Diverses:Sondler

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Wir wollen nur ihr Bestes. Eine wahre Geschichte eines wahren Patienten!

Es beginnt

Die Maschinerie der Rückführung ins normale Leben beginnt zu Arbeiten. Gleich nach dem Eintritt in diese heiligen Hallen der Deformationen, säuselt der Empfang: "Sie wünschen?" Eigentlich waren alle Wünsche meinerseits bis zu diesem Zeitpunkt ergebnislos verpufft, aber ich konnte mich der netten und bis zur Unkenntlichkeit geschminkten Dame nicht entziehen. "Sie heißen?" nach Abgabe meiner Personalien fiel ihr ein, dass ich auf Empfehlung meines behandelnden Ärzteteams diese, zum Wohle des Kranken ausgestattete Maschinenhalle, meine Aufwartung machte. "Handtuch, Hose und Schuhe dabei?" fragte sie, ich nickte und durfte zu den Umkleidekabinen. "Sie werden dort abgeholt", rief sie mir noch nach. Nach dem Anlegen meines sportlichen Gewandes kam eine Mitarbeiterin und führte mich durch Räumlichkeiten, in denen die dort stehenden Geräte eine unheimliche und erdrückende Wirkung auf mich ausübten.

Letztendlich sind wir dann in einem nach Kaffee duftenden Raum hängengeblieben. Ich muss da noch was ausfüllen, um meine Daseinsberechtigung in der Folterhalle zu erhalten, gab die flotte Begleiterin kund. "Wie heißt ihre Frau? Haben sie Kinder und wenn ja warum? Sind ihnen Krankheiten bekannt?" Ja, von Krankheiten habe ich schon gehört insbesondere der Flatulenza, von Vogelgrippe und mein Nachbar hatte vor nicht zu langer zeit eine Fettleber. Irgendwie hatte ich plötzlich das Gefühl, das zwischen uns das menschliche Miteinander einzufrieren gedrohte. Oder war es der Kaffee, jedes Mal, wenn meine Begleiterin einen Schluck aus der Riesentasse in sich hineinschüttete, verzogen sich anschließend ihre Mundwinkel nach unten.

Als alles mehr oder weniger ausgefüllt in ihren Ordner verschwand, übergab sie mich an den Werkstattleiter dieser Folterstätte.

In der Werkstatt

Hier fangen wir an, Handtuch auf den Sitz, Rücken gerade und das Ganze 22 Mal, Freundlichkeit kenne ich anders sagte aber lieber nichts. Neben meinem Arbeitsgerät fummelte eine alte Frau an einem riesigen Gummiball, die prüft sicherlich den Luftdruck und ob alles rund läuft, dachte ich mir. Was würde wohl passieren wenn ich da mit einer Nadel... Die Alte sah mich vorwurfsvoll an, konnte die Gedanken lesen? Vielleicht war diese Patientin früher beim Zirkus Roncalli als Jongleur beschäftigt und hatte nach dem erreichen des Rentenalters Probleme mit den Fingern. Ich bekam ein anderes Gerät zugeordnet, hier dreißig Mal ziehen dann Pause, eine Ansage, der ich nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Ich schaute gelangweilt in die überall befindlichen Spiegel und sah einen Vorturner in schrecklicher Körperhaltung, da bekam der Begriff "sterbender Schwan" eine ganz neue Bedeutung. Alle, die hier was zum Sagen hatten, trugen Aktenordner mit sich herum, in denen wurde dann das jeweilige Foltergerät und der Proband namentlich festgehalten, alles war streng und zeitlich geordnet. Langsam keimte in mir das Gefühl weniger Wert zu sein als der Aktenordner, aber wie gesagt es war nur so ein Gefühl.

Endlich, das Fühl-dich-wohl-Programm war abgelaufen, die Zeit war um, jetzt noch in den ersten Stock. Dort angekommen erwartete mich ein in Rot gekleideter Mitarbeiter, seiner Figur nach war der noch nie an den unten stehenden Fettverbrennungsmaschinen tätig gewesen. Jetzt zeigte er mir sein Reich, einmal rund um den Block. Hier die Toiletten, dort das Arztzimmer, an einer Tür stand Injektionsraum ich fragte aber lieber nicht nach... ich hatte Angst vor allem, was nur annähernd einer Spritze glich. Weiter ging die Führung mit dem Dicken. Wenn hier Schuhe vor den Türen stehen, wissen wir das dort jemand drinnen ist, "Toll", dachte ich, alles auf den totalen Verzicht von Energie ausgelegt. Vielleicht haben die ja noch einen Holzofen im Behandlungszimmer und jeder Patient bringt was zum Verbrennen mit. Hier rein, aber Schuhe aus, ich gehorchte willenlos.

Was haben sie für Beschwerden, fragte mich der Rotbekleidete, jetzt fängt wieder alles von vorne an, innerlich habe ich bereits resigniert. Nach Angabe meines Leidens und weiterer Geschichten aus dem Leben durfte ich mich auf der einzigen Einrichtung in diesem Zimmer platzieren. Legen sie ihr Handtuch auf die Liege und Hose runter, ich bekam langsam Angst. Nach Abtasten meiner Verletzung begann er ein unverbindliches Gespräch übers Wetter dem Weltuntergang und Gott und die Welt. Wenn er jetzt noch einen Föhn eingeschaltet hätte. Wäre ich dem Gefühl nach in Uschis Frisierstübchen.

So ganz nebenbei schweifte mein Blick über die saumäßig schlecht gepinselte, in Knallrot gehaltene Zimmerdecke, passt doch, dachte ich bei mir, wie bei Uschi. Aber auch seine Uhr der Behandlung lief unweigerlich dem Ende entgegen. Hose an und machen sie die Zimmertür nicht zu, rief er mir noch ins Ohr dann war er weg. Ich habe die Tür dann aber doch zugemacht, ich musste das einfach tun, um meinen inneren Schweinehund zu beruhigen. Auf den Weg zum Ausgang rief ich dann noch, der dort sitzenden Spachtelmassentante ein "Auf Wiedersehen" in den Raum.

Morgen beginnt das ganze Drama wieder von vorn.


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