Diverses:Wort zum Sonntag/KW 43 2017

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Liebe Gemeinde,

Hip Hip Hurra! Der Herbst steht im Zeichen des Olympischen Mottos „Höher. Schneller. Weiter.“ Und die goldenen Fragen dazu lauten: „Wie hoch schaukeln sich die Emotionen in Katalonien?“, „Wie schnell hat Deutschland eine neue Regierung?“ und „Wie geht’s eigentlich mit Wolfgang Schäuble weiter?“ Aber der Reihe nach.

Neuer Job mit 75

Wolfgang Schäuble - Seine gütige Ausstrahlung ist in seinem neuen Job unabdingbar

Was macht der durchschnittliche Deutsche mit 75 Jahren? Mit 65 Stundenkilometern auf der Mittelspur der A2 ehrenamtlich den Stau anführen, am Trainingsgelände des FC Schalke 04 auf die aktuelle Spielergeneration schimpfen („Kär, dem Libudda seine Omma hätte die auffem Pilsdeckel nassgemacht!“) oder Kinder vom Betreten seiner Vorgartenrasenfläche abhalten. Aber einen neuen Job annehmen? Eher nicht. In Rente geht man bereits ein paar Jährchen früher, wobei dem deutschen Rentensystem sei Dank der Trend zum Flaschenpfandsammeln nach Aufgabe des Hauptberufes geht – Aber auch da hat der normale Rentner von heute mit 75 bereits gute 10 Jahre Berufserfahrung.

Wolfgang Schäuble jedoch ist nicht so wie der Durchschnittsrentner. „Mit 75 zu alt, um nochmal vier Jahre den Finanzminister zu geben? Pff! Dann mach ich was anderes!“. Und so ist Wolfgang Schäuble, der Transformer der Bundespolitik, seit dieser Woche der neue Bundestagspräsident. Was man halt so macht, wenn man so schlecht von oben in Mülleimer schauen kann und der Job als Trainer des FC Bayern bereits von anderen Herren im Rentenalter erledigt werden muss.

Als Wolfgang Schäuble im Herbst 1972 in den Bundestag einzog, war die Welt eine komplett andere. Der FC Bayern war Tabellenführer der Bundesliga, Elisabeth II war Königin von Großbritannien, Ferrari verkackte in der Formel 1-Weltmeisterschaft und die Vereinigten Staaten wurden von einem empathielosen Unsympathen regiert. Kann sich das heute jemand noch vorstellen?

Als Bundestagspräsident darf Wolfgang Schäuble von nun an die Plenarsitzungen leiten, Anträge und Gesetzesentwürfe einsammeln, Leute des Saales verweisen und launige, fraktionsneutrale Reden halten, wobei gerade letzteres wie gemacht für den großen Rhetoriker und Menschenfreund Schäuble ist. Ein Mann, dessen Bild man im Duden niemals neben dem Begriff „Verbitterter, wütender, alter Mann“ finden würde.

Schäuble zur Seite stehen bzw sitzen dabei insgesamt 6 Vizepräsidenten. Für den pragmatischen Sparfuchs Schäuble vermutlich ein Graus, würde ein Ersatzspieler allein doch reichen. Aber es ist nun einmal Usus, dass jede im Bundestag vertretene Fraktion ihren eigenen Vize stellen darf – und das sind dieses Mal halt ganze 6, wobei man Frauke Petry als siebte Fraktion jetzt mal gebührend ausklammert.

Und natürlich musste kommen, was kommen musste: Ein Eklat bei der Wahl der Vize-Frühstücksdirektoren; Die Kandidaten von CDU und CSU, FDP, Grünen und Linken für den Vertreterposten für Bundestagspräsident Schäuble erhielten alle im ersten Wahldurchgang die Mehrheit der Stimmen: Für die Union schaffte Ex-Innenminister Peter Friedrich (CSU) den Sprung ins Bundestagspräsidium. Er erhielt 507 Ja-Stimmen. Für die SPD wurde deren früherer Fraktionschef Thomas Oppermann gewählt: Für ihn stimmten allerdings nur 396 Abgeordnete. Für die FDP wurde Wolfgang Kubicki mit 489 Stimmen ins Bundestagspräsidium gewählt. Die Linken-Vertreterin Petra Pau wurde mit 456 Stimmen im Amt bestätigt. Wiedergewählt wurde auch Claudia Roth von den Grünen. Für sie votierten 489 Parlamentarier. Einzig und allein AfD-Kandidat Albrecht Glaser war durchgefallen. Der 75-Jährige erhielt 115 von 703 abgegebenen Stimmen. Okay. Dann wählen wir nochmal. Diesmal waren es 123 Ja-Stimmen für Glaser und somit wieder zu wenig. Aber Glaser hatte noch nicht genug: Ein dritter Wahlgang musste her und – Überraschung – mit jetzt nur noch 113 Stimmen reichte es auch dieses Mal nicht. Einen wütenden alter Mann als Vertretung eines wütenden, alten Mannes wollte scheinbar niemand haben. Ob die AfD jetzt einen anderen Kandidaten aufstellen will, oder mit dem Kopf durch die Wand so lange Glaser aufstellen möchte, bis er irgendwann gewählt wird, ist bis jetzt offen.

Aber wie auch immer: Wir gratulieren Wolfgang Schäuble zu seinem neuen Job. Mit 75 von schwarzer Null zum zweithöchsten Staatsamt schafft auch nicht jeder.

Der lange Weg nach Kingston

Die Koalitionsverhandlungen (Symbolbild)

Während in Sachen Bundestagspräsident alles nennenswerte eingetütet scheint, sieht es mit der Regierungsbildung eher mäßig aus. Die Spitzen von Union, FDP und den Grünen fanden die ersten Verhandlungen zur Bildung einer gemeinsamen Koalition diese Woche so ergiebig, dass man sich jetzt erstmal eine Woche nicht mehr sehen will. Ja Prima.

Es war aber auch alles unerwartet. Wer hätte denn vorhersehen können, dass sich CDU, CSU, FDP und die Grünen in so einfachen Themenfeldern wie Klimaschutz und Zuwanderung NICHT auf eine eindeutig einheitliche Linie einigen können? Wie? Jeder? Ach, Gottchen.

Die Beteiligten sind aber offenbar nicht jeder. Grünen-Chefin Katrin Göring-Eckardt war jedenfalls total überrascht und drohte daher mit einem Abbruch der Koalitionsverhandlungen, da die anderen Parteien in Sachen Klimaschutz urplötzlich und unerwartet Unions- und FDP-Positionen bezogen.

Aber wenn es doch nur die Inhalte wären... Auch zwischenmenschlich knirscht es gewaltig. „Es fehlt hier ein Grundvertrauen zwischen den Verhandlern“, sagte Wolfgang Kubicki. Dämliche Zwischenfälle trugen ihr übrigens zur Problematik bei;

Beispiel: Am Dienstag hatten sich die Parteien auf weitreichende Leitlinien für die Finanzpolitik eines Jamaika-Bündnisses geeinigt. Nach dieser Einigung fragte Christian Lindner in die Runde, ob die Ergebnisse nun „veröffentlichbar“ seien. Angela Merkel soll auf diese Frage hin genickt haben. Doch statt etwa die wichtigsten Informationen an die Presse weiterzugeben oder sie in einem Interview zu erwähnen, griff Lindner zum Handy, machte ein Selfie, sowie ein Foto seiner Notizen – und postete es samt der Details zur Einigung auf Twitter. Die Kanzlerin war wenig begeistert.

Naja, aber hey - zumindest waren die Parteien sich im Bezug auf die Finanzpolitik ja offenbar schon mal einig. Moment, jetzt dann doch nicht? Wieso denn das jetzt?

Nun ja... Offenbar gab es Interpretationsspielraum. So vermeldete die FDP jedenfalls, die Schwarze Null, also ein Haushalt ohne Neuverschuldung, würde beibehalten, während der Solidaritätsbeitrag im Laufe der Legislaturperiode schrittweise abgebaut werden würde. Davon hatten die Grünen aber wohl nichts mitbekommen. Und schon war wieder Unruhe im Karton.

Wir sehen anhand dieser Beispiele: Bis Kingston ist es noch ein langer, langer Weg. Sollte dieser Weg zu steinig sein, läuft er auf Neuwahlen zu. Was ein Armutszeugnis für die deutsche Demokratie wäre. Es muss für Vertreter großer, demokratischer Parteien doch wohl möglich sein, Kompromisse für eine halbwegs gemeinsame Linie zu finden. Das Ziel kann es doch nicht sein, auf Biegen und Brechen nur die eigenen Interessen zu vertreten, wenn man dabei riskiert, nun doch nicht in den kommenden vier Jahren mitbestimmen zu dürfen. Ist das eigentlich so schwer zu begreifen, dass Demokratie nicht bedeutet, dass automatisch jeder alles bekommt, was er möchte, sondern ein Konsens gesucht werden und dann auch angenommen werden muss? „Alles oder Nichts“ kann vielleicht beim Pokern klappern. Aber nicht in Koalitionsverhandlungen. Nicht, wenn man ernsthaft etwas anderes vorhat, als sich und nur sich selber profilieren zu wollen.

Von daher, Union, FDP und Grüne: Bekommt eure vielfarbigen Ärsche hoch und fangt an, dieses verschissene Land endlich mal zu regieren, anstatt eure eigenen Egos. Jetzt. Nicht 2023.

Katalanisches Chaos

Nützt auch sein Harry Potter-haftes Aussehen nichts: Kataloniens (Ex-)Regierungschef Carles Putschdämon

Stellen Sie, werter Leser sich vor, Bayern würde unabhängig werden wollen. Dann würde es ein Referendum geben, welches von der Bundesregierung sabotiert und nicht anerkannt wird, aber insgesamt positiv ausfällt. Anschließend traut sich Horst Seehofer jedoch nicht, Bayerns Unabhängigkeit auszurufen, wird aber von Angela Merkel aufgefordert, dies endlich zu tun, oder ganz klar zu lassen. Eine Woche vergeht. Dann ruft Horst Seehofer tatsächlich die Unabhängigkeit Bayerns aus – Und eine Stunde später erklärt Angela Merkel Seehofer für abgesetzt, den bayrischen Landtag für aufgelöst und setzt sich selber an die Spitze Bayerns.

Das klingt vollkommen absurd? Okay, die Vorstellung, dass Angela Merkel entschlossen handelt ist es auch – aber ansonsten ist das oben beschriebene Szenario exakt das, was dieser Tage in Katalonien passiert ist. Nur, dass Horst Seehofer in der Realität Carles Puigdemont (Gesprochen: Putschdämon) heißt, Angela Merkel auf den Namen Mariano Rajoy hört und Barcelona ein schöneres Setting abgibt als München. Es bleibt die Tatsache: Die spanische Regierung hat die autonome Region Katalonien nach deren Unabhängigkeitserklärung unter Zwangsverwaltung gestellt. Das teilte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy nach einer Krisensitzung des Kabinetts am Freitagabend mit. Rajoy verkündete die Auflösung des Regionalparlaments und setzte für den 21. Dezember Neuwahlen in Katalonien an. Außerdem hat die spanische Generalstaatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Regionalpräsident Puigdemont wegen "Rebellion" angekündigt. Die Behörde will in der kommenden Woche Anklage erheben. Puigdemont drohen bis zu 30 Jahre Haft.

Jeden Tag also ein neuer Höhepunkt in einer Sache, die so leicht gar nicht hätte eskalieren müssen. Und Schuld daran ist die Spanische Zentralregierung, deren Holzfällermethoden, wenn man ehrlich ist, eigentlich nur alles verschlimmern und kürzer gedacht sind als Lionel Messi groß ist.

Vor allem, was erwartet Madrid von den Katalanischen Neuwahlen, jetzt, wo durch das überresolute Einschreiten der Zentralregierung die Stimmung dermaßen aufgeheizt ist? In dieser Stimmung wählt Katalonien dann Vertreter, die weniger radikal sind und die Angelegenheit ist erledigt? Wer das glaubt, glaubt auch an den Weihnachtsmann, den Osterhasen und Heiko Westermann. So werden die Auswirkungen vermutlich ein endloser, vermutlich noch aggressiverer Kampf werden. Die Folgen? Unabsehbar.

Natürlich – Ein unabhängiges Katalonien wäre ein Katastrophe für Spanien. Katalonien ist die Wirtschaftsader Spaniens und eines der Aushängeschilder des Landes und die Katalonische Hauptstadt Barcelona Touristenmagnet und kulturelles Aushängeschild zugleich. Auf der anderen Seiten wäre Katalonien durch sein Ausscheiden aus dem Spanischen Staat urplötzlich isoliert. Raus aus der EU, raus aus der UNO, raus aus der Champions Leauge (denn Katalonien ist auch kein UEFA-Mitglied, sorry FC Barcelona). Das Unabhängige Katalonien wäre, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, ein gegenseitiges Verlustgeschäft.

Wie aber hätte die Situation klüger gelöst werden können? Indem man sich Großbritannien zum Vorbild nimmt! Hier akzeptierte die EU das Ausscheiden ihres Mitgliedes. Aber die Verhandlungen um die Austrittsbedingungen und das, was darauf folgt ziehen sich dermaßen in die Länge, dass Großbritannien vermutlich noch 2046 in der EU sein wird. So hätte Madrid die Katalanische Problemstellung elegant lösen können; und die einzige Frage wäre gewesen: „Was lässt sich besser in die Länge ziehen? Die Katalanische Unabhängigkeit oder die Jamaika-Koalitionsverhandlungen? Top, die Wette gilt!“

Aber nein, manche lieben scheinbar das Chaos.

Und was war noch so?

Air Berlin ist Geschichte! Diese Woche landeten die letzten Maschinen der ehemals zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft. Damit hat Berlin jetzt seine Fluggesellschaft entsorgt, bevor der dazugehörige Flughafen fertig ist. Nein, Timing ist nicht des Berliners Sache.

Die letzten Kapitel dieser Geschichte gehören denen, die in diesen Tagen eine Kündigung erhalten. Den Piloten, dem Bodenpersonal, den Flugbegleitern. Nicht denen, die durch jahrelange Misswirtschaft die Situation so weit haben kommen lassen. Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann flattert neben der Kündigung auch eine Abfindung von 4,5 Millionen Euro ins Haus. Es sind die kleinen Leute, die hier in die Röhre schauen. Wie immer, wenn es um das Ende von Großunternehmen geht, wie auch immer sie heißen. Daher bleibt all diesen Leuten nur noch zu sagen: Vielen Dank für alles, wir wünsche Ihnen einen guten Weiterflug durch ihr persönliches Leben.

Und die letzte Meldung kommt aus Hawaii. Genauer gesagt aus Honululu. Hier gilt nämlich ab sofort ein Smombie-Verbot. Menschen, die ihren Alltag auch außerhalb ihrer eigenen vier Wände nur durch das Display ihres Smartphones wahrnehmen, zahlen in der Hawaiianischen Hauptstadt ab jetzt Bußgelder von bis zu 99 Dollar und müssen die Straßenreinigung zahlen, wenn sie beim chatten von einem Bus zermatscht werden oder an Straßenschildern und Laternenmasten kleben bleiben.

Eine gute Sache. Bedenken First. Digital Second! Obgleich die Selektion frei nach Darwin im Straßenverkehr der Menschheit insgesamt gut tun würde. Bleibt natürlich zu hoffen, dass Christian Lindner nicht gern nach Hawaii fliegt. Denn dann würde der nächste Urlaub für ihn sehr teuer werden. Und dass Christian Lindner dieser Tage lieber freiwillig nach Jamaika fliegt, halten wir alle nur für ein mieses Gerücht. Aber wer weiß das schon alles so genau?


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