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Diverses:Das Genderer. Eine Reportage über das Essentielle einer verlotterten Republik

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Hautnah am Menschen; Reporter ermitteln.

Heute berichten wir über einen Beruf, der im Bewusstsein der Deutschen (zu Unrecht?) kaum Beachtung gefunden hat. Es handelt sich um das Genderer. Ein Beruf, der im Jahre 2007 von der "Bundesanstalt für die sprachliche, zeichensprachliche, gestensprachliche und bildsprachliche sowie denksprachliche Gleichstellung von Frau und Mann" erschaffen wurde. In der Bundesrepublik gibt es in diesem Berufsfeld nur eine einzige Stelle. Besetzt wird diese von Wilfried M. (Name geändert, die Redaktion). Diesen Mann haben wir einen Tag lang auf seiner außergewöhnlichen Mission begleitet.

Ein Tag mit dem Genderer

Wilfried M., das Genderer in mausgrauem Mantel (Farben aufgrund Sepia-Tönung verfälscht)

Es ist 6.00 Uhr am Morgen. Wilfried M. empfängt uns an diesem sonnigen aber kalten Wintertag im Morgenrock in einem kleinen Reihenendhaus in Ostwestfalen-Lippe. Wir, das Reporterteam von „Lukullus“, der Werbebeilage der Nahrungsmittelindustrie, sind ganz gespannt darauf, was uns erwartet. Wir, das sind konkret Heribert Kröterich, mein 54-jähriger Praktikant, Umschüler vom Maurerhandwerk und ich, Ihr Lars Hatzbach-Wollenstein mit dem Künstler-Pseudonym Wolfbert Winkreich. „Herein in die gute Stube!“ begrüßt uns M. und blickt aus ungefähr 1,93 Meter Höhe herunter. „Bitte, nehmen Sie noch Plätzin, ich ziehe mir grad noch meine Uniform und meine Mantelin an.“ Etwas verwundert hocken wir uns in M.s Wohn-, Ess- und Schlafzimmer. Und bald schon ist Herr M. fertig. Eine dunkelblaue Uniform, beige Handschuhe und ein mausgrauer Mantel runden sein imposantes Erscheinungsbild ab. Wir verlassen gemeinsam das Haus und M. strebt seiner Garage zu. „Bitte folgen Sie meiner Dienstwagin in ausreichender Abständin!“, ruft uns M. zu und steuert alsbald einen mintgrünen VW Beetle auf die Straße. Wir folgen folgsam aber höchst verwundert.

Nach nur 430 Metern stockt die Fahrt. Der VW Beetle holpert auf den Gehweg und kommt vor einer Metzgerei zum Stehen. Mit einer Behändigkeit, die wir ihm eigentlich nicht zugetraut hatten, schlängelt sich M. aus dem Wagen und entert mit wenigen Schritten die Metzgerei. Durch das Schaufenster des Ladens beobachten wir M. und den ca. 60 Jahre alten Firmeninhaber. Beide wechseln ein paar wenige Worte, da zückt M. einen Zylinder aus seiner mausgrauen Manteltasche und sprüht dem verdutzten Metzger etwas ins Gesicht, worauf dieser heulend zu Boden geht. M. tritt ohne Gefühlsregung aus dem Laden lässt den zylindrischen Behälter mit der Aufschrift "Reizgas" im Mantel verschwinden und holt dafür einen anderen hervor: Es ist eine pinkfarbene Spraydose. "Pfffut, pfffftt..." zerstäubt sich pinker Lacknebel und pinkiert die Schaufensterfläche ein. Dabei wird die Fensterbeschriftung "Metzger" dick überlackiert.

Der Gender-Dienstwagen (eine weibische Karre).

"Der Herr Bäcker...", entgegnet M. und weist mit seinem kantigen Kinn auf den immer noch im Laden wälzenden Metzger, "eine hoffnungslose Fällin. Hat sich geweigert, seine Ladenbeschriftung zu ändern." Auf dem Weg zum mintgrünen Dienstwagen hat M. das Bedürfnis eine Erklärung abzugeben. "Gemäß Richtlinie 52 der EU zur sprachlichen Neuausrichtung, Paragräphin 1, Absätzin 2 sind alle maskulinen Substantive, die keine konkreten männlichen Subjekte beschreiben, in die weibliche Form umzuändern!" "Aber", entgegne ich, "scheint mir doch dieser Metzger ein männliches Subjekt zu sein." "Die Ladenbezeichnung "Metzger" darf gemäß der Ausführungsbestimmung zur Richtlinie 52 nur dann in maskuliner Form abgefasst sein, wenn sich der Vor- oder Nachnahmen des Metzgers anfügt. Das aber wollte Herr Bäcker nicht, also hätte er seine Metzgerei als Metzgerin bezeichnen müssen."
Herr M. verschwindet nach diesem Statement in seinem Beetle und wir beeilen uns in unseren Mercedes Sprinter, den uns unser Innungsmitglied Metzgermeister Ferk geliehen hat, zu klettern. Zum Glück ist der Wagen nicht beschriftet.
Weiter geht die Fahrt in ein Gewerbegebiet, M., vor uns fahrend, weist mit ausgestrecktem Arm auf Gebäude mit der Aufschrift "Die Elektrikerin" oder "Anstreicherin". Anscheinend gibt es nichts zu bemängeln, doch da stoppt der VW Beetle. Ein Werbeplakat lockt "Komm' in den Urlaub!" M. steht bereits mit seiner Digitalkamera vor dem Plakat und sichert Beweise. "Die Werbetafel ist neu. Der Reiseveranstalterin wird jetzt eine Bußgeldin aufgebrummt und wenn das Plakat nicht binnen 5 Taginnen in Komm' in die Urlaubin! geändert wird, geht es für die Verantwortlichen ab in die Knästin. Haha."

Das Stadtkrankenhaus nach unserem Besuch...

Wir schütteln verwundert die Köpfe, doch schon geht die Fahrt weiter, bis M. in die Tiefgarage des Stadtkrankenhauses einbiegt... Die "Parkplätzinnen für Behindertinnen" und "Frauenparkplätzinnen" sind anscheinend ordnungsgemäß ausgezeichnet. Wir eilen mit M. Richtung "Fahrstuhlin" und fahren in die 3. Etage, zur gynäkologischen Station. M. zuckt sein Laptop und ruft im Laufen ein paar Tabellen ab. Plötzlich stehen wir vor dem großbeletterten Kreißsaal und uns schwant nichts Gutes... "Gender-Verfehlung, Gender-Verfehlung!" blökt M. plötzlich. Eine Krankenschwester huscht verängstigt an uns vorbei und hält ein Neugeborenes eng an sich gedrückt. Aus dem Kreißsaal schleppt sich eine junge Mutter, die anscheinend grad entbunden hat, mit kalkweißgesichtigem Ehemann an der Hand, Richtung Notausgang..., eine ältere Hebamme lugt ängstlich aus dem Schwesternzimmer und ruft "Evakuieren, schnell!" Doch zu spät, M. fummelt aus seinem Mantel zwei Eierhandgranaten hervor und schleudert sie unter ständigem Alarmruf "Gender-Verfehlung, Kreißsaal, Gender-Verfehlung..." in den Kreißsaal. Wir hingegen werfen uns in Deckung. Zwei Explosionen zerstören den glücklicherweise leeren Kreißsaal. Wenig später züngeln schon Flammen an der fehlerhaften Beschriftung. M. scheint sich wieder gefasst zu haben und zitiert die Ausführungsbestimmung der EU-Richtlinie 52. "In öffentlichen Gebäuden ist die geschlechtergerechte Sprache ein absolutes Muss. Verfehlungen dürfen nicht akzeptiert werden." Wir hasten dem Genderer nach, der erzählt weiter: "Ein Genderer hat sicherzustellen, dass die soziale Geschlechterrolle nicht von der sprachlichen Fehlausrichtung beeinflusst wird." "Aber", entgegnet Heribert mit einer wutverzerrten Stimme, die Briefumschläge reißen lassen könnte, "insbesondere die Verweiblichung männlicher Substantive ist doch eine unzulässige Beeinflussung der menschlichen Individuen hin zu einer bestimmten Rolle." Ja, Heribert hat zwei Semester Soziologie studiert, bevor er Maurer wurde.

Unser Reportagewagen nach dem Einsatz.

Das Genderer sieht uns mit einem Blick, der Bleistiftminen abbrechen lassen könnte, an und greift in seine Manteltasche. Ich zerre Heribert, der gerade überlegt, ob er seine 120 Kilogramm in den Angriffsmodus bringen soll, in den Sprinter, werfe mich auf den Fahrersitz und gebe Gas, nur raus aus dem Parkhaus.
Im Rückspiegel sehe ich M. die letzten Einzelteile seiner Bazooka zusammenstecken und anlegen. Eine Feuerzunge leckt an den Auspuffgasen des Sprinters und eine panzerbrechende Granate durchschlägt unsere Heckscheibe. Glücklicherweise hat Metzger Ferk die Schweinehälften noch im Laderaum hängen lassen, die Explosion wird gedämpft und erreicht nicht die Fahrgastzelle. Der Sprinter streift schlingernd M.s Beetle und kommt 20 Meter weiter zum Stehen. Wir hasten aus dem nun lichterloh brennenden Fahrzeugwrack und rennen die Straße hinunter: "Hündinnen! Ich erwische euch noch, ihr Verbrecherinnen!" ruft M. uns nach. "Dann zermalme ich eure Nasinnen!"

Das versöhnliche Ende

Glücklicherweise erreichen wir noch eine Bussin einen Bus, bevor M. seine Bazooka mit einer weiteren Granate bestücken kann. "Weißt Du, was diese Scheiße sollte?", fragt Heribert. "Was hat denn die soziale Geschlechterrolle mit dieser verquirlten Sprache zu tun?" "Keine Ahnung, Heribert. Ich habe aber auch nur auf Journalist umgeschult, ich war ja vorher Frauenarzt!" "Frauenarzt...", sinniert Heribert, "ist das nicht viel besser als Journalist?" "Na ja," gebe ich zu, "so richtig Frauenarzt war ich auch nicht. Pfleger im Krankenhaus. Anstrengender Job aber zu der Zeit gab es wenigstens noch keine Kreißsaalin." Wir zünden uns verbotenerweise eine Zigarette an, denn Rauchen ist ja mittlerweile so wenig erlaubt, wie Glühbirnen, Zeugnisse in Grundschulen oder das Auswechseln einer Dachpfanne ohne vorher das ganze Haus wärmegedämmt zu haben. "Was meinst du, Wolfbert, sollen wir die nächste Reportage über Frauenärzte machen?", fragt Heribert. Lächelnd ziehe ich an meiner Zigarette und puste kleine Rauchringe in die kalte Nachmittagsluft.


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