Diverses:Wort zum Sonntag/KW 46 2017

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Liebe Gemeinde,

Vorab die Frage – Hat Deutschland bereits eine neue Regierungskoalition? Nein? Überraschung! Ein paar kleine Fragen scheinen da noch zu klären sein. Laut Grünen-Chefin Katrin Göring-Eckardt sind es noch läppische 134 kleine Fragen. Von daher – Lehnen Sie sich entspannt zurück. Spästestens Weihnachten steht die Koalition. Weihnachten 2020.

Und wir kümmern uns bis dahin erstmal um was anderes.

Nichts sehen

Es gibt Menschen, ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf dem Sofa sitzen, sich zurücklehnen und gerne unterhalten werden wollen

Weise Worte, weise Worte. Und diese klugen Sätze stammen von niemand geringerem als Thomas Ebeling, seines Zeichens Vorstandsvorsitzender des Fernsehunternehmens um Pro Sieben und Sat 1. Das ist doch mal erfrischend ehrlich, dass der Mann seine eigene Kundschaft so konkret charakterisiert.

Und es erklärt vieles.

Der Zuschauer aus Sicht der Medienmacher

Es erklärt vor allem, wieso die Massenmedien in den letzten Jahren qualitativ mehr und mehr nachlassen. Es erklärt, warum journalistische Standards mehr und mehr zurückgefahren werden zu Gunsten einer Medienkultur der Gattung „Leichte Kost, in einfacher Sprache und mit möglichst wenig Tiefgang“. Frei nach dem Motto: „Ist dein Publikum eh sehr einfach gestrickt, musst du dir keine Mühe geben.“ Es erklärt, warum man sich als Zuschauer oder Leser mehr und mehr für dumm verkauft vorkommt, wenn man Unzumutbarkeiten a la „Bauer sucht Frau“, „Adam sucht Eva“, „Hirn sucht Arbeit“ „Beliebige Stadt mit Postleitzahl“ oder der netten Produkt-Placement-Sendung, die früher mal „Galileo“ war, vorgesetzt bekommt: Man wird für dumm verkauft, weil man tatsächlich für dumm gehalten wird.

Ja gut, sagt sich der geneigte Zuschauer im Ohrensessel vor dem Kaminfeuer und mit dem Cognacglas in der Hand – Die gerade genannten Sendungen sind ja nun auch eher fürs Unterschichtenpublikum konzipiert, natürlich sieht die Welt außerhalb des RTL-Deppenuniversums anders aus. In den Nachrichten ist der Zuschauer nach wie vor König.

Äh.... Nein.

Sat 1 hielt diese Woche ein Einlaufkind mit Kopftuch beim Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen England für eine Nachricht, über die man tagelang diskutieren sollte. Fragestellung: „Ist sowas okay oder ist es der Untergang der deutschen Kultur?“ Einhelliger Tenon: „Ja, ist es! Verdammte Islamisierung! Danke Merkel!“. Was dabei geschickt umschifft wurde und auch in der Fragestellung ausgeschlagen wurde: Das Spiel fand in England statt und auch das etwa zehnjährige Mädchen kam entsprechend aus London. Aber egal, die selbsternannten Meinungsmacher rund um Vorzeige-Populist Claus Strunz, nicht zuletzt seit seinem berherzten Auftritt im Rahmen des Kanzlerduells als journalistische Arschgeige der untersten Kajüte bekannt, hatten ihr Ziel wieder einmal erreicht. Beiträge, die journalistisch nicht haltbar sind, aber möglichst viele Emotionen schüren – Geil!

Und nein, bei den Kollegen der Printmedien ist der Verfall der journalistischen Qualität auch nicht aufzuhalten. Es braucht nicht einmal das obligatorische BILD-Bashing als Beweis herangezogen werden. Ein einfaches Beispiel genügt, um das aktuelle Problem aufzuzeigen:

Gestern, am 18.11.2017, verstarb der langjährige Bundesligaspieler und Trainer Friedel Rausch. Rausch gewann mit Eintracht Frankfurt den UEFA-Pokal, mit Schalke den DFB-Pokal, war Vizemeister mit dem 1. FC Kaiserslautern, rettete Borussia Mönchengladbach vor dem Abstieg, bestritt als Spieler über 200 Spiele in der Bundesliga und wurde Meister in der Schweiz. Alles Dinge, die man in einem Nachruf durchaus lobend erwähnen könnte. Tat aber niemand. Der Aufhänger war überall ein anderer: Nämlich, dass Rausch beim Revierderby am 6.9.1969 auf dem Platz von einem Schäferhund in den Hintern gebissen wurde. „Haha, ein Fußballspieler, der in den Arsch gebissen wird! Und jetzt ist er tot! Da müssen wir diese Story nochmal erzählen!“ Und so taten sie es. ALLE.

Vielleicht hat Herr Ebeling Recht und das Medienpublikum im Jahre 2017 besteht aus Menschen, die fettleibig und arm sind. Aber ist es deswegen angebracht, das angebliche Niveau der Zuschauer noch zu unterbieten? Denken Sie doch bitte einmal darüber nach. Wir steinreichen, perfekt proportionierten Leser und Autoren der Stupidedia würden uns sehr darüber freuen.

Nichts hören

Steht exemplarisch für das ganze Grauen der heutigen Musiklandschaft: Mark Forster

Ach komm, wenn wir uns jetzt schon über die Qualität der Medien aufregen, dann nehmen wir doch das Radio und die Musikbranche gleich noch dazu;

Der Autor dieser Zeilen stammt aus dem Zentrum Nordrhein-Westfalens und ist entsprechend mit den Radioprogrammen des WDR aufgewachsen. Bis vor einigen Jahren gab es in der Welle des WDR eine klare Programmaufteilung: 1Live für das „junge Publikum“, WDR 4 für die ältere Generation, WDR 5 als reine Laberwelle, WDR 3 für Klassik und als Flagschiff des Senders WDR 2,die Informationswelle mit politischen Beiträgen, Nachrichten, der Bundesligakonferenz und gemischter Musik aus allen Jahrzehnten und allen Genren. Zwischen den einzelnen Programmen herrschte ein deutlicher Unterschied und irgendwo war für jeden was dabei.

Irgendwann vor 2 Jahren jedoch kam den Verantwortlichen des WDR die Idee, dies alles zu „modernisieren“;

WDR 4 wurde vom Schlager- zum Unterhaltungssender für alle Generationen umgebaut. Aus 1Live wurde systematisch jeder Belang entfernt – der Sender dient nun als Ankerpunkt der „I bims der Hirnschwund vong Inteligens her“-Generation mit Beiträgen, die nicht gehaltvoller sein sollten als ein Lied von Rihanna – und WDR 2 traf es besonders hart: Hier wurden offensichtlich 2/3 des Budgets eingespart. Ergebnis: Den Journalisten wurden die Moderationszeiten weggenommen. Sie wurden gegen die 1Live-Moderatoren ersetzt, die die 35 überschritten hatten und somit nicht mehr cool genug für die hippe Jugendwelle waren. Die Nachrichtenbeiträge wurden auch hier simultan zum TV und Printgenre vereinfacht und müssen am besten noch Pointen seitens des Moderators enthalten. Die Senderaccounts in den sozialen Netzwerken posten Katzenvideos und als gesamte Musikplaylist wird eine Bravo-Hits-CD aus dem Frühjahr 2016 verwendet und täglich im Vier-Stunden-Takt wiederholt. Allgemein wurden die Programme derart vereinfacht und aneinander angeglichen, dass man bisweilen auf drei Sendern zeitgleich das gleiche Lied hören kann – Und dieses kommt dann auch noch von Revolverheld oder Max Giesinger.

Ohnehin – Was ist eigentlich in der Musik passiert? Wie kann es sein, dass Musik von brachialer Belanglosigkeit derart gehyped wird, dass textlich und kreativ arg beschränkte Heulbojen wie Mark Forster, Andreas Bourani, Wincent Weiss und den bereits angesprochenen Revolverheld zu relevanten Stars der Szene werden können?

Ein Hoch auf uns, denn da müsste Musik sein. Ich lass das Licht an, denn wenn sie tanzt, ist sie woanders und die Chöre singen für dich. OOOOHOOOHOOO!

Ja, Man kann die Texte dieser Künstler problemlos aneinanderreihen und es bleibt eine einheitliche Wohlfühlsuppe. Toll. Toll. Toll. Die totale Berieselung par excellence. Und mit Julia Engelmann steht bereits der nächste Endgegner der künstlerischen Vielfalt in den Startlöchern.

Der anspruchsvolle Konsument ist heutzutage in den Massenmedien hoffnungslos verloren. Darauf zum Trost ins Kino! Tja, aber dort läuft bestimmt ein Film mit Matthias Schweighöfer und Elias M'Barek. Regie: Til Schweiger. Seufz.

Es ist doch alles zum Kotzen.

Nichts sagen

Ja, den gab's bislang auch noch: Robert Mugabe

Kommen wir zu Nachrichten aus Afrika. Sie wissen schon, dieser Kontinent, von dem Nachrichten eigentlich nur relevant sind, wenn wahlweise europäische Touristen von Einheimischen entführt werden oder Einheimische in Europäischen Touristenregionen ertrinken. Alles andere? Meh. Uninteressant für die Zielgruppe. (Siehe oben)

Diese Woche wurde Robert Mugabe entmachtet. Wer? Na, Robert Mugabe! Knackige 93 Jahre jung und seit nunmehr 37 Jahren demokratisch von sich selbst gewählter Präsident/ Ministerpräsident von Simbabwe, einem Land im südlichen Teil Afrikas, in dem Wilderer und totes Nashorn sich gute Nacht sagen.

Am Dienstag hatte Diktator Mugabe die Kontrolle über das Land an die Armee verloren und stand drei Tage unter betreutem Hausarrest – lebte also im Prinzip das Leben der meisten seiner Altersgenossen im Heim - während Panzer auf den Straßen signalisierten, dass nun das Militär Herr der Lage ist. Doch am Freitag sprach Mugabe in einem Festsaal der Universität der Hauptstadt Harare und eröffnete damit das Zeremoniell zur Verleihung der Diplomzeugnisse. Feierlich, in glänzend blaue akademische Robe gekleidet. Das macht er seit vielen Jahren so, also auch in diesem. Putsch hin oder her. Warum sollte Mugabe anders sein, als all die europäischen Rentner, die jede Woche an der gleichen Zapfsäulen tanken fahren, völlig egal, ob die Tankstelle gerade geöffnet ist, oder auch mal nicht? Das ist natürlich etwas befremdlich. Erleben wir in Simbabwe etwa gerade etwas völlig Neues? Einen Putsch mit Übergangszeit?

Dafür spräche auch die Idee des Militärs bezüglich des Nachfolgers: Emmerson Mnangagwa – auch erst 75 Jahre alt - soll Mugabe beerben. Das passt irgendwie. Der langjährige Verteidigungsminister und Geheimdienstchef hatte Mugabe ja schließlich höchstpersönlich den Weg zum Machterhalt geebnet. Bis Anfang dieses Jahres, als Emmerson Mnangagwa sich Hoffungen auf den Posten des Vize-Präsidenten machte, Mugabe diesen Posten aber lieber mit seiner eigenen Ehefrau besetzen wollte.

In Simbabwe jedenfalls feiern die Menschen auf den Straßen das Ende der Diktatur. Wahrscheinlich voreilig. Auch Mnangagwa ist vom Image eines demokratischen Erneuerers eher etwas weiter entfernt. In dern 1980er-Jahre verantwortete er – gemeinsam mit Mugabe - die brutale Niederschlagung des Ndebele-Aufstands mit schätzungsweise 20.000 Toten. Genau der richtige Mann für den Umbruch, nicht wahr?

Übrigens ein kleiner Gag zum Abschluss: Robert Mugabe – Lieblingshobby: Homosexuelle einsperren – ist Inhaber des Konfuzius-Friedenspreises. Weitere Preisträger: Wladimir Putin und Fidel Castro.

Nichts fühlen

Zum guten Schluss: Die Teilnehmer für die Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland stehen nun fest. Ironischerweise konnten sich ausgerechnet die USA nicht für das Turnier beim ehemaligen Klassenfeind qualifizeren. Ebenso nicht dabei: Die Niederlande und Italien. Die Gags dazu schreibt doch bitte in die Kommentare oder auf die Diskussionsseite. Warum sollten wir uns denn für die fettleibigen, etwas armen Menschen da draußen vor den Bildschirmen noch selber welche ausdenken?

Dann noch ein schönes Restwochenende und bis zum nächsten Mal.

Hochachtungsvoll (haha!).

Ihr Thomas Ebeling


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