Die Reise zum Loch im Meer

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Kapitel 13: Pfad der Toten

Schwimm, Flying Dutchman, Schwimm

Die Flying Dutchman war mal wieder in einem Dock, weil sie mal wieder gesunken war. Ihr Kapitän lief über die Planken und begutachtete die Reparaturen, die Segel waberten leicht im Strom, weil die Masten halb aus dem Wasser ragten. David Jones war nicht zufrieden. 500 Jahre fuhr er nun auf diesem Strom hin und her. Auf der einen Seite diese verdammten Stromschnellen, wo man nicht hoch kam, auf der anderen Seit der See, der wie eine Badewanne mit Abfluss aus sah. Er hasste Badewannen. Als sie hier aufgetaucht waren, hatten sie noch gedacht, richtig ordentlich Schwein gehabt zu haben. Sie waren mit heiler Haut davon gekommen. Doch bald hatte sie feststellen müssen, dass an diesem Strom kein Leben herrschte, zu mindestens nicht im herkömmlichen Sinne. Wer hätte das Gedacht? Selbst der Tod schien Wasserscheu zu sein. Auf jeden Fall konnte man hier unten nicht sterben, zu mindesten nicht richtig. David Jones konnte es nicht wissen, aber auf der Erde hatte man in der Zwischenzeit herausbekommen, dass lebende Zellen sterben wollen. Sie waren einfach der Ansicht, dass 7 Jahre genug seien, um Kinderzelle groß zu ziehen, ihnen danach alles wichtige über das Zellendasein zu erklären, um anschließend von diesen ins Zellenaltersheim abgeschoben und ignoriert zu werden. Was hatte das Leben da noch einen Sinn? David Jones hatte keine Kinder und deshalb hatte sich auch niemand veranlasst gesehen, ihn oder einen aus seiner Mannschaft in ein Altersheim zu verfrachten. Und als die Zeit kam, als die letzten Zellen seines Körpers beschlossen, dass es Zeit zum Sterben sei, stellte David Jones fest, warum es an den Ufern des Stromes so viele herumlaufende Skelettwesen gab.
Nun, auch nach dieser Zeit hatte die Mannschaft der Flying Dutchman so ihren Spaß. Die neuen Eigenschaften ihrer Körper versetzen sie in die Lage, auf dem Flussbett herum zu laufen und die dort liegenden Wracks zu plündern, ein einträgliches Geschäft. Über die Jahrhunderte hatte es jedoch dazu geführt, dass die Flying Dutchman vollkommen überladen war. Sie war schon 2mal deswegen gesunken.
„Kapitän? Bist du sicher, dass wir das obere Kanonendeck auch noch zunageln sollen?“
„Natürlich bin ich sicher. Oder sollen wir Unterwasser nach Tortuga segeln?“
Der Bootsmann drehte verlegen seinen Hammer zwischen den Fingerknochen.
„Ähm… Was Tortuga angeht … äh … Kapitän … äh die Mannschaft denkt …“
„Ach die Mannschaft denkt etwas! Da bin ich aber gespannt, was euren hirnlosen Köpfen da für Gedanken gekommen sind!“ Er wusste genau wovon er redete. Er hatte mal nachgeschaut.
„In Tortuga sollen wir doch dem Wein und dem Weibe frönen und unsere Reichtümer zum Fenster rauswerfen können…“
„Ja?!“
„Nun … äh … was den Wein betrifft … äh … die Mannschaft denkt, dass wir nun so ganz ohne Lippen, Zunge und Magen und vor allem Drüsen gar keinen rechten Gefallen mehr am Genuss hätten und so, was überings auch auf die Sache mit den Frauen zutrifft.“
„Dann sollen sie ihre Reichtümer halt für andere Sachen aus dem Fenster werfen. Wenn sie genau nach DENKEN, wird ihnen bestimmt etwas einfallen.“
„Ähm … Kapitän … Reichtümer können wir auch hier aus dem Fenster werfen … äh … und die Mannschaft hat herausbekommen, dass dies auf Dauer eine recht langweilige Angelegenheit ist. Ganz im Gegenteil zu den Kanonen … äh … Kapitän.“
„Was ist mit den Kanonen?“
„Nun … äh… es macht Spaß damit zu schießen, Kapitän.“
„Und? Kann man mit den Kanonen auch Unterwasser schießen?“
„Nein…?“
„Dann nagelt das Deck zu, ich erlaube euch mit der Kapitänskanone zu schießen.“
„Oh wirklich? Danke Kapitän!“
„Und macht voran, ich habe genug von Wasser in meinen Stiefeln!“
Der Bootsmann sah David Jones hinterher, wie der von Deck sprang, über den Flussboden zum Ufer hin wanderte, sich dort auf die Gebeine eines Riesen setzte, die dort vom letzten Schießwettbewerb herum lagen, und missmutig das Wasser aus seinen Stiefeln ausgoss.
Die Arbeiten an der Flying Dutchman waren bald beendet und als es gelungen war, dem Wasser wieder die richtige Seite vom Rumpf zu zeigen, schwamm sie auch wieder.
An dieser Stelle sollte darauf hin gewiesen werden, dass es unter den flugfähigen Wasservögeln bestimmte Allegorien zu der schwimmweise von Schiffen gibt. Normalerweise sahen Schiffe wie zum Beispiel Schwäne aus, die Hälse hoch aufgestreckt wie die Takelagen. Andere wie zum Beispiel Schlepper wiesen die Emsigkeit von Möwen auf, die sich um ins Wasser geworfene Supertanker / Brotkrumen stritten. Die Flying Dutchman wirkte indes wie ein Albatros in einem Ölteppich, kurz davor unter zutauchen und nie wieder zurück zu kommen.

Merkwürdige Aussichten

Die Flying Dutchman befand sich in einer rasanten Fahrt abwärts. Ben Tic stand am Steuer und jubelte. So viel Spaß hatte er schon seit Jahren nicht mehr gehabt. Der Rest der Mannschaft befasste sich damit, sich Angsterfüllt an irgendwas fest zu halten, was ziemlich schwer viel, da sich fast alles an Bord, was nicht festgekettet war, in einem permanenten hüpfenden Zustand befand. Hinter Ben Tic lachte eine helle mädchenhafte Stimme.
„Schneller! Schneller! Juhu!“
Ben Immdich dachte: zu mindestens haben die beiden Spaß. Ich hoffe nur, dass wir alle heile unten ankommen, wo immer auch unten ist.
Nicht lange danach hörte die rasante Fahrt auf und endete mit einer schäumenden Vollbremsung. Jedes andere Schiff wäre wohl aus Anstand fast augenblicklich gesunken, aber die Flying Dutchman hatte 32 Jahre am Boden einer Bucht zugebracht, hatte Plegosauriern beim Liebesspiel zugesehen und war der Meinung, dass dies für ein Dasein reiche.
Ben Immdich rappelte sich auf. Zusammen mit Ben Tic und Bela verließ er die Brücke und schaute sich um. Die Flying Dutchman befand sich in einer langen Höhle, die von lumizierenden Adern durch zogen war und so wirkte, als wären sie im Bauch eines Leviatans gelandet. Überall lagen verstreute Knochen herum. Man hatte den Eindruck, auf einem Friedhof zu sein, auf dem die Leute vergessen hatten, ihre Toten in Särge und unter die Erde zu bringen.
„Ich glaube, da hat sich gerade etwas bewegt“ flüsterte Bela. Erst jetzt viel den anderen auf das Bela wieder sanft leuchtete.
„Du leuchtest wieder“, flüsterte Ben Tic.
„Lenk nicht immer ab, ich sagte, ich habe gesehen, dass sich da etwas bewegte zwischen den Knochen.“
„Ich finde es schön, wenn du leuchtest“, antwortete Ben Tic vollkommen verträumt.
„Jetzt kann ich es auch sehen. Es sieht aus, als bewegen sich die Knochen.“ Flüstere Ben Immdich.
„Ob deine Knochen auch leuchten? … - … Welche Knochen bewegen sich?“
Am Ufer des Flusses erhob sich gerade eine unglaubliche Masse von Rippen, jede Menge Wirbel und ein Kopf, der sich träge in Richtung seiner Zuschauer umdrehte, um sie aus tiefen leeren Augehöhlen zu betrachten. Als nichts ungewöhnliches mehr passierte, die Bestatzung der Flying Dutchman war vor Überraschung wie erstarrt, richtete sich das Wesen vollends auf und begann ein langsames bedächtiges Schreiten am Fluss abwärts.
„Das ist ein Plegosaurier!“ – Ben Immdich war fasziniert.
„Du meinst, das war ein Plegosaurier“, stellte Ben Tic fest. „Plegosaurier können nicht über Land laufen.“
„Vielleicht hat es sich deshalb von seinem Fleisch und dem Rest getrennt“, vermutete Bela. „So ist es bestimmt viel einfacher, auf Land herum zu laufen. Es ist einfach eine nächste evolutionäre Stufe.“
„Ich habe mir das Leben nach dem Tod immer ganz anders vorgestellt, mit noch weniger Substanz aber dafür mit mehr Hülle.“ – Ben Tic sinnierte. „Wenn ich in das Leben nach dem Tod eintrete werde ich ja kaum verändert, was macht es da für einen Sinn zu sterben?“



Piraten, Piraten

Ein Fluss, der durch einen Tunnel führt, hat meist etwas unerbittliches. Man kann zum Beispiel nur sehr schwer Flussarme finden, um sich vor Gefahren zu verbergen, auch die Sache mit dem Hinterhalt war dadurch schwierig. Aber zum einen sahen es die Mannschaft der Flying Dutchman (alt) nicht für nötig, sich zu verstecken, zum anderen erwartete Die Mannschaft der Flying Dutchman (neu) auf dem Fluss keine anderen Schiffe, zu mindestens keine, die noch schwammen.
So kam es, dass hinter einer Biegung des Flusses zwei gleichnamige Schiffe aufeinander prallten und dass es für beide Mannschaften eine echte Überraschung darstellte. Die Mannschaft von David Jones erholte sich schneller. „Seht ihr das, ihr Landratten? Schwimmende Beute, alles klar zum Entern!“
„Alles klar, Kapitän.“
Das Entern in des stellte sich als schwieriger heraus, als sich das David Jones vorstellen konnte. Das Deck der Beute lag noch ganze 4 Meter höher als die oberste Mastspitze der Flying Dutchman. Und wenn sie nicht bald Fahrt aufnahmen, würde sie dieser Kasten glatt überfahren.
Mit Glück manövrierten sie das Schiff zur Seite der Beute (okay, sie verloren den vorderen Mast, als sie an der Flosse vorbei kamen und das Schiff sank schon wieder, weil die Bugwelle über die Verbauung schwappte, aber die Entertaue waren gelegt).
Mit Messern zwischen den Zähnen erklommen sie die Seile und erreichten das Deck der Flying Dutchman, hier wartete eine Überraschung auf sie: „Hallo, werte Gäste! Entschuldigung, dass wir euer Schiff versenkt haben, es lag nicht in unserer Absicht!“
David Jones wusste im ersten Augenblick nicht, was er antworten sollte. Er hatte mit so etwas gerechnet wie, auf sie, Piraten kennen keine Gnade, oder bitte tötet uns nicht, nehmt euch was ihr wollt, aber Entschuldigung? Und diese Leute sahen auch nicht ängstlich sondern eher interessiert aus.
„Er gebt euch!“, sagte er.
„Warum?“, fragte Ben Tic.
„Wir sind Piraten und nehmen euch sonst euer Leben!“
„Ach so, ihr wollt kämpfen! Hast du gehört Ben Immdich, das sind wirklich echte Piraten.“
„Habt ihr auch einen Papagei?“, fragte Ben Immdich. Er hatte in einem Buch in der Bibliothek von BenPaulCity gelesen, dass alle Piraten der Erde einst Papageien hatten.
„Was? Nein, ich hatte mal einen, aber der ist irgendwie bei der Fahrt hier her verloren gegangen, er war mein ganzer Stolz… Moment Mal, wir sind doch hier nicht beim gemüdlichen Kaffeekränzchen, das ist ein Überfall. Nehmt sofort die Hände hoch. Und dann rückt all eure Schätze raus.“
„Sollten wir nicht erst ein Mal die Kampfregeln aushandeln?“, Ben Tic nahm ein Buch aus der Tasche seines Hemdes.
„Das ist ein Überfall, verdammt. Es gibt keine Regeln.“
„Wir sollten uns aber zumindesten auf die Waffen einigen. Hieb und Stichwaffen oder auch Schusswaffen.“, beharrte Ben Tic, der immer noch das Buch vor der Nase hatte.
David Jones ging die ganze Situation immer mehr auf die Nerven. 500 Jahre war er nun auf diesem Strom immer hin und her gefahren. 500 Jahre und kein einziges Schiff hatte sich blicken lassen. Und jetzt nach 500 Jahren kam ein Schiff und die Besatzung des Schiffes diskutierte mit ihm rum!!
„Männer, auf sie, macht keine Gefangen und vor allem redet nicht.“ Mit diesen Worten drangen die Piraten auf unsere Freunde ein und zersäbelten die Luft mit ihren Klingen. Die nicht Kampferprobten Mitglieder der Crow zogen sich fast augenblicklich unter Deck zurück. Auf Deck blieben Scoutopiastämmige Mitglieder zurück, frohlockend glitzerten einige Augen, waren doch die letzten Wochen auf dem Schiff eher eintönig gewesen. Hinter David Jones erklang ein Seufzen, als etwa die hälfte seiner Angriffstruppe von einem ausschwingenden Rettungsboot von Bord gefegt wurde.
„He, das macht richtig Spaß“, ertönte eine Stimme von irgendwo her.
„Mein reden“, sagte Ben Tic, der sich mit einem nicht ganz schwindelfreien Skelett über das Deck erhoben hatte und damit begann, seine Knochen abzureißen.
David Jones sah sich plötzlich recht allein Ben Immdich gegenüber, der locker ein recht anständiges Schwert in den Händen hatte.
„He Moment Mal, wir sind die Piraten, ihr solltet doch jetzt angst vor uns haben.“
„Ich wollte schon immer mal wissen, wie man sich als Pirat fühlt.“, sagte Ben Immdich und stieß David Jones das Schwert in die Brust.
David Jones sah auf das Schwert hinab und grinste. „Das war wohl nichts.“
Ben Immdich zog das Schwert wieder heraus. „Ich war mir auch nicht sicher, zu mindest war es ein Versuch. Aber da du ja ein Skelett bist, dachte ich mir, man kann es ja mal Probieren.“ „Ach, dachtest du dir so.“ sagte David Jones und ging zum Angriff über. Langsam mit gekonnten und gut gezielten Schlägen trieb er Ben Immdich vor sich her. Über ihm vernahm er von Zeit zu Zeit die Worte „Sie liebt mich.“„Sie liebt mich nicht!“ Aber er drehte sich nicht nach oben, weil er es nicht ganz wahrhaben wollte. Seine Mannschaft verlor. 30 Jahre der Schrecken der 7 Weltmeere und nur 500 Jahre Müßiggang und laues Leben hatten Weichknochen aus seiner Mannschaft gemacht (Weicheier viel ihm nicht ein, denn besagtes Organ existierte schon länger nicht mehr).
Wut entbrannt Griff David Jones nach Ben Immdichs Schlagarm um ihm endlich den Todesstoß zu versetzten.

Was für eine Überraschung

Man sagt, dass der Wille zum Leben dafür sorgt, dass ein Geist alles an sich saugt, was zum Leben notwendig ist. Als David Jones, der sich schon seit Jahren wieder den Genuss von Äpfel und einem ordentlichen Glas Grog ersehnte, hatte da gegen Ben Immdich einen immensen Vorteil. Als er mit der knochigen Hand den Arm von Ben Immdich berührte, entschlossen die Zellen, dass sie bei dem Piratenkapitän wesentlich besser aufgehoben seien, als bei Ben Immdich. Sie erwarteten, dass sie bei ihm noch ein paar Jahre dem fröhlichen Zellendasein frönen könnten, aber dass sie bei Ben Immdich im Verlaufe der nächsten 10 Minuten der Massenvernichtung des allgemeinen Todes zum Opferfallen würden.
David Jones Lebenswille war indes so stark, dass es sich auf seine ganze Mannschaft übertrug. Der Vorgang betraf alle Crowmitglieder auf beiden Schiffen. Verwirrte Kämpfer hielten im Kampf inne und sahen auf ihre Veränderten Körper hinab. Sie sahen Knochen, wo Fleisch sein sollte und Fleisch, wo sie schon seit Jahrhunderten Knochen gezeigt hatten.
Ben Immdich fühlte plötzlich Schmerz in seinem Arm, als er hinschaute, sah er nichts mehr, was diesen Schmerz verursacht haben könnte. David Jones zog indes einen Dolch aus seinem Arm, den er versuchsweise dort platziert hatte, um zu schauen, ob es tatsächlich neues Fleisch war, der seine Knochen bedeckte. Blut tropfte von der Klinge.
„Das ist ja interessant“, bemerkte David Jones. Dann lachte er schrill. „Ja ich lebe wieder, wie herrlich den Wind zu spüren.“
Ben Immdich fragte sich, was er wohl da spüre, denn auch er spürte den Wind. Er griff wieder an. Das Schwert, mit dem er den Streich gegen David Jones führte, wurde von diesem Reflexartig mit bloser Hand aufgefangen. Wieder war da dieser Schmerz, er durchzuckte seine Hand und er musste den Säbel loslassen.
„Tat es weh?“, lachte David Jones.
Die Zellen waren von ihm gegangen, aber es waren immer noch seine Zellen. Sie sendeten immer noch Schmerzimpulse zu seinem Gehirn, das sich nur nicht mehr in seinem Körper befand.
„Alle Verletzungen, die du mir zufügen willst, treffen nun dich selbst“ Höhnisches Lachen folgte, als der untote Piratenfürst sich seines Sieges bewusst wurde.
„Unser beider Lebensenergie ist jetzt also getauscht?“
„Du hast es erfasst.“
„Nun, wenn das so ist…“
Ben Immdich nahm sein Schwert auf und rammte es sich selbst ins Herz. Der David Jones stockte in seinem Lachen und bekam plötzlich menschliche Augen. Sein ganzes skeletthaftes Wesen verwandelte sich in ein menschliches Wesen zurück, ein Mann, der nicht besonders ansehnlich war und den Eindruck erweckte, sich seit längerer Zeit von jeglichem Badezimmer weit entfernt aufgehalten zu haben.
„Wie…“
„Ach weißt du“, sagte Ben Immdich. „Bei dir habe ich mich die ganze Zeit gefragt, wo dein Herz ist. Wo meins war, wusste ich dagegen ganz genau. Pech gehabt würde ich wohl sagen!“ Er zog das Schwert zwischen seinen Rippen heraus. Er war nun ein lebendes Skelett.
„Du…! Du…! Du bist gemein…!“ Der Piratenfürst starb. Sein Körper erinnerte sich daran, dass er eigentlich vor etwa 500 Jahren schon diesen Zustand erreicht haben sollte und vollzog die darauf einsetzende Entwicklung im Zeitraffer. Was übrig blieb, war ein Haufen Staub in einem Kreideumriss.
Schon früh hatte sich in der menschlichen Zivilisation eine Berufsgruppe entwickelt, die sich auf das lösen seltsamer Todesfälle spezialisierte. Weil es aber schon immer recht unapetittlich gewesen war, die Leiche des Verstorbenen an Ort und Stelle zu belassen, bis der Fall gelöst war, erfand man die Kunst, mit Kreide den Toten an Ort und Stelle nach zu malen. Früher hatte der Vorgang mehrere Wochen in Anspruch genommen, weil jedes Detail des Toten auf den Boden übertragen werden musste. Irgendwann wurde aber der Minimalismus erfunden und seit dem begnügte man sich mit einfachen Kreideumrissen.
Ben Immdich sah sich um. Auf dem Deck der Flying Dutchman Old hatten sich überall Staubhäufchen in Kreideumrissen gebildet und verdutzte knochige Kämpfer standen unschlüssig herum und wussten nicht recht, was passiert war. Ben Tic kam herunter geschwebt und landete neben Ben Immdich, er hatte sich wirklich kaum verändert.
„Was hast du gemacht? Ich war gerade so schön am gewinnen.“ Ben Immdich sah nach oben und erblickte viele in der Luft schwebende Kreideumrisse, aus denen nun der Staub zu Boden rieselte.
„Und liebt sie dich nun?“
„Ich weiß nicht“, sagte Ben Tic „Ich war gerade erst beim dritten Halswirbelknochen und bei sie lieb… angekommen, als er sich in Staub verwandeln musste!“
„Ich an deiner Stelle würde sie ja auch einfach mal fragen.“
„Du hast wohl recht… . Ben? Sind wir jetzt tot? Ich fühl mich gar nicht so anders…“
Ben Immdich betrachtete seinen Freund. Ben Tic sah nun noch merkwürdiger aus als jemals zuvor. Er hatte noch seine Augen, aber der Rest seines Gesichtes war nur noch ein Totenschädel. Seine Wirbel waren von Silikatsträngen umwickelt, die in seinem Brustpanzer verschwanden. Seine Flügel sahen nun wie ein Gerippe aus dünnen Verstrebungen aus. Seine Arme, vollkommen frei von jeglicher Haut, offenbarten, dass Ben Tic dort wohl nie Knochen besessen hatte, was auch auf seine Beine zutraf. Und in ihm, Ben Immdich legte sich auf den Boden, um es zu sehen, schwebten verschiedene servomechanische Komponenten an den Stellen, wo sie vormals in lebendem Gewebe gesteckt hatten, in der Luft.
„Merkwürdig…“ sagte Ben Immdich. „Ben Tic? Hüpf mal.“ Nein die Komponenten blieben stur wo sie waren und folgten seltsamer Weise nicht den Gesetzten der Schwerkraft.
In der Kajüte erfolgte ein Schrei. „Bela!“ Beide Bens liefen zum Brückenhaus. Am Boden saß das leuchtende Skelett von Bela und starrte durch die Knochen ihrer Finger. „Ich bin ein Geist!“ - „Ich habe es immer gewusst“, sagte Ben Tic. „Ihre Knochen leuchten auch.“ Bela hätte jetzt bestimmt zornig zu Ben Tic aufgesehen, jedoch besaß sie im Augenblick zu derartigen körperlichen Gefühlsausagen zu wenig Gesicht. Aber ihre Haltung hatte trotzdem etwas Eindeutiges. „Was machen wir den jetzt?“

Spielzeuge des Schöpfers

Die Geschichte hat gezeigt, dass viele der Dinge, die Menschen für göttlich, übernatürlich oder zu mindest für ein Wunder hielten, in Wirklichkeit unglaublich simpel zu erklären waren. Ein Beispiel:
Die Ozeanier glaubten, dass der Regen deshalb aus dem Himmel viel, weil ein Gott das Wasser an einer bestimmten Stelle das Meer zum kochen brachte, der Dampf dann nach oben steigen würde, um dort sich irgendwelchen kleine Teilen, die auch da oben herum flogen, sich zu verbinden. Mit der Zeit würden die Tropfen dann so schwer, so dass sie wieder aus dem Himmel fallen. Es ist schon wirklich merkwürdig, woran manche Menschen glauben.
Der aufgeklärte Ozeanier weiß natürlich, dass der Master of Clouds die Wolken macht, und der ist nun mal ein Berg, also nichts mit Gott. Und der Regen entsteht dadurch, dass die Engel die Wolken säubern. Ozeanien kann wirklich von Glück reden, dass es so reinliche Wolkenbewohner hat. Sollten sie irgendwann der Anarchie anheimfallen und das Putzen sein lassen, hätte es echt fatale Auswirkungen auf die Ozeanien.
Eine andere Sache bestand darin, wie sich die Menschen den Schöpfungsvorgang vorstellten. Ihrer Vorstellung nach erschuf ein Schöpfer Himmel und Erde, weil er mit den Fingern schnippte, danach war dann alles da. Als daran ging, die Welt auch noch mit Leben zu erfüllen, machte er etwas im Lehm herum und schuf ganz viele Lehmfiguren und mit einem weiteren schnipp waren die Lebendig.
Diese Überlegung ist zwar in viele Religionen eingegangen, aber hatte absolut nicht mit der Realität zutun. Der Schöpfer benutze natürlich einen Uhr-Supp-Multiphasen-Waldtraut-Ackermann-Schnellkonferter (bitte nicht mit dem Ackermann-Schnellkomposter verwechseln), ob wohl er ihn wohl kaum so genannt hat. Jedenfalls konnte dieses Ding aus Salzwasser, etwas Schlamm und organisch ähnlichen Abfall Leben erzeugen. Wie genau das von Statten ging war jedoch dem Schöpfer unbekannt, hatte er das Gerät auch nur gefunden.

Eines dieser Geräte hatte der Schöpfer in Ozeanien vergessen. Was sich als ein Glücksfall für eine ganze Spezies herausstellte. Der Einlassöffnung befand sich am Ende des Stromes, der als Fluss ohne Wiederkehr bezeichnet wurde. Die Mannschaft der Flying Dutchman hielt genau darauf zu, eigentlich hatte sie auch keine andere Wahl mehr.

Inhaltsangabe
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Kapitelauswahl
Prolog; Kapitel 1: Königreich des Lichts
Kapitel 2: Technocratia
Kapitel 3: Necronomica
Kapitel 4: Elver
Kapitel 5: Das Loch im Meer
Kapitel 6: Master of Clouds
Kapitel 7: Das Ende des Wolke 7 Reiches
Kapitel 8: Das Verdinga-Imperium oder Der Verrat
Kapitel 9: Kinderland
Kapitel 10: Scoutopia
Kapitel 11: Ozeanienkonflikt
Kapitel 12: Die Reise zum Fluss ohne Wiederkehr
Kapitel 13: Pfad der Toten
Kapitel 14: Reich der Riesen
Kapitel 15: Glückliche Heimkunft; Epilog


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