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Diverses:Wort zum Sonntag/KW 28 2017

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Liebe Gemeinde,

Ist es nicht herrlich, dass dieses Jahr einfach kein Sommerloch am Horizont zu sehen ist? Vorbei die Jahre, in denen Babykrokodile in Baggerseen für ein kollektives Medienecho sorgten, wo Kinderspielzeuge die Schlagzeilen beherrschten und die Hauptmeldung in den Nachrichten der US-Präsident beim Wasserski war. Dieses Jahr aber passieren selbst im Sommer wahre Wunder. Dinge, von denen wir niemals auch nur im Entferntesten etwas geahnt hätten. Sachen, die wir für bislang unmöglich gehalten hätten. Diese Woche hat Wolfgang Bosbach freiwillig eine Talkshow verlassen, weil er nicht mehr reden wollte. BOOOM!

Und das war noch nicht einmal alles!

Auf dem rechten linken beiden Augen blind

Olaf Scholz, umgeben von allen, die die Situation noch mehr verkannten als er.

Der G20-Gipfel und seine glanzvollen Ergebnisse bestimmten auch das Medientreiben dieser Woche. Okay, Scherz bei Seite. Der Gipfel hatte gar keine glanzvollen Ergebnisse. Viel mehr waren es die Ausschreitungen in den Straßen Hamburgs, die je nach medialer Schnappatmungswertung als Randale, Straßenkampf, Bürgerkrieg, dritten Atomraketenweltkrieg oder Völkermord wahrgenommen wurde, obgleich unsere Rechnungen ergeben, dass die Katastrophenrelevanzzahl für die G20-Ausschreitungen bei 0 (in Worten: Null!) liegt. Warum also das Brimborium?

Das Problem: Keiner, wirklich keiner hatte auch nur ansatzweise damit gerechnet, dass die Lage rund um den G20-Gipfel derart eskalieren könnte. Keiner, der geahnt hätte, dass ein vermummter Block sich Straßenschlachten mit der Polizei liefern und das Schanzenviertel in Schutt und Asche legen könnte. Wirklich niemand! Also jetzt niemand außer den Leuten, die vielleicht auf einschlägigen Internetseiten und sozialen Netzwerken mitbekommen hatten, dass all dies bereits seit Monaten vorausgesagt, ja nahezu verabredet war. Selbst der Neffe meiner Freundin hätte das bemerken und vorhersehen können – Und der ist fünf! Aber leider, leider nicht Bürgermeister von Hamburg.

Nein, Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz gehörte nicht zu den Leuten, die sich im Vorfeld des G20-Gipfels auch nur irgendwelche Gedanken gemacht hatten. Scholz, ein Mann, der in einer rosa Blase auf Friede und Langeweile lebt und zumindest letzteres auch ausstrahlt. Er hatte den G20-Gipfel und seine Folgen minimal, vielleicht wirklich nur ein ganz kleines bisschen unterschätzt, als er im Vorfeld tiefenentspannt zu Protokoll gab, der G20-Gipfel sei sicherheitstechnisch nicht komplizierter als das Hamburger Hafenfest und die Bürger der Hansestadt werden sich am Wochenende wundern, wie schnell der Gipfel wieder vorbei ist. Eine Voraussicht, treffend, präzise und voller Weitblick wie in Hamburg sonst nur die Transferpolitik des Hamburger SV ist. Da muss ohnehin ein Zusammenhang sein.

Nun markiert der G20-Gipfel in Hamburg vor allem eines: Die Wiedergeburt des Linksterrorismus! Also zumindest, wenn man der Politik glauben mag. Dort wird jetzt nämlich intensiv darüber nachgedacht, wie man diese offensichtlich linke Gewalt aus Hamburg in Zukunft vermeiden kann. Die universelle Antwort: „Wir brauchen eine Liste mit Daten über alle Linksextremen in Europa!“.

Jap. Natürlich. Die Datenliste - Die ultimtive Antwort auf alles in der modernen Sicherheitspolitik. Ein Prinzip, welches ja beim Rechtsterrorismus, wo quasi jeder vierte Täter V-Mann ist und bei der Terrorbekämpfung, wo man offen nach Taten zugeben muss, die Täter vorher schon gekannt zu haben – schon prima funktioniert. Dieser Lösungsansatz, wenn man es so nennen kann (Kann man nicht!) ist auf so vielen Arten so dermaßen am Ziel vorbeigeschossen, dass es schon wieder schmerzt.

Da ist zunächst mal die Frage: Waren die Krawallbrüder von Hamburg wirklich pauschal Linksextreme? Was für Linksextreme sind das denn, die ein linkes Viertel verwüsten, Kleinwagen von Anwohnern anzünden und diese Kapitalismuskritik dann mit ihrem IPhone fotografieren und Selfies davon bei Instagramm hochladen? Das ist, als würden Nazis einen Schäferhundverein verwüsten, danach nen Thor Steinar-Laden abfackeln und das ganze in einer Moschee betend bei nem leckeren Falafel-Buffet feiern.

Nein, diese Idioten mit einer politischen Zielrichtung gleichsetzen ist genauso leichtsinnig und naiv gedacht, wie es rund um die Sicherheitslage in Hamburg die ganze Zeit gedacht wurde. Das ist fatales Geschrei nach sinnlosem Aktionismus. Dieser Block von vermummten Gewalttätern (Einige in Polizeiuniform, einige ohne. Beide Seiten bekleckerten sich im Bezug auf Eskalation nicht gerade mit Ruhm!) trifft sich außerhalb der Sommerpause vor den Fußballstadien wieder und prügelt sich dann dort. Das sind die gleichen dümmlichen Gewalttouristen, die keine Gelegenheit auslassen, sich vor irgendeiner Kulisse gepflegt gegenseitig aufs Maul zu hauen. Diese Typen sind ein gesellschaftliches Problem und kein ideologisches. Entsprechend sinnlos wird es sein, jetzt über Sanktionen und Überwachungen im linken Spektrum nachzudenken. Das hat schon auf der anderen Seite nicht funktioniert, auch wenn man das in der rosa Blase der Sicherheitspolitik nicht wahrhaben möchte.

Liu Xiaobo und die Doppelmoral des Westens

Süßer und damit im Wahlkampf nützlicher als Liu Xiaobo: Ein Panda. Und jetzt alle: "Oooooooh <3"

Kommen wir zu einem kleinen Rätsel:

„Wir sollten wirklich weniger über Waffengeschäfte und mehr über hungernde Kinder in Afrika reden.“

Wer hat's gesagt? Gandhi oder Gabriel? Naaa? Richtig! Es war Sigmar Gabriel, Außenminister der Herzen und in diesem Fall eher Dampfplauderer der Dünndärme.

So richtig der Satz sein mag, so unrichtig ist es, wenn Sigmar Gabriel ihn sagt. Denn nicht nur, dass der ehemalige SPD-Vorsitzende rein optisch durchaus den Hunger in Afrika ausgelöst haben könnte, zeigen seine Worte wieder einmal diese widerliche Doppelmoral, mit der die hochzivilisierte Politik Europas durchzogen ist – schließlich war es Gabriel, der als Wirtschaftsminister jahrelang taub für jede Kritik milliardenschwere Waffengeschäfte mit semivertrauenswürdigen Staaten abschloss. Um diesen Gag die Krone aufzusetzen, wurde am selben Tag, an dem Gabriel diese Worte zu Protokoll gab, im Rahmen des G20-Gipfels ein weiterer Waffendeal mit Saudi Arabien ausgehandelt. Zur Erinnerung: Das war dieser Staat, der zwar Terroristen unterstützt, aber zu Ländern, die das gleiche machen, die diplomatischen Beziehungen abbricht. Und dessen König zwar Kamele zum G20-Gipfel schickte, selber aber daheim blieb, um ein paar Steinigungen beizuwohnen oder ähnlich lustige Dinge zu treiben.

Nicht weniger lustig der Umgang Europas mit China.

Im Reich der Mitte starb diese Woche Liu Xiaobo, seines Zeichens Schriftsteller, Systemkritiker, Menschenrechtler und seit 2010 auch Friedensnobelpreisträger.

Liu Xiaobo war seit 2009 zu einer 11-jährigen Haftstrafe wegen Diffamierung der Regierung verurteilt. Damals gab es zwar Protest aus dem Westen, der aber nach der Festellung Chinas „dies sei ja nun wirklich unsere eigene Angelegenheit“ schnell wieder vorbei war.

Nun starb Xiaobo im Alter von 61 Jahren an einer Krebserkrankung, deren Behandlung man sich von chinesischer Seite aus einfach mal schenkte, bis es zu spät war. Angebote und Bitten aus dem Ausland, Xiaobo zur Behandlung ausreisen zu lassen wurden ebenfalls ignoriert oder mit der bekannten, obenstehenden Begründung abgewiesen. Der Regimekritiker sollte jämmerlich verrecken, wie das Regime es nunmal wollte. Und Hip-Hip-Hurra, dieses Ziel wurde erreicht.

Hier zeigte China mal wieder sein wahres Gesicht. Normalerweise ist das rote Riesenreich ja darauf bedacht, sich als mondäner Staat von heute zu präsentieren. Als allseits beliebte Vorbildrepublik, gefeiert und gefestigt in der ganzen Welt. Und der Westen macht dabei stets fröhlich mit.

Natürlich war auch Chinas Staatschef, der große Vorsitzende Xi Jinping in Hamburg zugegen. Da lebte Liu Xiaobo noch. Am Ende der Gespräche wurde China sehr gelobt. Allem voran natürlich für den unermüdlichen Einsatz für künftigen Klimaschutz, was irgendwie auch eine etwas deplatzierte Aussage ist, wenn man sich vor Augen führt, dass China mittlerweile Treibhausgasweltmeister ist. Über das Thema Xiaobo wurde laut Aussage von Angela Merkel auch „mal kurz geredet.“ Ach, wie nett....

Definitiv länger geredet wurde jedoch über etwas viel wichtigeres in den Deutsch-Chinesischen Beziehungen. Viel wichtiger als verreckende Nobelpreisträger natürlich: Pandabären! Zwei davon hatte China nämlich in seiner endlosen Güte dem Berliner Tiergarten geschenkt und damit jede Auseinandersetzung über Menschenrechte oder ähnlich unwichtiges Geplänkel obsolet gemacht. Die Kanzlerin nahm den Ball dankbar auf, denn lustige Friedefreudeeierkuchen-Schnappschüsse mit Xi Jinping beim Besuch von kuscheligen Pelztieren machen im Wahlkampf natürlich mehr her als Auseinandersetzungen über Inhaftierte Menschenrechtler. Dass die angesprochenen Pelztiere bereits jetzt schwer verhaltensgestört rückwärts durch ihren Käfig tapsen passt dabei auch irgendwie in dieses schaurig-traurige Schauspiel.

Friedensnobelpreis für Erdoğan

In jeder Hinischt der richtige Mann für den Friedensnobelpreis, ganz klar

Wie immer, wenn vieles in der Welt passiert, lässt sich einer unserer Lieblingspflegefälle natürlich nicht lumpen. Wenn die ganze Welt schon durchdreht, müssen die Vorbilder dieser Gesellschaft ja stolz vorangehen.

Sich selbst als großes Vorbild der Gesellschaft sieht sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bekanntermaßen ja ohnehin. Als so großes Vorbild sogar, dass Erdoğan sich dieser Tage selbst für den Friedensnobelpreis in Spiel gebracht hat. Jetzt, wo gerade einer der alten Preisträger den Löffel abgegeben hat, kann man ja mal drüber reden.

Erdoğans Begründung: Sein besonnener Umgang mit dem Putsch vor einem Jahr und sein besonderer Umgang mit den Menschenrechten. Nur 50.000 politisch Inhaftierte und etwa 100.000, die aus ihrem Dienst entlassen wurden? Respekt! Das ist wirklich toll! Her mit dem Preis!

Und die Sorge um die Menschenrechte erst! Niemand kümmert sich so aufopferungsvoll darum wie Recep Erdoğan. Immerhin stellte der türkische Präsident selbst diese Woche fest, dass die Menschenrechtslage in seinem Land ihm sei Dank jeden Standard in Europa bei weitem übertreffe! In der Türkei sei wirklich alles wunderbar, wunderbar, wunderbar!

Heute jährt sich der Putschversuch in der Türkei übrigens. In seiner Rede zum Jahrestag rief Erdoğan erneut zur Wiedereinführung der Todesstrafe auf. „Wenn es ins Parlament kommt – und ich glaube daran, dass es vom Parlament verabschiedet wird – und zu mir kommt, werde ich das ohne Zögern bewilligen", sagte er vor jubelnden Anhängern.

Erdoğan fügte hinzu: "Und ich persönlich achte nicht darauf, was Hans und George dazu sagen. Ich achte darauf, was Ahmet, Mehmet, Hasan, Hüseyin, Ayse, Fatma und Hatice sagen."

Zuvor hatte der Präsident angekündigt, gegen die Verantwortlichen des Putschversuchs hart vorzugehen: "Wir werden diesen Verrätern den Kopf abreißen",

Ja, so viel Friedlichkeit ist echt bemerkenswert. Wenn Roy Präger endlich seinen von uns seit Jahren geforderten Nobelpreis bekommen hat, sollte man wirklich über den großen Humanisten Erdoğan nachdenken.

Und was sonst noch so war:

Donald Trump fiel diese Woche nichts ein, was über seinen üblichen Wahnsinn hinausgeht. Glücklicherweise hat der Mann Familie, die so etwas für ihn erledigt. In diesem Fall Donald Jr., Trumps ältesten Sohn, der diese Woche in die Schlagzeilen geriet, weil er sich im Wahlkampf mit einer russischen Agentin traf, die ihm angeblich belastendes Material über Hillary Clinton aushändigen wollte. Sohnemanns lapidare Aussage dazu: „Ja, aber die hatte nichts vernünftiges dabei. Verschwendete Zeit.“ Ach toll, dann ist ja alles gut und legal daran.

Okay, was will man von Leuten erwarten, die sich gern mit abgeschnittenen Elefantenpimmeln ablichten lassen?

Die neue Landesregierung von NRW hat unterdessen bereits in der zweiten Woche ihrer Tätigkeit den ersten handfesten Skandal zu verkraften. Grund dafür sind Bilder eines Schweinemastbetrieb, die unhaltbare Zustände, nämlich kranke und verletzte, weggesperrte Tiere ohne Zugang zu Wasser und Futter zeigen. Was aus diesen traurigen Bildern einen Skandal macht? Der Betrieb gehört der frisch gekürten Agrar- und Tierschutzministerin, Christina Schulze-Föcking, die selber allerdings keine Verfehlungen in den Bildern sieht. Manche Geschichten sind so absurd, die kann man nicht erfinden.

Gleiches gilt auch für die Dinge, die sich diese Woche im finnischen Mariehamn, der Hauptstadt der malerischen Ålandinseln, abspielten. In der netten Kleinstadt (11.000 Einwohner) war nämlich der totale Ausnahmezustand ausgerufen worden. Straßen wurden gesperrt, öffentliche Plätze abgeriegelt und Schulen geschlossen. Der Grund: Der örtliche Fußballclub ist amtierender finnischer Meister und hatte in dieser Woche zur zweiten Qualifikationsrunde zur Championsleague den polnischen Vertreter, Legia Warschau, zu Gast. Für die Sicherheitskräfte in Mariehamn ein guter Grund, den Ausnahmezustand auszurufen, schließlich rechnete man mit einer wilden Horde brandschatzender Gewalttäter, die sich auf dem G20-Gipfel nur aufgewärmt hatten. Es kamen letztendlich ganze 60 (in Worten: Sechzig!) Fans aus Warschau nach Mariehamn. Vier von ihnen wurden direkt festgenommen, die anderen 56 waren an Krawall eher nicht interessiert. Der Ausnahmezustand galt trotzdem weiter. Und irgendwo in Hamburg nickte Olaf Scholz anerkennend mit der Halbglatze und rief anschließend den Verfassungsschutz an, ob es irgendwo denn Listen mit Legia Warschau-Fans gäbe, mit denen sich solche Gewalt in Zukunft vermeinden lassen kann.

Und damit endet dieses Wort zum Sonntag. Hoffen wir darauf, dass das Sommerloch auch nächste Woche auf sich warten lässt.


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