Spiegelwelten:Die Traumhochzeit – Waraluq Wurbani von Würgmenistan heiratet Prinzessin Bonita von Äquador: Unterschied zwischen den Versionen

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==Pîlasty Prezdenko Wyrqmanîsty, Êliza Wyrqmâbashý 1, Êreqalqh, Wyrqmanîsty, 9. Wyrqmâbashý 2017, 9:00 ê shqorl<br/><br/>Würgmenischer Präsidentenpalast, Würgmenbaschi-Straße 1, Erbrechabad, Würgmenistan, 9. März 2017, 9:00 morgens==
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==Würgmenischer Präsidentenpalast, Erbrechabad, Würgmenistan, 9. März 2017, 9:00 morgens==
  
 
Es ist ein lauer Morgen über der würgmenischen Hauptstadt, und es sind noch nicht so viele Autos unterwegs. Es haben aber auch nicht so viele Würgmenen ein Auto. Die Smogglocke ist trotzdem schon vorhanden, zum einen, weil die Kraftwerke, Chemiefabriken und Müllverbrennungsanlagen auch nachts arbeiten, und zum anderen, weil sie sich nachts sowieso nicht mehr auflöst.
 
Es ist ein lauer Morgen über der würgmenischen Hauptstadt, und es sind noch nicht so viele Autos unterwegs. Es haben aber auch nicht so viele Würgmenen ein Auto. Die Smogglocke ist trotzdem schon vorhanden, zum einen, weil die Kraftwerke, Chemiefabriken und Müllverbrennungsanlagen auch nachts arbeiten, und zum anderen, weil sie sich nachts sowieso nicht mehr auflöst.
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==Desert-Blue Hotel, Erbrechabad, Würgmenistan, 9. März 2017, 9:00 morgens==
 
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Bonita Ramirez, amtierende Prinzessin von Äquador, blickte aus dem Fenster. Graue Fabrikschlote ragten in den smogbraunen Himmel. Was für schöne Pastellfarben, dachte Bonita und biss von ihrem Wurstbrot ab.
 
Bonita Ramirez, amtierende Prinzessin von Äquador, blickte aus dem Fenster. Graue Fabrikschlote ragten in den smogbraunen Himmel. Was für schöne Pastellfarben, dachte Bonita und biss von ihrem Wurstbrot ab.
  
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==Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 9:00 morgens==
 
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Pedro, Pablo und Pepita waren vom äquadorianischen Staatsfernsehen nach Würgmenistan geschickt worden. Sie luden ihr Equipment aus dem Lieferwagen, den sie am Flughafen von Erbrechabad gemietet hatten. Die alte Karre war locker zwanzig Jahre alt und hatte es kaum die Berge hinauf geschafft. Oft musste gehalten werden, um den Motor abzukühlen.
 
Pedro, Pablo und Pepita waren vom äquadorianischen Staatsfernsehen nach Würgmenistan geschickt worden. Sie luden ihr Equipment aus dem Lieferwagen, den sie am Flughafen von Erbrechabad gemietet hatten. Die alte Karre war locker zwanzig Jahre alt und hatte es kaum die Berge hinauf geschafft. Oft musste gehalten werden, um den Motor abzukühlen.
  
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„Na toll.“ Pablo spuckte auf den Boden. „Und in fünf Stunden ist in Äquador Pokalfinale.“
 
„Na toll.“ Pablo spuckte auf den Boden. „Und in fünf Stunden ist in Äquador Pokalfinale.“
  
==Pîlasty Prezdenko Wyrqmanîsty, Êliza Wyrqmâbashý 1, Êreqalqh, Wyrqmanîsty, 9. Wyrqmâbashý 2017, 10:30 ê shqorl<br/><br/>Würgmenischer Präsidentenpalast, Würgmenbaschi-Straße 1, Erbrechabad, Würgmenistan, 9. März 2017, 10:30 morgens==
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"Dürfte ich den großartigen Sohn unserer genialen Präsidenten vielleicht darum bitten, sich etwas zu beeilen?" Die Stimme von Waraluq Wurbanis Privatschneiderin klingt fast ein bisschen schnippisch. Seufzend dreht Waraluq sich noch einmal im Kreis und betrachtet sich im Spiegel. Mit der traditionellen würgmenischen Tracht, die er für die Hochzeit tragen muss, kann er nichts anfangen.
 
"Dürfte ich den großartigen Sohn unserer genialen Präsidenten vielleicht darum bitten, sich etwas zu beeilen?" Die Stimme von Waraluq Wurbanis Privatschneiderin klingt fast ein bisschen schnippisch. Seufzend dreht Waraluq sich noch einmal im Kreis und betrachtet sich im Spiegel. Mit der traditionellen würgmenischen Tracht, die er für die Hochzeit tragen muss, kann er nichts anfangen.
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Ein paar Minuten später ist Waraluq fertig und verlässt sein Zimmer. Er geht die Treppen des Präsidentenpalastes hinab zum Vorplatz, wo schon der Konvoi zur Fahrt nach Kamlagirqha bereitsteht. In der sehr grellen, heißen Sonne steht sein Vater Golban Wurbani mit teils erfreutem, teils mürrischem Gesichtsausdruck. Zwischen den beiden Männern gibt es nichts zu sagen. Waraluq stapft wortlos an seinem Vater vorbei und steigt in einen der Wagen. Sein Vater steht nur da und beginnt zu grinsen.
 
Ein paar Minuten später ist Waraluq fertig und verlässt sein Zimmer. Er geht die Treppen des Präsidentenpalastes hinab zum Vorplatz, wo schon der Konvoi zur Fahrt nach Kamlagirqha bereitsteht. In der sehr grellen, heißen Sonne steht sein Vater Golban Wurbani mit teils erfreutem, teils mürrischem Gesichtsausdruck. Zwischen den beiden Männern gibt es nichts zu sagen. Waraluq stapft wortlos an seinem Vater vorbei und steigt in einen der Wagen. Sein Vater steht nur da und beginnt zu grinsen.
  
==Ârpurtý Êreqalqh, Êreqalqh-dîstrikti, Wyrqmanîsty, 11:00 ê razg<br/><br/>Flughafen Erbrechabad, Distrikt Erbrechabad, Würgmenistan, 11:00 mittags==
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==Yerekalq Airport, Distrikt Erbrechabad, Würgmenistan, 11:00 mittags==
  
 
Einige Minuten vor um Elf ist der schon festlich geschmückte Konvoi am Flughafen von Erbrechabad angekommen. Wüste, nichts als Wüste. Eine 4000 m lange Betonpiste, die schon wieder zugeweht ist. Lotsen auf dem Flughafen sprechen mit den Fahrern der beiden Autos, zu dem sich nun auch ein drittes mit König Horatio von Äquador und seiner Tochter Bonita gesellt hat. Dann fahren die drei Wagen auf das Rollfeld, eine blitzblanke Maschine der ''Autocrate Air Transport'' (ATT), der Fluglinie des Diktatoriats, steht mit geöffneter Heckklappe da. Sonst ist kein Flugzeug da.
 
Einige Minuten vor um Elf ist der schon festlich geschmückte Konvoi am Flughafen von Erbrechabad angekommen. Wüste, nichts als Wüste. Eine 4000 m lange Betonpiste, die schon wieder zugeweht ist. Lotsen auf dem Flughafen sprechen mit den Fahrern der beiden Autos, zu dem sich nun auch ein drittes mit König Horatio von Äquador und seiner Tochter Bonita gesellt hat. Dann fahren die drei Wagen auf das Rollfeld, eine blitzblanke Maschine der ''Autocrate Air Transport'' (ATT), der Fluglinie des Diktatoriats, steht mit geöffneter Heckklappe da. Sonst ist kein Flugzeug da.
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Waraluq lässt einen ängstlichen Schrei los und kauert sich auf der Rückbank zusammen. Er schließt die Augen, um den Boden, der unter ihm rasch kleiner wird, nicht sehen zu müssen. Nach ein paar Minuten beruhigt er sich jedoch und blickt nach unten. Gerade startet die ATT-Maschine. Und Waraluq wird klar, dass sein Vater an dieser doch etwas spezielleren Form des Reisens so seinen Anteil haben wird.
 
Waraluq lässt einen ängstlichen Schrei los und kauert sich auf der Rückbank zusammen. Er schließt die Augen, um den Boden, der unter ihm rasch kleiner wird, nicht sehen zu müssen. Nach ein paar Minuten beruhigt er sich jedoch und blickt nach unten. Gerade startet die ATT-Maschine. Und Waraluq wird klar, dass sein Vater an dieser doch etwas spezielleren Form des Reisens so seinen Anteil haben wird.
  
==<nowiki>38° 12' 56'' nördliche Breite, 79° 34' 59'' östliche Länge, Würgmenische Felswüste, Würgmenistan, 12:20</nowiki>==
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==Irgendwo in der Würgmenischen Felswüste, Würgmenistan, 12:20==
  
 
[[Datei:Wuergmenistan-Karte physisch.png|thumb|500px|<big>Die landschaftliche Vielfalt Würgmenistans zeigt sich!</big><br/><small>(Jedoch nicht unbedingt auf den ersten Blick.)</small>]]
 
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== Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:00 ==
 
== Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:00 ==
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Pablo hatte die Caterer gefunden. Und sie waren großzügiger als erwartet. Hatte Pablo zunächst noch mit einer Ablehnung oder einer Scheibe trockenen Brots gerechnet, bekam er statt dessen das volle Programm. Die Caterer stellten ein Tablet mit den erlesensten Köstlichkeiten Würgmensitans zusammen. Gerösteter Aasfalke, geschmorrte Sandläufer-Milz, dreifach gekochte Wüstenfeige und eine Flasche Selbstgebranntes machten ihren Weg zum äquadorianischen Übertragungswagen.
 
Pablo hatte die Caterer gefunden. Und sie waren großzügiger als erwartet. Hatte Pablo zunächst noch mit einer Ablehnung oder einer Scheibe trockenen Brots gerechnet, bekam er statt dessen das volle Programm. Die Caterer stellten ein Tablet mit den erlesensten Köstlichkeiten Würgmensitans zusammen. Gerösteter Aasfalke, geschmorrte Sandläufer-Milz, dreifach gekochte Wüstenfeige und eine Flasche Selbstgebranntes machten ihren Weg zum äquadorianischen Übertragungswagen.
  
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== Flugzeug, kurz vor Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:00 ==
 
== Flugzeug, kurz vor Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:00 ==
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Die Königsfamilie hatte den Flug im Cockpit verbracht und Würgmenistan aus der Luft bewundert. Nun begann der Landeanflug und Prinzessin Bonita setzte sich mit ihren Eltern und dem Fahrer zurück ins Auto, das im Laderaum vertaut war.
 
Die Königsfamilie hatte den Flug im Cockpit verbracht und Würgmenistan aus der Luft bewundert. Nun begann der Landeanflug und Prinzessin Bonita setzte sich mit ihren Eltern und dem Fahrer zurück ins Auto, das im Laderaum vertaut war.
  
 
== Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:10 ==
 
== Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:10 ==
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Pablo hatte seine Kamera in die Ferne gerichtet. Hinunter in die Tiefebene. Dort war so eben das Flugzeug im Wüstenstaub gelandet. Der schwankende Helikopter hinkte ein wenig hinterher und war noch in der Luft. Als die Ladeluke des Flugzeugs geöffnet wurde, konnte Pablo die äquadorianische Königsfamilie ins Bild fassen, als diese mit dem Auto aus dem Flugzeug rollte.
 
Pablo hatte seine Kamera in die Ferne gerichtet. Hinunter in die Tiefebene. Dort war so eben das Flugzeug im Wüstenstaub gelandet. Der schwankende Helikopter hinkte ein wenig hinterher und war noch in der Luft. Als die Ladeluke des Flugzeugs geöffnet wurde, konnte Pablo die äquadorianische Königsfamilie ins Bild fassen, als diese mit dem Auto aus dem Flugzeug rollte.
  
 
== Auto, den Berg hinauf, nach Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:24 ==
 
== Auto, den Berg hinauf, nach Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:24 ==
„So ein schönes Land“, sagte Prinzessin Bonita. „Es erinnert mich an die Märchenbücher meiner Kindheit, über fiktive Länder wie die Sowjetunion. Und an Gruselgestalten wie den Butzemann oder Saparmyrat Nyýazow.“
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„So ein schönes Land“, sagte Prinzessin Bonita. „Es erinnert mich an die Märchenbücher meiner Kindheit, über verwunschene Länder wie die [[Sowjetunion]]. Und an Gruselgestalten wie den Butzemann oder [[Saparmyrat Nyýazow]].“
  
 
„Nur keine Angst, mein Kind“, log der König. „Hier ist es viel schöner.“
 
„Nur keine Angst, mein Kind“, log der König. „Hier ist es viel schöner.“
  
 
== Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:38 ==
 
== Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:38 ==
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Pepita postierte sich vor der Kamera, die Pablo auf seiner Schulter trug. Pedro stand neben ihm und richtete das Wort an Pepita.
 
Pepita postierte sich vor der Kamera, die Pablo auf seiner Schulter trug. Pedro stand neben ihm und richtete das Wort an Pepita.
  

Version vom 19. März 2017, 17:53 Uhr

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Würgmenischer Präsidentenpalast, Erbrechabad, Würgmenistan, 9. März 2017, 9:00 morgens

Es ist ein lauer Morgen über der würgmenischen Hauptstadt, und es sind noch nicht so viele Autos unterwegs. Es haben aber auch nicht so viele Würgmenen ein Auto. Die Smogglocke ist trotzdem schon vorhanden, zum einen, weil die Kraftwerke, Chemiefabriken und Müllverbrennungsanlagen auch nachts arbeiten, und zum anderen, weil sie sich nachts sowieso nicht mehr auflöst.

Im Präsidentenpalast wälzt sich ein junger Mann im Halbschlaf in seinem opulenten Bett herum. Leise erklingt ein Vogelzwitschern vom Tonband, denn echte Vögel gibt es hier schon lange nicht mehr. Endlich schlägt der junge Mann – er ist Anfang 20 – die Augen auf. Schreckensstarr ist sein Blick von dem, was er geträumt hat. Dabei ist das – oder vielmehr die –, von der er geträumt hat, ein Mädchen. Ein bekanntes Mädchen. Es ist die Prinzession der Realdemokratischen Republik Äquador, namentlich Bonita Ramirez. Und der junge Mann, der bis gerade eben so unruhig in einem der zahlreichen Betten des Präsidentenpalastes schlief, ist Waraluq Wurbani.

Warum er augenscheinlich so schlecht geschlafen hat, ist inzwischen in der ganzen Orbis Alius wohlbekannt: er soll Prinzessin Bonita ehelichen. Und die Boulevardpresse aller Länder zeichnet von Bonita Ramirez, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, ein eher negatives Bild. Sie soll einen Helferkomplex haben, immer und überall irgendetwas unterstützen, egal, wie sinnlos es ist. Nicht gerade das, was Waraluq sich unter einer Frau vorstellt.

Mühsam wälzt er sich aus dem Bett und betätigt die Klingel, die seine zwei Ankleiderinnen herbeiruft. Nur Sekunden später kommen diese herein und eine der beiden fragt, was der Sohn des Vaterlandsvaters denn gern anziehen würde. Noch recht müde brabbelt Waraluq irgendetwas unverständliches, deutet dabei auf den Kleiderschrank. Die eine Dienerin tut so, als habe er staatsmännische Reden vorgetragen. Die andere Dienerin holt ein paar Kleidungsstücke hervor, beide wissen, dass es Waraluq egal ist, was sie ihm hinlegen. Er schläft schon seit einiger Zeit nicht sonderlich gut und wacht immer schweißgebadet und übermüdet auf.

Daraufhin kleiden die Dienerinnen ihn an und geleiten ihn danach zum Frühstückssaal. Schweigend nimmt er an der langen Tafel Platz. Wenige Minuten darauf kommt seine ältere Schwester Marîjana herein. Sie ist gut gelaunt und setzt sich, allerdings in respektvollem Abstand zu Waraluq, an die Tafel. Der Rest der Familie hat anscheinend dringende Verpflichtungen, denn plötzlich beginnen die Diener und Dienerinnen, das Essen aufzutragen. So frühstücken die beiden jungen Erwachsenen allein.

Während des Essens versucht Waraluq, ein bisschen Smalltalk mit seiner Schwester zu treiben, doch ein richtiges Gespräch entsteht nicht daraus. Eher ein Ping-Pong-Spiel von Fragen und knappen Antworten beziehungsweise Nicken oder Kopfschütteln. Warum Marîjana ihren kleinen Bruder nicht wirklich beachtet, weiß der nur zu gut. Der Haussegen hängt schon einen guten Monat ziemlich schief, was ein Grund sein könnte, warum Vater Golban Wurbani nicht zum Frühstück erschienen ist.

Die normalerweise sehr ausgelassene Stimmung der Wurbanis wurde empfindlich gestört, als herauskam, dass Wurbani neben dem saftigen Taschengeld, welches sein Vater regelmäßig aus dem Staatshaushalt für ihn abzweigt, noch saftigere Bestechungsgelder und Steuern eingezogen hatte. Zwar ist Korruption in Würgmenistan nicht gerade selten, doch ohne Billigung seines Vaters über eineinhalb Jahre insgesamt 2'198'400 Muwat in die eigene Tasche zu stecken – so weit geht die Toleranz in Würgmenistan dann doch nicht.

Waraluq weiß ganz genau, was er verbockt hat. Dass das der Grund ist, warum er Prinzessin Bonita heiraten soll. Abfinden will er sich damit dennoch nicht. Bonita ... brrrrrrrrr. Beim Gedanken, sein restliches Leben mit dieser Tussi zu verbringen, sträuben sich ihm alle Haare.

Desert-Blue Hotel, Erbrechabad, Würgmenistan, 9. März 2017, 9:00 morgens

Bonita Ramirez, amtierende Prinzessin von Äquador, blickte aus dem Fenster. Graue Fabrikschlote ragten in den smogbraunen Himmel. Was für schöne Pastellfarben, dachte Bonita und biss von ihrem Wurstbrot ab.

Horatio, Bonitas Vater und König von Äquador, lächelte sein bezauberndes Prinzesschen an. Endlich hatte er sein kleines Goldengelchen unter der Haube. Es war nicht einfach gewesen, jemanden zu finden, der mehr besitzt als ein Piratenschiff und eine Schatzkarte. Doch dann hatte man vom Familienclinch im Hause Wurbani gemunkelt. Und schon war jemand gefunden, der die Prinzessin ehelichen musste.

„Ich hätte den Waraluq nur gerne mal vorher kennengelernt. Aber was solls. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“, sagte Prinzessin Bonita zu ihrem Vater.

„Ja...ähm...“, druckste seine Majestät herum. „Mit dem vorher kennenlernen, also das ist auch nicht so gut. Weil, meistens kommt dann keine Eheschließung zustande. Also, von dem her...“

„Das ist natürlich richtig“. Bonita tätschelte ihrem Vater die Hand und lächelte liebevoll.

„Noch etwas Kaffee, Vater?“

Bonitas Mutter trat an den Tisch.

„Kommt ihr? Der Wagen kommt in einer Stunde. Und Bonita trägt noch nicht ihr Brautkleid.“

Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 9:00 morgens

Pedro, Pablo und Pepita waren vom äquadorianischen Staatsfernsehen nach Würgmenistan geschickt worden. Sie luden ihr Equipment aus dem Lieferwagen, den sie am Flughafen von Erbrechabad gemietet hatten. Die alte Karre war locker zwanzig Jahre alt und hatte es kaum die Berge hinauf geschafft. Oft musste gehalten werden, um den Motor abzukühlen.

Pablo zog an seiner Zigarette und trat sie dann auf dem Boden aus.

„Schöne Scheiße“, fluchte er. Pablo war der Kameramann und hätte heute lieber das äquadorianische Pokalfinale gefilmt. Stattdessen hatte man ihn in die hinterste Ecke Otrantoniens verklappt. Wie den Sondermüll, der hier überall herumlag.

Pedro, der Tonmann und Aufnahmeleiter, ignorierte das Gefluche seines Kollegen. „Ob es in diesem Kaff einen Laden gibt? Ich habe Hunger. Wir hätten uns was mitbringen sollen. Warum feiern die überhaupt hier in der Einöde? Auf dem Flughafen wäre doch auch Platz gewesen.“

Pepita, die Moderatorin, richtete das Wort an ihre Kollegen. „Bei einer Hochzeit wird es schon etwas zu essen geben.“

„Ja. Hinterher“, erwiderte Pedro. „Erst müssen wir uns das ganze Trara und Drumherum antun. Bis das Buffett eröffnet wird, können noch Stunden vergehen. Und ich habe jetzt Hunger.“

„Such doch zwischen all den Medienvertretern hier mal nach den Caterern. Vielleicht geben die dir ja schon was.“

Pedro nickte und verschwand zwischen den vielen Übertragungswagen und Pressezelten.

Pepita blickte auf ihre silberne Armbanduhr. „Dauert nicht mehr lange, dann müsste das Brautpaar hier sein.“

„Na toll.“ Pablo spuckte auf den Boden. „Und in fünf Stunden ist in Äquador Pokalfinale.“

Würgmenischer Präsidentenpalast, Erbrechabad, Würgmenistan, 9. März 2017, 10:30 morgens

"Dürfte ich den großartigen Sohn unserer genialen Präsidenten vielleicht darum bitten, sich etwas zu beeilen?" Die Stimme von Waraluq Wurbanis Privatschneiderin klingt fast ein bisschen schnippisch. Seufzend dreht Waraluq sich noch einmal im Kreis und betrachtet sich im Spiegel. Mit der traditionellen würgmenischen Tracht, die er für die Hochzeit tragen muss, kann er nichts anfangen.

Ein paar Minuten später ist Waraluq fertig und verlässt sein Zimmer. Er geht die Treppen des Präsidentenpalastes hinab zum Vorplatz, wo schon der Konvoi zur Fahrt nach Kamlagirqha bereitsteht. In der sehr grellen, heißen Sonne steht sein Vater Golban Wurbani mit teils erfreutem, teils mürrischem Gesichtsausdruck. Zwischen den beiden Männern gibt es nichts zu sagen. Waraluq stapft wortlos an seinem Vater vorbei und steigt in einen der Wagen. Sein Vater steht nur da und beginnt zu grinsen.

Yerekalq Airport, Distrikt Erbrechabad, Würgmenistan, 11:00 mittags

Einige Minuten vor um Elf ist der schon festlich geschmückte Konvoi am Flughafen von Erbrechabad angekommen. Wüste, nichts als Wüste. Eine 4000 m lange Betonpiste, die schon wieder zugeweht ist. Lotsen auf dem Flughafen sprechen mit den Fahrern der beiden Autos, zu dem sich nun auch ein drittes mit König Horatio von Äquador und seiner Tochter Bonita gesellt hat. Dann fahren die drei Wagen auf das Rollfeld, eine blitzblanke Maschine der Autocrate Air Transport (ATT), der Fluglinie des Diktatoriats, steht mit geöffneter Heckklappe da. Sonst ist kein Flugzeug da.

Die Wagen warten, Waraluq wird ungeduldig. Die Lotsen besprechen irgendetwas mit seinem Vater im anderen Wagen. Dann fährt erst der mit den drei Horatios und dann der mit seinem Vater in das Flugzeug hinein. Sein Wagen bleibt stehen. Waraluq fragt seinen Fahrer, was los ist. Der antwortet: "Die Präsidentenmaschine steht mit Sandschaden an der Turbine im Hangar, deshalb sind die Lotsen auf die ATT-Maschine umgestiegen. In die passen aber nur zwei Autos."

Kurz kam Waraluq der Gedanke, dass er Prinzessin Bonita deswegen nicht heiraten müsse, aber der Fahrer erklärte weiter: "Deshalb haben die Lotsen sich für den Wagen etwas Spezielles ausgedacht." In dem Moment kommen mehrere Leute mit Seilen an und legen diese um den Wagen herum. Daraufhin hört Waraluq ein lautes Surren und Brummen, welches immer unerträglicher wird, und schließlich versteht er: ein Hubschrauber schwebt genau über dem Wagen. In genau diesem Moment straffen sich die Seile.

Und dann hebt der Wagen ab.

Waraluq lässt einen ängstlichen Schrei los und kauert sich auf der Rückbank zusammen. Er schließt die Augen, um den Boden, der unter ihm rasch kleiner wird, nicht sehen zu müssen. Nach ein paar Minuten beruhigt er sich jedoch und blickt nach unten. Gerade startet die ATT-Maschine. Und Waraluq wird klar, dass sein Vater an dieser doch etwas spezielleren Form des Reisens so seinen Anteil haben wird.

Irgendwo in der Würgmenischen Felswüste, Würgmenistan, 12:20

Die landschaftliche Vielfalt Würgmenistans zeigt sich!
(Jedoch nicht unbedingt auf den ersten Blick.)

Mit der Zeit findet Waraluq Wurbani den Flug mit dem an einem Hubschrauber festgebundenen Auto gar nicht so schlimm. Nur die unmittelbar bevorstehende Hochzeit mit Prinzessin Bonita trübt sein Gemüt. Unter dem Wagen ziehen derweil die absolut abwechslungslosen Geröllebenen der Würgmenischen Felswüste entlang. Mit der Zeit heben sich dann auch die Bergketten im Gebirgsdistrikt empor. Doch noch sind die bis zu 3000 m hohen Berge in weiter Ferne. Der Flug wird noch gut eine Stunde dauern, etwas mehr als die Hälfte der Strecke ist bereits geschafft. Gerade, als Waraluq sich etwas entspannen will, sieht er einen kleinen schwarzen Fleck am Himmel.

Nach gut einer Minute entpuppt der Fleck sich als Vogel, und schließlich als Würgmenischer Aasfalke. Waraluq erschrickt, einem Aasfalken ist er in freier Wildbahn noch nie begegnet und dass soll bitteschön auch so bleiben. Schließlich sind Aasfalken dafür bekannt, auch ihnen weit überlegene Fahr- oder Flugzeuge anzugreifen. Das soll an der dünnen Höhenluft liegen, was Waraluq Wurbani aber gerade egal ist. Denn in dem Moment kommt der Aasfalke angeflogen und mit dem seiner Art üblichen, gehässigen Krächzen stürzt er sich auf das Auto.

Dessen Fensterscheiben sind allerdings, wie von einer Limousine des würgmenischen Präsidenten erwartbar, aus Panzerglas. Aasfalken mögen zwar angriffslustig und gierig sein, aber dumm sind sie nicht. Also lässt der Aasfalke bald von ihnen ab. Dann aber fällt er mit umso größerer Wut und so laut krächzend, dass man es sogar im Wageninneren hört, über die Seile her, die den Wagen am Hubschrauber festhalten.

Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:00

Pablo hatte die Caterer gefunden. Und sie waren großzügiger als erwartet. Hatte Pablo zunächst noch mit einer Ablehnung oder einer Scheibe trockenen Brots gerechnet, bekam er statt dessen das volle Programm. Die Caterer stellten ein Tablet mit den erlesensten Köstlichkeiten Würgmensitans zusammen. Gerösteter Aasfalke, geschmorrte Sandläufer-Milz, dreifach gekochte Wüstenfeige und eine Flasche Selbstgebranntes machten ihren Weg zum äquadorianischen Übertragungswagen.

Den drei Äquadorianern ging es gut. Sie ließen es sich schmecken, bis plötzlich Motorenlärm vom Himmel herabschallte.

„Scheiße“, sagte Pepita, die Moderatorin, sichtlich betrunken.

„So ein Kack“, pflichtete ihr Pablo bei. "Die kommen an.“

Und tatsächlich. Am Himmel erschien ein Flugzeug gefolgt von einem Hubschrauber. Und der Hubschrauber schwankte gewaltig in der Luft.

Flugzeug, kurz vor Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:00

Die Königsfamilie hatte den Flug im Cockpit verbracht und Würgmenistan aus der Luft bewundert. Nun begann der Landeanflug und Prinzessin Bonita setzte sich mit ihren Eltern und dem Fahrer zurück ins Auto, das im Laderaum vertaut war.

Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:10

Pablo hatte seine Kamera in die Ferne gerichtet. Hinunter in die Tiefebene. Dort war so eben das Flugzeug im Wüstenstaub gelandet. Der schwankende Helikopter hinkte ein wenig hinterher und war noch in der Luft. Als die Ladeluke des Flugzeugs geöffnet wurde, konnte Pablo die äquadorianische Königsfamilie ins Bild fassen, als diese mit dem Auto aus dem Flugzeug rollte.

Auto, den Berg hinauf, nach Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:24

„So ein schönes Land“, sagte Prinzessin Bonita. „Es erinnert mich an die Märchenbücher meiner Kindheit, über verwunschene Länder wie die Sowjetunion. Und an Gruselgestalten wie den Butzemann oder Saparmyrat Nyýazow.“

„Nur keine Angst, mein Kind“, log der König. „Hier ist es viel schöner.“

Dorfplatz, Kamlagirqha, Würgmenistan, 9. März 2017, 13:38

Pepita postierte sich vor der Kamera, die Pablo auf seiner Schulter trug. Pedro stand neben ihm und richtete das Wort an Pepita.

„Wir sind auf Sendung in drei, zwei, eins.“ Er nickte Pepita zu.

„Hier ist Pepita Patipe und ich berichte live aus Kamlagirqha in Würgmenistan, wo heute die Ehelichung von Prinzessin Bonita und Waraluq Wurbani stattfindet. Wir können bereits die Staubwolke sehen, in der sich der Wagen mit der Königsfamilie befindet. In wenigen Minuten werden sie hier sein. Zum derzeitigen Status des Helikopters, mit dem Waraluq Wurbani anreist, können keine Angaben gemacht werden. Er soll sich aber im Anflug auf Kamlagirqha befinden.

Derweil sehen wir jetzt den Traualtar im Bild, an dem sich das glückliche Paar bald finden wird. An Stühlen wurde hier offenbar gespart. Vor dem Altar befindet sich lediglich eine große, plattgetretene Sandfläche. Aber die Ehelichung an sich wird voraussichtlich nicht lange dauern. Die wirklich interessanten Bilder bekommen wir sowieso erst auf der Party, wenn alle betrunken sind.“

Pedro, Tonmann und Aufnahmelaeiter, riss erschrocken die Augen auf. Und zischte seiner Kollegin zu: „Das Feuerwerk!“

„Verzeihung“, sagte Pepita professionell und erinnerte sich an das Feuerwerk. „Ich bekomme so eben die Meldung, dass es noch zu einem Feuerwerk in Razamraý kommen soll. Auch das werden wir Ihnen nicht vorenthalten! Außerdem wird die Fahrt dorthin durch eine Uranmine führen, dessen phosphoriszierendes Grün ein Lab für Leib und Seele ist. Ich gebe zunächst zurück ins Studio.“

„Und wir sind raus.“ Pedro beendete die Aufnahme. „Gut gemacht. Aber beim nächsten Mal ein bisschen mehr Empathie. Tu so, als würden dir Bonita und Waraluq wirklich etwas bedeuten.“

Pepita nickte.

„Da kommt das Königsauto“, sagte sie.

Pablo richtete die Kamera auf das Auto, dass sich aus der Ferne näherte und eine gewaltige Staubwolke hinter sich aufwirbelte.


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