Spiegelwelten:Apark
Literarisches Dominion Apark | |
Wahlspruch: "Die Feder ist mächtiger als das Schwert" | |
Kontinent | Literarische Zwischendimension, keinem Kontinent zugehörig |
Amtssprache | Itzerdeutsch |
Hauptstadt | Tatorth |
Staatsform | Dominion |
Regierungsform | Konstitutionelle Monarchie mit weitgehender Selbstverwaltung |
Staatsoberhaupt | Hinterwalder Halbkönige Mahong III. und Afrodo I. (vertreten durch Generalgouverneur Itzach Uforst) |
Regierungschef | Chefredakteurin Sharon Holm |
Pressedienst | Schlimme Zeiten |
Fläche | 850.672 km² |
Einwohnerzahl | 65.542.000 |
Bevölkerungsdichte | 77 Einwohner pro km² |
Währung | Hinterwalder Währung: 1 Itzer Pfund = 2 Rauthener Schillinge = 4 Hinterwalder Halbgroschen = 8 Quadratler Quartaler = 16 Witwenthaler Pfennige |
Nationalhymne | Choral von Rauthen (Hymne Hinterwalds) |
Internet-TLD | .ap |
Telefonvorwahl | +4711 |
Das Literarische Dominion Apark gehört zum Vereinigten Königreich Hinterwald, befindet sich jedoch in einer Literarische Zwischendimension und kann daher nicht auf einer Karte verzeichnet werden. |
Inhaltsverzeichnis
Ursprung und Geschichte
Sowohl Apark als auch sein winziges Universum (aus Sicht der Spiegelweltler hat es etwa die Maße 12,5 mal 19 mal 2 Zentimeter, das heißt Taschenbuchformat; aus Sicht der Bewohner Aparks ist es jedoch dank Raumkrümmung und ähnlich fortschrittlicher Dinge unendlich) basieren auf den solidesten physikalischen Grundsatz, der sich denken lässt, dem Wie-jeder-weiß-Prinzip:
Wie jeder weiß, birgt jedes Buch in sich eine kleine Welt. Nur wenige Forscher nehmen diese Wahrheit wörtlich, sondern sie halten es für eine Art Gleichnis, dass man Leuten entgegenschleudern kann, die mutmaßlich weniger lesen, weniger Ahnung und höchstwahrscheinlich keinerlei Geschmack haben, kurz: die keine Gentlemen sind. Dieser Snobismus ist eine der wenigen stichhaltigen Erklärungen für den Umstand, dass bis heute kaum Versuche unternommen wurden, diese literarischen Parallelwelten zu erreichen. Erst die Gelehrten der Universität Itz nahmen sich dieses brachliegenden Feldes an, das im Rahmen des so genannten Hinterweltprogramms Früchte trug. (Anzumerken ist aber, dass nicht mangelnder Snobismus die Ursache war, sondern die Tatsache, dass die Herren Forscher bereits das sonnige Ufer jenseits des Snobismus erreicht hatten, an welchem man wieder vorurteilsfrei an die Dinge herangehen kann – an diesem Punkt weiß man einfach, dass man etwas besseres ist, Beweise sind da nicht mehr vonnöten.)
Geburt einer Nation
Das Hinterweltprogramm kostete den Hinterwalder Staat Unsummen und bewies im Gegenzug sieben einfache Dinge. Nur die Tragweite dieser Punkte lässt die Bilanz nicht ins Bodenlose kippen:
- Vermittels K-Raumportal ist es möglich, das „Innere“ von Büchern zu erreichen.
- Das Innere von Büchern entspricht den physikalischen Gegebenheiten, die der Text vorgibt, der in der übergeordneten Heimatdimension lesbar ist.
- Das Innere von Büchern lässt sich durch Veränderungen in der Erstschrift des zugrunde liegenden Textes beeinflussen, allerdings muss es sich um das Erstmanuskript desselben handeln – die bloße Druckkopie reicht nicht aus.
- Die literarische Parasitendimension bleibt auch bestehen, wenn das Basismanuskript verloren geht – allerdings sind dann keine Eingriffe in die Text-Wirklichkeit-Beziehung der literarischen Zwischendimension mehr möglich.
- Dinge und Personen können zwischen Haupt- und Parasitendimensionen hin- und herwechseln, allerdings muss die energetische Bilanz gewahrt bleiben: für alles, was hinausgeht, muss auch etwas hineingehen (Spezieller K-Raum-Energieerhaltungssatz).
- Im Grunde sind die literarischen Kleindimensionen nichts besonderes, sondern nur eine Art Kellergeschoss der Realität: Man müsste dringend einmal lüften, aufräumen und ausmisten, kommt aber irgendwie nicht dazu, und wenn das Haus darüber abbrennt, ist der Schrott im Keller meist alles, was übrig bleibt.
- Zweiundvierzig.
Nachdem die das ursprüngliche Hinterweltprogramm durch göttliches Eingreifen in Flammen aufgegangen und zu Asche verbrannt war, hielt Großkanzler noch am Tag und Ort des Unglücks eine trotzige Musst-mir-meine-Erde-doch-lassen-stehn-Rede, in der er einem eilig versammelten Autorenteam Richtlinien für ein zweites literarisches Staatsprojekt mit auf den Weg gab. Diese in Apark selbst Gründungsmonolog genannte Rede wurde von der Zuhörerschaft zwar begeistert aufgenommen, jedoch in vielen Dingen falsch verstanden.
Literarische Basis
Was genau die von Solon Winckelzug beauftragten Autoren an literarischen Werken und Machwerken in das K-Raum-Manuskript eingearbeitet haben, kann nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden. Sicher ist allerdings, dass sie die gesamte Bandbreite vom Gossenroschenroman bis zum zeitlosen Klassiker der ewig zu bewundernden Hochliteratur verwendeten und eifrig mischten - vielleicht ein bisschen zu sehr.
In jedem Fall bekam Apark hierdurch einen hochgradig eklektischen Charakter. Nur so ist die ungeheure Zahl (mehr als 12% der Aparker Gesellschaft) von beleidigend stereotypen Oberärzten zu erklären, die stets sonnengebräunt und in bester Laune alten Mütterchen gut zureden, um anschließend ganz und gar nicht eindimensionale Krankenschwestern flachzulegen.
Auch die für jeden aufrechten Republikaner beängstigend hohe Zahl von Monarchen, die auch ohne Land einfach so Monarch sind, kann mit einiger Sicherheit hierauf zurückgeführt werden - ganz zu schweigen von der gewaltigen Masse an Königskindern. Im Aparker Oberland soll es Seen und Tümpel geben, die bis zum Rand mit goldenen Kugeln gefüllt sind, was wiederum einen Streik der verwandelten Prinzen zufolge hat. So tauchen in jüngster Zeit vermehrt Kontaktanzeigen diesen Stils auf:
„ | Junger, unerlöster Prinz sucht intelligente, nichtadelige Sie ohne snobistische Anwandlungen und ohne goldene Kugel. Bin sportlich (Weitsprung), liebevoll, treu und anschmiegsam, manchmal etwas unterkühlt und wasserabweisend, jedoch stets bereit, für dich in den Brunnen zu hüpfen. Nur ernst gemeinte Anfragen. | “ | König Kröte |
Barthommed Wortclauber ist einer der anerkanntesten Literaten Hinterwalds und gilt als Meister der literarischen Landschaftsbeschreibung. Im Rahmen des Hinterweltprogramms oblag es ihm, jenes literarische Universum zu schaffen, dessen Ergebnis Apark ist. Auffälligstes Merkmal dieses Wirkens ist es, dass Aparks gewaltige Landmasse in vielem Wortclaubers Hinterwalder Heimat rund um Barmannstadt ähnelt: Weite Wiesen und Felder durchsetzt mit kleinen Wäldchen, Hecken und versteckten Seen, die nach Norden hin immer weiter ansteigen und mehr und mehr in raue Bergwälder übergehen.
Wortclauber selbst hat seinen Wohnsitz in die literarische Zwischendimension Aparks hinein verlagert - nicht allein seines ausgeprägten Interesses wegen, das er dem Projekt entgegenbringt, sondern vor allem aufgrund seiner beiden Kollegen. Im Grunde kennen und achten sich die Herren Wortclauber, Borke und Randenthaun, allerdings sollten stets mehrere hundert Kilometer zwischen ihnen liegen. Einen ausgeprägten Konkurrenzkampf zwischen ihnen zu vermuten wäre falsch - sie wissen, dass jeder auf seine Weise eine literarische Gipfelerscheinung ist. Dies allerdings wirkt sich eher nachteilig auf Situationen aus, in denen sie zusammenarbeiten müssen.
Borkes Spezialität sind Personenbeschreibung und Dialoge - Ort und Zeit hingegen sind nicht seine Sache. Sein stärkstes Werk Ein Rabe sagt Ja und Amen verzichtet sogar gänzlich auf jede Kontextualisierung, spielt also irgendwann und irgendwo. Die Stärke im Bereich der Figuren schlägt sich in Borkes Arbeit im Hinterweltprogramm wieder, bei dem er allein sich für Aparks Bevölkerung zuständig zeigte. Im Grunde ergänzen sich Wortclauber und Borke ganz gut: Ersterer verzichtet teilweise auf jegliche Figuren, das diese ihn "zunehmend frustrieren", letzter pfeift auf Ort und Zeit.
Allerdings bleiben auch angesichts solch radikaler Arbeitsteilung gewisse Reibereien nicht aus: Borke hatte es sich beispielsweise partout in den Kopf gesetzt, Apark mit einer Reihe von ätherischen Gaswesen zu bevölkern, die in einer Art Binärcodelyrik miteinander kommunizierten, die per Blitz übertragen wird. Wozu das gut sein solle, verriet er nicht - er tobte lediglich, als sich seine Idee in der von Wortclauber geschriebenen Umgebung nicht realisieren ließ. Dem Projekt als solchem hat es jedoch nicht geschadet.
Randenthauns Aufgabe beim zweiten Anlauf des Hinterweltprogramms war es dafür zu sorgen, dass die zu schaffende literarische Welt mehr oder weniger aus einem Guss besteht. Im Grunde sagt das mehr oder weniger alles, denn gelungen ist es Randenthaun nicht. Apark ist letztlich doch eine Patchworkdecke geworden, aber immerhin nur in Blautönen. Dabei kann man Randenthaun hierfür nicht einmal die Schuld geben - seine Kollegen waren in vielen Dingen einfach zu bockbeinig, als dass sie sich bestimmte Vorstellungen hätten ausreden lassen.
Randenthaun beschloss wie anfangs nur Wortclauber und später auch Borke, seinen Wohnsitz nach Apark zu verlagern, um das gemeinsame Machwerk auch über dessen Fertigstellung hinaus zu betreuen. Dabei widmen sich alle drei Autoren Aparks weiter ihren ursprünglichen Aufgabenbereichen. In der Folge ist Randenthaun derjenige, der sich am aktivsten in die laufende Politik Aparks hineindrängt, um seiner größten Sorge nicht weitere Nahrung zu verschaffen:
„ | Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass die Aparker feststellen, dass sie Hinterwald eigentlich nicht brauchen. Natürlich brauchen sie Leser, das haben wir ja extra so geschrieben - aber nirgendwo ist festgelegt, dass es allein in Hinterwald ein Lesepublikum gibt. | “ | Levi Randenthaun |
Geografie
Apark liegt auf einer ausgedehnten Insel, die nur infolge mangelnder Vergleichsgrößen nicht als Kontinent bezeichnet wird. Zwei dominante Reliefformen bestimmen das Gesamtbild.
Der nördliche Teil Aparks wird von einem ausgedehnten bewaldeten Hochland bestimmt, das nur zu den Küsten abflacht, während es im Landesinneren zu beinahe hochgebirgsartigen Formationen hin ansteigt. Dieser Teil Aparks ist weit dünner besiedelt als der Süden mit seinen endlosen Feldern, seinen Wäldchen, Dörfern und Städten. Auch ist das Klima weit rauer, was wiederum Auswirkungen auf die Bewohner hat: Hier wohnen die hartgesottenen Burschen mit ihren weiblichen Eroberungen im Wald- und Bergidyll, hier heulen die Wölfe den Mond an, und Fuchs und Hase sagen sich hier tatsächlich noch gute Nacht.
Der Süden der Insel wird durch ausgedehnte, buchtenreiche Ebenen und kleine vorgelagerte Inseln bestimmt. Ackerbau und Viehwirtschaft haben sich hier in die Landschaft eingebrannt, zu nennen sind dabei insbesondere die so genannten Ewigen Felder. Dabei handelt es sich um schier endlose, goldgelbe, stets von sanftem Wind bewegte Getreidefelder, die zu jedem Zeitpunkt des Jahres den Eindruck erwecken, sie müssten nur noch abgeerntet werden – was jedoch scheinbar nie geschieht. Dem ersten Betrachten nach handelt es sich also um ein klassisches Tischlein-deck-dich-Phänomen, das meist Begeisterung hervorruft: Angesichts solcher Felder scheint eine Hungersnot in Apark ausgeschlossen. Faktisch ist dies zutreffend – zu jeder Jahreszeit ergießt sich ein Strom von mit goldgelben Garben beladenen Wagen aus den Feldern – allerdings handelt es sich in Wahrheit um eine besonders perfide Form der Sisyphos-Falle:
Wer immer damit beginnt, die Felder abzuernten, wird zu seinem Entsetzen feststellen, das hinter ihm das Korn binnen Sekunden nachwächst. Ein Abernten der Felder ist selbst per Brandrodung schlichtweg ausgeschlossen, schlimmer noch: wer einmal zur Ernte in diese Felder geht, wird aus ihnen nicht mehr herausfinden, sondern auf ewig die Sense schwingen und allmählich dem Wahnsinn anheim fallen. Daher sind die Ewigen Felder bei Richtern als Höchststrafmaß sehr beliebt und ein Grund für das Fehlen der Todesstrafe in Apark: Es käme einer Verschwendung von guter Arbeitskraft gleich.
Bevölkerung
Dem literarischen Charakter des Landes entsprechend sind Aparks Bewohner fast ausschließlich literarische Figuren. Lediglich ein winziger Prozentsatz der Einwohner ist aus der Spiegelwelt eingewandert.
Die Vielfalt an Lebensformen in Apark ist in der Folge enorm hoch. Sprechende Tierwesen mit merkwürdigen Angewohnheiten – beispielsweise Wölfe in Großmutterkostümen – gehören ebenso selbstverständlich zum Straßenbild wie die große Gruppe der so genannten Protagonisten, Figuren mit extrem starken Charakteren, die eigenartigerweise fast alle Berufen wie Kommissar, Privatdetektiv, Agent, smarter Räuberhauptmann, Femme fatale, lasziv-gelangweilte Baronesse, Herzensbrecher bzw. Herzensbrecherin, Streiter für das Gute oder das Böse, Feldherr oder Künstler nachgehen. Nirgendwo sonst auf der Spiegelwelt wird in einer sozialen intensiver geliebt, gelebt, gestritten und versöhnt – ein Sammelbecken für Exzentriker und Charakterköpfe jeden Schlages.
Den Protagonisten gegenüber steht die weit größere Gruppe der Statisten, die – es lässt sich nicht leugnen – all das erledigen muss, wozu die Protagonisten infolge permanenter Spannung und zermürbenden Liebesleides keine Zeit haben. Die Statisten sind unauffällige Leute; zu ihnen gehören die so genannten Butzenaugen – kindsgroße, dick bebrillte Wesen von empörender Altklugheit – und die Stiesel kugelrunde, mürrische Zeitgenossen mit enormen körperlichen Kräften. Als Statisten obliegen ihnen all die Dinge, für die Protagonisten keine Zeit und Muße haben: Sie pflegen angeschossene gescheiterte Helden gesund, sie kochen, bauen und putzen – kurz: Sie halten die Dinge am Laufen, entschädigt nur durch das Wissen, dass ohne sie alles zusammenbrechen würde:
„ | Dankbarkeit ist nicht Sache der Protagonisten. Sicher, tief in ihrem Herzen wissen auch sie, dass ihr Strom nicht einfach aus der Steckdose, ihr Wasser nicht einfach aus dem Hahn und ihr Brötchen nicht einfach aus dem Ofen kommt - aber Helden sagen nicht "Danke", wenn man ihnen die Tür aufhält, es wäre einfach nicht richtig | “ | Phineas Borke |
Jedoch werden von der literarischen Natur der meisten Bewohner Aparks nicht nur äußerliche Erscheinung und die soziale Schichtung der Gesellschaft beeinflusst, vielmehr ist das Leben einer jeden Figur zutiefst von der Literatur geprägt:
- Literarische Figuren essen nicht - sie werden stattdessen gelesen. Indem man sich gegenseitig Texte über den jeweils anderen vorliest, sättigt man sich gegenseitig.
- Literarische Figuren altern und sterben nicht - sie werden einfach nur vergessen.
- Literarische Figuren pflanzen sich nicht fort - zumindest nicht im anerkannt biologischen Sinne. Natürlich können Paare literarischer Figuren miteinander Kinder haben, allerdings werden diese dann geschrieben. Diese Kinder entwickeln sich dann jedoch auch nur innerhalb des Rahmens, der ihnen von den Buchstaben gelassen wird: Lässt sich beispielsweise ein Paar ein kind schreiben, das ohne jede Andeutung von - Entwicklung immer ein Rotzlöffel im Grundschulalter ist, so wird es körperlich auch ein solches bleiben - in alle Ewigkeit. Die geistige Ebene ist erstaunlicherweise hiervon nicht betroffen: In geistiger Hinsicht steht den Aparkern jede Entwicklung offen, ganz unabhängig von den literarischen Vorgaben. Selbst der größte Idiot kann nach ein paar Jahrhunderten kontinuierlicher Anstrengungen ein ganz passabler Kernphysiker werden.
Politik
Politisch gesehen repräsentiert Apark den Musterfall gelungenen Kolonialismus. Alle wichtigen innen-, außen- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen fallen im Mutterland Hinterwald, werden aber von der kolonialen Administration mit Schleife und Geschenkpapier versehen an die regionalen Eliten Aparks weitergereicht, die anschließend so lange weich geklopft und bestochen werden, bis sie zu der Überzeugung kommen, es sei eigentlich alles ihre Idee gewesen. Daher ist die Akzeptanz der Hinterwalder Schutzmacht weitaus höher, als es für koloniale Verhältnisse üblich ist. In gewisser Hinsicht fühlen und verhalten sich die Aparker wie die Bewohner eines ganz normalen Landesteils von Hinterwald: Sie schimpfen wie die Rohrspatzen über die Reichsregierung, weil sie selbst alles ganz sicher viel besser gemacht hätten, wenn sie nur gedurft hätten – im Grunde sind sie aber ganz zufrieden mit der Situation. Der scheinbare Dissens zwischen Zentralgewalt und Region ist rein traditioneller Natur und soll dafür sorgen, dass die Machthaber in Querquell nicht zu übermütig werden.
Übermäßige Einmischung ist aus der Ecke der Hinterwalder Reichsregierung generell nicht erwarten. In den meisten Belangen verwaltet sich Apark im Rahmen eines parlamentarischen Systems selbst. Die beiden Häuser des Parlamentes tragen dem literarischen Charakter des Landes Rechnung: In der Reichsredaktion finden sich die Vertreter der Bevölkerung, während im Rat der Kritiker die Landesteile Aparks vertreten werden. Der Regierung steht der so genannte Chefredakteur vor, der wiederum von einem aus dem Mutterland stammenden Lektorengremium kontrolliert wird. Alles in allem ist das politische System nicht mehr und nicht weniger verworren als in anderen, realeren Ländern der Spiegelwelt, vor allem aber erfüllt es die Hinterwalder Grundbedingung: Es funktioniert.
Militär
Über Streitkräfte im eigentlichen (sprich herkömmlichen) Sinne verfügt Apark nicht - allerdings braucht es sich auch nicht. Derzeit ist das Land lediglich über einige wenige K-Raumportale mit dem Vereinigten Königreich Hinterwald verbunden, was die die Zahl möglicher Gegner von Beginn an einschränkt.
Im weniger herkömmlichen Sinne kann Apark im Ernstfall auf ein recht umfängliches und recht furchteinflößendes Arsenal an feindbekämpfenden Waffen und Truppen zurückgreifen, die aber fast ausnahmslos in den unkonventionellen Bereich fallen - allerdings zeigen Konflikte wie der Kommusikalische Krieg ja auch, dass mit traditionellen Kämpfern und Waffen kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Wer in diesem Krieg nicht singen, tanzen oder musizieren konnte, war weitestgehend fehl am Platz, wie beispielsweise an der Luxusburgischen Armee deutlich wurde: Für viel Geld hatten sich die Pfeffersäcke aus Sibirska eine Truppe in den Vorgarten gestellt, die sich in vielem mit den größten Armeen der Weld messen könnte - genützt hat es aber nichts. Sieht man von ein bisschen Geplänkel vor Bushland ab, kamen die Patronenfresser nie wirklich zum Einsatz. Vielleicht wäre Luxusburg besser gefahren, wenn sie gefüllte Tresore auf ihre Gegner geworfen hätten, die bei Aufschlag explodieren und einen Geldscheinregen verursachen - das sollte jeden Gegner zum Aufgeben bewegen.
In gewisser Weise wurden diese Fremderfahrungen bei der Aufstellung der Aparkarmee berücksichtigt. So sah man von der Anschaffung der üblichen Kompensatoren mangelnden männlichen Selbstwertgefühls (Panzer, Raketen, Schlachtschiffe, Flugzeugträger, Hubschrauber usw.) ab und verlegte sich stattdessen auf die Dinge, die einem Gegner wirklich wehtun:
Kritiker und Lektoren
- Diese Aparker Elitebataillone sind der Schrecken eines jeden Gegners: Die feindliche Strategie hat eine Schwachstelle? Die Aparker Kritiker werden sie finden und einen vernichtenden Verriss schreiben. Die Biographie eines feindlichen Generals weist Ungereimtheiten auf? Die Lektoren werden die Crux aufspüren, im giftigsten Rot markieren - und dank der Aparker Kritiker muss das Opfer damit rechnen, dass seine Untergebenen schon morgen darüber lachen, dass ihr Vorgesetzter beim Buddeln im Kindergarten auf Hundeexkremente gestoßen ist und sie mit Schokolade verwechselt hat - "Wer die Kritiker gegen sich hat, hat verloren. Irrtum ausgschlossen" (Eigenwerbung).
Fehlerteufel
- Apark ist ein literarisches Land, und in der Folge ist man sich hier der Macht der Wörter deutlicher bewusst als in anderen Ländern der Spiegelwelt. Entsprechend grausam ist die schärfste Waffe der Aparkarmee: die Fehlerteufel. Auf den ersten Blick handelt es sich um niedliche Zwerge, die Mädchenherzen höher schlagen und selbst Jungs friedlich werden lassen, die jedoch über die Macht verfügen, in jedem Schriftstück die Buchstaben zu ändern. Was auf den ersten Blick harmlos wirkt, kann fatale Folgen haben: aus einem gegnerischen "schnellen Angriff" wird in Sekundenschnelle ein "Schnallen-Eingriff", aus dem Befehl "Vorrücken" ein "Verrücken" oder - bei einer schweren Fehlerteufelattacke - ein "Verrücktwerden". Kein Generalstab kann sich gegen die Entstellung seiner Befehle durch Fehlerteufel schützen, und auch die gegnerische Presse leidet darunter.
Allerdings kennen die Fehlerteufel noch eine ganze Reihe weiterer Methoden, einen Gegner in den Wahnsinn zu treiben: Was nützt die schönste Siegesbotschaft im Stupid News Channel, wenn ihr ein paar Minuten später alle Vokale fehlen? - Immerhin, die Fehlerteufel hinterlassen ein Bekennerschreiben, schließlich haben sie soldatischen Schneid: man kommt zwar aus dem Hinterhalt, grüßt jedoch schneidig.
Leserwaffe
- Die Hauptstreitmacht der Aparkarmee besteht aus aus einfachen literarischen Figuren, die den Feind da angreifen, wo es ihn am meisten schmerzt: in seinen eigenen vier Wänden. Angeblich erfreuen sich auf der Toilette deponierte Romane und Zeitschriften großer Beliebtheit, weil sie die stupide Routine und Gleichförmigkeit gewisser alltäglicher Handlungen verkürzen. Jedoch ist jedes Buch potentiell eine Tür von und nach Apark - sie ähneln Leuchtfeuern, die aus dem literarischen Land gezielt angesteuert werden können. Die Bewohner eines Landes, das den Fehler begeht, mit Apark in einen Konflikt zu geraten, müssen sich darauf einstellen, dass die Figuren ihrer daheim gebliebenen Romane zwischen den Seiten hervorsteigen und nachschauen, was der Kühlschrank an leckeren Dingen hergibt. Auch andere literarische Figuren können diesen Weg nutzen, und wer einmal einen Western oder Thriller gelesen hat, der weiß, dass es Figuren gibt, die man sicher hinter den Zeilen verwahrt wissen möchte.
Wirtschaft
In wirtschaftlicher Hinsicht hat Apark alles zu bieten, was die Literatur eben so hergibt und was sich um Literatur dreht: Neben den klassischen Segmenten Buchdruck, Verlagswesen und freie Autorschaft umfasst es außerdem eine ganze Reihe von Zulieferindustrien. So gibt es allein für die Literarchitektur ganze Wirtschaftszweige, die sich der Herrstellung von Versmaßbändern, Erzähltiefeloten, Perspektivenwaagen, Ereignisdichtemessern, dramaturgischen Erschütterungspeilern, Silbenbarometern und Episodenzentrifugen widmen. Die Konstruktion von Groß- und Schwerliteratur erfolgt in Satzgießereien, Reimschmelzen, Metriksiedereien, Prosawerken und bei besonders umfänglichen Projekten in den so genannten Literarischen Werften.
Daneben steht ein umfänglicher Dienstleistungssektor, der sich ganz der Pflege, Verbesserung und Betreuung literarischer Figuren widmet. So bemühen sich beispielsweise ganze Heerscharen von Charakteraten in langen Gesprächssitzungen mit ihren Klienten, ihnen literarische Tiefe zu verleihen und ihnen so den sozialen Aufstieg in die Reihen der Protagonisten zu ermöglichen. Prologiker hingegen bieten makellose Vorgeschichten an, darunter auch den Klassiker Dramatisch-prägender-Einschnitt-in-der-Kindheit - die exklusivsten Angebote umfassen hier einen extravaganten Tod der Eltern mit herzerweichender Waisen- und Missbrauchsopferepisode und anschließender wundersamer Rettung durch einen geheimnisvollen Fremden, der sich anschließend als der verschollene, nicht verstorbene Vater herausstellt.
Zwar sind in Apark auch eher traditionellere Wirtschaftszweige wie Berg- und Ackerbau bekannt und vertreten, jedoch spielen sie für die Bewohner Aparks selbst eine eher untergeordnete Rolle bei der Befriedigung der teilweise schwer nachvollziehbaren Bedürfnisse der Aparker. So dient beispielsweise die Arbeit eines Bauern nicht dazu, die Lebensmittelversorgung zu sichern, sondern um seinem literarischen Charakter als Bauer Tiefe zu verleihen. Die Arbeit selbst ist also mehr als lebensnotwendig für die betroffene Figur, die Produkte derselben jedoch nicht: Die produzierten Lebensmittel gelten als völlig wertlos und werden kurzerhand kompostiert.
Indirekt erklärt sich daraus jedoch das beinahe symbiotische Verhältnis zwischen Hinterwald und seinem literarischen Dominion Apark: Die Hinterwalder kommen fast zum Nulltarif an Rohstoffe und Produkte aus Apark, wodurch sie selbst weniger arbeiten müssen und in der Folge mehr Zeit für Lektüre und überhaupt Auseinandersetzung mit Literatur haben. Das Gelesenwerden stellt den Lebensinhalt einer literarischen Figur dar - und nur so bleibt sie am Leben. Daher ist Lektüre in Apark eine anerkannte Währung, die kurzerhand mit dem Itzer Pfund der Hinterwalder verrechnet wird: Eine Stunde Buchlektüre entspricht 10 Itzer Pfund - fertig.
Kultur
Im Zentrum der Aparker Kultur steht - wen überrascht es - die Literatur. Alles dreht sich um sie, und selbst Musik wird in literarischer Form genossen, indem man sich Partituren und Libretti einfach vorliest; Konzerte haben eher Lesungscharakter - wenn auch äußerst avantgardistischen. Wer einmal das Aparker Staatsorchester in Tatorth gesehen hat, dass seine Noten teils im Chor, teils gegeneinander unter dem heftigen Dirigieren des Leiters vorliest, verändert für immer seine Maßstäbe für progressive Kunst - wenn auch nicht immer zum Guten. Aufs Ganze gesehen ist die Aparker Kultur jedoch in vielen Dingen sehr Hinterwaldisch geprägt, was nicht weiter verwunderlich ist, denn immerhin besteht Apark aus Hinterwalder Literatur. hier weiterlesen
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