des Fronleichnamstages findet dann, wenns heiß genug ist, der Sprungwettbewerb im örtlichen Freibad statt. Meistens macht der dicke Baldachinträger mit und gewinnt einen Preis. Die am meisten bejohlten Sprünge sind:

  • 1 irgendein völlig missglückter Sprung eines dicken Baldachinträgers
  • 2 Bauchfletscher eines dicken Baldachinträgers
  • 3 Arschbombe eines dicken Baldachinträgers
  • 4 Krampe eines dicken Baldachinträgers
  • 5 Ersteigen des Siegertreppchens durch einen dicken Baldachinträger (kein wirklicher Sprung aber ist eh nur ein Spaßwettbewerb)
....und der hier, obwohl...

Der Tag danach

Wenn die Prozession vorbei ist, dann wird der moderne Baldachinträger für den Rest des Jahres nicht mehr dicker Baldachinträger sondern wieder, zumindest in Beispielsdorf, Lindenbaums Tüddelüttken genannt und widmet sich seiner Aufgabe als Kolpingvorsitzender. Anderswo kann er auch jede Form von dämlichem Namen bekommen und jede Tätigkeit und/oder Funktion übernehmen. Überdurchschnittlich oft ist er z.B. Mitglied von Männergesangsvereinen. Im Rheinland heißt er sogar in mehreren Dörfern "Dä Määrktetnits Manes", während die Eifel sowas gern "Prummens Aujust" nennt.

Der dickste Baldachinträger der zur Zeit in einem Hildesheimer Stiftsdorf lebt, heißt übrigens Borsumer, Kasper (Borsumer hier als Zuhname). Die anderen Träger sind sicherlich Krokodil, Prinzessin und Polizist - der Teufel eignet sich eher weniger für eine kirchliche Zeremonie und die Großmutter ist für das Baldachintragen zu alt.

Siehe auch


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