Diverses:Wort zum Sonntag/KW 6 2017

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Liebe Gemeinde,

Heute ist Bundespräsidentenwahl. Also, was so so Wahl nennen kann. Genau genommen ist es ja eine Wahl nach gutem, alten DDR-Prinzip; Alle wissen bereits, wer sie gewinnen wird, aber es macht trotzdem Spaß, nachher überrascht zu tun.

Aber nun gut. Den überraschenden Wahlsieg von Frank-Walter Steinmeier besprechen wir nächste Woche ausführlich. Heute kümmern wir uns stattdessen mal ein wenig um Sport. Da war in den letzten 7 Tagen nämlich jede Menge los. Der Super Bowl zum Beispiel endete mit dem größten Comeback seit Lazarus Wiederauferstehung. Und auch im Fußball war diese Woche eine Menge los.

Dortmund und die Angst vor Dosen

Normalerweise Schauplatz ganz anderer Dramen: Das Dortmunden Westfalenstadion

Es war vermutlich DAS Skandalspiel der Saison – Borussia Dortmunds Heimspiel gegen... äh... wie heißt Red Bull Leipzig noch mal offiziell, um die 50+1-Regel zu umgehen? Ach ja, Rasenball. RB, sie verstehen? Also, Dortmund gegen Leipzig jedenfalls endete mit einem Nachspiel, denn es begab sich nicht nur, dass während des Spiels diverse Schmähplakate auf Seiten der Dortmunder Südtribüne zu lesen waren, sondern auch außerhalb des Stadions ging es hoch her. Weil bis zu 400 Dortmunder Hooligans nicht an den RB-Mannschaftsbus herankamen, richtete sich die Gewalt“ einfach gegen normale Fans – auch Frauen und Kinder. Es wurden Steine, Flaschen, Kisten und - natürlich - Dosen geworfen. Ergebnis: 32 Verletzte. So etwas braucht niemand.

Wie konnte es dazu kommen? War es die natürliche Furcht des Menschen vor Dinge, die es objektiv gesehen nicht geben kann? Wie Geister, Bigfoot oder eben RB Leipzig-Fans? Weil es aus Sicht eines Dortmund, Schalke oder Werder-Anhängers eigentlich unmöglich erscheinen muss, dass es Menschen gibt, die diesem Kunstkonstrukt, dieser Kickenden Marketingabteilung eines Brauseherstellers hinterherlaufen?

Ja, beschäftigt man sich mit dem Konstrukt RB Leipzig und der Art, wie der Verein sich nach Außen verkauft, kann man als Fan sogenannter Traditionsvereine durchaus einen Hals bekommen. RB Leipzig verstößt genau genommen jeden jede DFB oder DFL-Regel, welche die Einmischung eines Konzerns in das Treiben eines Fußballvereins beschränken soll. Es interessiert aber scheinbar nicht. Hinzu kommt die patriarchische Rolle von Sportdirektor Ralf Rangnick, der neben RB Leipzig auch den österreichischen Ableger RB Salzburg betreut und wahllos Spieler zwischen den beiden Vereinen hin- und herschiebt. Nicht, ohne sich in den Medien hin und wieder selber auf die gut bezahlten Schultern zu klopfen, und Spieler“transfers“ zwischen Leipzig und Salzburg als „seine schwersten Verhandlungen“ bezeichnet. Klar, er verhandelt da ja auch mit sich selber.

Zusammengefasst: Man muss RB Leipzig nicht mögen. Kann man manchmal auch nicht. Gewalt gegen diejenigen, die sich von diesem Verein nicht abschrecken lassen und dann doch lieber in seinen Farben schönen Fußball sehen wollen, anstatt sich eine Dauerkarte beim Traditionsverein HSV zu kaufen und dort das ganze Jahr das Elend zu sehen, geht jedoch gar nicht. Und wird es auch dann nicht, wenn es irgendwann mal selber Traditon haben sollte.

Bestraft wird der BVB übrigens nicht für das Dosen ab- und nur werfen außerhalb der angestammten Rummelplätze, sondern lediglich für die Spruchbänder im Stadion. Wahrscheinlich, weil die seelischen Schmerzen, die ein „Scheiß Red Bull“-Plakat so verursachen, wesentlich schwerer wiegen als so eine Pulle an die Ömme. Beim nächsten oder übernächsten Bundesligaheimspiel wird die Südtribüne, wo normalerweise 25.000 Dortmunder Fans ihren Stammplatz haben, leer bleiben müssen. Dann wird der Gegner jedoch jemand anderes sein. Beim nächsten Spiel gegen die Dosenfreunde aus dem Osten werden aber wieder alle vollzählig sein. Intelligente Ausschreitungsvorbeugung sieht anders aus.

Die DFL hatte allerdings auch das Ihrige beigetragen, die Situation außerhalb des Stadions eskalieren zu lassen. Bereits im Juli, kurz nach Bekanntgabe des Spielplans, hatte die Polizei NRW die DFL gebeten, dieses Spiel nicht an jenem Samstagabend austragen zu lassen. Keine 200 Meter vom Stadion entfernt fand nämlich zeitgleich eine Jagdhundmesse, sowie ein Auftritt von Bülent Ceylan in der ausverkauften Westfalenhalle statt. Die Polizei bat die DFL daher eindringlich, das Spiel zu verlegen, da durch die anderen Verantstaltungen am selben Ort die Situation aus Polizeisicht zu unübersichtlich sei, um für volle Sicherheit für die Auswärtsfans zu garantieren. Auch der Verein RB Leipzig warnte im November noch einmal davor. Ohne Ergebnis. Dem BVB jetzt die alleinige Schuld am diesem Ergebnis geben, wegschauen und sich in aller Form ungefragt von den Ereignissen distanzieren, wie es unter der Woche irgendwie jeder tat, der sich aus der letzten Ecke zum Telefon schleppen und die BILD anrufen konnte (inklusive Peter Neururer), ist einfach. Das Problem löst es aber nicht. Und es wird auch so schnell nicht gelöst. Wetten?

Philipp Lahm geht auf Abschiedstour

Ab Sommer nur noch als Gartenzwerg auf Rasenflächen unterwegs: Philipp Lahm

Philipp Lahm sorgte diese Woche für ein mittelschweres Erdbeben in Fußballdeutschland, als er im Zuge des blutleeren DFB-Pokalspiels seiner Bayern gegen Wolfsburg sein Karriereende zum Saisonende bekanntgab. Im selben Moment fiel Rudi Völler erbost von der Couch und brüllte seine Frau an, dass ein Spieler, der vor Einsetzen der Pubertät aufhört, den Fußball nie geliebt habe.

Geliebt wurde der Außenverteidiger, der auf dem Feld immer so glücklich grinste, weil ihm die Grashalme am Sack kitzelten, vor allem von Trainern. Bei den Fans ist das Verhältnis zu Lahm ja eher ambivalent.

Es war wie damals in der Schule; In jeder Klasse gab es diese Nervensäge in der ersten Reihe, die jubelnd die Arme hob, wenn der Lehrer eine Extraportion Hausaufgaben verkündete und den die anderen Schüler dann am liebsten kopfüber in die Mülltonne gesteckt hätten. Genau diesen Typ verkörpert Philipp Lahm. Ein Uhrwerk auf dem Platz, aber in jedem Interview mit einer brechverdächtigen Klassensprecherattitüde gesegnet, die jedem Versicherungsvertreter und Medientrainer Tränen der angepassten Ganzkörperrührung in die Augen treibt. Und dazu stets ein Gesicht, welches jedem sagte „Herr Lehrer, ich weiß was. Und ich weiß es nur für Sie.“

Doch der kleine, lustige Kobold mit der Streberattitüde konnte auch anders. Unvergessen sein Aufstieg in das Kapitänsamt der deutschen Fußballnationalmannschaft, dem eine Verletzung von Michael Ballack vorausging. Als Ballack wieder auf der Matte stand, weigerte Lahm sich einfach, die Binde zurückzugeben, wie einst Gollum in Angesichts eines Rings, sie zu knechten. Was folgte, war eine interne Schlammschlacht, bis der Lieblingsschwiegersohn aller Gartenzwergfreunde letztendlich seinen Willen bekam und Ballack ausgebotet wurde. Auf die selbe Art holte sich Lahm auch die Kapitänsbinde des FC Bayern, hier zu Ungusten und hinter dem Rücken von Bastian Schweinsteiger. Von dieser Seite zeigte Lahm sich auch 2011, als er ein Buch veröffentlichte, und sich dort nach Herzenslust einmal quer durch die Fußballszene besserwisserte. Es verfestigt sich der Eindruck, dass Lahm hinter den Kulissen durchaus als „Hinterfotziger Saubuab“ zu bezeichnen ist.

Nun also der Rücktritt. Ein Jahr früher als erwartet und nicht so verkündet, wie abgesprochen. Einer gemeinsamen Verkündung mit dem Vorstand des FC Bayern kam Lahm einfach voraus und ließ seine Noch-Vorgesetzten so vor der Presse ziemlich alt aussehen (Okay, im Vergleich mit ihm ist das einfach), da diese noch live im TV dementierten, von einem Rücktritt zu wissen, während Lahm zeitgleich dem Fieldreporter das Gegenteil erzählte. Irgendwie schon typisch.

Es bleibt die Frage, was Lahm nach seiner Karriere so treiben wird. Sportdirektor beim FC Bayern wird er nicht. Lahms Forderungen, in eine Position auf Augenhöhe eingesetzt zu werden, konnten die Bayern-Bosse nicht erfüllen, da sie keine Lust hatten, nur deswegen andauernd einen Hocker für Lahm mitschleppen zu müssen. Genug Möglichkeiten gäbe es aber noch. Vielleicht setzt Lahm sich zur Ruhe und tritt einem Kleingartenverein bei? Oder er agiert bei Game of Thrones an der Seite von Peter Dinklage? Oder als Theaterdarsteller im Kleinkunsttheater? Irgendwas wird dem umtriebigen Klassenbesten schon einfallen.

Die Kölner Blitzbirnen

Stein des Anstoßes: Eine unsinnige Blitzkiste

Und was war sonst noch so los? Ach ja – In Köln dreht die Justizbehörde derzeit freier als die alle Protagonisten der alten Didi Hallervorden-Filme zusammen. Grund: Ein Blitzer auf der A3. Der stand an einer Baustellenausfahrt und fotografierte alles, was schneller als 60km/h fuhr. So weit, so normal. Blöderweise stand nirgendwo ein Schild, welches besagte, dass an der Stelle nur 60 erlaubt waren. Tatsächlich zeigte das letztsichtbare Verkehrzeichen eine Begrenzung auf 100km/h an. Das Ergebnis: 400.000 Fahrzeuge wurden in einem Zeitraum von 10 Monaten zu Unrecht geblitzt, zur Kasse gebeten und mit Punkten in Flensburg beglückt. Doof gelaufen.

Die Reaktion der Kölner aber war absolut göttlich: Anstatt nun konsequent zu reagieren und allen Betroffenen zu helfen, glaubte die Kölner Oberbürgermeisterin Reker auch noch, man dürfe aufgrund unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwands im Zusammenhang mit der erneuten Bearbeitung und Rückzahlung von Bußgeldern die fälschlich eingezogenen Gelder behalten. Ein Rechtsverständnis, heiter und dämlich wie es in Köln so kurz vor Karneval halt zu erwarten ist.

Doch auch hier endete die Dümmlichkeit noch nicht; Zweiter Versuch - Um etwas Wind aus der Angelegenheit zu nehmen, behaupteten die Kölner Verantwortlichen nun in einem verzweifelten Akt des Zurückruderns entgegen der Niagarafälle, man habe sich mit der Bezirksregierung jetzt darauf geeinigt, dass Betroffene den sogenannten “Gnadenweg” einschlagen könnten. Die Bezirksregierung widersprach umgehend und teilte mit, dies wäre ja gar nicht erlaubt. Rumms.

Gut, dann halt der dritte Versuch: Die Stadt Köln sagte Betroffenen der Blitzer-Posse nun eine unbürokratische Lösung zu. Die sieht so aus; Betroffene füllen „Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens” aus und schicken sie nach Köln. Antworten die Kölner nicht, sollen die gleichen Anträge oder auch „Anträge auf Gnadengesuche“ noch einmal an die Bezirksregierung geschickt werden. Ja, das klingt sehr unbürokratisch. Und ist lustigerweise nicht einmal funktional, da so die Verantwortung wieder auf die Bezirksregierung geschoben wird, die ja schon im oben genannten zweiten Versuch erklärte, dass dies nicht möglich sei. Egal, ob die Stadt Köln oder die Betroffenen die Anträge jetzt stellt.

Ob im Endeffekt jetzt irgendwer sein Geld wiederbekommt, steht noch aus. Es könnte passieren. Diejenigen jedoch, denen die Blitzbredouille den Führerschein gekostet hat, gucken in die Röhre. Diese Fälle rückgängig zu machen, ist aus bürokratischer Sicht nämlich wieder eine andere, fast unlösbare Aufgabe. Tolle Wurst.

Fuchs, du hast das Hirn gestohlen

Fühlt sich ebenfalls völlig diskriminiert und zum Objekt entwürdigt: Die Gans

Apropos Wurst – Wer die Geschehnisse von Köln schon für dämlich hält, der hat nicht gehört, was die Tage in Limburg abging. Dort wurde ein Glockenspiel des Kinderliedes „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ aus dem alten Rathaus verbannt. Grund: Eine Tierschützerin fand das Lied anstößig und diskriminierend dem Fuchs gegenüber.

Kein Scherz.

In was für Zeiten leben wir denn eigentlich? Früher, da war Limburg noch in den Schlagzeilen, weil der dortige Bischoff, Tebbe die Elster, Unmengen an Kirchengeldern verprasste, um sich selbst einen Palast in die Gemeinde pflanzen zu lassen. Das war ein guter Oldschool-Aufreger. Aber Kinderlieder, in denen Füchse diskriminiert werden? Also bitte.

Wer das Lied kennt, weiß, dass dort die Zeile „Sonst wird dich der Jäger holen mit dem Schießgewehr.“ enthalten ist. Nämlich dann, wenn der Fuchs weiter Gänse stieht und nicht wieder hergibt. Das ist natürlich abgrundtief böse, dem Fuchs Diebstahl vorzuwerfen und ihm mit dem Tode zu drohen. Wenn das ein echter Fuchs hört, wird er vermutlich Depressionen bekommen und nie wieder eine Pfote in einen Gänsestall setzen, um seiner persönlichen Freiheit, eine Gans zu stehlen, nachzukommen. Oder aber, es ist diskriminierend, weil nicht jeder Fuchs Gänse stieht und jede andere Behauptung ein pauschaler, rassistischer Vorwurf ist.

Hach, ist es nicht wunderbar, dass in diesem schönen Land Leute leben, die keine schlimmeren Probleme haben als Pelztierdiskriminierende Kinderlieder?

Freuen wir uns also auf kommende Skandale, wie zum Beispiel das Verbot von Grimms Märchen, wo immer wieder und wieder Wölfe, Geißlein, Großmütter, Schwiegermütter, Könige und alles und jeder diskriminiert und in ihrer Freiheit verletzt werden. Am besten, wir erzählen und singen gar nichts mehr, was nicht vorher von Menschenrechts- und Tierschutzorganisationen abgesegnet wird, vernünftig gegendert ist und wo alle Figuren sich nur rein vegan aus nachhaltiger Bioerzeugung ernähren. Und dann, ja erst dann, wird die Welt endlich frei von allen Problemen sein. Also abgesehen von solchen, für die es psychiatrische Behandlungen benötigt.

Tja, das war es dann für diese Woche. Nächste Woche dann mit allem, was um die Bundespräsidentenwahl zu wissen ist. Wer sich bis dahin mit den Kandidaten beschäftigen will, dem sei dieser Artikel empfohlen. Ansonsten noch eine schöne Woche und bis zum nächsten Sonntag!

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