Diverses:Die scheiß Katzen-Mär
Vor der Erfindung des Wortes Märchen gab es nur die Mär, eine Erzählung von alter Art, in Reim und wunderlicher Sprache, war dort alles böse, von dem man sprach, Hexen und Zauberer und reißende Wölfe, angebrannte Suppen und sogar lügende Holzgliederpuppen.
Der Rohrstock ersetzte die Waldorfschule.
Mit einem Wort also: Grauenhaftes und Widerliches; so setzte man sich hin, weil man ja den Kindern ja irgendwas zum Schlafen sollen erzählen wollte und verniedlichte alles, was einem unter die Hände kam.
Aus der Schauermär wurde das Märchen - Erzählungchen hätte sich nun zu dämlich angehört - Hexen, Zauberer und Wölfe blieben zwar, waren aber nun zu doof, um sich nicht von halbherzigen Täuschungsmanövern der guten Kontrahenten hereinlegen zu lassen und wenn sie nicht gestorben sind, sind sie sogar heute noch doof.
Dem Verfasser ist es gelungen, der Wahrheit mit Hilfe des Weines auf den Grund zu gehen und eine dieser alten Märs ausfindig zu machen, wenngleich nur in Fragmenten:
Fragment 1
Es war einst eine nicht mehr ganz hübsche und junge Königstöchter und ein Obstverkäufer, der mit offensichtlich nicht mehr ganz frischen Äpfeln nicht das Saufen begründete, aber immerhin wohl den Schimmel entdeckte und zu vermarkten wusste.
Traf er damit zunächst auf Ekel und Abscheu seiner potentiellen Abnehmer in der Unterschicht und schüttelten alle darüber den Kopf, wie man DAMIT denn Geld verdienen könne, war es so, wie es oft so ist: wer nicht wagt, der nicht gewinnt. In Zeiten großer Not verschenkte er vor dem Hintergrund einer Direktmarketing-Aktion sein Obst an die Unterschicht, die die Geschenke dankend annahm, wohl wissend, dass diese Anschub-Investion vonnöten war, um sein Produkt am Markt zu positionieren. Das Konzept ging auf und der Absatz stieg kontinuierlich, weil das Obst zwar unapettitlich aussah, aber nicht war. |
Nein, die Kunde vom geschimmelten Apfel, dessen Kruste so nach Freiheit schmeckte, große Augen und unruhig-geifernd nach Leben und Erleben machte, erreichte im Zeitablauf, was grundsätzlich nun eben sehr lange dauern kann, sogar ein Königshaus, das in der Nähe stand. Darum dauerte es doch nicht so lange.
Je verschimmelter sein Obst und je höher der politische Rang des Abnehmers war, desto höhere Preise verlangte er, denn der "Arme-Leute-Apfel" war nur sehr fein vom Schimmel betroffen und wirkte wie draufgestreut, in höheren Klassen wurde er aber mit einer dicken Schicht präsentiert. Das Königshaus war ohnehin schon viel Ekliges gewohnt: Fischeier, Schwalbennester und Schnecken, da machte ein Schimmelapfel den Bock sowieso nicht mehr fett.
So wurde er schließlich Haus- und Hof-Lieferant, bis der König Gammelobst wegen der Suchttendenzen verbot.
Fragment 2
Als das durchsichtige Ding im riesigen Garten, mit einem Halbkreis aus verabschiedenden Rosen wie ein Sommergruß bedeckt, bar jeden Lebens wohl, aufgebahrt war, standen die Trauernden vor der Kulisse eines märchenhaften Schlosses aufgereiht wie ein Flitzebogen. Man wusste nicht, was denn schuld an dem offensichtlichen Tod der holden Königstochter sei: ein Gammelapfel, gar ein ganzer Apfelkuchen, eine vermaledeite, mit Pflanzengift eingesprühte Rose oder Luftknappheit wegen voreiligen Einsargens?
Sie lag so in dem Plexiglassarg, wenns das noch nicht gab, im Vorjahresmodell, als schliefe sie, lieblich war ihr unschuldiges Lächeln und einer der Verehrer, der mit den anderen sechs geholfen hatte, sie vor den verkaufsaggressiven Aktionen des Apfelschimmelverkäufers zu schützen, schaute etwas lüstern auf den etwas hochgerutschten schneeweißen Rock, der den Blick auf ihre mädchenhaft gebliebenen Waden höher schweifen ließ und seine Gedanken trotz des schrecklichen Anlasses in den FSK-18-Bereich gleiten ließ. Vielleicht war es auch nur eine Art Galgengeilheit, die ihn vom schier unausweichlichen Abschied zu trösten versuchte.
So hatte sie gegen 100 Minuten geschlafen bzw. gedöst und der stille Verehrer kippte den Sarg etwas in die Kopflage, um einen letzten Blick auf ihr Strumpfband zu erhaschen. Tränen glitzerten auf dem transparenten Material, Tränen, geweint auch von den Eltern, denen die 42 Jahre ihrer Tochter wie ein einziges Geschenk zu Weihnachten vorkamen.
Sie rutschte im Sarg weiter nach hinten und der Kopf knickte durch das sich verlagernde Gewicht ihrer zarten birnigen Gestalt etwas zur Seite ab. Alle hatten noch kein Frühstück zu sich nehmen können. Er hatte genug gesehen und setzte den Sarg hastig wieder ab unter dem gespielten Vorwurf, warum ihm die anderen nicht beim Wegtragen helfen wollten. Jetzt hätte er auch keine Lust mehr dazu.
Durch diese Schräglage des Kopfes und den Aufschlag aber flutschte das über das Mindesthaltbarkeitsdatum gerutschte Stück eines verbotenen Apfels aus dem Schlund der schlafenden Schönheit und so konnte sie wieder atmen. Blinzelnd und lächelnd wie ein Herbstnachmittag richtete sie sich schnell auf und schlug von innen gegen den Sargdeckel und fiel abermals in einen Schlaf, der aber mit kalten Kompressen und Riechsalz aus den nahen kolumbianischen Bergen beendet werden konnte.
Etwas widerwillig nahm sie zur Kenntnis, dass noch alle sieben Prinzen da waren, die sie in dem Waldhaus wochenlang im Grunde belästigt, aber damit scheinbar auch vor der Sucht erretteten - nachdem sie sie entführt hatten. Zumindest hatten sie die Entwöhnung versucht. Drei von ihnen. So dachte sie, dass es zwar grundsätzlich ganz schön und märchenhaft gewesen sei, dem alten geldgeilen bösen Obstjäger entkommen zu sein, aber sie hatte sich doch genug bedankt??!!
Aber ihr Vater war ein milder und gütiger Mann, der nie vergaß, wenn ihm oder einem seiner Lieben eine Gunst erwiesen oder diese gar errettet wurden oder wenigstens versucht wurde, zu retten, was zu retten war. Sehr gütig und sehr milde, wie gesagt!
So drängte er seine gerade dem lichten Grab, dem stillen Anti-Gewächshaus entstiegene Tochter zu einer bigamistischen Heirat, die dann auch bald auf dem schwarzen Brett der Gemeinde ausgeschrieben wurde. Das ganze, was dann geschah, lässt sich am besten an der darauf folgenden Heerschar von Kindern, die so pö a pö entstand, veranschaulichen. So, passiert!
Wer würde das Reich nun beerben, also richtig reich erben, fragte man sich im ganzen Land, wo es doch nun statt einem - wie üblich - sieben Schwiegersöhne gab? Die Schwiegersöhne waren zwar ganz nett, aber sie kamen aus armen Verhältnissen, sechs von ihnen hatten eine abgebrochene Lehre hinter sich und der letzte war gar Hartz IV-Empfänger.
Fragment 3
Was niemand ahnen konnte: der Apfelkerl hatte zwischenzeitlich längst wieder verkleidet Zugang zu dem Königshaus gefunden und verkaufte seinen als "Riechsalz" oder "Schnee" bezeichneten Schimmelextrakt sehr erfolgreich, der angeblich aus den obigen Bergen stammte, weiter...
Sie hatte Gefallen an dem Riechsalz gefunden und keine döste wohl so signifikant bei Schneeschauern wie sie, so hatte sie ihren Namen ab dann weg. Beunruhigt wurde hinter den Kulissen Schneedöschens Lebens- und Sinneswandel wahrgenommen; „ach, ja, das war ja ganz schön, so bei den sieben Kerlen im Wald gelebt zu haben“, dachte sie sich, aber was damals erzwungene Freiheit war, empfand sie nun als Beklemmung, was damals sexuelle Befreiung oder Befreiung zum Sex haben war, war zur Missionarstellung an sieben Tagen in der Woche geworden. |
Sie war sich zu schade für so ein prüdes, laues Eheleben und begann die äußere Gefangenschaft immer mehr mit innerer scheinbarer Freiheit, mit dem Schnee aus den sieben eingangs erwähnten Bergen zu verschneiden. Ihr Mittelalter verbrachte sie weiter mit langem nachmittäglichem Dösen in den sonnendurchfluteten Hainen der Umgebung, damit sie nicht erwischt wurde, da auch dort ein Betäubungsmittel-Gesetz existierte.
Sie versuchte ja, nach außen hin, die brave Ehefrau von sieben Männern zu sein, die sieben Haushalte zu führen, aber das alles war ein geistloses Tun, ihr Körper war hier und dort, aber ihr Geist immer woanders und die Suche durch die Sucht wurde immer intensiver.
Fragment 4
Versuche, vom schlechten Gewissen initiiert, sich den Schnee mit Schnaps zu entziehen, scheiterten. Ihre Schleimhäute waren dabei so rot wie Blut, ihr Gesicht war weiß wie die Wand und ihre Seele doch so schwarz, trotz aller hehren Versuche, wie eben angekokstes Holz manchmal so sein kann.
Ihre sieben Gatten waren ihr nicht Grund und Gelegenheit genug, ihre Weiblichkeit nur bei diesen auszutoben, so wechselten sich die Rittmeister und Kammerdiener wöchentlich im zu-Diensten-Sein ab. Undankbarkeit ist der Welten Lohn, dachten sie, auch die Rittmeister und Kammerdiener, die nur ihre Nietenhalsbänder behalten durften.
Das Erbe wurde immer geringer, schöne Kleider wurden in Massenproduktion für sie gefertigt, Schmuck wurde versteigert, um neuen zu erhalten und eBay-Vorgänger wurde zwischenzeitlich von ihren Wünschen lahm gelegt (deshalb auch "Vorgänger"). Die Eltern machten klar, dass sie das nicht mehr lange dulden würden, schließlich gäbe es noch die Möglichkeit der Enterbung und die Schwiegersöhne drohten mit einem kostspieligen Scheidungsprozess.
Plötzlich starben Schneedöschens Alte suizidal und auch die sieben Prinzen suchten und fanden bekümmert sukzessive den Tod am Ort ihrer einstigen Rettungstat im Rosengarten, nachdem sie sich mit einem Apfelkuchen vergiftet hatten. Der letzte nach drei Tagen bitterlichen Kampfes auf der Entgiftungstation in der Universität Medellín.
Glücklicherweise überlebte das arme Kind das schlechte Essen und diese Trübsal und erbte immer noch richtig reich, es war noch ein Schloss mit einem riesigen Gartencenter übrig geblieben, das hinter den sieben Bergen (es sind immer noch die gleichen) sowie ein 7-Zimmer-Appartement irgendwo in einem Wald, klassisch eingerichtet.
So konnte sie sich ungestört ein angemessenes Leben nach der Trauer ob des ehemaligen Verlustes ihrer Lieben leisten. Normalerweise lebt man dann in Ruhe und Frieden, in Glück bis an das Ende, - bis wohin denn wohl auch? - aber nicht so Schneewittchen, die ihren Familienstand in ihren neuen Namen einfließen ließ ...und schon gar nicht bei DIESER Erbschaftssteuer-Forderung!
Da kam ihr diese geniale Idee, sich nach einer neuerlichen steuerlichen Königshausprüfung all ihr Hab und Gut zu verkaufen und sich mit ihren dann ehemaligen Dienerinnen und Dienern, Mona, Minnie und Mirella, in der nahen Stadt selbständig zu machen, indem sie das verkaufte, was sie schon lange nicht mehr hatte: ihre Ehre im Etablissement: „Schneewittchens Katzenbar“!
Aber jetzt, wo sie alles schon in die Wege geleitet hatte, mit ihrem Körper gnadenlos Geld neben der Lust verdienen zu können, wars geschehen mit ihrem Hunger auf die Freiheit, wie es immer so ist, wenn der Reiz am Verbotenen auf einmal fehlt. Dazu kam ihr Status und der ihrer Angestellten, den sie nicht gefährden wollte, obschon der wirtschaftliche Druck gegeben war. Wie sollte sie diese Zwickmühle lösen?
Sie führte einfach ihre Bedürfnisse und die der Männer in einer Art Symbiose zusammen. Die Ehre schützte sie mit einigen schwarzen abzuschließenden Kabinen. In diesen wurde geredet und geredet, über Gott und die Welt, was das Zeug hielt und das stundenlang zum Pauschaltarif für den preisbewussten Herrn, um dann letztlich, für den Herrn auf das Thema „Sex“ zu sprechen zu kommen. Dabei war jeder allein, man sah sich nicht und hörte sich nur.
Das Konzept ging auf, die Damen und die Herren blieben unerkannt: keine Lippenstifte und keine fremden Parfüms auf der Weste und keine Flecken auf der Seele der Damen, zudem die Raummiete wegen der fehlenden Betten sich in Grenzen hielt. Allerdings, der Wermutstropfen war, dass Schneewittchen durch eine starke Isolierung der Kabinen zu viel auf Anonymität setzte...
So konnte man Gesprächen (nicht) lauschen wie:
Ihr sollt mich ein wenig ungewöhnlich verwöhnen, ich dachte an ein Rollenspiel! | Ihr seid ein dänischer König? Hamlet? Ein holder Vergil? |
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Nein, kein Omelett, danke, ich habe jetzt anderen Hunger, errettet mich! | Ach...rumlungern?....verstanden...das ist was anderes! So spielt ihr einen wandernden Bettler, den ich ent- und verführe? |
Das Wetter interessiert mich soweit JETZT kaum, ja, WEIL ich davon hier drin eh nichts spüre! Ich bin ein Graf, von blauem Geblüt...und gehe durch den Garten und sehe Euch... | Ja, Ihr tragt ein Wollkleid vom Schaf mit zerfetzten Saum... Ich komme also an einem lauen Tag, es blüht überall, stell mich hin, wie wartend und frage Euch, ob ich störe, verwegen, wer Euch dorthin verstossen und bücke mich nach vorn! |
...Ihr pflücktet Rosen auf betörend-anregende Art, doch stecht Euch am Dorn, das Blut benetzt Euren leidenden Finger! | Ja, Ihr seht voll Freude und halb entsetzt meine dicken Dinger! Und ich Eure Augen mit Genuss! |
Ja, besser, es kommt in schnellem Fluss den Finger hinuntergeronnen! | Was schon Schluss? Das nennt man "zu früh gekommen"! |
Fragment 5
Ihre Mägde nahmen sich so der Zustände der Herren und damit des Geschäftes an, während Schneewittchen wiederum gelangweilt das Geld zählte und verwaltete und dabei entdeckte, dass man ihr gern zuhörte, wenn sie, auch außerhalb der Boxen, aus ihrem bewegten Leben mit bewegter Stimme erzählte. Eine Eigenart von ihr dabei war, meist hilflos in wirren losen Reimen zu erzählen, um ihrer Rede eine besondere Note zu verpassen.
So saß sie mit nicht ganz perfekter Frisur und einigen Wohlstands-Röllchen an den Hüften, einem sichtbaren Büstenhalterhalter auf ihrer halb freien Schulter vor einem Glas Asbach-Cola. Es war halb zehn Uhr.
Da klingelte es an der Tür, die grundsätzlich wegen der allseits gefürchteten Razzien immer verschlossen war und Schneewittchen schlurfte an den Türspion, lugte hinaus und erblickte mit Entzücken einen wie von Zauberhand geformten Recken, jung, schön und hoffentlich mit dicker Brieftasche! Sie ließ ihn ein und merkte schnell, dass er nur reden wollte.
Er blickte in ihre mit Krähenfüßen umringten großen traurigen und schönen Augen, die so viel Erlebtes, aber noch viel mehr Träume gesehen hatten und sprach: „Meine Liebe, ich schreibe ein Drehbuch zu einer Dokumentation zum Thema „Gescheiterte Existenzen“ und denke, dass Du da die richtige für mich bist. Nimms aber nicht persönlich. Du kannst auch gern über reciproke Evolutionstheorien reden, ist ja fast das gleiche!“
„In einer Zeit vor unserer Zeit wars einmal so weit, dass Mann die Hunde leid war und die Hunde, gegängelt und bedrängelt zu werden. Es war eine Zeit, wo der Mann wie ein Hund war, und umgekehrt, der Hund ein stammelndes all-in-one-Wonder, wie der Mann im Grunde ein Jäger und Sammler.
Der Mensch begann nämlich zu sprechen, sich auf zwei Beine zu stellen, und sich vor dem Hund zu nennen, dieser lernte immerhin das Bellen und das Hecheln. "Soll der Mensch sich ruhig vor mir nennen, so werde ich meist vor ihm rennen", dacht der Hund sich und glich die Scharte damit aus.
Mit dem Verstand wuchs die Arroganz, so begann Mann, dem Hund Leinen anzulegen und gab ihm als Tier seinen Haussegen. Doch der Hund wollte jagen, wann er wollte und nicht dann, wenn das Herrchen ihn zum Jagen holte. Weinerlich, berührt, resümierte der Hund: |
Nein, man zog sich, halb verrückt und halb benommen, an Herrchens Leine die Zunge aus dem Hals, um einmal nur zum Jagen zu kommen. „Gott erhalts!“ sprach beglückt der Mann, „so bleibe ich der Herr, der bestimmt!“ und grollte der Hund, der hatte immer noch nichts an!
Der Mensch bestimmte, wann entrückt gejagt werden durfte, beim Hund pflegte man diese Ambitionen wie giftige Drogen nur fein dosiert zu entfachen, wenn man dem wartenden gewordenen Herrn mit bellendem Lachen und einer gemordeten Ente in der Fresse und Blut auf der Blesse beglückt zurück kam.
Beim Spaziergang am Gängelband in den Wald und mit Herrchen mit seiner Holden Hand in Hand, pflegte man, den Hund für eine unbestimmte Zeit (in der Umgebung) anzupflocken, um dann zu zweit bereit war, im Schmutz aufeinander zu hocken. Der Hund tat dies aus Datenschutz keinem Dritten kund.
Unselbständig waren sie geblieben, laut, oft ungestüm-brutal, furchtbar albern und versaut, unberechenbar im Animalischen versunken und gestunken haben sie nebenbei ganz schlimm, und es stimmt, dass für die Bürgersteige die Straßen verkleinert und selbige extra gereinigt werden mussten. Aber auch die Herrchen regten sich über die Hunde auf.
So konnte es nicht weiter gehen: beide Seiten kündeten den unausgesprochenen unaussprechlichen vertrackten Kontrakt zwischen Dompteur und Domestiziertem und wollten ihre eigenen Wege gehen und riechen. Da sich die ehemaligen Besitzer und die ehemaligen Hunde trennten, entstand ungebunden ein Versorgungsengpass und einsames, doch erstrebtes Unglück bei den Hunden, Hunger, Not, bei allen vierbeinigen Kontrahenten, Bevölkerungsdruck bei den Enten und ungeräumter Kot! Der Mann tat wie befohlen und entsagte dem Hund beim Jagen und brachte ihn in Heime, die damals verflucht schlecht besetzt waren und das schon seit Jahren. |
So waren alle hinter Gitter gebracht, waren doch alle aus der jeweils anderen Sicht hinter Stäben – und jeder lebte sein eignes Leben.
Der Herr, nicht das-chen, besah sichs eine ganze Zeit, dann wars so weit, er wollte walten und die Parteien einigen, denn alle waren beklommen vom Einsamsein und ohne Glück. Alle wollten wieder zurück!
Doch durch das Mehrparteiensystem kam er durcheinander, der Mann wollte ein wenig Hund sein und der Hund ein wenig Mann, doch ohne Gegengewicht geht es wohl nicht, dachte er und machte etwas Graziles, dass das Zerbrechliche sinnbildlich stabil machte, etwas, das Anmut und doch Macht ausstrahlte, etwas Bestimmendes und still Gewinnendes, dass das Laute in den richtigen Momenten zum Schweigen brachte.
Er nahm das Animalische, seinen fast ewigen Paarungswillen, seinen Drang zur Jagd auf alles, was ihn fasziniert, zu stillen und er paarte die Anhänglichkeit und die Vergänglichkeit der Treue, die Verspieltheit, die Ungezogenheit und Ungezügeltheit, die Intelligenz und der Dummheit Dissonanz in allem Tun und mischte es, so wurde aus dem Mann ein neuer Hund und aus dem Hund ein neuer Mann. Doch die Grenzen verwischten so schlimm wie nie!
Was für ein Chaos, dachte Gott, "O Gott!". Aber um nicht sein Gesicht zu verlieren, sann er in seiner bewährten Flicktaktik nach einer Nachbesserung, die wie ein vollkommen eigenständiger geschickter Schöpfungsakt aussah, was bisher niemand bei ähnlichen Aktionen gemerkt und zum Beispiel bei der Feuer-Wasser-Problematik hervorragend funktioniert hatte. |
Fragment 6
Sorgfältiger musste er bei der Erschaffung des Gegenparts zu den beiden sein, das war klar, so dachte er kurz nach und nochmal danach nach: er musste auf vier Füßen stehn, leise und arrogant, Schlitze in den Augen, um kleinstes Unheil voraus zu sehn, gewinnend und elegant.
So wurden die Hunde aus den Heimen entlassen, doch weil der Platz auf der Erde begrenzt, das hatte er nicht bedacht, zogen neue andre alt gewordene ein und machten sich breit. Hunde durften jetzt jagen, aber andere begannen, Auto fahren, prahlten zum einen mit Wissen, ließen es aber nicht, an Bäume zu pissen, auf vier Füßen vor Frauen zu kauern, sie zu belästigen und zu furzen vor Gästen, anmalisch zu saufen und sich vor Kneipen zu raufen. Der liebe Gott war zu bedauern.
So sehnten sich die Hunde nach ihren alten Rollen und begannen, sich damit zu distanzieren. Lieber wieder an der Leine gehen, um nicht die Menschen verstehen zu müssen, lieber den Boden küssen und vor den Warenhäusern stehen und dumm und glücklich ein Verzeihen zu finden, mit Bellen grollen und lachen, als es mit Intelligenz im Großen (auf zwei Beinen) und Ganzen auch nicht besser zu machen.
Als die Katze, die den Hund ersetzen sollte, sonst eher unberührt von vielem, entsetzt dieses wüste Wirrwarr sah und es mit ihrer Kuscheloption - höllisch-unsozial war sie geblieben, so konnte sie einfach nicht wahrhaft lieben - konnte alles nicht lösen und befrieden, raffte sie mit rollenden Augen, unzureichend bewaffnet: kaum zu glauben, war sie auf diese Weise nur Gottes Alibi und ein Stück weit Lückenbüßer für Mensch und Hund, letzterer blieb ihr ein Dorn im Auge, so wuchs der Zorn und auch der Frust: hätt sies doch nur vor der dreisten Reinkarnation schon gewusst: „So ein Mist!“
Fragment 7
Und so endet das Erzählungchen ganz ohne Happy End, mit unerwählten toten Prinzen, mit einem süchtigen zur Witwe gewordenen Schneedöschen mit vielen Worten und mit Krähenfüssen, doch ohne Liebe und viel zu engem Höschen, mit büssenden Katzen und unveränderten Hunden, die einst wie Männer waren und umgekehrt. Mit schicksalshaft-breitem Grinsen sagt es: Männer sind eben keine Schweine und Hunde gehören an die Leine, so endet es überall auf solch unromantische Weise: Scheiße!
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3. Platz beim 7. Stupid Contest
Die scheiß Katzen-Mär ist ein Gewinner des 7. Stupid Contests.
Für dieses Werk erhält Ali-kr den bronzenen Stupidedia-Stern am Band.
Gezeichnet, die Jury